Bitte um eure Meinung

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octavian
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Bitte um eure Meinung

Beitrag von octavian » Mo 23.05.05 21:31

Hallo liebe Römerfreunde!

mir wurde ein Augustus-Denar angeboten, nun hatte ich schon mehrfachen Kontakt zum Händler und er scheint auch einen seriösen Eindruck zu machen (kein Ebay!!). Er sichert auch die Echtheit seiner Münzen zu, sowie lebenslange Garantie. Nachdem ich nun die angebotene Münze mit Bildern derselben z. B. auf coinarchive oder auch im Kampmann verglichen habe, bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob das angebotene Stück tatsächlich echt ist. Auf dem Schild fehlt nämlich die Schrift (CLV), auch auf Auktionsseiten erscheint dieser Typ immer mit dem "CLV". Abnützung kommt meines Erachtens nicht in Frage, denn man müßte noch zumindest geringe Spuren der Buchstaben erkennen oder hat der Stempelschneider diese schlicht und einfach vergessen? Gibt es evtl. gering voneinander abweichende Typen? Wäre euch sehr dankbar für eure Meinung! Übrigens, die Münze soll 380 Euro kosten. Ich persönlich würde sie mit ss einstufen, der Preis wäre da noch meines Erachtens akzeptabel. Ich muss noch dazu sagen, dass ich bekennender Augustus-Fan bin und natürlich würde es mich schon reizen, dieses Stück meiner Sammlung einverleiben zu können, wo ich doch schon längere Zeit mit dieser Emission liebäugle, aber wie gesagt, mich haben jetzt doch gewisse Zweifel gepackt. Vielen Dank!
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mo 23.05.05 22:40

Für mich sieht die Münze echt aus. Es ist Augustus RIC I, 86a, unbekannte span. Münzstätte, wahrscheinlich Colonia Patricia. Der Schild ist ein clipeus virtutis, und sollte ein CL.V aufweisen. Jedenfalls ist im RIC und im BMCRE kein Typ ohne CL.V gelistet. Warum diese Inschrift hier fehlt, weiß ich nicht.
4 verschiedene Möglichkeiten:
1. Ein neuer Typ
2. Ein Fehler des Stempelschneiders
3. Ein Fehler des Stempels: die im Stempel vertieften Buchstaben waren gefüllt
4. Haben sich abgenützt
Da die fehlenden Buchstaben die höchste Stelle der Münze waren, tippe ich auf Möglichkeit 4! Ich habe eben noch bei wildwinds reingesehen, und da ist auch der Typ 86a zu sehen mit abgenutztem CL.V. Siehe unter http://www.wildwinds.com/coins/sear5/s1633.html
Abgesehen vom fehlenden CL.V ist die Münze SS. Der Preis wäre damit nicht zu hoch.

Übrigend gibt es zu dieser Münze einen Beitrag in 'Historisch interessante Münzen' S.5!

Als Augustus-Fan möchte ich Dir zwei Bücher empfehlen:
1. Paul Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, Beck 1997
2. Jochen Bleicken, Augustus. Eine Biographie, Alexander Feest 2000

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Mo 23.05.05 22:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von curtislclay » Mo 23.05.05 22:51

Mir scheint der Denar echt zu sein. Stil, Schärfe, Stempelfehler im Vs.Stempel, Randrisse am Schrötling sind in Ordnung und sprechen für die Echtheit.
Die fehlende Schildinschrift wird wohl der Abnutzung, entweder am Stempel selbst oder an diesem einen Exemplar, zuzuscreiben sein. An zwei sehr schönen Exemplaren dieser Münze im Pariser Katalog, Nr. 1139 und 1143 auf Taf. XLV, sind die Buchstaben CL V auch nicht mehr auszumachen.
Stimmt auch das Gewicht mit zwischen 3,4 und 4,0 gr.?

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Di 24.05.05 12:18

Den obigen Ausführungen von curtislclay ist wohl nichts hinzuzufügen.
Ich habe über die Jahrzehnte hin immer wieder feststellen können, daß das CL V auf dem clipeus virtutis kaum je vollständig erhalten ist, ja in sehr vielen Fällen ganz und gar abgenutzt ist. Das mag daran liegen, daß der Schild stets als besonders hohes Relief abgebildet wurde und deshalb die Aufschrift einem verstärkten Abrieb ausgesetzt war, vergleichbar den Haaren an Kaiserköpfen. Auch auf meinem Denar ist bei ganz genauer Betrachtung allenfalls von dem V noch eine leichte Spur festzustellen.

