ich möchte hier mal an einem Beispiel aufzeigen, wie schwierig sich eine Recherche auch bei Prägungen aus der jüngeren Vergangenheit gestalten kann.
In den 90-er Jahren erwarb ich die beiden abgebildeten Stücke. Der Händler konnte keine näheren Angaben machen, obwohl er sie bei einem Besuch in Prag Kollegen und Sammlern vorgelegt hatte. Sie waren dort unbekannt.
Irgendwann später stieß ich per Zufall in der Zs. "Die Münze" Mai 1975 auf die Anzeige eines deutschen Münzhändlers mit dem Angebot einer Probá der Gedenkprägung auf Janko Jesenský (50 Kcs 1974) aus Kremnica. Er nannte als Nominal 100 Silberkronen und gab als Auflage 1000 St. bfr, 500 St. PP an. Die Abb. zeigte eines des Stücke, die ich erworben hatte (s. unten).
Im Mai 1976 meldete die Zs. "Die Münze" in der Rubrik "Neuheiten" neben der o.a. Probá eine weitere Probe aus Kremnitz, diesmal auf Andrej Sládkovic (20 Kcs 1972), gab als Parameter Ag 23,5 gr, 39 mm an und vermutete in diesen Stücken den Anfang einer Entwicklung ähnlich den Proben aus Polen, die seinerzeit in erster Linie als Devisenbringer betrachtet wurden und mittlerweile von den Sammlern des Landes aufgrund geringer Auflagen gesuchte Stücke sind.
Die Informationen der Zeitschrift führten in der Folge zu widersprüchlichen Ergebnissen. Zunächst wurden Prägungen aus Italien vermutet. Weitere Recherchen endeten mit dem Ergebnis, daß deutsche Münzhändler die Stücke als privaten Prägeauftrag in Kremnitz herstellen ließen. Damit wurde das Thema abgeschlossen und die Stücke als numismatisch wertlos abgetan. Die Prägung auf Myslbek (50 Kcs 1972) fand bis dahin keine Erwähnung.
In der M&P, Okt. 2000, S. 152 ging dann D. G. Gollnisch ausführlich auf die Stücke ein. Die Ergebnisse dieser Recherche waren folgende:
Die Entwürfe auf Sladkovic und Jesensky sind in der tschechoslowakischen Fachliteratur veröffentlicht. Für den Entwurf der Bildseite auf Sladkovic erhielt der Künstler Andrej Peter den 2. Preis. Der Entwurf der Bildseite auf Jesensky stammt von Zdenek Kolársky und wurde nicht prämiert.
Die Wappenseite der Probemünzen ist gleich. Sie findet sich nicht in der Literatur, wohl aber im Werkverzeichnis von Kolársky und dort auch für einen Entwurf für eine Münze auf J. V. Myslbek (1972). (Anm.: Hier wird mein zweites Stück erstmals erwähnt. Es trägt allerdings nicht den Vermerk Probá.) Die Wappenseite weist einige Besonderheiten auf:
Der Verfasser leitet daraus ab, daß die Wappenseite auf der Münze gar nicht für diese Stücke bestimmt war. Die Stücke, die ihm vorlagen, beschreibt er wie folgt- Die Staatsbezeichnung Ceskoslovensko gab es zwar auf Briefmarken, aber niemals auf Münzen (oder Banknoten).
- Das abgebildete Staatswappen mit dem gekrönten böhmischen Löwen ist das Wappen Böhmens bis 1960. Die Tschechoslowakei hat (ebenfalls bis 1960) den gekrönten Löwen als Wappen geführt, aber mit slowakischem Brustschild.
Im Wappen der 1960 gegründeten „Sozialistischen Republik“ war der Löwe nicht mehr gekrönt, sondern trug einen fünfzackigen Stern, und das slowakische Wappen im Brustschild war völlig anders gestaltet. Außerdem wurde das Wappen der CSSR ausschließlich im Hussitenschild dargestellt.
- Sowohl Sladkovic als auch Jesensky waren Slowaken. Insofern macht die Abbildung der stilisierten Prager Karlsbrücke unter dem Wappen überhaupt keinen Sinn.
Meine Stücke sind, wie eingangs erwähnt, aus Silber. Und damit bin ich meinen beiden Stücken zwar um Einiges näher gekommen, aber weiterführende Informationen sind nach wie vor willkommen.Beide Probemünzen sind aus Weißmetall, haben eine Masse von 22 g, einen Durchmesser von 39 mm und eine Dicke von 2 mm. Der Rand ist gerippt.
Die vorgestellten Probemünzen sind sicher keine Raritäten, aber sie sind für einen Spezialsammler „das Salz in der Suppe“, zumal er sie nur mit viel Glück in seiner Sammlung haben kann.
Gruß klaupo
P.S. ... und falls Sladkovic mal irgendwann erschwinglich vorbeigetragen werden sollte, nehme ich ihn - obwohl numismatisch wertlos - natürlich auch!
