Diskussion über die schreibweise historischer Namen

Alles was nichts mit Münzen zu tun hat

Moderator: Locnar

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Q. Fabius
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Diskussion über die schreibweise historischer Namen

Beitrag von Q. Fabius » Di 07.09.04 16:50

Vorneweg, das Thema ist im Römer-Forum entstanden. Da ich es sehr interessant finde, es aber nicht unbedingt zu Münzen passt, könnten wir unsere Diskussion hier weiterführen.
Auch zuerst zu meiner 'lateinischen' Qualifikation. Ich habe und werde nie Latein in der Schule lernen. Meine Kenntnisse hab ich mir nebenher beigebracht (sprich neben dem schier sinnlosen Mathematikunterricht des bayerischen Gymnasiums).
Zum Thema: Meiner Meinung nach sollte man Namen von PERSONEN (ich hab' nie was von Städten gesagt) nicht eindeutschen, sprich Cäsar (vielleicht kommt ja mal Zäsar raus :D) oder Trajan, Horaz, Iuvenal oder Sallust. Warum nicht Caesar, Traianus, Horatius, Iuvenalis, und Sallustius? Wenn man von unseren Namen die Endsilben wegstreicht kommen ja auch tolle sachen raus.
Zweiter Punkt war die Aussprache des Lateinischen (und damit mein' ich v.a. die, die Latein in der Schule hatten.) Es ist ja (durch griechische Texte) belegt ,dass man, mindestens bis ins 5. Jhdt, c immer wie k und ae wie ai gesprochen hat. Der beste Beweis ist unser Wort Kaiser von Caesar (Kaisar). Der russische Zar ist erst viel später entstanden. Der Vorwurf ist wohl v.a. den Lateinlehrern zu machen (obwohl inzwischen o.g. Aussprache immer mehr verbreitet ist).

Würd' mich freuen eure Meinungen zu den 2 Punkten zu hören.

Grüße

F.
Quot homines, tot sententiae ...

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corrado26
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Beitrag von corrado26 » Di 07.09.04 18:33

also ich habe im altsprachlichen Gymnasium das Große Latinum gemacht und das war 1965. Damals hat man wie im mittelalterlichen Kirchenlatein üblich, das römische "C" auch noch wie "C" und nicht als "K" ausgesprochen und für mich ist eben Caesar noch heute Zäsar und nicht Käsar - mag zwar falsch und manchmal auch unlogisch sein, wie in "ceterum censeo Carthaginem esse delendam", vielleicht, ist mir aber egal. Keterum kenseo Karthaginem...... hört sich für mich einfach doof an.
Andererseits pflichte ich Dir bei: Die Eigennamen sollten schon in der lateinischen Form verwendet werden, kein Mensch käme schließlich auf die Idee, z.B. Kaiser Augustus als August zu bezeichnen. Ganz schlimm finde ich darüber hinaus den eingedeutschten Horaz für Horatius, nach der Unsitte müßte man ja auch Pontius Pilatus auf Ponz Pilat germanisieren, ist doch schlimm, nicht? Wenn's aber einem Nichtlateiner gefällt, soll er's halten wie er's will, er outet sich damit zwangsläufig als ein solcher...... :wink:
Gruß
corrado26
Scio me nescire sed tamen censeo cogitare necesse esse

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Beitrag von s69_de » Di 07.09.04 18:44

Meine Meinung ist, daß man Namen (egal ob von Personen oder Städten) nicht verändern sollte.
Ein nettes Beispiel: Meine Kollegen und ich haben ab und zu mal englisch sprechende Personen am Telephon. Da sagt dann ein Bernd, daß er Böhnd heißt, ein Michael erklärt seienm staunenden Zuhörer er sei Maikäll. Genauso wird aus München ein Mjünick, aus Berlin ein Böhlin und aus Frankfurt ein Fränkföht. Das finde ich unmöglich! Ich sage zu Liverpool ja auch nicht Leberbecken, bin aber auch so konsequent und sage Milano statt Mailand. Wenn ich die originale Schreibweise und Aussprache kenne, versuche ich diese zu benutzen.
Womit der Bogen zu Punkt 2 geschaffen wäre. Ich kann kein Latein. Habe ich in der Schule nie gehabt. Aber für mich ist die "richtige" Aussprache die ursprüngliche. Um wieder auf den Vergleich mit dem Englischen zu kommen: Wenn ich die Wahl habe zwischen amerikanischen und britischen Ausdrücken, wähle ich ganz bewusst die britischen. Ganz einfach aus dem Grund weil richtiges Englisch nur das Britische Englisch sein kann (England liegt ja bekannterweise auf der britischen Insel)
Hoffe, ich bin jetzt nicht zuweit vom Lateinthema abgeschweift ;-)

