1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Deutschland vor 1871
Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Sa 17.06.17 08:48

Hallo zusammen!

Momentan bin ich bemüht, einige Stücke meiner Sammlung genauer zu hinterfragen, die ich mitunter schon sehr lange besitze, diese bislang aber nicht richtig einordnen konnte.
In dieser Folge bin ich auch über eine Münze von Hanau-Lichtenberg gestolpert. Im Bildanhang ist es die mittlere Münze, die beiden Münzen links, bzw. rechts davon dienen dem Größenvergleich.

Sie sieht aus wie ein gewöhnlicher Teston dieser Zeit und Region, hat aber eher die Abmaße eines 12 Kreuzerstückes - ist dafür allerdings etwa 0,5g zu schwer.
Teilstücke von Testonen sind ja laut Suchier nicht bekannt, jedoch deutet das Gewicht auf 1/2 Teston hin.
Aufgrund der Jahreszahl 1608 kann es natürlich auch kein Kipperteston sein, die ja vom Gewicht her in diesem Bereich liegen würden.

Eine Fälschung aus der Zeit ist natürlich nie auszuschließen, aber welche Münze hätte hier imitiert werden sollen?

Bin für jeden Hinweis dankbar, viele Grüße,
Tannenberg
Dateianhänge
Hanau-Lichtenberg.jpg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Di 20.06.17 19:08

Hallo Tannenberg,

vielen Dank für die PN und den Hinweis auf Ihr Stück. Wie Sie bereits angemerkt haben wurde 2015 in diesem Forum
bereits ein Stück vorgestellt welches ebenfalls in den Bereich möglicher Teilstücke Hanauer Testonen viel.

Nach damaliger Rücksprache mit einem erfahrenen Sammler Hanauer Stücke ging dessen Meinung für das damalige
Stück auf Fälschung auf der Basis der bekannten Hanauer Testonen.

Wie Sie bereits schrieben waren Reinhard Suchier Teilstücke dieser Testonen nicht bekannt.
Bezüglich dieser Prägungen liegen aus den Probationsakten Prägeunterlagen für die Jahrgänge 1609, 1611, 1612,
1613, 1614, 1615, 1617 und 1618 noch vor. In keinem dieser via Akten belegten Jahrgänge wurden Teilstücke zum
Probationstag des Oberrheinischen Kreises vorgelegt. Es ist daher zumindest unwahrscheinlich das nun ausgerechnet
im Jahr 1608, von dem keine Akten vorliegen, Teilstücke ausgeprägt wurden.
Wenn ich den besagten Fachmann damals richtig verstanden habe dann sind bisher auch keine echten Teilstücke
Hanauer Testonen bekannt geworden.

Was am Stück auffällt sind die ich nenne es mal "tanzenden Buchstaben". Damit gemeint sind Höhenunterschiede
z.B. avers das letzte E bei ZWE, ebenso das gleich nach dem Münzzeichen folgende I von IOHAN, das I nach dem
CO. Revers zeigt sich da das gleiche Bild. Wenn Sie in Ihrem Photo die Münzen rechts und links neben dem
fraglichen Stück dahingehend vergleichen so zeigen die beiden anderen Stücke dies so nicht.

Der Wappenschild revers zeigt bei genauer Betrachtung auch Unterschiede in den Proportionen und Details wenn
Sie selbigen einmal mit den beiden Münzen links / rechts daneben vergleichen. Wohingehend die Wappenschilde
der beiden flankierenden Stücke nahezu identisch ausfallen.

Eine Fälschung aus der Zeit schließen Sie ja bereits selbst aus, es sollte ja dann eine echte Münze nahezu gleich
imitiert werden. Das Stück wäre aber damals im Verkehr jedem aufgrund der Größe sofort aufgefallen.

Meiner Meinung nach liegt hier ebenfalls eine neuzeitliche Prägung / Überprägung unter Verwendung eines alten
"Rohlings" vor die ein Teilstück eines Hanauer Testons zum Schaden des Sammlers imitieren soll.
Sofern es sich um ein echtes Teilstück aus der Zeit handelt dürfte die Beweisführung dessen anhand der Akten
ein wenig "schwierig" werden, es wäre dann wohl das einzige.

