Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Griechische Münzen des Altertums

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cojobo
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Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von cojobo » Mi 22.02.12 18:53

Und noch mal hallo,
im gleichen Auktionslot wie die ganzen kleinen Griechen, die ich in den letzten Tagen hier präsentiert habe, befand sich auch diese seltsame, einseitig geprägte Bleiplakette (23 mm). Es ist wirklich Blei, ich habe es mit dem Fingernagel ausprobiert. Der Kopf darauf erinnert am ehesten noch an eine barocke Teufelsvisage. Sowas kann doch wohl nicht griechisch sein - oder?? Dann müsste ich mich vermutlich bei irgendeinem Halbgott entschuldigen.
Auch hier wieder voll Spannung auf die Kommentare
und besten Grüßen
cojobo
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Peter43
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Peter43 » Mi 22.02.12 20:13

Es könnte sich um Pan handeln. Der wird öfter mit Hörnern dargestellt. Auch der Gesichtsausdruck würde passen.

Eine andere Möglichkeit wäre ein Flußgott.

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

HansPeter
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von HansPeter » Do 23.02.12 06:16

Vermutlich handelt es sich um eine Plombe.

Die hat man z.B. bei Kornsäcken um die Verschlußschnur gegossen, um den Sack zu versiegeln, also zu zeigen, dass er vorher noch nie offen war.
Ich suche immer Auktionskataloge, die antike Griechen behandeln. Über eure Unterstützung würde ich mich sehr freuen!

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quinctilius
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von quinctilius » Do 23.02.12 08:07

Ich tippe auf eine griechische Tessera, die es laut dem Artikel hier in großer Zahl gibt:

http://books.google.de/books?id=VY1w9ZS ... ei&f=false

Gruß
Quinctilius
Münzen sind Zeitzeugen, nicht nur Objekte.

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cojobo
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von cojobo » Do 23.02.12 15:34

Oh je!
Auf der einen Seite interessant, dass es doch was antikes sein könnte, auf der anderen Seite: Tessera - ein Endlosgebiet.
Zu schade, dass man da nichts genaueres sagen kann.
Jedenfalls schon mal vielen Dank!

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tilos
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von tilos » Do 23.02.12 16:36

HansPeter hat geschrieben:Vermutlich handelt es sich um eine Plombe.

Die hat man z.B. bei Kornsäcken um die Verschlußschnur gegossen, um den Sack zu versiegeln, also zu zeigen, dass er vorher noch nie offen war.
8O Und wie bekommt man dann das Korn hinein?

Ernst beiseite: Wenn eine Plombe, dann am ehesten eine Scheibenplombe. Irgendwo müsste man dann allerdings - zumindest ansatzweise - die Schnurkanäle erkennen können. Ich glaube im.Ü. nicht, dass die Plomben um die Schnüre gegossen wurden, m.E. wurden Sie zugeschlagen oder zugequetscht.

Ich vermute, dass es sich eher um eine Bleiapplike handelt.

Gruß
Tilos

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Iulia » Do 23.02.12 20:06

Hallo cojobo,
Mit Sicherheit ist das eine antike Tessera und wie Peter43 schon schrieb, mit der Abbildung eines Panskopfes. Offensichtlich ist weder diese Darstellung, noch diese Sorte Tessera mit glatter Rückseite wirklich selten. Ich zeige mal zwei weitere Exemplare, die beide allerdings nur ungefähr 15 mm groß sind, also sozusagen die Halbnominale zum großen sind. Und da sind wir schon am springenden Punkt: Von wem und wozu wurde diese Sorte Tessera hergestellt? Leider weiß ich nicht, in welchem zeitlichen Fundkontext solche Stücke gefunden wurden und auch nicht wo. Gefühlsmäßig würde ich diese Sorte auf das 2. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. datieren. Ich kann mich nicht daran erinnern, diese einseitigen Tesserae im Rostovzeff gesehen zu haben und auch nicht im Turcan, Nigra Moneta (die Bleifunde im Hafen von Lyon behandelnd). Aber vielleicht schafft es mal wieder Altamura, eine einschlägige Publikation dazu aufzutreiben :wink: !
Beste Grüße von
Iulia
P.S. Plomben würden, wie schon richtig bemerkt, entweder Löcher von der Siegelschnur aufweisen oder auf der Rückseite die Struktur des Materials aufweisen, auf das sie aufgedrückt waren, also eine Leinen- oder Papyrosstruktur oder ähnl.
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cojobo
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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von cojobo » Do 23.02.12 21:39

