Historischer Verbleib von Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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klunch
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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von klunch » Sa 08.06.13 00:21

Manchmal mag es im Nachhinein erschreckend sein, wie viele Münzen als Metallquelle genutzt wurden. Andererseits: wären alle Münzen noch vorhanden, dann wäre es nix Besonderes mehr. Der Einzelfall ist leider immer tragisch :cry:

Danke für die Passage, deren letzter Satz ein Lächeln erzeugt: "..Im Kontext übersetzt: Weiterhin zirkuliert eine Unmenge heterogener Bronzemünzen: ..[andere Aufzählungen von neueren Nominalen], römische Sesterzen, sowie auch von Bastlern hergestellte simple metallische Ronden, bei denen man zögert, sie als Fälschungen zu identifizieren."

Also im Klartext: Es wäre wohl zu aufwendig, zeitraubend oder auch zu kompliziert gewesen, die ganzen blank gegriffenen Sesterzen von den genauso blanken Metallscheiben zu unterscheiden. :D

Meine Interpretation: Alles was besser erhalten war, wurde wohl nicht umgetauscht, da man sich von einem späteren Verkauf oder dem direkten Eintauschen mehr erhofft hat, als der offizielle Kurs hergab. Da kann ich mir auch vorstellen, daß man einen vz-Sesterzen nicht einfach so als Kleingeld eintauschen wollte. Ähnlich wie viele heute noch Cu-Ni Sondermünzen haben, die ja keinen Metallwert besitzen sondern allenfalls künstlerisch ansprechend sein können, längst aber nicht immer sind (nach derzeitigen Vorstellungen). Das kann sich vielleicht in 200 Jahren ändern, wer weiß.

Themenschwenk:
Alte Reiseberichte sind interessant zu lesen! Den erwähnten von J.Schopenhauer kenne ich noch nicht, wieder ein Literaturtipp für den Urlaub!

Grüße klunch

@posa: Sofern Du mitbekommst, wann die Untersuchung von Klaus Weber zugänglich ist, bin ich dankbar für einen kurzen Hinweis! Danke :wink:
Lernen, lernen und nochmals lernen.

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Master-Jeffrey
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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Master-Jeffrey » Sa 08.06.13 10:57

Hallo,

was spricht denn dagegen, dass ein Großteil der Münzen, die wir heute in unseren Sammlungen haben, lange Jahrhunderte in der Erde gelegen haben?
Wenn ich mir die vorgestellten römischen Funde im Sucherforum so anschaue, dann ist da zu 90-95% Grabbelkistenware dabei (Follis, abgenudelte Asse, Sesterzen und Antoniniane) aber die anderen 5 % sehen schon ganz gut aus. Da das Sucherforum nur eines der Detektorforen im deutschsprachigen Raum ist und ich davon überzeugt bin, dass nur ein marginaler Satz der gefundenen Münzen überhaupt im Netz in diesem Kontext vorgestellt wird, kann man davon ausgehen, dass es noch wesentlich mehr sehr schöne Münzen gibt, die aus dem Boden gezogen werden. Darüber hinaus sind, glaube ich zumindest, viele von Pipin vorgestellte Münzen auch Eigenfunde.
Und das in einem Land, in dem es einerseits schon recht lange eine, vor allem in der Frühzeit der bürgerlichen historisch interessierten Gesellschaft begonnene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gibt und so bereits ohne Detektor einiges gefunden wurde und andererseits eine Landwirtschaft, die mit exessiven Düngern arbeitet, die häufig jegliche kunstvoll über Jahrhunderte aufgebaute Patina zerbröselt. Und trotzdem finden manche in einigen Gegenden noch schöne Münzen auf den Äckern. Da es sich dabei auch noch um Einzelfunde handelt und die noch gut aussehen, lässt die Wahrscheinlichkeit steigen, dass es gerade bei Münzhorten Exemplare gibt, die noch einen wesentlich besseren Erhaltungszustand haben, da sie im Kern des Horts lagen. Wenn man sich mitunter Auktionen englischer Auktionshäuser anschaut, steht da auch manchmal bei Münzen "gefunden von....2006 in der Nähe von Bristol" oder so.
Darüber hinaus kommt es immer darauf an, wo die Münzen gefunden werden: im Mauerwerk irgendwo bei Sanierungsarbeiten in der Kölner Altstadt; unter einem Baumstumpf im Norden Englands, wo seit Jahrhunderten kaum Schaden, außer durch Wasser enstehen konnte; in Marokko oder anderen ehemaligen Provinzen in Nordafrika, die ein äußerst beständiges trockenes und den Münzen kaum schadendes Klima aufweisen oder in Ländern, in denen lange Zeit nicht mit Kunstdünger gearbeitet wurde etc.
Ich habe einmal zwei Bilder von Münzen angehängt, die aus dem Fundus eines langjährigen offiziellen und erfahrenen Suchers stammen. (Zeitgleich habe ich angefragt, ob ich seine Bilder nehmen darf - er hat noch nicht geantwortet, hoffe jedoch, dass er mir meine Bitte positiv bescheidet - Ansonsten muss ich die Bilder wieder rauswerfen :( )
So, meine These, wie eingangs erwähnt, fast alles, was wir in unseren Händen halte, lag über Jahrhunterde unentdeckt im Boden.

