Geschichte des chinesischen Münzwesens

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chinamul
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Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Mo 09.05.11 13:11

Sicher werde ich mit diesem Thread, besonders aber meinem Einführungstext, bei vielen Forumsfreunden offene Türen einrennen. Wir können aber möglicherweise unserem Asienthread zu einem erheblichen Schub verhelfen, wenn wir uns mit unserem gesammelten Wissen an ein breiteres Publikum wenden, dem die Sinonumismatik bis dato nicht vertraut ist. Dazu ist es m. E. auch von Vorteil, wenn wir unsere jeweiligen Ausführungen mit gut fotografierten Abbildungen illustrieren.
Ich bitte Euch herzlich, mir Eure ehrliche Meinung zu diesem Vorschlag kundzutun. Aber auch für kritische Anmerkungen zu meinem Text wäre ich dankbar.

Von der Kaurischnecke zur Käschmünze
- eine kurze Geschichte des chinesischen Münzwesens -

Die Schönheit der verschiedenen Porzellanschnecken der Weltmeere hat die Menschen, wie zahlreiche entsprechende Funde aus aller Welt bezeugen, von jeher fasziniert. Es kann kaum verwundern, daß sie Schmuckzwecken dienten, aber auch zu magischen Handlungen scheint man sie benutzt zu haben, und schließlich hatten sie bis fast in unsere Zeit hinein Geldfunktion.
Um als Geld akzeptiert werden zu können, durfte ein Gegenstand oder Material selbstverständlich nicht mühelos und dazu noch in beliebiger Menge für jedermann erreichbar sein. Das Gold etwa verdankt seinen Wert seiner Seltenheit und der schwierigen und kostenaufwendigen Gewinnung. Immer fließen in den ihr schließlich zugemessenen Wert einer Sache die Beschaffungsprobleme mit ein. Außer den obengenannten Gesichtspunkten der Seltenheit und teuren Gewinnung können das auch die Aspekte Gefahr, Zeitaufwand, Überwindung geographischer Entfernungen und Hindernisse, Transport, Risiko und schließlich, bei Anfertigung, das dazu erforderliche Geschick sein. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß ein Hühnerei, das sich leicht und gefahrlos produzieren läßt, überall für 15 Cent zu haben ist, während das Ei des streng geschützten Seeadlers wegen der mit seiner Beschaffung verbundenen Gefahr, erwischt und bestraft zu werden, und wegen seiner Seltenheit von sogenannten Sammlern sehr viel höher bezahlt wird.
Selbstverständlich unterlag auch die Kaurischnecke, um zu Geld werden zu können, den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie alle anderen Zahlungsmittel oder hochbewerteten Dinge. Wo man sie mit der Schaufel am Strand auf Karren laden konnte, hatte sie keine Chance, als Geld Karriere zu machen, es sei denn, sie wurde in mühevoller Kleinarbeit von geschickten Händen zu aufwendigen Schmuckgegenständen verarbeitet.
Transportierte man sie aber von den Malediven im Indischen Ozean, wo sie massenhaft vorkam, über das Meer nach Südchina, wo es sie kaum gab, so flossen in ihre Bewertung die Faktoren Investitionsrisiko (Einsatz im Voraus zu finanzierender Schiffe), Arbeit (Hinfahrt, Beladen, Rückfahrt, Ausladen), Zeit (Dauer der Fahrt, ohne daß während dieser Zeit irgendein anderweitiger Verdienst erzielt wurde), und die mit dem Transport verbundene Gefahr für Leib und Leben der Schiffsbesatzungen mit ein.
Es kann nicht verwundern, daß die Kauris, durch die Gestehungskosten mit einem gewissen Wert versehen, in China und auch anderswo ein ideales Zahlungsmittel darstellten. Sie waren handlich, hübsch anzusehen und wiesen in Bezug auf Größe, Form und Aussehen kaum wesentliche Abweichungen voneinander auf, was einer Wertstandardisierung außerordentlich entgegenkam. Zudem konnte man sie, wenn man sie durch Abschleifen ihrer Rückenwölbung mit einem Loch versah, gut auf Schnüre aufziehen, was den Transport und das Abrechnen größerer Summen erheblich vereinfachte.
Die Zeichen standen also, was die Geldfunktion anbetraf, für die Kaurischnecke außerordentlich günstig, weswegen sie sich in Südostasien, aber nicht nur dort, auch tatsächlich über einige Jahrtausende hin bis weit ins 20. Jahrhundert als Zahlungsmittel behaupten konnte. Es drängt sich jedoch angesichts dieser Vorteile die Frage auf, wieso es dann gegen Anfang des ersten vorchristlichen Jahrtausends dennoch zur allmählichen Entwicklung einer Metallwährung kommen konnte.
