hybrider antoninian des gallienus

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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beachcomber
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hybrider antoninian des gallienus

Beitrag von beachcomber » Fr 28.03.08 19:26

hallo,
als zugabe bekam ich diese münze auf der numismata.
nicht schlecht gestaunt habe ich, als ich sie im göbl nicht finden konnte.
denn in der tat ist hier ein av mit der legende IMP GALLIENUS PF AVG GM aus der 4.emission (laut göbl 257) mit einem rv der 6. emission von 260 kombiniert.
wie kann denn sowas passieren? lagen da noch av-stempel rum die dann drei jahre später wieder zum einsatz kamen?
oder handelt es sich doch um eine antike fälschung?
grüsse
frank
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El Che
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Beitrag von El Che » Fr 28.03.08 19:58

Hallo Frank,

schwer zu sagen aus der Entfernung, was es ist; die Münze sieht auf jeden Fall ziemlich runter aus, d.h. die Konturen sind relativ mau. Könnte es ein antiker Guss sein? Da wären nicht passende Koppelungen ja relativ häufig...
Mein Verdacht wird v.a. durch die Auswölbung des Schrötlings am Rand bei 1-2 Uhr auf dem Av. und ca. 11 Uhr auf dem Rv. ausgelöst... eine alte Gussnase? Aber das kannst Du viel besser beurteilen mit der Münze in der Hand.

Liebe Grüße,
Uli

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quisquam
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Beitrag von quisquam » Fr 28.03.08 20:15

Ich bin kein Spezialist, das Portrait sieht mir soweit erkennbar aber schon etwas untypisch aus.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

n.......s
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Beitrag von n.......s » Fr 28.03.08 20:50

...oder fehlt dieser Münztyp einfach im Göbl ?

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Sa 29.03.08 00:26

nee, nee passt schon alles. es ist kein guss, das porträt durchaus typisch für rom bloss mein foto ist mal wieder bescheiden.
ich hab's mal neu fotografiert und hoffe so wird's schon ein bisschen klarer.
grüsse
frank
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Beitrag von El Che » Sa 29.03.08 00:55

Hallo Frank,

das nächste an Deiner Münze ist wohl Cunetio 632 (nicht im RIC): Aus Rom, also stilistisch passend (hab aber kein Bild vorliegen), mit V im linken Feld und der korrekten Avers-Umschrift. Dann hätte der Stempelschneider den zweiten Augustus auf dem Revers aber vergessen; eigentlich eher unwahrscheinlich und zudem vielleicht auch brisanter als andere Fehler...

Aber wenn ich es richtig übersehe, muss ein solcher Fehler hier zugrunde liegen, wenn es keine antike Fälschung ist: Die Aversumschrift wird ausschließlich in der Samtherrschaft benutzt, das Revers gehört zwangsläufig in die Alleinherrschaft... ???

Liebe Grüße,
Uli

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Beitrag von beachcomber » Sa 29.03.08 01:09

Die Aversumschrift wird ausschließlich in der Samtherrschaft benutzt, das Revers gehört zwangsläufig in die Alleinherrschaft... ???
das siehst du richtig. diese rückseite taucht zum erstenmal als Göbl's nr. 366 auf, unter gallienus' alleinherrschaft, während das av nur während der samtherrschaft geprägt wurde.
grüsse
frank

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Beitrag von El Che » Sa 29.03.08 01:28

Hallo Frank,

habe zwar den Göbl zu Gallienus nicht vorliegen, wohl aber eine Artikel zu Göbl (Pfisterer 2004 aus der NZ, p. 103ff); dort wird Göbls Datierung kommentiert und der Versuch unternommen, aus einer Göbl-Exegese eine absolute Datierung vorzunehmen.
Hier finde ich auf Seite 104, Tafel 1 die Bemerkung zwischen der 5. und 6. Emission, dass die Nummern 332-36 "entfallen", ... warum auch immer, dazu äußert sich Pfisterer hier nicht. Dazu müßte es dann früher eine Publikation gegeben haben.
Auf jeden Fall scheint es bei dem Revers-Typ Probleme gegeben zu haben, ... was vielleicht zu Deinen Problemen passen könnte.

Liebe Grüße,
Uli

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Beitrag von quisquam » Sa 29.03.08 11:41

Eine ähnliche Frage kam mir auch: Wie sicher ist Göbls Datierung dieser Av-Legende allein in das Jahr 257? Ist es denkbar, dass diese Legende evtl. auch später (wieder-)verwandt wurde?

