Was bedeutet Seltenheit bei Römischen Münzen ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Vespasian83
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Was bedeutet Seltenheit bei Römischen Münzen ?

Beitrag von Vespasian83 » Sa 28.06.03 14:06

Hallo

Was bedeutet Seltenheit bei römischen Münzen ?
Nehmen wir als Beispiel die reduzierten Folles des Hanniballianus

http://www.wildwinds.com/coins/ric/hann ... IC_147.jpg

Jeder der sich ein wenig mit der Numismatik der Spätantike auskennt, wird wissen, das Münzen des Hanniballianus
„.....zu den größten Raritäten der spätrömischen Münzgeschichte
gehören.." ( Manfred Beier , Das Römische Münzwesen des Römischen Reiches , 1. Auflage 2002, Seite 342, Zeile 2 )......

Was kann ich mir unter „ besonders rar „ vorstellen????

10, 50, 100, 1000, 10000 Exemplare ??????

Wieviele Exemplare ( über den Daumen ) existieren von Hanniballian?
Natürlich ist mir bewußt, das ständig neue Stücke durch frische Funde dazukommen können...

PS: Übrigens kann ich das oben zitierte Buch wärmstens weiterempfehlen, wirklich eine köstliche Position für Anfänger und Experten !!!!

Gruß an Alle
Vespasian
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norbert
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Beitrag von norbert » Sa 28.06.03 20:51

Hallo Vespasian,

auf Deine Frage kann ich rein gar nichts sagen, auf die demächst sicher eingehenden Antworten bin ich auch gespannt.

Aber was meinst Du mit: "köstliche Position"? Mir ist schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass dieses Buch bei Amazon in der Kategorie "Kochen und Lifestyle" angeboten wird. Von einer Bestellung hatte ich danach erst einmal Abstand genommen.

Hmm, leckeres Wochenende wünscht

/Norbert

Iotapianus
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Beitrag von Iotapianus » Sa 28.06.03 20:53

Das ist in der Tat eine spannende Frage. Gibt es überhaupt irgend welche Grobschätzungen, wie viele Münzen von den einzelnen Kaisern und anderen Personen, in deren Namen geprägt wurde, erhalten sind? Ich wäre für Hinweise dankbar.
Gut, für die wirklichen Raritäten gibt es die: Proculus 1, Domitianus von Gallien 1 (wenn echt), Silbannacus (wer auch immer das gewesen sein mag) 2, Saturninus 2; Göbl hat 1970 für Regalianus und Dryantilla jeweils um und bei 30 Stück ausfindig gemacht; Baldus kam für Uranius Antoninus auf knapp über 100.

Die Zahlen, aber wohl auch die Relationen verschieben sich durch Neufunde und Wiederentdeckungen - mittlerweile haben alle besseren Auktionshäuser in ihren Antikenauktionen mindestens eine Münze des Julianus von Pannonien, der früher als Spitzenrarität galt, was man auch an den Preisen merkt; daran gemessen würde ich schon von mehreren 100 Münzen dieses Usurpators ausgehen, aber ob das eher bei 200 oder eher bei 800 liegt, darüber habe ich nie Untersuchungen gefunden.

Die Preise in den regelmäßig aktualisierten Katalogen (besonders Sear) geben immerhin Anhaltspunkte, wobei natürlich bestimmte Herrscher besonders gefragt sind: Caesar kennt jeder, Gordian Nr. 1 und 2 kennt kaum einer, das treibt die Preise für Julius natürlich hoch.

Wieso der Hanniballianus nun so eine Spitzenrarität sein soll, ist nicht einzusehen. Der ist natürlich interessant wegen des formalen Königstitels, aber das ist es dann auch. Ein Beispiel: Bei der Auktion von Gorny und Mosch im März diesen Jahres wurden zwei wirklich gut erhaltene Kleinbronzen angeboten, eine mit einem Schätzpreis von 400 €, eine mit 500 €; die erste wurde gar nicht, die andere mit 400 € zugeschlagen. Das sind keine Preise für die "größten Raritäten der römischen Münzgeschichte".

Diese Marktschreierei mit angeblicher Seltenheit ist ebay-typisch; da ist Vitellius schon selten, und gar erst Pertinax...! Natürlich ist Vitellius seltener als Vespasian und Pertinax seltener als Septimius Severus, was angesichts der Herrschaftsdauer in der Natur der Sache liegt, aber dennoch kann (und sollte) man auch bei diesen Kaisern auch auf Qualität der Erhaltung achten.
Falls jemand Frequenzstatistiken kennt, würde mich das sehr interessieren.