Einerseits könnte die Erklärung darin liegen, daß es inzwischen einen mehr oder weniger regelmäßigen Warenstrom von China auf die Malediven gegeben haben könnte mit beträchtlichen ungenutzten Frachtraumkapazitäten bei der Rückfahrt, die nun für den massenweisen Transport von Kauris nach China zur Verfügung standen, ohne daß dadurch zusätzliche Kosten entstanden*. Außerdem könnten durch Fortschritte in Schiffstechnik und Navigation die mit einer Reise in den Indischen Ozean verbundenen Mühen und Gefahren ihre alten Schrecken verloren haben, so daß die jetzt zunehmend weniger seltene Kauri automatisch im Wert sank. Andererseits ist aber auch denkbar, daß es gerade eine Knappheit an Kauris war, die zur Anfertigung von Kaurinachahmungen in unterschiedlichen Materialien führte. Die Wertgrundlage wurde dabei durch die zur Herstellung erforderliche Arbeitsleistung gebildet. Die verwendeten Materialien waren vor allem Knochen, Stein und Muschelschalen, aber es kam im Laufe der Zeit auch zu metallenen Nachbildungen, vorzugsweise solchen aus Kupfer oder Bronze. Diese späteren Bronzeimitationen bildeten insofern ein nahezu ideales Zahlungsmittel, als sie die dem Chinesen altvertraute Grobform der Naturkauri mit dem Gebrauchswert jenes begehrten Metalls vereinten, aus dem man praktisch alle Geräte des täglichen Bedarfs durch Guß selbst anfertigen konnte.
Von der gewölbten Bronzekauri mit ihrem Mittelschlitz war es dann später nur noch ein verhältnismäßig kurzer Schritt zur Form der flachen Lochmünze – zunächst noch mit einem runden, später dann mit einem quadratischen Loch –, die fortan über zweieinhalb Jahrtausende das Aussehen des chinesischen Münzgeldes bestimmten sollte.
Parallel zum Erscheinen der Bronzekauris bildete sich eine andere Geldform heraus, nämlich das Gerätegeld, dessen Auftauchen auf die erste Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrtausends zu datieren ist. Es handelte sich bei diesen Münzen um verkleinerte und nicht mehr zum praktischen Gebrauch geeignete Nachbildungen der für das tägliche Leben wichtigsten Werkzeuge, wie des im Hause verwendeten Messers und des bei der Feldarbeit benötigten gabelförmigen Spatens. Auch wenn diese Kümmerformen der ursprünglichen Geräte aufgrund ihrer Miniaturisierung schon von Anfang an eindeutig Zeichencharakter hatten, so entfernten sie sich doch in dem runden halben Jahrtausend, in dem sie umliefen, mehr und mehr von ihrem ursprünglichen Aussehen, insbesondere hinsichtlich ihrer immer weiter abnehmenden Größe.
Gegen 250 v. Chr. war dann alles vorbei. Das unhandliche Gerätegeld hatte endgültig ausgedient, und die flache runde Scheibe aus den unterschiedlichsten Kupferlegierungen mit ihrem charakteristischen quadratischen Mittelloch trat ihren über zweieinhalb Jahrtausende anhaltenden Siegeszug durch das chinesische Münzwesen an**.
So waren interessanterweise mit den Griechen und den Chinesen zwei völlig unterschiedliche Kulturkreise (unabhängig voneinander?) um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends auf verschiedenen Wegen nahezu zeitgleich bei fast identischen Geldformen angelangt, wobei die Herstellungsmethoden sich allerdings signifikant unterschieden: Während die Griechen ihre Münzen zu prägen pflegten, verwendeten die Chinesen die von ihnen schon sehr früh perfekt beherrschte Technik des Bronzegusses.
Vielleicht hatte tatsächlich ein hier wie dort herrschender, durch den täglichen praktischen Gebrauch hervorgerufener Evolutionsdruck, wie er in der belebten Natur ebenfalls allenthalben wirksam ist, trotz unterschiedlicher Herstellungstechniken dennoch zwangsläufig zu ähnlichen Ergebnissen geführt, einer Münzform also, an der es im Prinzip nichts mehr zu verbessern gab. Aus dem gleichen Grunde bringen übrigens auch die Windkanäle der Entwicklungsabteilungen der Autofirmen strömungstechnisch immer weiter optimierte Karosserien hervor, die mit fortschreitender Annäherung an die Idealform notwendigerweise immer weniger Unterschiede aufweisen.
_______________________________________
* In ähnlicher Weise ließen im 19. Jahrhundert die armen Bergbauern des Berchtesgadener Landes die in wasserkraftbetriebenen Kugelmühlen von ihnen hergestellten Marmorkugeln als Schiffsballast nach Nordamerika mitnehmen, wo sie dann von den Schiffseignern mit großem Gewinn verkauft wurden.
** Die Wiederbelebung der alten Gerätegeldformen unter dem Usurpator Wang Mang (7 - 22) hatte lediglich Episodencharakter und blieb ohne jede Auswirkung auf die weitere Entwicklung.


