Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Griechische Münzen des Altertums

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antisto
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Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mo 04.11.19 19:48

Meine Neuerrungenschaft ist 1/24 El-Stater aus Ionien mit glatter Oberfläche; Literaturangabe SNG Kayhan I 678.
Ich habe ein paar Fragen dazu und würde mich über hilfreiche Antworten sehr freuen:
- Gibt es online einsehbare Literatur dazu, die die Bestimmung und Differenzierung dieser Winzlinge ermöglichen und Aufklärung zur Begründung der zeitlichen Einordnung geben?
- Wurden diese „ersten“ schlichten und motivlosen Münzen gegossen oder geprägt?
- Mich erstaunt, dass diese Münzen, sofern sie eine sogenannte geriefelte Oberfläche („striated surface“) haben, ein Mehrfaches kosten. Was ist das Besondere an diesen Münzen, das diesen hohen Preis rechtfertigt? Wurde hier die Oberflächenstruktur nachträglich eingraviert oder ist sie geprägt?
Lieben Dank für hilfreiche Antworten!
AS
antisto

Altamura2
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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von Altamura2 » Mo 04.11.19 21:03

antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 19:48
... Meine Neuerrungenschaft ist 1/24 El-Stater aus Ionien mit glatter Oberfläche ...
Hast Du da das Bild vergessen :wink: .
SNG Kayhan 678 ist eine Münze mit glattem Avers und einem unregelmäßigen Incusum auf dem Revers, so wie diese hier:
https://www.acsearch.info/search.html?id=5594763
https://www.acsearch.info/search.html?id=3827834
Darüber reden wir, richtig?
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 19:48
... Gibt es online einsehbare Literatur dazu, die die Bestimmung und Differenzierung dieser Winzlinge ermöglichen und Aufklärung zur Begründung der zeitlichen Einordnung geben? ...
Was genau willst Du bei diesem Typ differenzieren? Und eine Bestimmung hast Du doch schon.

Eine Auflistung von Literatur zur frühen Elektronprägung findest Du hier: http://www.academia.edu/Documents/in/Electrum_Coinage
Da musst Du Dich dann durchwühlen 8O .
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 19:48
... Wurden diese „ersten“ schlichten und motivlosen Münzen gegossen oder geprägt? ...
Nachdem sie das Incusum auf der Rückseite haben, wurden sie geprägt.
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 19:48
... Mich erstaunt, dass diese Münzen, sofern sie eine sogenannte geriefelte Oberfläche („striated surface“) haben, ein Mehrfaches kosten. Was ist das Besondere an diesen Münzen, das diesen hohen Preis rechtfertigt? ...
In meinen Augen ist das einfach das Spiel von Angebot und Nachfrage. Die gerieften Münzen sehen vielleicht nicht ganz so nackt und unfertig aus wie die ganz glatten, ist aber nur Spekulation.
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 19:48
... Wurde hier die Oberflächenstruktur nachträglich eingraviert oder ist sie geprägt? ...
In einem Vortrag von Ute Wartenberg wird gesagt, dass es bei diesen Riefenmustern keinerlei Stempelgleichheiten gibt (bei den Incusa aber schon), so dass man davon ausgeht, dass diese Münze auf einer gerieften Oberfläche geprägt wurden: https://www.academia.edu/34043055/The_B ... ew_Answers

Ich hoffe, das hilft etwas :D .

Gruß

Altamura

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von Altamura2 » Mo 04.11.19 21:36

Mir ist noch etwas eingefallen:
Den Bericht über die Münzen des Artemision-Horts von Ephesos von B. V. Head, über den man im Zusammenhang mit frühen Elektronprägungen immer stolpert, findet man hier: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/digli ... 0085/image , die zwei Tafeln dazu hier: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/digli ... 0356/image
Darin finden sich sowohl Münzen mit glatter, als auch mit geriefter Vorderseite.

