Constantinus unrasiert

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Weinnase
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Constantinus unrasiert

Beitrag von Weinnase » Do 01.03.07 23:02

Hallo zusammen,

in meiner Sammlung befindet sich folgender "unrasierter" Constantinus:

Av: belorbeerte und gepanzerte Büste nach rechts
Leg. IMP C CONSTANTINVS P F AVG

Rv: Jupiter steht nach links, hält Globus mit Viktoria und Zepter; zu seinen Füßen ein Adler
Leg. IOVI CONSERVATORI AVGG NN

Im Abschnitt: . T S . B . (also wohl aus Thessaloniki)
23,0 mm
3,9 g
wohl Kampmann 136.150

Das Porträt erinnert mich eher an Licinius. Daher meine Frage: ist es evtl ein "Ausrutscher" der Münzstätte? Oder wurde die Münze häufiger geprägt?
Dateianhänge
136.150rv.jpg
136.150av.jpg

McBrumm
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Beitrag von McBrumm » Fr 02.03.07 07:25

In Zeiten der Tetrarchie wurden die Profile des Constantinus, Maximianus, Diocletianus und Licinus ähnlich geprägt.
Wahrscheinlich aus Bequemlichkeit oder damit die Bevölkerung ans System glaubte 8)
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quisquam
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Beitrag von quisquam » Fr 02.03.07 09:36

Hinzu kommt, dass die Amtskollegen auch füreinander prägten. Zum Zeitpunkt der Prägung war Konstantins Einflussbereich im Westen (Gallien, Italien), während sich Licinius und Maximinus Daza den Osten aufgeteilt haben. Deine Münze wurde wenn ich mich nicht irre also von einem der östlichen Kollegen im Namen Konstantins geprägt, was die Ähnlichkeit des Portraits mit Licinius/Maximinus erklärt.

Gerade auf diesem Münztyp ist Konstantin häufig bärtig dargestellt, dies ist also nicht ungewöhnlich. Deine Variante mit ausschließlich gepanzerter Büste (?) habe ich allerdings nirgends finden können. Am nächsten kommt RIC VI Thessalonica 61b mit gepanzerter und drapierter Büste, geprägt in Thessalonica 312-313 n.Chr.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Fr 02.03.07 14:06

Ich könnte mir vorstellen, daß das erst später glattrasierte Kinn Constantins schon eine Demonstration gegen den heidnischen Bart war. Welche Rolle das spielte, wird ja an Julianus Apostata deutlich, der seinerseits wieder Bart trug als Zeichen seiner Rückbesinnung auf vorchristliche Zeiten.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Beitrag von McBrumm » Fr 02.03.07 14:12

chinamul hat geschrieben:Ich könnte mir vorstellen, daß das erst später glattrasierte Kinn Constantins schon eine Demonstration gegen den heidnischen Bart war.
Das glaube ich nicht.
Wenn ich mich richtig entsinne, hat sich Constantinus erst 1 Tag vor seinem Tode taufen lassen.
Es war ihm die "Macht des christl. Glaubens" bekannt, jedoch glaubte er an die alten Götter.
Erst bei einer Schlacht (ich weiß jetzt leider nicht mehr welche, irgendeine Bürgerkriegsschalcht) ließ er die christl. Insignien auf die Schilde seiner Legionäre malen.
Das soll seine Soldaten beflügelt haben und den Feind besiegt.

Ich vermute, er hat sich das Kinn rasiert, weil es ihm einfach nur kratzte :)
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Beitrag von andi89 » Fr 02.03.07 15:39

Hallo!
McBrumm hat geschrieben:Das glaube ich nicht.
Also, ich finde schon, dass chinamuls Erklärung recht plausibel ist. Es speilt dabei ja keine Rolle was Constantin tatsächlich geglaubt hat, aber es ist schon gut möglich, dass er den nicht vorhandenen Bart als eine Art Propagandamittel benutzt hat. Dem normalen Volk, das die Münzen ja täglich in der Hand hatte, wurde gezeigt, dass sich ihr Kaiser mit dem neuen Glaube identifizert(dass das nicht wirklich so war ist, wie schon gesagt, was anderes).
Die Schlacht von der du sprichst müsste die an der Milvischen Brücke gewesen sein.

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Beitrag von B.A. » Fr 02.03.07 16:22

... Welche Rolle das spielte, wird ja an Julianus Apostata deutlich, der seinerseits wieder Bart trug als Zeichen seiner Rückbesinnung auf vorchristliche Zeiten.
Zu diesem Thema kann ich das Werk "Der Barthasser" von Julianus Apostata empfehlen. Ein wunderbar ironisches Werk.
:wink:
Demonax wurde kurz vor seinem Tode gefragt:"Wer sorgt für dein Begräbnis?" Seine Antwort:"Mein Gestank!"