Gruß

chinamul
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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von diwidat » Mo 09.05.11 21:32

Dank Dir chinamul für den Einstieg in einen Geldgeschichtlichen Bereich, der den Römern in nichts nachsteht.
Viele Sammler finden die Abfolge dieser Bildlosen Münzen äußerst langweilig - wenn man sich aber mit Land und Leute beschäftigt
kommt doch das eine oder andere Highlight zum Vorschein.
Viele haben damals die Sendefolge über die Seidenstrasse mit Begeisterung verfolgt - haben das auch ganz toll gefunden und sind dann wieder zu ihren "antiken" zurück gekehrt.

Mein Speziergang am antiken Südsee-Strand hat auch einige Erkenntnisse gebracht.
Die Geschichte der Kauri Schnecken ist gegenüber dem Euro mit Sicherheit schon mehr ein -> Mondo. Dieses Zahlungsmittel war über Jahrhunderte von Asien über die Südsee bis in das
schwärzeste Afrika gültiges Zahlungsmittel.

Es war aber nicht jede Schnecke Geldwert - es mußten schon ganz bestimmte sein.
Kauri-Natur.jpg
Die Schnecken der Reihe A waren ganz gewöhnliche Kauri Exemplare, die keinen weiteren Wert hatten. Es mußten schon die Gehäuse der Art Cypraea moneta sein, die in der Reihe B zu sehen sind - die mit den ausgeprägten Buckeln und Knubbeln. Als Geld verwertbar waren sie aber erst, wenn die oberen Buckel abgeschliffen - oder eher - aufgeschlagen waren. Geschlossen war es immer noch nur ein Schneckengehäuse.
Kauri-Imitation.jpg
Es kam die Zeit, daß im Land der Mitte die Schneckengahäuse knapp wurden (Kleingeldmangel ist bei uns auch nicht unbekannt), Da griff man zu einem Trick - man machte sich die Kauris selbst.
Aus Knochen, Jade, anderen Muschelschalen, vermutlich sogar Holz wurden die Schalen nachgebildet und sie fanden im Handel ihre Akzeptanz.
Man hüte sich aber vor modernen Nachahmungen. Mit den modernen Hobby Elektro Hand-Schleifern ist es ein Leichtes so etwas zu fälschen - man sieht es aber.

Kauri-Imitation-Metall.jpg
Mit dem ersten Metall als Handels- und Bezahlobjekt kamen auch die ersten Metall Imitationen (die beiden rechten Stücke) der Kauri Schneckengehäuse auf, die selbstverständlich die Zeit wesentlich besser überdauert haben.