Hallo Iulia,
jetzt bin ich ja schon beinahe wieder stolz, dass ich bei all dem Schrott, den ich da ersteigert habe, auch mal was wirklich interessantes ergattern konnte. Die Ähnlichkeit zu Ihrem ersten Stück ist augenfällig, und meines ist dann (mal wieder!, hehe!) in deutlich besserem Zustand. Und wenn wir jetzt noch erfahren, wofür solche Tesserae gebraucht wurden, habe ich schon wieder was für den Unterricht.
Damit kann ich jetzt beruhigt zu Bett gehen.
Vielen Dank und beste Grüße
cojobo

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Iulia » Do 23.02.12 22:08

Wir wissen immerhin soviel, dass Tesserae zu bestimmten Anlässen öffentlich verteilt wurden, in die Menschenmenge geworfen wie Kamelle zum Karneval. Offenbar konnten die Empfänger dafür etwas eintauschen. Ich kenne auch einseitige Tesserae mit dem Bild einer cista mystica, also einem Symbol aus demselben religiösen Umfeld, nämlich dem Bacchuskult. So könnte ich mir vorstellen, dass solche "Kamelle" auch auf Bacchusumzügen, von deren Existenz wir Kenntnis haben, geworfen wurden.
Konnte man diese später beim entsprechenden Tempel gegen Wein eintauschen? Oder gegen etwas anderes?
So oder so ähnlich würde ich das im Unterricht erklären.
Gute Nacht!
Iulia

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von areich » Do 23.02.12 23:23

Das geht heute natürlich nicht mehr. Da wirft man mit Blei auf Leute und keiner dankt es einem.

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von tilos » Do 23.02.12 23:45

Früher war alles besser! Wobei, wenn einer mit ner Handvoll Tesserae nach mir werfen würde... Am Besten, Du probierst es einfach mal bei mir.

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Iulia » Fr 24.02.12 11:40

Nun hängt die Verletzungsgefahr aber nicht vom Material, sondern von der kinetischen Energie ab, mit der etwas geworfen/abgefeuert wird. Diese Frage wird also von Schülern sehr wahrscheinlich nicht gestellt werden, weil sie darin Experten sind :mrgreen: .
Gruß,
Iulia

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Altamura » Fr 24.02.12 18:17

Iulia hat geschrieben:... Aber vielleicht schafft es mal wieder Altamura, eine einschlägige Publikation dazu aufzutreiben :wink: ! ...
Ihr baut ja einen Erwartungsdruck auf 8O , da muss ich aufpassen, dass ich nicht einknicke :wink: .

Aber mir war tatsächlich so, als ob ich da irgendwo mal was gesehen hätte. Und ich hab's tatsächlich wieder gefunden :D .
François de Callataÿ, "Les plombs à types monétaires en Grèce ancienne", RN 2010, p. 219-255: http://kbr.academia.edu/FrancoisdeCalla ... monde_grec
Wie Name und Titel verraten, ist der Artikel aber auf Französisch.

Gelesen hab' ich den Artikel selbst auch noch nicht, sieht nach erstem Überblättern aber interessant aus.
Callataÿ verweist auch noch auf eine Arbeit von Wolfgang Fischer-Bossert, "A Lead Test-Piece of a Syracusan Tetradrachm by the Engravers Euth... and Eum..." (heißt wirklich so), Numismatic Chronicle 162 (2002), pp. 1-9, die gibt's aber wohl nicht online :( . Dort soll es auch um Grundsätzliches zu diesen Bleiteilen gehen, nicht nur um das titelgebende Stück.

Ist jetzt vielleicht nicht ganz so einschlägig, aber besser als nichts :D .

Gruß

Altamura

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Re: Bleiplakette mit Teufelsvisage - griechisch?

Beitrag von Iulia » Fr 24.02.12 22:49

Altamura hat geschrieben: Ist jetzt vielleicht nicht ganz so einschlägig, aber besser als nichts :D .
Ja. Es ist verdammt schwer, z. B. etwas über Tesserae zu finden, die im griechischsprachigen Raum gefunden wurden. Habe mal beim Stöbern in der Uni-Bibliothek die Publikation eines kleinen Hortfundes von pisidischen Münzen aus späthellenistischer Zeit entdeckt, in dem sich auch Bleitesserae befanden. Hab's mir aber nicht notiert und Jahre später nach einer Bibliotheksneuordnung nicht mehr wieder gefunden :mad: Ich habe nämlich den Verdacht, dass diese einseitigen Bleitesserae, wie das hier vorgestellte, gar nicht römische, sondern griechische sind.
Gruß,
Iulia

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