Umlaute im Lateinischen

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wpmergel
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Umlaute im Lateinischen

Beitrag von wpmergel » Fr 17.08.07 21:27

Hallo liebe Lateiner-Fraktion,

ich habe mal wieder eine Frage zu einer lateinischen Inschrift. In diesem Fall ist mir die Übersetzung von EX AEDERA AURIFLÜA (aus der goldfließenden Eder) geläufig.

Meine Frage bezieht sich auf den Umlaut (Ü) am Ende. Habe ich AURIFLÜA richtig gelesen und sind Umlaute im Lateinischen überhaupt bekannt? Bei der Segmentinschrift ist deutlich ein Punkt über dem U zu erkennen - aber eben nur EIN Punkt. Hat der vielleicht eine andere Bedeutung? Ich bin auf Eure Antworten sehr gespannt.
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Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » Fr 17.08.07 22:07

Der Latein Fraktion kann ich empfehlen:
Wilfried Stroh: Latein ist tot, es lebe Latein. Kleine Geschichte einer großen Sprache
ISBN 978-3-471-78829-5
Lesbar auch für alle, die kein Latein "können"
Ein faszinierendes Buch eines der besten Kenner dieser Sprache.

Ach so - der Punkt hat mit "klassischem" Latein nichts zu tun, Römer kannten keine Umlaute

Liebe Grüße
Zwerg
ΒIOΣ ΑΝЄΟΡΤAΣΤΟΣ ΜΑΚΡΗ ΟΔΟΣ ΑΠΑNΔΟKEYTOΣ
Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Gasthäuser (Demokrit)

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wpmergel
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Beitrag von wpmergel » Fr 17.08.07 22:54

Danke Zwerg,

für Deinen Beitrag und den Literaturtip.

Mir ist natürlich klar, daß die alten Römer keine Umlaute im herkömmlichen Sinn kannten. Ich dachte vielmehr an eine Funktion ähnlich dem zeitweise gebräuchlichen Strich über Konsonanten, der deren Verdoppelung anzeigte.

Es kann natürlich auch nur ein Fehler des Urhebers dieser einer alten Vorlage nachempfundenen Medaille sein.
Wenn's interssiert findet hier die Geschichte hinter der Medaille.
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Wolfgang M.

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Beitrag von klaupo » Sa 18.08.07 00:03

Hallo Wolfgang,
... Ich dachte vielmehr an eine Funktion ähnlich dem zeitweise gebräuchlichen Strich über Konsonanten, der deren Verdoppelung anzeigte.
Damit hast du es wohl getroffen!

Ich habe vor langer Zeit mal folgendes gelernt: Papier war in früherer Zeit nicht nur - wie heute noch - geduldig, sondern auch teuer. Unsere Punkte über den Umlauten sind die Reste eines ehemals ausgeschriebenen e, das über den vorangegangenen Vokal gesetzt wurde. Das sparte Platz auf dem Papier. Dies ist auch der Grund für den Strich über Konsanten, der eine Doppelung anzeigen sollte. Das gleiche machte man mit dem s, woraus dann unser ß entstand. Da man heute mit Papier wieder großzügiger umgeht, konnte man auch das ß wieder abschaffen. Der Punkt in der Legende deiner Medaille dürfte ein Rückgriff auf diese Schreibweise sein.

Gruß klaupo

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Beitrag von Gerhard Schön » Sa 18.08.07 10:26

Das Häkchen über dem U ist kein Umlaut, sondern unterscheidet diesen Buchstaben von einem N.

Und das deutsche ß ist nicht aus einem Strich über dem S entstanden, sondern aus einer Ligatur von SS.
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Beitrag von klaupo » Sa 18.08.07 10:52

Und das deutsche ß ist nicht aus einem Strich über dem S entstanden, sondern aus einer Ligatur von SS.
Korrekt, Herr Schön, da habe ich mich leider etwas unglücklich ausgedrückt.

Gruß klaupo

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Beitrag von wpmergel » Sa 18.08.07 11:00

Danke an alle Autoren - wieder ein Problemchen gelöst und etwas dazugelernt. :D
Herzliche Grüße aus Waldeck
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Beitrag von vMadai » Sa 18.08.07 11:12

Sehr geehrter Herr Schön!
Das mit der Ligatur aus SS stimmt - glaube ich - nicht, richtig ist wohl vielmehr: Ligatur SZ (man stelle sich ein kleines Fraktur-s und unmittelbar verbunden ein solches z vor - gibt ein schönes ß)
Bis vor etwa hundert Jahren war auch noch ein Großschrift-ß gebräuchlich: SZ (z.B. RUSZLAND). Auch umgangssprachlich ist in manchen Teilen Deutschlands für ß noch der Ausdruck "Es-Zet" üblich.
Gruß
vMadai

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Beitrag von Gerhard Schön » Sa 18.08.07 11:19

@vMadai

Ich hatte oben nur geschrieben, dass das ß aus einer Ligatur von "ss" entstanden ist (etwa in italienischen Drucken des 16. Jh. zu finden, desgleichen in frühneuzeitlichen Handschriften). Dass es später in deutschen Landen als "sz" umgedeutet wurde und dann eine Schrifttype aus langem s und z geschaffen wurde, ist eine andere Sache.
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