Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

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emieg1
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Re: Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

Beitrag von emieg1 » So 23.10.11 16:20

Zwerg hat geschrieben:
Es sollte sich um dem geschmückten Mast des Dolon oder Artemonsegels handeln. Auf sorgfältig ausgeführten Stempeln sieht man meist eine Querstange oder zumindest einige Punkte, welche die Querstange andeuten.
Mit dieser Theorie des Dolonsegels kann jedenfalls ich mich so gar nicht anfreunden: Der "Mast" wird ja oft "punktiert" dargestellt, was für mich ein klares Indiz gegen eine Segelmasttheorie ist. Ich finde keine Abbildung auf Münzen des Marcus Antonius, die ein Segeltuch glaubwürdig darstellt wie auf der Münze des von dir vorgestellten Hadrianus. Was sollten die sehr oft dargestellten beiden "Bänder" denn darstellen? Hoffentlich kein gerissenes und in Fetzen hängendes Dolonsegels nach der Schlacht? :wink:

Wie immer ist allerdings eine solche Disussionen über ein interessantes Detail äusserst spannend (ich hätte sie allerdings noch lieber im fred "Schiffe auf römischen Münzen" gesehen). Leider wird auch (noch) niemand einen endgültigen Beweis erbringen können; ich für meinen Teil kann allerdings die Thyrsos-Theorie von divus am plausibelsten nachvollziehen.

Wenn man davon ausgeht, dass das dargestellte Schiff das kaiserliche Schiff ist, wäre für mich weder Mitführung noch Münzdarstellung des Thyrsos (vielleicht sogar als überdimensionales und weit sichtbares "Kennzeichen" des kaiserlichen Schiffes und auf Münzen als unmissverständliches Attribut des Marcus Antonius) keinesfalls undenkbar. Ich gehe allerdings davon aus, dass viele, wenn nicht sogar die meisten antiken Schiffsdarstellungen auf römischen Münzen nicht irgendeinen Kahn, sondern den des Kaisers zeigen.

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Invictus
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Re: Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

Beitrag von Invictus » So 23.10.11 17:35

@Zwerg,

bei Einmastern steht der Mast doch immer in der Mitte des Rumpfes und nicht im Bug, oder? Bugsegel gibt es nur bei Schiffen, die auch einen Hauptmast besitzen. Die Legionsdenare zeigen aber keinen Hauptmast, da ist auf Deck gähnende Leere.

Ein Mast, wo lustig im Wind flatternde Riesenbänder dargestellt sind, aber das Segeltuch noch nicht mal ansatzweise abgebildet wurde?

Du hast völlig recht, dass sich ein Münzbild auf die wichtigsten Einzelheiten beschränken muss. Hauptmast und Segel gehören unzweifelhaft zu dieser Kategorie, nur fehlen sie auf den Legionsdenaren.

http://www.thomas-golnik.de/orbis/realien/hafen.html
http://www.nexusboard.net/sitemap/8501/ ... ntike-t38/

Natürlich war der thyrsos nur symbloisch auf der Galeere dargestellt, nicht real (ebensowenig wie der Dreizack tatsächlich im Heck des Sextus-Denar gelegen haben dürfte :wink: )
www.RÖMISCHE MÜNZEN...

Weisheit beginnt mit der Entlarvung des Scheinwissens (Sokrates)

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Zwerg
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Re: Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

Beitrag von Zwerg » So 23.10.11 18:31

@invictus

Bitte lies einmal in meinem Link den Text von Casson ab Seite 235 , eventuell sogar mit den Anmerkungen
Während des Kampfes wurde der Hauptmast niedergelegt, da ein Segel hinderlich war. Oft wurde die Besegelung komplett an Land gelassen.
Der Bugmast wurde ab dem 5. Jh. v. Chr. wohl immer mitgeführt, ein Segel konnte im Notfall dann schnell gesetzt werden, um die Ruderer zu unterstützen.
Bei den meisten Abbildungen einer römischen Kriegsgaleere fehlt das Hauptsegel (ab Abbildung 122 bei Casson)

Mich stört an der Thyros-Theorie außerdem die Richtung des Steckens - mutig in den Wind.