Schönes Wochenende
Iotapianus

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spider
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Beitrag von spider » Sa 28.06.03 23:03

In deiner Aufzählung hast du Zum Beispiel Domitius Alexander(Tyrrannus)
vergessen.Von dem nur 2 Münztypen bekannt sind.

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mumde
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Beitrag von mumde » So 29.06.03 00:00

Was ich Euch jetzt erzähle, paßt zwar nicht zu den Römern, aber es paßt zum Thema Seltenheit: Ein Schlüsselerlebnis war für mich vor vielen Jahren ein Gespräch mit einem englischen Händler über eine alte indische Medaille, die ich noch nie gesehen hatte. Der Händler war Spezialist auf diesem Gebiet, und ich bin es nicht. Ich sagte, diese Medaille müsse doch selten sein. Darauf sah er mich seltsam an und sagte, es gebe drei Sammler, die so etwas zu einem guten Preis kaufen würden. Alle drei haben solch ein Stück bereits in ihrer Sammlung. Ein Stück hatten wir vorliegen, und in Museen kenne er zwei weitere Exemplare, das seien also schon sechs. Wenn man nun von einer Dunkelziffer von vielleicht vier Stück ausgehe, die ihm nicht bekannt seien, gebe es schätzungsweise zehn Exemplare. Da könne man doch nicht sagen, das Stück sei selten!
Was ich sagen will, ist folgendes: Manche seltenen und interessanten Münzen werden zu verhältnismäßig billigem Preis verkauft, weil die Sammler solcher Gebiete noch seltener sind als die Münzen. Ich sehe das manchmal auf meinem Spezialgebiet der Münzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit.
Gruß mumde

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Beitrag von Iotapianus » So 29.06.03 10:00

zu dem Hinweis von spider:

Das war keine vollständige Aufzählung. Aber wir reden hier nicht über die Zahl der Münztypen, sondern über Seltenheit. Domitius Alexander taucht selten auf Auktionen auf, gehört aber nicht in die Gruppe der absoluten Spitzenreiter, die ich erwähnt habe und bei denen ich von registrierten Stückzahlen - soweit mir bekannt - geschrieben habe.

Schönen Sonntag

Iotapianus

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Beitrag von Vespasian83 » So 29.06.03 14:03

Zuletzt geändert von Vespasian83 am So 29.06.03 14:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Vespasian83 » So 29.06.03 14:04

@Norbert
Mit köstlich meine ich, das dieses Buch ( Neupreis: 29Euro ), jeden Cent wert ist.
Es bietet einen wunderbaren Überblick über die Münzprägung der Römischen Republik,
das Münzwesen der römischen Kaiserzeit, kurze Artikel über das Münzwesen der Vandalen, Ostgoten....
Weiter findet man viele interessante Artikel wie
„Schatz- und Hortfunde römischer Münzen „oder „Geldwert und Kaufkraft im alten Rom „ .
Das Buch endet mit einigen Tabellen und Aufzählungen, wie z.B. „ Die Phantomkaiser und ihre seltenen Prägungen“.

Vor drei Jahren wurde bei Lanz die Sammlung des Leo Benz versteigert. Darunter befand sich ein äußerst interessantes Exemplar des Sebastianus.