mfg

Master-Jeffrey
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Altamura2
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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Altamura2 » Sa 08.06.13 12:26

klunch hat geschrieben:... Danke für die Passage, deren letzter Satz ein Lächeln erzeugt: "..Im Kontext übersetzt: Weiterhin zirkuliert eine Unmenge heterogener Bronzemünzen: ..[andere Aufzählungen von neueren Nominalen], römische Sesterzen, sowie auch von Bastlern hergestellte simple metallische Ronden, bei denen man zögert, sie als Fälschungen zu identifizieren." ...
Das scheint mir etwas zu euphemistisch interpretiert :wink: . Den Satzbestandteil "... parmi lesquelles peuvent se glisser des monnaies ..." hast Du nämlich weggelassen, und der heißt in etwa "... unter die sich ... einschleichen können.". Und das klingt in meinen Ohren eher nach Ausnahme und nicht nach Massenphänomen :? . Auf welchem Wege auch immer aufgetauchte römische Münzen werden dann wohl
vereinzelt verwendet worden sein, wenn sie jemand akzeptiert hat, mehr aber auch nicht :? .
Interessant ist aber schon, dass die Menschen damals offensichtlich ein etwas anderes Verhältnis zu den Münzen hatten als wir heute.

Gruß

Altamura

Ariminum
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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Ariminum » Sa 08.06.13 13:25

Hallo
Es gibt Berichte, dass röm. Bronzen und Denare bis weit in das 19 Jhdt. im Kirchenstaat und im Königreich beider Sizilien als Zahlungsmittel benutzt wurden. Hier war wohl dr materialwert ausschlaggebend.
Dass diese Münzen Jahrhunderte oder Jahrtausende in Zirkulation waren ist meiner Ansich nach nicht glaubwürdig. Wer hat denn diese Münzen gefunden? Halbfreie Bauern (die kleine Äcker im Besitz des Adels bearbeiteten, und 60% der Ernte and den Landbesitzer abgeben mussten - und zudem war es ihnen nicht erlaubt, diese Landscholle zu verlassen), Steinbrecher und Maurer. Wenn die etwas gefunden haben wurde das sicher nicht abgeführt sondern etweder vertickt (Silber) um etwas Brot für die Familie zu kaufen. Die Bronzen wurde wohl gesammelt (oder veräussert) um dann beim lokalem Schmied Werzeug daraus zu fertigen (Äxte, Messer, Pflüge etc.).
Das waren alles Analphabeten die vom röm. Reich vielleicht mal in der Sonntagsmesse gehört haben (was ich bezweifle, da diese damals noch in Latein gehalten wrde) und deren Priorität war, die Familie nicht verhundern zu lassen.
Ihr müsst davon ausgehen, dass bis weit in die 60er Jahre des 20. Jhdt. diese soziale Situation in fast alles Mittelmeerländern bestand.
Ich glaube, dass nur ein winziger Bruchteil der heute angebotenen Münzen wirklich von Bildungsbürgern und Adeligen in Sammllungen über Jahrhunderte transportiert wurde.
Ich bin überzeugt, dass der grösste Teil der heute bekannten röm. Münzen seit den 70er Jahren durch die immer stärkere Verbreitung von Metaldetektoren aus dem Boden der Mittelmeerländer und von der Donaugrenze stammt.
MFG
Silvio