Ich werde dem "Hanauer Fachmann" einen Ausdruck vorlegen wenn ich ihn bei uns in Frankfurt im Verein wieder
sehe und ihn um seine Meinung zu Ihrem Stück fragen.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Di 20.06.17 21:04

Hallo Friedberg,

herzlichen Dank für die sehr ausführliche Antwort.

Zu den Unterschieden beim Wappen möchte ich auf Suchier Nr.288 hinweisen. Einige Details sind hier verblüffend ähnlich, z.B. der ausgeprägte Rahmen um den (vom Betrachter aus gesehen) rechten Löwen sowie der Stern als Platzhalter auf der Reversseite. Kommt so bei keinem anderen Stück von Suchier vor - und ausgerechnet dieses Stück ist ebenfalls mit 1608 datiert.

Darüberhinaus ist der Variantenreichtum gerade bei Testonen aus H-Lichtenberg natürlich enorm.

Ich bin sehr gespannt auf die Meinung des Spezialisten, eine moderne Fälschung schließe ich persönlich aus.
Sollten Sie bessere Detailfotos benötigen, könnte ich diese gerne senden.

Danke für Ihre Mühen und mit vielen Grüßen,
Tannenberg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Mi 21.06.17 07:02

Hallo nochmal,



heute Nacht habe ich mir "den Suchier" noch einmal zu Gemüte geführt. Auf der Suche nach Hinweisen bin ich über ein paar Textstellen gestolpert, aus denen ich zu erkennen glaube, daß sich auch in der Zeit vor den Weltkriegen nicht alles ergründen ließ, was das Hanauer Münzwesen anbelangt.
Da bestimmt nicht jeder Mitleser den Suchier zur Hand hat, möchte ich die entsprechenden Textzeilen mal zitieren.

So schreibt Dr. Suchier in Zusammenhang mit den H-Lichtenberger Testonen:

...daß in einem Ausschreiben des fränkischen Kreises von Bamberg 20.30. [sic!] Nov. 1609 Münzen des Grafen Johann Reinhard von Hanau, zu 20 Kr. veranschlagt, bezeichnet sind als "neue Münz, Jahreszahl 1608 und 9." ...
...Die Probationsakten sind hier, wie so oft, lückenhaft; sie schweigen über die ältere Zeit und halten dann mit den vorhandenen Proben keineswegs Schritt. Von 1608 ist nichts erwähnt, auch nichts von 1610...


Daß "die Probationsakten mit den vorhandenen Proben keineswegs Schritt halten" legt den Schluß Nahe, daß es seinerzeit Münzen gab, die sich der 1897 noch erhaltenen Aktenlage entzogen haben.
Und gerade die Anfänge der Münze zu Babenhausen lagen und liegen wohl ziemlich im Dunkeln.
Schreibt Dr. Suchier doch zum Einen (S.5), daß er zunächst die Anlegung der Babenhausener Münze in das Jahr 1611 verortete, er nach Auswertung einer Rechnung des Kreiswardeins Wolf Krämers als Entstehungsjahr aber "um 1607" annahm.
Daher wird sich wohl nicht mehr sicher klären lassen, wieviel und vor allem welche Nominale in der Anfangszeit der Babenhausener Münze tatsächlich ausgemünzt wurden.

Zum Anderen führt er ja in der Vorrede seines Werkes aus: "...zur Herausgabe eines eigentlichen Münzwerks konnte ich mich aber schwer entschließen, weil mir zur Vollständigkeit noch viel zu fehlen schien...
...daß es meine Pflicht war die mühsam erlangten Resultate, wenn sie mich auch nicht befriedigten, der Öffentlichkeit zu übergeben."


Soweit das, was ich gefunden habe.

Insgesamt finde ich es aber auch erstaunlich, daß es erst ab 1619 Hanauer Dreibätzner gab. Ist doch die Lücke zwischen den Dreikreuzerstücken und den Testonen zu 6 Batzen relativ groß. Vielleicht wollte man ursprünglich diese Lücke zeitgleich mit der Einführung der Testone 1608 schließen, kam aber im gleichen Jahr aus unbekannten Gründen wieder davon ab?

Wie auch immer. Ich bin auf weitere Erkenntnisse gespannt.