Zur Frage ob hybride Prägung: Gibt es überhaupt andere Beispiele für wiederverwendete, mehrere Jahre alte Stempel bei Umlaufmünzen? Wäre mir neu. Für sehr viel wahrscheinlicher halte ich Ulis Vermutung, dass es sich um einen Fehler des Stempelschneiders auf diesem einen Stempel handelt (AVG statt AVGG).

Grüße, Stefan
Zuletzt geändert von quisquam am Sa 29.03.08 13:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Constantinus » Sa 29.03.08 12:35

Hallo Quisquam,

solche Beispiele gibt es durchaus: So finden sich etwa im Schatzfund von Beaurains (Arras) zwei Aurei aus der 1. Tetrarchie für den Caesar Galerius (d. h. sicher 293-305 geprägt) mit der Rückseitenlegende SALVS AVGG ET CAESS NN aus Trier. Derselbe Reversstempel wurde für die Prägung von Aurei für den Augustus Constantius und den Caesar Severus (d. h. sicher 305-306 geschlagen) - Herrscher der 2. Tetrarchie also - verwendet. Man wird argumentieren können, dass alle diese Aurei im Jahr 305 geschlagen worden sind, weil Constantius' und Galerius' Erhebung zu Augusti am 1. Mai 305 stattgefunden hat. Und trotzdem: Ein eindeutiges Beispiel für die Wiederverwendung eines "alten" Stempels.

Gruss

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Beitrag von quisquam » Sa 29.03.08 13:01

Hallo Constantinus,
danke für die Info. Auch bei Medaillonen habe ich von Wiederverwendungen gehört. Medaillone und auch Aurei sind nun aber sehr spezielle Prägungen, deren Stempel sicher aufbewahrenswert waren. Bei "ordinären" Umlaufmünzen kann ich mir dies aber kaum vorstellen, da deren Stempel in aller Regel sehr schnell völlig verschlissen wurden.

Grüße, Stefan
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Beitrag von beachcomber » Sa 29.03.08 14:41

hallo quisquam,
im anhang zu göbl's standardwerk über die münzprägung des gallienus, sind jede menge hybride abgebildet (ca 100), meine ist allerdings nicht dabei.
ich habe gerade noch mal nachgeschaut, es gibt ein PAX AVGG mit 'meiner' av-legende, aber da ist das PAX immer vor dem zweig ausgeschrieben, und nicht getrennt, wie bei den späteren legenden der allein-herrschaft.
grüsse
frank

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Beitrag von quisquam » Sa 29.03.08 14:46

Hallo Frank,
sind im Göbl auch Hybride dabei, bei denen Vs und Rs zeitlich so weit getrennt sind wie anscheinend in deinem Fall? Von Fällen, in denen Stempel für Umlaufmünzen "gebunkert" wurden, um geraume Zeit später wiederverwendet zu werden habe ich noch nie gehört.

Grüße, Stefan
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Beitrag von El Che » Sa 29.03.08 16:07

So, ich hab noch mal in meiner Artikelsammlung gewühlt und eine letzte, wenn auch schon sehr sehr alte Info gefunden; inwiefern sie noch verwertbar oder völlig überholt ist, kann ich Euch leider nicht sagen:

Otto Voetter hat sich 1901 in der NZ mit Gallienus befasst; auf S. 128 berichtet er im Anschluss an die Besprechung der Münze mit dem Revers PAX AVGG von dem umgekehrten Fall:
Ein gutes Dutzend der ihm bekannten Münzen "welche alle die Legende GALLIENVS AVG haben, tragen Reverse, welche in die bisher angeführte Emissionen (i.e. bis 258 n. Chr.) gehören, die aber theilweise unrichtig gekoppelt oder Falschmünzer sind; all diese entstammen einer späteren Zeit, da die kurze Umschrift GALLIENVS AVG erst später usuell wurde."
Ich weiss nicht, ob hier bewußt zwischen "falsch gekoppelt" und "Falschmünzern" unterschieden wird; wenn ja, so bedeutet es doch, dass eben alte Stempel (hier dann Reverse) später noch einmal benutzt wurden, oder?

Liebe Grüße,
Uli

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Beitrag von quisquam » Sa 29.03.08 16:23

Sehr interessant! "unrichtig gekoppelt oder Falschmünzer" lese ich als "hybrid oder nicht offiziell", Voetter wollte bzw. konnte anscheinend weder das eine noch das andere ausschließen.

Wenn Voetter diese Münzen kannte wüsste ich gerne, ob sie im Göbl als hybrid aufgeführt sind und wenn ja, ob Göbl unter Hybrid nur offizielle Prägungen versteht oder auch inoffizielle Münzen einschließt!

Grüße, Stefan
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