http://www.numislanz.de/auktion100/a100.htm

SEBASTIANUS (412-413 n. Chr.)
No.: 667
Schätzpreis-Estimation: DM 25000.-
d=17 mm
Usurpator, Bruder des Iovinus, von diesem 412 n. Chr. zum Mitregenten erhoben, 413 n. Chr. von Athaulf, König der Westgoten, gefangengenommen und getötet.
Siliqua, 412-413, Arelate. D N SEBASTIA - NVS P F AVG. Büste des Sebastianus mit Perldiadem, Paludament und Panzer rechts. Rs: RESTITV - TOR ROM / KON. Behelmte Roma in langem Gewand auf Sella curulis nach links sitzend, in der Rechten Victoria mit Kranz und Palmzweig auf Globus und in der Linken Lanze haltend; hinter ihr angedeutete Thronlehne. RIC - (vgl. Anm. zu 1721: dieses Exemplar erwähnt). C. -. DOC -. 1,56g.
Äußerst selten.
Fein getönt, vorzüglich/ fast vorzüglich.
Aus Slg. Consul E.F. Weber, J. Hirsch, Auktion 24 (10. Mai 1909, München), Nr. 2817, und aus Slg. R. Jameson, Band II, S. 89 und Taf. XVIII, 402, und aus Slg. G. Mazzini, Band 5, S. 276 und Taf. LXXII, p. 1.
In ihrem Artikel zur Silberprägung der weströmischen Usurpatoren des 5. Jhdts. n. Chr. (Fifth century silver coinage in the Western Roman Empire: the usurpations in Spain and Gaul, in: Mélanges de numismatique offerts à P. Bastien, Wetteren 1987, S. 290f.) hat C.E. King Zweifel an der Authentizität der vorliegenden Siliqua geäußert; dieser Meinung hat sich J.P.C. Kent (Roman Imperial Coinage, Bd. X, S. 354 Anm. 1720/1721) angeschlossen. Beide Forscher haben sich jedoch ihr Urteil, das auf stilistischen und typologischen Kriterien beruht (vgl. King, a.O., S. 290: ,The coin illustrated by Mazzini with the RESTITVTOR REIP (sic!) legend is the only specimen with this reverse and different instyle from the usual product from Arles in this period"), gebildet, ohne die Münze, die sie nur von Abbildungen kannten, im Original begutachtet zu haben. Eine von privater Seite angeregte Metallanalyse des vorliegenden Stückes, das offensichtlich weder gegossen noch überprägt wurde, hat jedoch eine weitgehende Übereinstimmung in Hinblick auf Silbergehalt und insbesondere der Zusammensetzung der Spurenelemente mit einer gleichfalls untersuchten Siliqua des Constantinus III. aus der Münzstätte Arles erbracht (vgl. dazu J.P.C. Kent, RIC X: Addenda and Corrigenda 3, Numismatic Circular 3/1997, S. 39), eine Tatsache, die zusammen mit einer Provenienz lange vor 1907, dem Todesjahr ConsulWebers, für diese bedeutende Prägung spricht.

PS: Das Bild dieser Münze kann man unter diesem Link finden.

http://www.numislanz.de/auktion100/a100.htm

Beste Grüsse
Vespasian
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Beitrag von secundus » So 29.06.03 20:08

Über das Buch von Manfred Beier wurde vor kurzem im Forum sehr kontrovers diskutiert:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... ba57370ca3

Wie die Angaben über Seltenheit im RIC zustande kommen findet hier:
http://mycoinpage.com/DawsonLewis/Pages/Ref/Rarity.htm

Eine Liste aller römischen Regenten und Anverwandten für die Münzen geschlagen wurden mit Angaben zur Seltenheit für deren Silber- und Bronzeprägungen ist in dieser Liste zusammen gestellt:
http://www.dirtyoldcoins.com/chitlins/rarity.htm
Allerdings müssten wohl kleinere Korrekturen vorgenommen werden: so ist z.B. ein Otho viel seltener als ein Augustus Denar.

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norbert
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Beitrag von norbert » Mo 30.06.03 10:01

@Alle

Wieder einmal vielen Dank :D

berenike
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Beitrag von berenike » Di 01.07.03 10:22

Vielleicht ganz kurz noch eine Anmerkungen zu den Prägezahlen antiker Münzen. Die Diskussion darüber, in welchem Verhältnis erhaltene Münzen und geprägte Münzen stehen und wie man von den erhaltenen Münzen auf die geprägten kommen könne, ist eine der ältesten Fragen in der Numismatik.
Ein Lösungsansatz ist, daß man von allen erhaltenen Stücken die Stempel sammelt, dann interpoliert, wie viele Stempel es sonst noch gegeben haben mag, dann ausrechnet, wie viele Münzen mit den Stempeln geprägt werden konnten (wobei eine ganze Bibliothek dadurch gefüllt wird, daß man sich nicht einig werden kann, wieviele Münzen durchschnittlich aus einem Stempel geschlagen wurden), ja und dann kommt man zu Emissionszahlen, die ziemlich genauso relativ sind wie die Bezeichnungen selten, sehr selten und RRR in Auktionskatalogen.

Ich gebe mumde mit seinem Einwand recht: Seltenheit ist keine absolute Größe. Sie bedeutet in einem Auktionskatalog lediglich: Wie häufig hat ein Sammler die Gelegenheit, diese oder eine vergleichbare Münze zu erwerben. Und das mag stark von den tatsächlich erhaltenen Stücken abweichen.
Beste Grüße
:D
Berenike

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