Hier der Vollständigkeit halber noch der Link zu dem weiter oben genannten, anderen Teston-Teilstück, Beitrag von 2015:

http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 51&t=53423

Allerdings beschränken sich die Gemeinsamkeiten auf den ungefähren Durchmesser und die gleiche Motivlage. Die Ausgestaltung der Vergleichsmünzen selbst ist eine ganz unterschiedliche Qualität.

Grüße,
Tannenberg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Mi 21.06.17 19:24

Hallo Tannenberg,

das Stück sorgt ja bei Ihnen scheinbar für schlaflose Nächte.

Die Probationsakten des Oberrheinischen Kreises sind für alle Münzstände dieses Kreises lückenhaft und mehr oder weniger unvollständig.
Das liegt aber am Aufbau dieses speziellen Reichskreises. Direktor des Kreises war der Bischof von Worms und selbigem fehlte nunmal die
effektive Macht zur Durchsetzung im Kreis. Ko-Direktor war Pfalz-Simmern bzw. andere Linien der Pfalzgrafen womit dann noch ein
Gegensatz hinsichtlich der Konfessionen hinzu kam und Direktor und Ko-Direktor sich gegenseitig behinderten.
Die Probationstage wurden unvollständig besucht oder vielen zeitweise auch schon mal ganz aus. Da der Reichskreis die Aufsicht über das
Münzwesen seiner Stände hatte liegt diesbezüglich streckenweise Totalversagen vor. Es führt aber zu weit dies an dieser Stelle noch weiter
aufzudröseln, der interessierte Leser kann das alles gerne z.B. bei:
Konrad Schneider, Das Münzwesen ... Des Oberrheinischen Kreises Im 17. Jahrhundert, Koblenz 1977, nachlesen.

Wenn also Akten noch vorliegen dann kann man schon mal froh sein. Vollständig sind sie keineswegs und sofern eine Prägung in den Akten
nicht erwähnt wird dann schließt das nicht aus das es besagte Prägung nicht doch gegeben hat. Und für 1608 liegen ja auch keine Akten mehr
vor. Auffällig bleibt dennoch das auch in den via Akten dokumentierten Jahrgängen keine Teilstücke vorkommen.

Mir ist momentan anhand der mir zugänglichen Quellen kein echtes Teilstück aus der Zeit bekannt. Als Quellen sein hier noch die damaligen
Valvationen bzw. Verrufungen erwähnt. Auch dort finde ich kein Teilstück. Aber Hanau ist auch nicht mein eigenes primäres Sammelgebiet,
hierzu muß ich halt auch Rücksprache mit dem besagten Hanauer Spezialsammler führen.

Die 1619er "Dreibätzner" würde ich nicht als solche bezeichnen. Das sind glasklar 12 Kreuzer Stücke mit besagter Wertzahl revers und damit
Reichsmünzen im Gegensatz zu den Testonen die lediglich Landmünzen waren. Suchiers Bezeichnung im Buch ist da irreführend.

Mein Eindruck ist eher der, wenn ich mir die Staffelung in 1608 ansehe, Goldgulden, Taler, Teston und Dreikreuzer das Teilstücke der Testonen
nicht notwendig waren bzw. es keinen Absatz dafür gegeben hätte. Vier Dreikreuzer Stücke deckten den Wert des Halben Teston.

Wir hatten hier letztes Jahr ein äußerst seltenes Stück von Holzappel im Forum. Davon gab es aber zumindest zwei, drei Stücke deren Standorte
man in den Museen und im Handel nachvollziehen konnte. Wenn nun gar kein anderes Original nachweisbar ist dann überwiegen bei mir eher
die Zweifel. Die Sachlage ist im Grunde ganz einfach, sofern man für dieses eventuelle Teilstück eines Teston die Originalität nicht nachweisen
kann dann bleibt nix anderes übrig als das Stück als Fälschung anzusehen. Anders herum macht es keinen Sinn. An das einzige verbliebene
Exemplar mag glauben wer will.

Mal schauen was sich im weiteren Verlauf noch alles zu dem Stück ergibt.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau.

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Mi 21.06.17 20:23

Hallo Tannenberg,

bitte UNBEDINGT den Rand des Stückes photografieren ! Ein wenig schwierig aber hier zwingend notwendig,
und mir selbige Photos an meine Ihnen bekannte email Adresse senden.

Die technischen Daten hinsichtlich Durchmesser und Dicke bitte ebenfalls noch einmal nachprüfen und mir
die genauen Daten zusenden oder hier im Forum noch einmal bestätigen.