AUGUSTUS 27 v. Chr. - 14 n. Chr.
AR Denar „Ungesicherte Münzstätte 1“ in Hispania (Colonia Caesaraugusta?) ca. 19 - 18 v. Chr.
Av.: (ohne Legende) - Kopf rechts mit Eichenkranz (Corona Civica)
Rv.: Oben: CAESAR , unten: AVGVSTVS; in der Mitte von zwei Lorbeerbäumchen flankierter Rundschild mit CL V (= clipeus virtutis); um den Schild herum S P Q R
RIC 36a (3,77 g)

Gruß

chinamul
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Beitrag von Peter43 » Di 24.05.05 17:53

@chinamul:

Zu Deiner schönen Münze mit dem Clipeus Virtutis noch folgende Ergänzung:
Vor dem Haus des Augustus sollen zwei Lorbeerbäume gestanden haben und über seiner Tür war ein Eichenkranz befestígt. Wir haben eine zeitgenössische Beschreibung dieses Hauses, und zwar vom Dichter Ovid:

Die Befestigung von Kriegstrophäen an den Türpfosten eines Hauses war üblich; ...der Eichenkranz, der an der Tür befestigt war, und die Lorbeerbäume rechts und links von ihr [...] dagegen sind ungewöhnlich; sie gehören zu den Ehrungen, welche der Senat am 16. Januar 27 v. Chr. für Octavian beschlossen hatte. Dazu gehörten außerdem noch die Verleihung des Ehrennamens Augustus, auf den Ovid (in diesem Gedicht) anspielt, ein goldener Ehrenschild (clipeus virtutis) in der Kurie mit der Aufschrift: "der Milde, Gerechtigkeit und Frömmigkeit wegen" (clementiae iustitiae pietavis causa), und - bis heute in Kraft geblieben! - die Umbenennung des Monats Sextilis in Augustus. Die Schmeichelei begann mit der Bemerkung, dieses Haus sei eines Gottes würdig. Dann schloß der ortsunkundige Fremde aus dem Eichenkranz, daß dieser Gott kein geringerer als Jupiter sein müsse, denn die Eiche war der dem Jupiter heilige Baum.

Hier ist noch der Denar Augustus RIC I, 419, eine Münze, die den Eingang des Hauses des Augustus auf dem Palatin zeigt. Dazu schreibt Sueton:

Er wohnte anfangs am Forum Romanum, in einem Haus oberhalb der Treppe der Ringschmiede, das früher dem Rhetor Calvus gehört hatte, später auf dem Palatin, doch in der nicht weniger bescheidenen Unterkunft des Hortensius, die weder durch Geräumigkeit noch prunkvolle Ausstattung auffiel und nur niedrige Kolonnaden mit Säulen aus Tuffstein der Albanerberge hatte und Säle ohne Marmorschmuck und Mosaikböden. Mehr als 40 Jahre lang benutzte er im Sommer wie im Winter ein und dasselbe Schlafzimmer.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von chinamul » Di 24.05.05 19:13

@Peter43

Den Denar hätten wir beide wohl gerne!
Bei dem Kranz über der Tür handelt es sich, wie auch das OB - C.S besagt, eindeutig um die schon erwähnte corona civilis, die für die Rettung der Bürgerschaft aus Gefahr verliehen wurde (ob civis servatos* - wegen der Rettung der Bürger) und die Augustus auf meinem Denar trägt. Auch dann, wenn auf Münzen späterer Kaiser die Inschrift OB C S erscheint (lustigerweise auch bei Galba und Vitellius), ist sie ausnahmslos von einem Eichenlaubkranz umgeben.
*Übrigens: CIVIS ist ein älterer Akkusativ Plural, der dann aber zu CIVES wird.

Gruß

chinamul
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Beitrag von octavian » Di 24.05.05 19:42

Hallo Leute!

Vielen, vielen Dank für Eure Meinungen. Sie haben mich letztendlich darin bestärkt, das gute Stück zu erwerben, auch ich dachte am ehesten an eine Abnutzung, doch war ich mir nicht wirklich sicher. Und danke auch für die Zusatzinformationen bzgl. Literatur, Peter43! Dieses Forum ist wirklich goldwert und ein Quell hochinteressanter Informationen :-)

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