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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Altamura2 » Sa 08.06.13 15:59

Ariminum hat geschrieben:... Es gibt Berichte, dass röm. Bronzen und Denare bis weit in das 19 Jhdt. im Kirchenstaat und im Königreich beider Sizilien als Zahlungsmittel benutzt wurden. ...
Wo denn? Das Merkwürdige an diesem Phänomen ist, dass jeder schonmal davon gehört hat, aber nur selten überzeugende Belege gefunden werden. Ich fände das schon faszinierend, bin mir aber nicht sicher, ob es sich hier nicht zu einem guten Teil um numismatische Folklore handelt :wink: .

Gruß

Altamura

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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Andechser » Sa 08.06.13 16:06

Man muss bei sowas immer unterscheiden, ob etwas auf Grund seines Materialwertes in der Zeit gehandelt wurde, was durchaus wahrscheinlich ist. Das antike und mittelalterliche Münzen als Edelmetallmenge in die Münzprägestätten oder in sonstige Verarbeitungsbetriebe gingen ist sehr gut belegt. Aber an eine Verwendung als Zahlungsmittel im größeren Stil kann ich aus historischer, wie auch numismatischer Sicht nicht glauben. Allerdings lasse ich mich durch zuverlässige Quellenbelege gerne vom Gegenteil überzeugen.

Viele Grüße
Andechser

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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Ariminum » Sa 08.06.13 17:01

Hallo

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Nicht als Zahlungsmittel sondern als Tauschobjekt (Edel)metall gegen Brot oder ähnliches war dies durchaus üblich im Kirchenstaat. S. dazu z.B. Luigi Tonini "Storia civile e sacra di Rimini" (1848).
Hab den Band nicht zu Hause, aber in der Bibliothek gelesen in dem ein solcher Passus auftaucht. Wenn ich es mal wieder unter der Hand haben sollte schreibe ich es raus.

MFG
Silvio Berlini

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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Altamura2 » Sa 08.06.13 17:51

Tauschhandel ist natürlich etwas anderes, da macht es dann aber keinen Unterschied, ob es sich um eine alte Münze oder einen alten Wagenbeschlag handelt :wink: .
Dann kann man aber nicht davon reden, dass römische Sesterzen als Geld in Umlauf waren :? .
Ariminum hat geschrieben:... Hab den Band nicht zu Hause, aber in der Bibliothek gelesen in dem ein solcher Passus auftaucht. Wenn ich es mal wieder unter der Hand haben sollte schreibe ich es raus. ...
Das müsste es sein, oder?
http://archive.org/stream/storiadirimin ... 7/mode/2up
http://archive.org/stream/storiadirimin ... 5/mode/2up
http://archive.org/stream/storiadirimin ... 7/mode/2up
(kann man sich auch als pdf-Datei herunterladen).

Gruß

Altamura

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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Ariminum » Sa 08.06.13 18:35

Ja, das ist der Tonini, Danke!

Ich glaube, dass Tauschhandel und Währungszirkulation im 18. und 19. Jahrhundert nicht so getrennt gesehen wurden (zumindest bei uns, weiss nicht wie das jenseits des Limes war). Die Prägevolumina im Kirchenstaat war nicht sehr umfangreich und wohl meist den wohlhabenderen Schichten vorbehalten. Auf vielen Notarakten aus dieser Zeit, die ich eingesehen habe, wurden baratri (d,h. Ware gegen Ware) abgeschlossen.
Ich glaub auch nicht, dass der Bäcker damals es abgelehnt hätte für 5 kg Brot 5 Denare anstatt 1 Testone zu erhalten (vielleicht hat er die Denare sogar vorgezogen, da der Silbergehalt höher war). Da war man glaube ich pragmatischer: Silber = Silber

MFG
Silvio

Basil
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Re: Historischer Verbleib von Münzen

Beitrag von Basil » Di 11.06.13 09:19

Ich möchte den Hinweis von Posa ergänzen. Die Veröffentlichung ist für Oktober 2013 unter folgendem Titel vorgesehen.
Spätantike Gewichte -Das zweite Leben antiker und spätantiker Münzen-

Basil

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