Haben Sie die Möglichkeit eine Tauchwägung zur Dichte Bestimmung durchzuführen ? Anleitungen dazu
finden Sie im Internet bzw. hier im Forum.

Desweiteren die besagten Vergoldungsreste Revers die ich Ihnen in einer email genannt habe am Stück
bitte nachprüfen.

Hintergrund: Das Stück ist zumindest optisch IDENTISCH mit Suchiers Klippe Nr. 446. Abgesehen davon
das es momentan halt nicht in der Klippen Form vorliegt. Wenn Sie sich die Photos bei Suchier Nr. 446
einmal genau anschauen (gut mein Suchier ist auch nur 'ne Repro aus 1994) dann müßten Ihnen bei
besagter Nr. 446 die von mir eingangs erwähnten "tanzenden Buchstaben" auffallen.
Es besteht zumindest eine geringe Möglichkeit das es sich bei Ihrem Stück um eine beschnittene Klippe
Suchier 446 handeln könnte.
Eventuell am Stück sichtbare Vergoldungsreste würden diesen Verdacht (nur ein Verdacht bisher)
stützen.

Suchier nennt für besagte Nummer eine geringere Größe und eine höhere Legierung.
Ich forsche mal nach wo es 'ne Originale Klippe im Museums oder Sammlungsbesitz für weitere
Prüfungen noch gibt.

Wie gesagt, nicht zu früh freuen, nur ein Verdacht bisher.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Do 22.06.17 02:50

Hallo Friedland,

nein, nicht die Münze raubt mir den Schlaf, sondern meine Arbeitszeit.
Zumal die Aussicht auf einen "seltenen Vogel" zwar ungemein spannend, der mögliche, materielle Wert aber völlig unwichtig ist; da ich mich unabhängig vom Ausgang der Diskussion ohnehin nicht von dem Stück trennen werde. Es reicht also, wenn der Ausgang der Diskussion lediglich mich überzeugt.

Zur Klippe selbst:

Potztausend, ja, genau! Auch wenn mir nur die digitalisierte Form des Suchier vorliegt - es paßt alles, jeder einzelne Buchstabe auf AV und RV ist identisch! Das "I" auf 6h vom AV, die bereits genannten Buchstaben auf 10.30h und 13h...
Vor allem: der Kragen von Johann Reinhard! Der schmale, unverzierte Kragen kommt sonst auf keinem abgebildeten Teston vor.
Ebenso das Wappen: das relativ große Sparren-Herzschild und das im Vergleich zu den anderen Münzen im Suchier vergrößerte Schild der Herrschaft v. Bitsch im unteren, vom Betrachter aus linken Feld - identisch.
Auch die explizit genannten AV/RV-Umschriften, die so abweichend von der "Norm" sonst so nirgends vorkommen sind absolut stimmig, inklusive dem Stern als Platzhalter auf 12h.

Daß mir das selbst nicht auffiel. Aber an eine Klippe dachte ich überhaupt nicht - obwohl der Verweis im Parallelbeitrag von 2015 ja ebenfalls die besagte Klippe in's Spiel brachte.
Interessant ist auch die Fußnote zur Nr. 446, wo diese Klippe der "Straßburger Sammlung" den 12 Kreuzerstücken zugeordnet wurde, was Dr. Suchier seinerzeit in Zweifel zog.

Ich glaube aber wirklich - die Straßburger lagen richtig. Das es 1608 geplant war, eine Klippe als Teston in Umlauf zu bringen, erscheint mir abwegig. Schlüssiger fände ich, daß diese Klippe tatsächlich ein "Rohling" ist - ein sozusagen nicht fertiggestelltes 12 Kreuzerstück, oder ein Probeabdruck um die gravierten Stempel zu prüfen.

Dr. Suchier schreibt ja: "...Es kann also kein Zweifel sein, daß dies nur ein erster Entwurf war, der keinen Beifall fand und darum nicht weiter ausgeführt wurde..."
Ich kann mir gut vorstellen, daß eben doch ein paar Probemuster/Klippen "weiter ausgeführt" wurden, also ausgestanzt und fertiggestellt wurden. Ob sie (und/oder die Klippen) tatsächlich je in den offiziellen Umlauf kamen, steht ja auf einem ganz anderen Blatt.