Aber möglicherweise können wir uns ja alle einigen: Ein Bugmast, der wie ein Thyrsos aussieht.
Steng wissenschaftlich korrekt das aber dann nicht :D

Grüße
Zwerg
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Re: Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

Beitrag von divus » Mo 24.10.11 01:06

Lieber Zwerg,

es wird Dich jetzt nicht überraschen, aber auch Dein zweiter Versuch vermag mich nicht zu überzeugen... :wink:
Im Gegenteil, er bestärkt mich noch in meiner Annahme, dass die Legionsdenare des Antonius am Bug eben doch einen Thyrsos zeigen.

Dein Beispiel, diese herrliche Münze des Hadrian, zeigt doch klar, dass ein Mast als ein Mast und ein Segel als ein Segel erkennbar ist.
Oder wie auch hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=11762
und auch hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=137520

Hier ist wohl nur der Mast zu sehen:
http://www.acsearch.info/record.html?id=293048

Hier dürfte dann eher ein Vexillum dargestellt sein:
http://www.acsearch.info/record.html?id=24722

Alles recht eindeutig und unbestritten.

Aber hier nochmals ein paar Denarii des Marc Anton - und ich kann einfach keinen Bugmast in den fraglichen Objekt erkennen, das ist eine ganz andere Darstellungsweise:
http://www.acsearch.info/record.html?id=11585
Sehr schön auch hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=58257

Und gehen wir davon aus, dass bei den Aurei die feinsten und am sorgfältigsten gearbeiteten Stempel zu Verwendung kamen, dann wird der Bugmast doch noch viel weniger wahrscheinlich:
http://www.acsearch.info/record.html?id=11623

Und warum stört Dich die "Richtung des Steckens - mutig in den Wind"? Gerade die Darstellung des Vexillums zeigt genau die selbe Ausrichtung und ist doch innerhalb dieser kriegerischen Propaganda geradezu selbsterklärend "mutig voran gegen den Feind", bei Antonius dann noch mit dem zusätzlichen Schutz des Gottes.

Auch ich wurde so ausgebildet, dass die Theorie mit der höheren Plausibilität auch die höhere Wahrscheinlichkeit bedeutet. Auf den ersten Blick ist es plausibel, in diesem Detail der Darstellung natürlich einen Bestandteil des Schiffes erkennen zu wollen, wie es auf vielen anderen Galeerendarstellungen mit ähnlichen Objekten am Bug ja auch zutrifft. Gerade aber im Vergleich der Schiffsikonographie wird m.E. klar, dass dieser Gegenstand ein anderer sein muss als ein Mast, Bugmast, Flaggenmast o.ä.
Wenn man nun weitergehend versucht, eine Deutung des Objektes zu finden (Crawford sieht in dem Stab übrigens ein "sceptre tied with fillet", was nicht unmöglich ist, ich aus den folgenden Gründen aber auch für weniger zutreffend halte), wird für mich wegen der ikonographischen Ähnlichkeiten und dem politischen Kontext eine Benennung des fraglichen Stabes als Thyrsos absolut plausibel.

Bevor ich mich weiter wiederhole - gute Nacht!


PS: @ pscipio - den Clodius Macer hatte ich tatsächlich nicht auf dem Radar. Sehr interessant, dass er quasi die Galeere Marc Antons kopiert. Auch dass er in einem anderen Typus die Standarten mit der Aquila übernimmt: http://www.acsearch.info/record.html?id=10288

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Re: Was steht bei Marc Antons Galeere am Bug ?

Beitrag von chinamul » Mo 24.10.11 09:45

Um das Problem einmal von einer praktischen Seite zu beleuchten: Die Anmutung dieses dürftigen Spargels mit den Flatterbändern ist für mich als Segler keinesfalls die eines Mastes, der ein wirksames Segel tragen könnte. Und was, bitteschön, soll denn die Darstellung eines Mastes ohne Segel, das, wie hier schon mehrfach ausgeführt wurde, ohnehin nur eine die Ruderarbeit unterstützende Hilfsfunktion gehabt hätte und im Bedarfsfall auch schnell mal samt Mast weggeklappt wurde, also eher kein ständiges und damit unbedingt darstellenswertes Merkmal eines solchen Schiffes war? Ganz klar handelt es sich bei den Legionsdenaren des M. Anton um politische Münzen, bei denen der programmatische Aspekt allemal wichtiger war als die realistische Darstellung einer Takelage, womit es sich auch nach meinem Dafürhalten bei dem diskutierten Gegenstand eigentlich nur um einen Thyrsos handeln kann.

Gruß

chinamul
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