Aus dem Bild einer Kauri Schnur hat sich dann das Schriftzeichen Pao entwickelt, daß allgemein Geld oder Wert bedeutet.

Gruß diwidat

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von ischbierra » Mo 09.05.11 22:28

Macht weiter so

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von Master-Jeffrey » Di 10.05.11 11:01

Guten Morgen Allerseits.
@chinamul: ich weiß deinen vermehrten Einsatz und dessen Auswüchse hier im Forum sehr zu schätzen.

Wer kann mir denn ein wenig mehr über die sogenannten "Antnoses" erzählen. Ich bin immer mal wieder über solche Exemplare gestolpert, wusste sie jedoch nie wirklich einzuordnen. In ihrer Form entsprechen sie ja mehr oder weniger den Kaurischnecken, ein Loch sucht man bei diesen Exemplaren jedoch vergeblich.

Über erhellende Antworten bin ich, wie immer, sehr dankbar.

mfg

Master-Jeffrey

ps: was mir gerade noch einfällt: warum gibt es in diesem Unterforum keine Möglichkeit antike chinesische oder asiatische Münzen zu veräußern bzw. zu tauschen, so wie es in den anderen Foren (z.B. Römer/ Mittelalter) bereits der Fall ist. Ich z. B. habe einiges, dass ich loswerden möchte, bei Ebay ist es aber immer sehr müßig, Angebote für die erwarteten 2-3 Euro einzustellen.

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Di 10.05.11 12:05

Die Entwicklung zahlreicher chinesischer Schriftzeichen aus dem ursprünglichen Zeichen "bei" für die Kauri ist besonders interessant.
Wie die untenstehende Abbildung einer Kauri der Art Cypraea moneta wiesen ältere Exemplare mehr oder weniger deutliche Querstreifen auf, die sich auch beim Schriftzeichen "bei" = "Kaurischnecke" wiederfinden. Die beiden Fortsätze unten werden von einigen Numismatikern als Teile der Schnüre interpretiert, auf die Kauris aufgezogen wurden. Wahrscheinlicher aber ist, daß es sich um die Fühler einer noch lebenden Kauri handelt. Durch die Notwendigkeit, die ursprünglich ovale Form der Kauri im Schriftzeichen den Gegebenheiten des Schreibens mit dem Pinsel anzupassen, mit dem runde Linien sehr schwer darzustellen sind, wurde das Zeichen dann schließlich eckig.
Praktisch alle Zeichen, die das ursprüngliche Zeichen für die Kauri enthalten, haben mehr oder weniger direkt mit Wert, Tausch und anderen Begriffen aus der Welt des Handels zu tun, wie z. B. "huo" = "Wert, Tausch" oder "bao" = "wertvoll, Geld, gültig, Schatz, kostbar".
In der heute gebräuchlichen vereinfachten Schreibweise ist "bei" zu geworden, "huo" zu und "bao" schließlich zu , womit diese Zeichen dann endgültig ihren Bilderschriftcharakter verloren haben.

Gruß

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cypraea moneta.jpg
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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von diwidat » Di 10.05.11 23:42

Der Herr Patalas aus Köln hat in seinem Buch "Chinesische Münzen" von 1965 schon eine Grafik veröffentlicht, in der die Wandelung der chinesischen Schriftzeichen
aufgezeigt wird.
Patalas-Chin-Zeichen.jpg
In einen anderen Buch von Cecilia Lindqvist "Eine Welt aus Zeichen" über die Cinesen und ihre Schrift (ISBN 3-426-26482-x)
hat sie sich mit der Entwicklung der chinesischen Schriftzeichen beschäftigt.
Hier ist als Beispiel des Schriftzeichen -> Kaurischnecke, teuer, wertvoll:
Kauri-Bild-1.jpg
Sie schreibt dazu: In der Shang-Zeit zierten Kaurischnecken die Helme der Fußsoldaten; Zaumzeug und Maulkörbe der Pferde des Herrschers waren mit zwei Reihen Kaurischnecken geschmückt.
Den Verstorbenen gab man oft Tausende von Schnecken mit ins Grab, und einige Schnecken legte man ihnen sicherheitshalber in den Mund oder in die Hand.
Die Orakelknochenzeichen geben die kleine Schnecke ganz naturgetreu wieder. Die Runzeln um den länglichen »Mund« werden nur mit einigen Strichen angedeutet, die Einschnitte oben und unten sind aber berücksichtigt.
Das Aufkommen an natürlichen Kaurischnecken hat offenbar nicht immer die Nachfrage decken können.
Bereits während der Shang-Zeit fing man deshalb an, Kaurischnecken aus Bronze und aus Knochen herzustellen, die dem natürlichen Vorbild nachgebildet wurden. Nur mit den Runzeln um den »Mund« nahm man es später nicht mehr so genau. Man begnügte sich meist mit dem Einritzen einzelner waagerechter Striche, die in den Bronzezeichen ebenso erscheinen wie in der endgültigen Form des Zeichens für Kaurischnecke, teuer, wertvoll.
Gegen Ende der Zhou-Zeit wurde die Kaurischnecke in den fortschrittlichen Landesteilen nicht mehr als allgemeines Zahlungsmittel verwendet, nur im südlichen und südwestlichen China hielten sich die Schnecken. Marco Polo berichtet von seiner Asienreise im 13. Jahrhundert, dass die Einwohner des heutigen Yunnan aus Indien eingeführte Kaurischnecken als Zahlungsmittel und als Schmuck verwendeten. Es gibt Hinweise darauf, dass die Schnecken bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts in Umlauf waren.


Die Abwandelungen obigen Schriftzeichens wird in diesem Beispiel wundervoll erklärt:
Kauri-Bild-2.jpg
Ihr Kommentar dazu ist: Zwei Kaurischnecken auf eine Schnur aufgezogen bedeuten durchbohren, aufziehen. In der älteren Literatur
findet man auch die Bedeutung eine Schnur mit tausend Münzen.
Die zugrundegelegte Münzeinheit bestand in der Shang-Zeit aus zwei miteinander verknoteten Schnüren mit je zehn oder zwanzig Kaurischnecken.
Eine Hand, die nach einer prachtvollen Kaurischnecke greift: erlangen, erwerben, gewinnen. Das Zeichen bedeutet auch müssen, sollen - eine Anspielung auf die verzweifelte Situation, die jeder kennt, der aus irgendeinem Grund versuchen »musste«, Geld zu »bekommen«.
Aus einem nicht bekannten Grund wurde die traditionelle Form des Zeichens durch den linken Teil des
Zeichens für Weg/Straße erweitert (was heißen könnte, einen Schritt mit dem linken Fuß machen), ohne
daß sich dadurch die Bedeutung geändert hätte.
Eine Kaurischnecke und zwei Hände: heranschaffen, besorgen, Gerät/Werkzeug.


Das hier angeführte Buch bringt mich zwar nicht dazu die Sprache zu erlernen (auch ohne Pinyin)
hat mir aber den Blick für diese interessante Schrift geschärft.

Gruß diwidat

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von Berliner581 » Mi 11.05.11 11:58

Hallo chinamul,

ich finde diese Idee persönlich sehr gut. Gerade für Einsteiger aber auch für Sammler, welche mal ein bisschen in fremden Gewässern fischen wollen, sind solche Threads die ideale Informationsquelle (für alle anderen natürlich auch).

Ich freue mich schon auf die nächsten Beiträge hier - also weiter so!