Behufs der Abmaße:

Der mittels Meßschieber ermittelte Durchmesser ist erstaunlich exakt. Er schwankt nur im Bereich von 25,8 und 26,0mm. Deutet also eher auf einen Stanzvorgang hin, von Hand ausgeschnitten würde der Durchmesser sicher mehr variieren. Die Dicke ist praktisch genau bei 0,9mm.
Die geeichte Referenz-Laborwaage ermittelte 4,073g Gewicht.

Bei der Volumenbestimmung scheiterte ich allerdings. Trotz Laborwaage und Pipette ist die Wasserverdrängung so gering, daß ich bei etwa 10 Anläufen 10 Ergebnisse erhalten habe. Ich bräuchte ein Gefäß, in welches die Münze hochkant gerade so hineinpaßt. Bei den von mir verwendeten Labor-Glasbechern ist der Wasseranstieg so minimal, daß ich die verdrängte Wassermenge nicht exakt "greifen" kann, bzw. die Wasserpegelveränderung nicht genau genug ablesen kann. Die Oberflächenspannung des Wassers erschwert das Ganze zusätzlich, auch ein Tropfen Spüli brachte hier keine Besserung.

Aber ich denke auch so, daß ich praktisch am Ziel bin - Dank Ihrer Hilfe und den Hinweis auf die Klippe! Dafür meinen herzlichsten Dank!

Mit freundlichen Sammlergrüßen,
Tannenberg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Do 22.06.17 07:11

Noch ergänzend...

die Bilder der Klippe aus dem Suchier im Direktvergleich und die Textzeilen, welche die Klippe dort betreffen. Sollte jemand den Suchier in der Originalausgabe von 1897 haben, wäre ich für bessere Bilder der Klippe sehr dankbar!
Aber auch so sieht man, daß jeder "verunglückte" Buchstabe deckungsgleich ist.

Interessant auch der Hinweis im von Dr. Suchier in Frage gestellten, französischen Text - mit der Gewichtsangabe von 4 Gramm, das deckt sich auch...

Grüße,
Tannenberg
Dateianhänge
JR 010.jpg
JR 011.jpg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Do 22.06.17 11:47

engellehr.jpg
Hallo Tannenberg,

vielleicht hab ich es selbst immer falsch gemacht aber bei der Tauchwägung wird doch das verdrängte Volumen
nicht via Messbecher / Skala abgelesen.
Ich stelle meinen Becher Wasser auf die Waage, "nulle" meine Waage / tara, hänge meinen Prüfling frei am
Bindfaden in's Wasser so das er völlig von der Flüßigkeit umschlossen ist und lese das Gewicht ab.
Das Gewicht entspricht nunmehr dem Volumen des Prüflings. Und meinen Prüfling kann ich ja auch wiegen.
Hab' ich selbst aber zugegeben auch schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gemacht und eventuell babbel ich
gerade damit auch Unsinn.

Die von Ihnen ermittelten Daten zum Durchmesser in ihrer Gleichförmigkeit und die Photos vom Rand die Sie
erstellt haben schließen eine beschnittene Klippe eher aus. Das Stück war wohl nie in Klippenform.
Durchaus möglich das damals neben den Klippen auch "runde" Probeabschläge produziert wurden.
Die Klippen waren nicht für den Umlauf gedacht, sie dienten zur Vorlage bei den Entscheidungsträgern bzw.
beim Münzherrn.

Eine Bezeichnung als 12 Kreuzerstück würde ich wie oben erwähnt aus dem Spiel lassen. Die 12er waren wie
gesagt Reichsmünzen mit Wertzahl und diese Testonen "nur" Landmünzen.
Sofern das Material, wie bei Suchier aufgeführt, eine höherwertige Legierung hatte dann entsprach der Wert
trotz geringerer Größe und Gewicht ja wieder dem Wert eines schwereren Teston mit geringerer Legierung.
Daher auch mein Hinweis auf die Tauchwägung im Vergleich zu anderen Testonen.

Eine wenn auch schlechte Abbildung des Stückes bei Engel und Lehr welches Suchier angibt findet sich
online: Numismatique de l'Alsace par Arthur Engel et Ernest Lehr, Paris 1887.
Abbildung davon oben Eingangs.