Gruß

Altamura

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mo 04.11.19 22:13

„In einem Vortrag von Ute Wartenberg wird gesagt, dass es bei diesen Riefenmustern keinerlei Stempelgleichheiten gibt (bei den Incusa aber schon), so dass man davon ausgeht, dass diese Münze auf einer gerieften Oberfläche geprägt wurden:“
Hieße dann: Die Schrötlinge wurden erst manuell gerieft und dann geprägt?
Auf jeden Fall reichlich Literatur zum Durchkämpfen! :-;
Danke!!!
antisto

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von Altamura2 » Mo 04.11.19 22:22

antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 22:13
... Hieße dann: Die Schrötlinge wurden erst manuell gerieft und dann geprägt? ...
Nein. Die glatten Schrötlinge wurden irgendwo auf eine größere, geriefte Oberfläche gelegt (vielleicht eine grob geglättete Steinplatte), dann wurde oben der Stempel für das Incusum angesetzt und dann draufgehämmert. Das ergibt oben dann das Incusum und unten einen Abdruck der gerieften Unterlage. Um hier Stempelgleichheit zu bekommen, müssten zwei Schrötlinge an genau derselben Stelle auf die Unterlage gelegt werden, und das ist unwahrscheinlich. So hab' ich das zumindest verstanden.

Was den höheren Preis der gerieften Exemplare betrifft: Dieser Typ gilt als die älteste Münze überhaupt, vielleicht liegt es daran.

Gruß

Altamura

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mo 04.11.19 22:32

Allemal interessant.
Ich hätte eher gedacht, dass diese gerieften münzen der zweite Schritt in der Geschichte der Münzprägung sind, also als Erweiterung der Münzen mit einer glatten Oberfläche wie meiner. Zeitliche Zuordnungen in Auktionskatalogen bestätigen das eher. Da werden die gerieften eher mit 600 angesetzt, die anderen mit bis 650.
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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mo 04.11.19 22:33

Mit einem eigenen Bild meiner Münze kann ich noch nicht dienen, aber immerhin mit einem Link:
https://www.biddr.ch/auctions/numismati ... 5&l=816878
antisto

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mo 04.11.19 22:41

Aber deine Erklärung leuchtet mir ein. Dann wären die Münzen mit der glatten Oberfläche die ersten mit Ober– und unter Stempel.
antisto

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von Altamura2 » Di 05.11.19 09:48

antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 22:32
... Ich hätte eher gedacht, dass diese gerieften münzen der zweite Schritt in der Geschichte der Münzprägung sind, also als Erweiterung der Münzen mit einer glatten Oberfläche wie meiner. ...
Das ist nicht zweifelsfrei geklärt. Beide Varianten (mit Riefen und ohne) kommen im Artemision-Hort vor (der auf etwa 630 v. Chr. datiert wird), können also zeitlich nicht so wahnsinnig weit auseinander liegen. Es ist auch nicht immer so, dass vermentlich "primitivere" Prägungen älter sind als "feinere", siehe dazu auch den oben verlinkten Vortrag von Ute Wartenberg auf Seite 30.
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 22:32
... Zeitliche Zuordnungen in Auktionskatalogen bestätigen das eher. Da werden die gerieften eher mit 600 angesetzt, die anderen mit bis 650. ...
Beschreibungen von Händlern darf man in der Regel nicht trauen!!! Die schreiben ihre Zuordnungen und Datierungen meist aus den bewährten, aber eben auch alten Referenzwerken ab. Dabei entgeht ihnen oft, dass der Stand der Forschung bereits ein ganz anderer ist :( .
Bei diesen frühen Elektronprägungen gab es in den letzten 50 Jahren wohl auch ein ziemliches Hin und Her was die Datierung betrifft, so ganz endgültig scheint mir das noch nicht geklärt.
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 22:33
... Mit einem eigenen Bild meiner Münze kann ich noch nicht dienen, aber immerhin mit einem Link: ...
Das ist ein schönes und typisches Exemplar, und der Preis ist auch sehr in Ordnung :D .
antisto hat geschrieben:
Mo 04.11.19 22:41
... Dann wären die Münzen mit der glatten Oberfläche die ersten mit Ober– und unter Stempel. .
Wie soll denn da der Aversstempel ausgesehen haben 8O ? Ich hab' aber auch keine Theorie, wie man das Incusum einstanzen kann, ohne auf der Vorderseite (die man ja irgendwo auflegen muss) Spuren der Unterlage zu hinterlassen. Man könnte als "Stempel" eine halbkugelige Vertiefung verwenden, dann müsste man aber dazu auch eine Art Stempelgleichheit finden können. Davon hab' ich aber noch nie etwas gehört.
Es bleibt also spannend :D .

