Neues vom 'Reitersturz'

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 24.11.09 00:34

Ein alter Thread, aber ein ewig junges Thema: der Reitersturz. Ich habe heute meine FEL TEMP neu bestimmt und geordnet. Und natürlich ist mir da viel Interessantes aufgefallen. Ich beschränke mich mal auf die Behandlung des Reiterschildes. Diese Rs. ist wohl die Rs. mit den meisten Details, die ich kenne. Klar, daß die Stempelschneider da Schwierigkeiten hatten. Sehen wir uns einmal an, was sie mit dem Schild gemacht haben:

(1) Dies ist wohl der häufigste Fall: Der Soldat steht mit seinem li. Fuß auf dem Schild. Beispiel: Constantius II., Thessalonica 129
(2) Manchmal aber steht der Soldat auch mit dem re Fuß auf dem Schild. Beispiel: Constantius II., Constantinopolis 81
(3) Und was macht der Stempelschneider, wenn er sich nicht entscheiden kann? Er läßt den Schild schweben! Beispiel: Constantius II., Alexandria 72
(4) Aber am besten scheint es zu sei, ihn aus dem Bild herauszuschieben unter die Basislinie. Da stört er am wenigsten. Beispiel: Constantius II., Alexandria 78
(5) Oder man läßt ihn zu einem unbedeutenden Punkt zusammenschrumpfen. Kaum noch zu erkennen, liegt er unter dem re Fuß des Soldaten. Ja, es war alles etwas eng auf dieser Rs.! Beispiel: Constantius II., Antiochia 191

Mit freundlichem Gruß
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constantiusII_thess_129.jpg
constantiusII_const_81.jpg
constantiusII_alex_72_#1.jpg
constantiusII_alex_78.jpg
constantiusII_antiochia_191.jpg
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chinamul
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Beitrag von chinamul » Di 24.11.09 11:18

Solche vergleichenden Untersuchungen drängen sich aber leider erst auf, wenn man über eine gewisse Menge an unterschiedlichen Darstellungen verfügt, die man dann genau betrachtet. Ich nehme mal an, daß Du, Jochen, alle Dir im Handel begegnenden Reiterstürze genau unter die Lupe nimmst, um möglichst viele Varianten in Deiner Sammlung zu haben. Das ist erstens interessant und hat zweitens den Charme, nicht sehr kostenintensiv zu sein, weil es sich bei dieser Rückseite um die wohl häufigste und damit preisgünstigste der constantinischen Familie handelt.
Wenn Du gelegentlich Neues zu diesem Thema zu vermelden hast, wird das zumindest bei mir auf großes Interesse stoßen.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 24.11.09 11:38

Hallo Chinamul!

Mit Deiner Vermutung hast Du recht. Mehr oder weniger regelmäßig durchforste ich die Angebote der Online-Händler auf interessante Neuigkeiten auf diesem Gebiet. Besonders stolz bin ich auf diese beiden Varianten, die bisher nirgends erwähnt sind:
(1) Der Reiter liegt nicht auf seinem Pferd, sondern sitzt aufrecht und stützt sich mit beiden Händen ab. Abart von FH4 clutching
(2) Der Reiter hat sich zum Soldaten gedreht und ergreift deutlich den Speer des Soldaten. Abart von FH3 reaching.

Mit freundlichem Gruß
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constantiusII_antiochia_191var.jpg
constantiusII_cyzicus_92.jpg
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Beitrag von Peter43 » Di 24.11.09 12:24

Sehr interessant ist auch diese Münze:

Constantius II., 337-361
AE 3, 2.5g, 18.69mm
Arles, 1.Offizin, 18.August 353 - 6.November 355
Av.: DN CONSTAN - TIVS PF AVG
Büste, drapiert und cürassiert, mit Perlendiadem, n.r.
Rv.: FEL TEMP - REPARATIO
Soldat ersticht Reiter, der neben seinem Pferd n.r. sitzt (RIC Typ FH2
sitting)
im li Feld D
im Abschnitt PCON
Ref.: RIC VIII, Arles 215 var.; LRBC 455
sehr selten, fast SS, unique?
Pedigree:
ex Baldwins Juni 1989
ex Failmezger (plate coin)
ex Ancient Import September 2008

Diese Münze ist etwas nachlässig graviert. Man beachte z.B. wie der Speer des Soldaten hinter seinem erhobenen re Arm entlanggeführt wird. Aber interessanter ist, daß es diese Serie laut RIC nur mit dem Typ FH3 reaching geben soll, so wie es auch in Helveticas Listen gezeigt wird. Hier aber hat ein und dieselbe Offizin (die erste) verschiedene Typen ausgegeben. Das ist ungewöhnlich und ganz neu! Nun gab es diesen Typ FH2 sitting in der vorangegangenen Serie mit der Münzmarke PARL. Eine Erklärung wäre, daß versehentlich ein Rückstempel dieser Serie verwendet wurde.

Darunter die reguläre Münze aus Helveticas Liste.

Mit freundlichem Gruß
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constantiusII_arles_215var.jpg
constantiusII_arles_215_Helvetica.jpg
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Beitrag von Peter43 » Mo 30.11.09 13:09

Hat irgendjemand schon mal dieses Phänomen gesehen oder eine Erklärung dafür?

Danke
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Beitrag von quisquam » Mo 30.11.09 18:49

Könnte die Münze mit FH2-Revers eine antike Imitation sein? Dies würde auch die anatomisch ungeschickte Speerführung erklären.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Beitrag von Peter43 » Mo 30.11.09 20:23

Der Stil spricht für eine offizielle Ausgabe. Und der merkwürdige Speer hinter dem Arm findet sich in Arles öfter. Hier z.B ein Beispiel von Helvetica aus der 4.Offizin.

Mit freundlichem Gruß
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arles_215D.jpg
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