Mal schauen ob der Hanauer Sammler die Standorte der zwei bzw. weiterer dieser Klippen eventuell kennt.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Do 22.06.17 12:54

Hallo Friedland,
friedberg hat geschrieben: Sofern das Material, wie bei Suchier aufgeführt, eine höherwertige Legierung hatte dann entsprach der Wert
trotz geringerer Größe und Gewicht ja wieder dem Wert eines schwereren Teston mit geringerer Legierung.
genau damit habe ich so meine Probleme. Geht man davon aus, daß praktisch ein halber Teston angestrebt wurde, müßte er, wenn er wie hier das halbe Gewicht wie ein Teston hat, doch aus der gleichen Legierung sein, oder?

Das Gewicht der Testone von 1608/1609 schwankt ja so ungefähr zwischen 7,5 und 8,8 Gramm, die meisten so bei 8-8,2g.
Da hätte meine Münze ja praktisch ihr Idealgewicht.

Da die Klippen ja sogar sicher nur "Schaustücke" waren, muß das Material natürlich nicht dem entsprechen, was dann tatsächlich ausgemünzt wurde - auch wenn die Münzen dann doch nicht in Umlauf kamen.
Bei "Probeabschlägen" allgemein kommen ja mitunter die wildesten Materialvarianten vor.

Zur Dichtebestimmung war mein Ansatz folgender:
Ein Becherglas wurde mit einem dünnen Strich markiert, destilliertes Wasser bis zum Strich aufgefüllt. Dann die Waage auf 0 tariert, die Münze ins Glas geworfen - das Gewicht der Münze wird angezeigt.
Dann habe ich mit einer Pipette das Wasser bis zum Strich wieder abgesaugt. Das nun angezeigte Gewicht, vom Münzgewicht abgezogen, ergibt das verdrängte Volumen.
Soweit in der Theorie. Praktisch scheiterte ich an der "unklaren" Linie, die Wasser durch die Oberflächenspannung an seiner Oberfläche erzeugt und an der geringen Menge abzusaugenden Wassers.

Das mit dem Faden müßte ich prüfen, allerdings hängt ja die Münze an meinem Finger, überträgt somit kein Gewicht auf die Waage. Das Volumen des Wassers nimmt durch die Verdrängung zwar zu, aber nicht das Gewicht des Wassers, da zwar der Pegel steigt, aber nicht sein Gewicht.
Aber ich lese mich noch mal weiter ein, vielleicht bin ich auch auf dem Holzweg. Die Schule liegt schon lange zurück...

Ich versuch's weiter.

Viele Grüße,
Tannenberg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
Tannenberg
Beiträge: 245
Registriert: Mi 01.07.09 11:49
Hat sich bedankt: 438 Mal
Danksagung erhalten: 521 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Tannenberg » Do 22.06.17 14:44

Hallo nochmal,
friedberg hat geschrieben: Eine wenn auch schlechte Abbildung des Stückes bei Engel und Lehr welches Suchier angibt findet sich
online: Numismatique de l'Alsace par Arthur Engel et Ernest Lehr, Paris 1887.
Abbildung davon oben Eingangs.
herzlichen Dank auch hierfür! Habe gleich mal die Seite besucht und die für mich interessanten Passagen konserviert.

Auch diese "Straßburger" Klippe hänge ich mal in Gegenüberstellung mit an, das Bild ist schon etwas deutlicher als die gelochte Klippe im Suchier.

Grüße,
Tannenberg
Dateianhänge
JR 015a.jpg
Viele Grüße,
Tannenberg

Bitte keine Kaufanfragen zu Münzen über PN

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht hauptsächlich darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann (Samuel Butler)

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Do 22.06.17 18:03

Hallo Tannenberg,

ob bei der Prägung der Klippen schlussendlich ein ganzer, ein halber oder andere Teilstücke eines Teston hinsichtlich
ihres Gesamtgewichts angestrebt wurden spielte in meiner Überlegung zur Dichtebestimmung gar keine Rolle.

Mir ging es um die Aussage im Suchier zur Nr.446 Zitat: "Die Münze steht den wirklich geprägten Testonen in der
Größe und im Gewicht nach, ist aber von besserem Silber".

Mein Ansatz war der diese höherwertige Legierung im Vergleich zu anderen Hanauer Testonen eventuell bei Ihrem
Stück nachweisen zu können.