Grüße
s69_de

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Wuppi
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Beitrag von Wuppi » Di 07.09.04 20:36

Hi

diese falschen Schreibweisen stören mich auch - nur weil die Engländer kein ü können, müssen wir mit Munich leben? Sollen wir jetzt auch Mississippi umbennen weil es viele nicht richtig schreiben können (isses richtig?) ... Misippi wäre doch einfach ;)

Mit Lateinischen Bezeichnung kenn ich mich net aus (hatte das nicht in der Schule) - ich wiederhole das was ich gelesen hab ;) ... wobei ich schon sagen muß das Sallustius und ähnlich besser ausschaut als Sallust ..

@s69_de: Milano sag ich auch statt Mailand ... nur wenn ich mal nen Kollegen ärgern möchte, sag ich das die Störung in Mailand ist, statt in Milano - die sind manchmal etwas irritiert ;) [in unser Doku auf Arbeit stehen die Landesschreibweisen; die betreuene Komponenten in Mailand heißt auch Milano - daher sind wir da etwas drauf getrimmt....]

Gruß
Wuppi
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Beitrag von Karsten » Di 07.09.04 21:52

corrado26 hat geschrieben:Wenn's aber einem Nichtlateiner gefällt, soll er's halten wie er's will, er outet sich damit zwangsläufig als ein solcher...... :wink:
Mir gefällt es auch nicht unbedingt aber ich selber kann nur dem Vertrauen was die Literatur so hergibt; ja, ich oute mich, ich bin eine Nichtlateiner und möchte dann aber auch auf den Gebrauch von Anglizismen in diesem Forum aufmerksam machen.

Die VDS-Anglizismenliste 2004

Unter 'o' findet man dann auch 'outen' :wink: .
Gruß,
Karsten

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Huehnerbla
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Beitrag von Huehnerbla » Mi 08.09.04 11:06

Lateinische Namen sollten in der Tat in ihrer Ursprungsform bleiben und nicht verstümmelt werden.
Wie sie letztendlich ausgesprochen wurden, kann mit Sicherheit niemand mehr sagen.
Ich denke, die Aussprache im Lateinischen hängt stark von der eigenen Muttersprache ab. Ein Englischsprachger hat z.B. eine unterschiedliche Aussprache als ein Deutscher.
Im Forum, wo nur das geschriebene Wort steht, spielt die Aussprache nur eine untergeordnete Rolle.
Wuppi hat geschrieben: diese falschen Schreibweisen stören mich auch - nur weil die Engländer kein ü können, müssen wir mit Munich leben?
Du verwendest dann bestimmt auch Shqipëria statt Albanien ... :D
Und die Albaner sagen: Nur weil die Deutschen Shqipëria nicht aussprechen können, müssen wir in Albanien leben...
Gruß
Jürgen

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Q. Fabius
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Beitrag von Q. Fabius » Mi 08.09.04 20:43

Interessante Meinungen. Freut mich. Auch der Poz Pilat gefällt mit oder wie wärs mi'm P. Kornel Takit :D .

@s69_de: Trifft bei dir die britische Aussprache und Wortwahl auch Teilweise auf Unverständnis? Bei mir ist das schon der Fall. :) Für meine Mitschüler ist die amerikanische Vulgärsprache einfach 'cooler'.

@Huehnerbla: Mann kann mit ziemlicher Sicherheit aus griechisch geschriebenen Namen (eben hier Caesar - Καισαρ) auf die wahre Aussprache schließen. Anderes kann man noch relativ gut rekonstruieren wie den guten Potius als Pont-ij-us und nicht Ponzius. Aber das mit den verschiedenen Muttersprachen stimmt schon, wobei man auch hier sagen muss, dass wenn man die c und ae Regel beachtet man schon ziemlich 'römisch' Sprechen kann. Aber es gibt die wildesten Versionen (s.h. 'Die Passion Christi').

Grüße

F.
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quintus
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Beitrag von quintus » Do 09.09.04 18:24

Ich denke die Diskussion um griechische und lateinische Fremdwörter
ist nur aus Unvermögen entstanden.

Wer auch nur ein paar Monate griechisch gelernt hat, wird nie wieder
ein griechisches Fremdwort falsch schreiben, denn im Gegensatz zu
modernen Fremdsprachen orientiert sich die Aussprache fest an der
Schreibweise (Wir haben ja gar keine andere Wahl) und ist somit
logisch und, in beide Richtungen, gut abzuleiten.