Hier noch, ziemlich ungeordnet, ein paar Artikel, die in der Liste bei academia.edu wohl nicht dabei sind:
https://www.academia.edu/904232/Die_Erf ... _und_warum_
http://www.numisbel.be/1991_4.pdf
http://www.achemenet.com/pdf/in-press/K ... _Minor.pdf
https://economics.yale.edu/sites/defaul ... 90921a.pdf
https://www.frbatlanta.org/-/media/docu ... /velde.pdf

Gruß

Altamura

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Di 05.11.19 16:14

Ja, ein spannendes Thema.
Danke allemal für die umfangreiche Literaturangaben.
Obwohl sich manches wiederholt, allemal ein Gewinn!
antisto

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Di 05.11.19 19:41

Letzte Frage (vorerst) dazu:
Kann man bei einer gewölbten glatten Oberfläche überhaupt Stempelgleichheit feststellen? Die Unterschiede hier ergeben sich doch lediglich aus der Beschaffenheit des Schrötlings und wie der Aversstempel angesetzt wurde.
Für mich erklärt sich das Aussehen der Prägungen mit glatter Oberfläche nur aus der Verwendung von Ober- und Unterstempel, sonst müsste die glatte Seite plan sein.
Daher mein Gedanke einer Entwicklung, der für die gerieften als „erste Münzen“ sprechen würde.
Allerdings glaube ich auch, dass die Entwicklung der Prägungen nicht so stringent erfolgte, wie es uns einleuchtend erscheint.
AS
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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von Altamura2 » Di 05.11.19 21:44

antisto hat geschrieben:
Di 05.11.19 19:41
... Kann man bei einer gewölbten glatten Oberfläche überhaupt Stempelgleichheit feststellen? ...
Das ist ja genau die Frage, die ich oben zuletzt gestellt habe :D .
antisto hat geschrieben:
Di 05.11.19 19:41
... Die Unterschiede hier ergeben sich doch lediglich aus der Beschaffenheit des Schrötlings und wie der Aversstempel angesetzt wurde. ...
Zunächst: Für mich ist die Seite mit dem Incusum der Revers. Was ist für Dich dann der Aversstempel? Als Stempel im klassischen Sinne gibt es den bei den glatten Münzen doch vermutlich gar nicht.

Wenn ich nun dieses Incusum mit einem Stempel einschlagen will, dann muss ich die andere Seite des Schrötlings irgendwo auflegen, im luftleeren Raum wird das sonst nicht gelingen :? . Daher wird die Oberfläche des Schrötlings auf der Aversseite durch das Einschlagen des Incusums verändert.
Bei den Riefenmünzen stammt die Veränderung wohl von einer gerieften Unterlage, und wie das bei den glatten Münzen ausgesehen hat, wissen wir nicht. Da war meine etwas wilde Spekulation oben, dass hier der Schrötling in eine runde Vertiefung gelegt wurde.
antisto hat geschrieben:
Di 05.11.19 19:41
... Für mich erklärt sich das Aussehen der Prägungen mit glatter Oberfläche nur aus der Verwendung von Ober- und Unterstempel, sonst müsste die glatte Seite plan sein. ...
Eben. Ob man eine irgendwie runde Vertiefung aber Stempel nennen will, ist Geschmackssache.
antisto hat geschrieben:
Di 05.11.19 19:41
... Daher mein Gedanke einer Entwicklung, der für die gerieften als „erste Münzen“ sprechen würde. ...
Kann sein, muss aber nicht. Irgendwas muss man tun, damit einem der runde Schrötling beim Prägen nicht ausbüxt. Und ob man da nun zuerst an eine Vertiefung oder an eine raue Oberfläche denkt, liegt nicht unbedingt auf der Hand :? .

Gruß

Altamura

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Re: Fragen zu 1/24 El-Stater Ionien

Beitrag von antisto » Mi 06.11.19 11:58

Klar - Incusum ist Revers. Das meinte ich auch, auch wenn ich das falsch geschrieben habe. :-)
Ich denke, ein Stempel kann auch bildlos sein, wie für die glatte Oberfläche meiner Münze.
Danke nochmal für die hilfreichen Ausführungen.
antisto

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