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Mi 11.05.11 12:32

Das Buch von Wilhelm Patalas kann höchstens als Hilfe für eine erste Annäherung an die Sinonumismatik angesehen werden. Es ist ausgesprochen unsystematisch und enthält, wie auch andere frühe Arbeiten deutscher Autoren, zudem noch etliche alte Irrtümer. Schon die erste Zeile links oben in der von Dir abgebildeten Liste zeigt einen solchen Fehler, der von vielen Numismatikern bis heute unbeirrt wiederholt wird. Meine unten abgebildete Münze zeigt (leider! - es wäre auch zu schön gewesen) mitnichten eine Frühform des "bao", also gewissermaßen das "missing link" zwischen dem einfachen Zeichen für die Kauri und dem fertigen bao-Zeichen, wie auch ich beim Kauf glaubte. Wang Yu-quan beruft sich in seinem Werk Early Chinese Coinage (New York 1980 - ISBN 0-915262-36-3) auf uralte Quellen, denen zufolge das vermeintliche bao-Zeichen in Wirklichkeit für die Münzstätte I (großes i!) steht, so daß die Münze die Aufschrift "i liu huo" = "Münzstätte I sechswertig" trägt.
Neben dem Buch von Lindquist habe ich mir auch noch Gemalte Wörter zugelegt (Edoardo Fazzioli - ISBN 3-7857-0476-3), das ich ebenfalls sehr anregend und aufschlußreich finde.

Gruß

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von ischbierra » Mi 11.05.11 13:21

Hallo chinamul,
würdest Du bitte die gezeigten Münzen näher benennen, also an der Münze die Schriftzeichen benennen und Gewicht,Durchmesser und Entstehungszeit mitteilen.
Bisher entnehme ich dem Text, das rechts das Zeichen für die Münzstätte I steht und links "sechswertig". Tabellarische Angaben sind hilfreicher, weil übersichtlicher.
Gruß ischbierra

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Mi 11.05.11 14:03

Du hast ja Recht! Hier also die technischen Daten der Münze:
9,67 g / 35-36 mm
Schriftzeichen: rechts "(Münzstätte) I (in Zentral-Shandong)", links 六貨 "sechs Tauschwert", wobei interessanterweise bei dem alten Schriftzeichen für "huo" noch die "bei"-Komponente fehlt, so daß nur ein dort steht.
Heinz-Wilhelm Kempgen datiert diesen Münztyp, den es ein-, zwei-, vier- und sechswertig gibt, auf das Ende des dritten vorchristlichen Jahrhunderts.

Gruß

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von diwidat » Mi 11.05.11 16:12

Durch die Anregung von chinamul habe ich mich wieder etwas mehr mit meinen Chinesischen Münzen befasst, die schon seit längerer Zeit auf diese Beachtung warteten.
Meine Abendlektüre bei der Frau Lindqvist hat mir dann auch noch eine neue Erkenntnis gebracht.
Das Schriftzeichen - Hand - links oder rechts - klärte eine Auflistung von Schriftzeichen auf den sogen. "Ming" Messern von Herrn Hartill,
in der von linken und rechten Messern die Rede war.
Schriftz-Hand.jpg
Im Katalog von Hartill sind die Schriftzeichen der Messer tabellarisch aufgefüht, u.zw. in Gruppen mit einfachen und mehrfachen Zeichen
und dabei die Gruppen der linken und rechten Messer.
Seine Erklärung einer Trennung nach geographischen Gesichtspunkten ( You = Junior = West / Zuo = Senior = Ost) geht mir nicht ganz ein
und bedarf wohl noch der Klärung durch eine höhere Macht :lol:
Messer-links.jpg
Messer-rechts.jpg
Auf den Messern sind jedenfalls die Zeichen klar und eindeutig zu erkennen.
Messer-rechts-links.jpg
Gruß diwidat
Zuletzt geändert von diwidat am Fr 13.05.11 22:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Do 12.05.11 12:00

Ich habe an Locnar folgende Mail geschickt und auch Wuppi unser Leid geklagt:
Im Asienforum erhalten wir beim Versuch, Bilder zu posten, die Meldung "Das Kontingent für Dateianhänge ist bereits vollständig ausgenutzt.". Heißt das etwa, daß damit endgültig kein weiteres Bilderposten mehr möglich ist? Falls das tatsächlich so ist, wäre dieses Unterforum gestorben!

Gruß

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Do 12.05.11 20:59

Hurra! Wuppi hat uns einen satten Nachschlag gewährt. Wir können also wieder Bilder posten.