Ich sehe gerade das ich gar keinen link zum Engel & Lehr angegeben hatte. Ich fand ihn unter:
http://daten.digitale-sammlungen.de/~db ... 00001&l=de
Die dortige Klippe ist dann abgebildet auf Tafel XVI.

Zur Tauchwägung findet man diverse Anleitungen und Videos im Internet, beispielsweise hier:
http://www.gold-test.de/pruefung.html
Das mit der Verwendung eines Fadens ist so schon richtig. Der physikalische Hintergrund wird dann hier erklärt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Archimedisches_Prinzip

Es bleibt immer noch die Möglichkeit das es sich bei Ihrem Stück um die Anfertigung eines Belegstücks handelt
welches den Platz der äußerst seltene Suchier Nr.446 innerhalb von Sammlungen ersetzen / belegen sollte.

Die Meinungen anderer Leser sind aber auch gerne willkommen das muß hier ja nicht die Diskussion zwischen
lediglich zwei Personen bleiben.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Do 22.06.17 18:53

Hallo Tannenberg,

die Nachricht über Ihre zwischenzeitlich ermittelten Messergebnisse habe ich erst gerade gelesen.
Sie konnten für die Vergleichsstücke Werte der Dichte von 10,08 und 9,86 und für das fragliche
Stück 9,95 messen. Damit liegt selbiges dann im Rahmen der Vergleichsstücke und hat keine
höherwertige Legierung als diese.

Womit mein Ansatz damit auch erledigt wäre. In dem Sinne das eine höhere Legierung eher die
Echtheit untermauert hätte.
Ob Suchier damals das gelochte Stück oder das Stück Engel & Lehr vorlagen geht aus seinem
Text nicht hervor. Wenn er aber eine höhere Legierung ausdrücklich erwähnt so sollte man
annehmen das er das nicht nur geraten hatte.

Eine annähernd gleiche Legierung wie bei den "Serienstücken" kann auch bedeuten das es sich
um eine Fälschung / Überprägung unter Verwendung eines alten Stücks als Rohling handelt.

Klären lassen wird es sich wohl nur mit Zugriff auf eine der Klippen. Sofern die kleinsten Details
ebenso wie bei den Klippen ausfallen dann sind sie stempelgleich und Ihr Exemplar aus der Zeit.
Andernfalls .... .

Wie bereits gesagt, bei einem so seltenen Stück gehe ich bis zum Beweis des Gegenteils immer
erst von einer Fälschung / Anfertigung aus.

Mal schauen ob drüben in Frankfurt ein original Suchier aus 1897 "rumliegt" und wie gut die
Abbildung da ausfällt.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Benutzeravatar
Hessen62
Beiträge: 233
Registriert: Fr 26.04.02 21:13
Wohnort: Hassiae / Rauschenberg
Hat sich bedankt: 29 Mal
Danksagung erhalten: 53 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von Hessen62 » Do 22.06.17 19:24

Hallo
Ich habe mal aus dem org Suchier die 446 gescannt vielleicht seht Ihr da mehr
Gruss Hessen62


http://www.bilder-upload.eu/show.php?file=5b48fb-1498152241.jpg

Benutzeravatar
friedberg
Beiträge: 645
Registriert: Sa 12.06.04 23:03
Wohnort: Friedberg
Hat sich bedankt: 149 Mal
Danksagung erhalten: 505 Mal

Re: 1/2 Teston Hanau-Lichtenberg?

Beitrag von friedberg » Do 22.06.17 21:03

Hallo zusammen,

vielen Dank an Hessen62 für den Scan aus dem Original Suchier. Das spart mir die Fahrt rüber nach Ffm.
5b48fb-1498152241.jpg
Oberhalb eine verkleinerte Abbildung dieses Scans, die große Version ist detaillierter.

Wenn ich Ausschnitte besagten Scans mit großen Photos des Stücks Tannenberg vergleiche fallen meiner
Meinung nach Übereinstimmungen auf.
Image10.jpg
Image11.jpg
So wie ich das aktuell sehe ist das fragliche Stück demnach entweder stempelgleich zu den originalen
Klippen oder für eine Fälschung hatte der jenige der das angefertigt hatte Zugang zu einem Original.

Weitere Meinungen sind aber gerne erwünscht.

Mit freundlichen Grüßen aus Friedberg in der Wetterau

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste