Ein Papst, den es nicht geben dürfte - Johannes VIII.

Diskussionen rund um Medaillen, Medailleure, Jetons, Rechenpfennige

Moderator: Lutz12

Antworten
klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Ein Papst, den es nicht geben dürfte - Johannes VIII.

Beitrag von klaupo » Fr 17.12.04 23:58

Hallo mal wieder,

das abgebildete Stück (40 mm, gelbe Bronze) zeigt einen Papst, von dem ein lebensnahes Portrait kaum existieren dürfte, Johannes VIII. (872 - 882 n. Chr.). Auch sind die Schlüssel auf dem Revers nicht wie üblich gekreuzt. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, ein vergleichbares Revers schon einmal gesehen zu haben, wenn auch mit einem anderen Portrait. Das Stück ist zweifellos ein Guß - aber von welcher Vorlage und aus welcher Zeit? Hat jemand einen Hinweis dazu?

Gruß klaupo
Dateianhänge
Joh8-401.jpg

Benutzeravatar
corrado26
Beiträge: 603
Registriert: Fr 01.11.02 16:21
Wohnort: Schwarzwald
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Kontaktdaten:

Beitrag von corrado26 » Sa 18.12.04 16:45

"Der Gegenpapst Johannes VIII. wurde 844 nach dem Tod von Papst Gregor IV von der Bevölkerung Roms zum Papst erhoben. Als kurz darauf Sergius II zum rechtmäßigen Papst gewählt wurde, verurteilte er Johannes zu einer Klosterhaft." So weit Google.

Könnte es nicht sein, daß die nicht gekreuzten Schlüssel das Signum der "unrechtmäßigen" Päpste war?
Gruß
corrado26
Scio me nescire sed tamen censeo cogitare necesse esse

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Sa 18.12.04 22:59

Hallo Corrado,

die Deutung der Schlüsseldarstellung in Verbindung mit einem 'unheiligen Vater' ist ein interessanter Gedanke! Allerdings stellt sich dann die Frage: Wer hatte wann ein Interesse daran, diesen Papst mit einer Medaille zu ehren? Die Legende Claves regni coelorum - die Schlüssel des Himmelreichs gibt dazu keinen Hinweis, evtll. könnte eine zeitliche Zuordnung des Stücks zur Klärung beitragen?

Gruß klaupo

Benutzeravatar
mumde
Beiträge: 1507
Registriert: Mo 06.05.02 23:08
Wohnort: Weil am Rhein
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von mumde » So 19.12.04 00:09

Auf der Medaille wird sicher nicht der Johannes geehrt, der sich im Januar 844 kurz mal mit Unterstützung des römischen Volkes des Laterans bemächtigt hatte. Als Johannes VIII. gilt der Johannes, der von 872 bis 882 Papst war und 875 Karl den Kahlen krönte.
Die Zählung mit den Gegenpäpsten ist manchmal verwirrend. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an Johannes XXIII., 1958-1963. Aber schon 1410-1415 gab es einen Papst Johannes XXIII., der dann auf dem Konzil zu Konstanz abgesetzt wurde, genauso wie Benedikt XIII. Gregor XII. trat auf diesem Konzil freiwillig zurück. Es hatte drei Päpste gleichzeitig gegeben; sowas kam ab und zu vor, und da wurde dann immer mal einer aus der offiziellen Liste wieder gestrichen.
Gruß mumde

Benutzeravatar
mumde
Beiträge: 1507
Registriert: Mo 06.05.02 23:08
Wohnort: Weil am Rhein
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von mumde » So 19.12.04 00:16

Aus der Zeit der Renaissance gibt es mehrere Serien von Papstmedaillen von verschiedenen Medailleuren und von unterschiedlicher künstlerischer Bedeutung. Dabei werden teilweise auch Päpste portraitiert, von denen man gar nicht weiß, wie sie aussahen. Es gibt eine Serie, die die Päpste bis zurück auf den heiligen Petrus abbildet. Die hier gezeigte Medaille gehört sicher zu solch einer Serie.
Gruß mumde

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Sa 25.12.04 11:39

Hallo mumde,

mit deinem Hinweis auf eine Serie hast du es offenbar getroffen. Ich habe einen weiteren Papst mit dem gleichen ungewöhnlichen Revers gefunden. Wenn ich die Erläuterung einigermaßen richtig verstehe, lautet sie:
Die Medaille ist Teil einer Serie, genannt 'Die frühen Päpste', mit der wenig verbreiteten Reversgestaltung zweier parallel gestellter Schlüssel, die im 16. Jh. hergestellt wurde. Alle anderen Serien werden durchweg als Arbeiten des XVII. Jh. angesehen. Dieser Medaillentyp wird aufgrund seines Stils und der Qualität des Metalls gegen das Ende des Konzils von Trient zugeordnet und ist daher als Arbeit der Gegenreformation anzusehen.
Anscheinend ein recht interessantes Stück.

Weiterhin frohe Feiertage!

Gruß klaupo
Dateianhänge
Sixt4785.jpg
Medaglie & Placchette, ASTA VIII, Lugano, 11 Ottobre 2001

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot], Lackland, Yandex [Bot] und 4 Gäste