Die Bezeichnungen "links" und "rechts" auf den Ming-Messern sind häufig zu finden, ohne daß ich bisher herausbringen konnte, welchem Zweck sie dienten.
Hier zwei Beispiele:
Messer 1, Typ "yuan bei ming dao" ab 2. Hälfte 5. Jhdt. v. Chr., runder Rücken
Av.: ("Ming" = "leuchtender Staat")
Rv.: 左十 "zuo shi" = "links zehn"
Messer 2, Typ "fang zhe ming dao" um 300 v. Chr., leicht abgeknickter Rücken
Av.. Wie Messer 1
Rv.: Zweimal "you" = "rechts"

Gruß

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ming dao li u re.jpg
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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von diwidat » Fr 13.05.11 22:46

Die logische Reihenfolge der vorstehenden Posts ist etwas durcheinander geraten, da mein Beitrag durch folgende Fehlermeldung abgebrochen wurde:

Das Kontingent für Dateianhänge ist bereits vollständig ausgenutzt.

Chinamul hat seinen Beitrag dann schon fortgesetzt und vervollständigt, derweil ich noch ausgebremst und aktionslos war.
Bei dieser Gelegenheit kam mir der Gedanke, die Hälfte meiner alten Beiträge zu löschen um Platz in meinem Konto zu schaffen. Nachdem ich mir aber die Inhalte angesehen habe,
würde dadurch ein Loch in die alten Beitäge gerissen (außer bei den Mobbing Versuchen), das späteren Lesern unangenehm auffallen würde.

Gruß diwidat

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Re: Geschichte des chinesischen Münzwesens

Beitrag von chinamul » Sa 14.05.11 12:32

Hallo diwidat!

Die Meldung betraf nicht das Kontingent, das Dir persönlich eingeräumt war, sondern sie galt vielmehr für das Asienforum insgesamt. Wuppi hatte die Foren jeweils pauschal mit einem gewissen Spielraum ausgestattet, der in unserem Fall ausgeschöpft war, von ihm aber problemlos wieder vergrößert worden ist.
Du brauchst Dir also bezüglich des BIlderpostens weiter keine Beschränkung aufzuerlegen!
Was die durch die Fehlermeldung etwas durcheinandergeratene logische Reihenfolge unserer Beiträge angeht, so traue ich unseren Chinafreunden zu, sich dadurch nicht verwirren zu lassen und in der Spur zu bleiben.

Ich möchte die Vorderseite der Ming-Messer noch einmal ins Visier nehmen und beziehe mich hier auf den Kringel, der als "ming" zu lesen ist, woher diese Messer auch ihren Namen haben.
In moderner Schrift sieht dieses "ming" so aus: , wobei dieses Zeichen sich aus den Bestandteilen "ri" für "Sonne" und "yue" für "Mond" zusammensetzt. Da die chinesische Schrift, wie schon am Zeichen für die Kauri ausgeführt wurde, ursprünglich eine Bilderschrift war, haben wir auf dem Messer mithin die Bilder von Sonne (der kleine Kreis) und Halbmond, der das Sonnenzeichen umgibt.

Um dieses ziemlich textlastige Posting nicht ohne Abbildungen auf die Reise zu schicken, zeige ich hier noch einige interessante Kaurinachbildungen aus meiner Sammlung.
Bei der oberen Kauri handelt es sich um eine aus Bronze (29 x 21 mm), die mit einer recht dicken Goldfolie überzogen wurde, wohl, um das Stück höherwertig zu machen. Man kann die Stärke der Goldauflage erahnen, wenn man sich die Rückseite ansieht, wo die Folie um den Rand gekrempelt worden ist. Für mich besonders reizvoll ist bei diesem Stück auch der Farbkontrast zwischen dem Gold der Folie und dem Türkisgrün der Auflagerung.
Die beiden Knochenkauris (beide 23 x 16 mm) weisen, wie das bei solchen Stücken häufig der Fall ist, mehr oder weniger intensive grüne Verfärbungen auf. Das wird darauf zurückgeführt, daß sie häufig in Bronzegefäßen gefunden wurden, deren sich entwickelnde Patinafarbe im Laufe der Jahrtausende auf die Kauris abgefärbt hatte.

Gruß

chinamul
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