Man sollte die Wörter so schreiben wie man sie für richtig hält: Wer
Fremdwörter "richtig" schreibt, kann ruhig stolz auf seine klassische
Bildung sein. Wer nach der neuen Rechtschreibung schreibt, bekommt
wenigstens keinen Fehler im Diktat.

Die Frage ist aber: Habe ich vor ein Diktat zu schreiben?

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quintus
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Beitrag von quintus » Do 09.09.04 18:36

Ach ja, was die Anglizismen angeht:

Auf diesem Gebiet sind uns, wieder mal, die Franzosen weit vorraus.
Im Französischen gibt es, bis auf wenige Ausnahmnen wie week-end,
keine Anglizismen. Man kann sogar mit Geldstrafen belegt werden wenn
man, in Publikationen, zu viele dieser Wörter verwendet.

Dies ist vielleicht aus der historischen Beziehung der beiden Länder
zueinander entstanden, hat aber dazu geführt dass die Franzosen
eigene Wörter entwickeln mussten und sowit dem Verlust der eigenen
Sprachkultur vorgebeugt haben. Ähnlich sieht es mit der französischen
Film- und Musikbrance aus.

Auf jeden Fall sollte man also seine kulturellen Wurzeln bewahren und,
da sich unsere Sprache nun mal aus den antiken Sprachen entwickelt hat,
sollten wir uns nicht zuweit davon entfernen.
(Abgesehen davon dass gerade die Deutschen auf ihre sprachliche
Verwandschaft, zu lateinischen Wörtern, stolz sein sollten:Man denke nur
mal an die gleiche Aussprache der Kaisernamen.

Anglizismen sind kein Schicksal!

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Beitrag von klaupo » Fr 10.09.04 00:10

Wirklich interessant! @quintus: Es gibt ein Land, das noch weiter geht als Frankreich - dort gibt es immerhin das schöne "le vasisdas", ein Postkutschenfenster! :D Aber die mir bekannten größten Puristen sind die Isländer! Dort wird nach meiner Kenntnis alles in die Landessprache umgesetzt, selbst Wörter wie Telefon. Das hat zur Folge, daß jeder Isländer seine knapp 1000 Jahre alten Sagas im Original lesen kann und die Orte noch heute ihre Namen von damals haben. Ob das nun der Weisheit letzter Schluß ist, möchte ich offen lassen. Aber interessant ist es schon!

@huehnerbla: Geh in Albanien ein paar Kilometer nach Norden, und du wirst mit deinem Shqipëria schräg angeschaut - dort sagt man Shqipnia. :D

Gruß klaupo

P.S. ... und damit zurück zum Latein! :wink:

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Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 10.09.04 11:54

Sprache ist ein lebendes Zeichensystem und damit jedem Versuch einer Normung abhold, das betrifft Aussprache und Rechtschreibung. Was gut und richtig ist, muß jeder selbst entscheiden, wobei er den Erwartungshorizont seiner Umgebung beachten muß, um verstanden zu werden. Jede Kommunikation erfordert eine Verständigung über den verwendeten Code, das geschieht im Alltag meist unbemerkt, weil ohne auffallende Probleme. Versuchen, die Sprache zu normieren, haftet immer eine gewisse Lächerlichkeit an, das fällt spätestens mit einigem zeitlichen Abstand auf. Wer Eduard Engel und seine Bemühungen um die "Entwelschung" der deutschen Sprache kennt, weiß, was ich meine. Engel war übrigens Lehrer. Das "Cicero" Ausspracheproblem habe ich jeden Abend, wenn ich die lateinische Hausaufgabe meines Sohnes kontrolliere, sein Lehrer sagt K wo unsre früher C gesagt haben. Da muß ich wohl auf K umstellen, was hilft's, denn hier gilt: non vitae sed scholae discimus. :-)
Tokens forever!

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Beitrag von Q. Fabius » Fr 10.09.04 15:53

@ quintus: Das mit dem Griechisch stimmt schon, nur hätt' ich mir z.B. nie gedacht das man Heliko - pter trennt 8) . Das mit dem 'week-end' ist auch so ne Sache. Da gibts ja keinen wirklichen französischen Begriff dafür (fin de la semaine?, hätt ich noch nie gehört). Im Unterschied dazu können wir für Anglizismen ja fast immer ein deutsches Wort verwenden.

@KarlAntonMartini: Der Spruch ist von allen der beste :)

Grüße

F.
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