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El Che
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Beitrag von El Che » Fr 02.03.07 20:08

Wenn ich mich richtig entsinne, hat sich Constantinus erst 1 Tag vor seinem Tode taufen lassen.
Es war ihm die "Macht des christl. Glaubens" bekannt, jedoch glaubte er an die alten Götter.
Erst bei einer Schlacht (ich weiß jetzt leider nicht mehr welche, irgendeine Bürgerkriegsschalcht) ließ er die christl. Insignien auf die Schilde seiner Legionäre malen.
Das soll seine Soldaten beflügelt haben und den Feind besiegt.

Hallo Mc Brumm,

kann es sein, dass dein Einwand ein wenig durch den "Da Vinci Code" inspiriert ist? :wink: Zumindest kommt es mir so vor...

Die Schlacht, die du meinst, war die Schlacht an der Milvischen Brücke/bei Saxa Rubra, an einer der ältesten Straßen Roms, der Via Flaminia. Er besiegte dort Maxentius und wurde dadurch Alleinherrscher des Imperiums. Das war 312 und immerhin 25 Jahre vor seinem Tod. Die Geschichte mit dem Zeichen wird unterschiedlich überliefert, vermutlich geht aber eine der Überlieferung auf Konstantin selbst zurück (nicht Lactantius, sondern der andere, auf dessen Namen ich gerade nicht komme...), der seinen Sieg im nachhinein dem Gott der Christen zuschrieb. Soviel weiss man.
Wie genau die Einstellung Constantins zum Christentum war - ob er ein Christ war oder nicht - ist nicht ganz klar. Dass jemand, der seine Herrschaft - und sei es auch nur im Rückblick - einem dem Christengott gedankten Sieg zuschreibt, grundsätzlich als Verehrer dieses Gottes gesehen werden kann, halte ich mit chinamul für eine angemessene Schlussfolgerung.

Die Tatsache, dass er sich erst auf dem Sterbebett taufen ließ, spricht nicht dagegen, weil es aus praktischen Erwägungen damals (und auch noch bis ins Frühmittelalter hinein) durchaus üblich so war; dieser Brauch zeugt von einem sehr "realen" und weniger rein spirituellen Umgang der Menschen mit der neuen Religion - ganz so, wie sie es von den alten Religionen kannten: Nach herrschender Meinung zählten nur die als Christen begangenen Sünden für das Jüngste Gericht, nicht aber die, die man als Heide begangen hatte; eine Taufe auf dem Sterbebett war also äußerst praktisch, vorausgesetzt, man verpasste den "richtigen Augenblick" nicht...

Liebe Grüße, Uli

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Weinnase
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Beitrag von Weinnase » Fr 02.03.07 20:49

Herzlichen Dank Euch allen für die Beiträge zu meinem bärtigen Constantinus.

Noch ein kleiner Hinweis: Constantinus I. wurde bereits als Caesar (306-307), also einige Jahre vor der "Schlacht an der Milvischen Brücke", fast ausschließlich ohne Bart dargestellt. Deswegen bin ich etwas skeptisch, ob der Bart im Zusammenhang mit dem Christentum steht. Andererseits wurde 306 Constantins Mutter Helena (die spätere "Heilige Helena") von ihm an den Hof nach Trier geholt. Vielleicht war die einflußreiche Helena bereits damals von der neuen Religion aus dem Osten infiziert?

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Beitrag von McBrumm » Fr 02.03.07 22:17

El Che hat geschrieben:

kann es sein, dass dein Einwand ein wenig durch den "Da Vinci Code" inspiriert ist? :wink: Zumindest kommt es mir so vor...

Liebe Grüße, Uli
Nein, kann es nicht.
Ich habe weder das Buch gelesen, noch den Film gesehen :D

Auch wenn mein Geschichtswissen nicht das Beste ist, so gebe ich es trotzdem nach besten Wissen und Gewissen weiter.
Und wenn man die ganze Geschichte des Constantin SEHR VIEL abkürzt, wird man sehen, daß ich nicht weit von der Geschichte entfernt bin.
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Beitrag von McBrumm » Fr 02.03.07 22:21

El Che hat geschrieben:

kann es sein, dass dein Einwand ein wenig durch den "Da Vinci Code" inspiriert ist? :wink: Zumindest kommt es mir so vor...

Liebe Grüße, Uli
Nein, kann es nicht.
Ich habe weder das Buch gelesen, noch den Film gesehen :D

Auch wenn mein Geschichtswissen nicht das Beste ist, so gebe ich es trotzdem nach besten Wissen und Gewissen weiter.
Und wenn man die ganze Geschichte des Constantin SEHR VIEL abkürzt, wird man sehen, daß ich nicht weit von der Geschichte entfernt bin.
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