Lagertor

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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4037lech
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Lagertor

Beitrag von 4037lech » Mi 30.04.08 16:32

Bei den Abbildungen der Spätrömer die ein Lagertor zeigen, befinden sich auf der höchsten Stelle oft 2 -5 Gebilde, die ich Anfangs als Wehren oder Zinnen gesehen habe. Mittlerweile habe ich aber Zweifel an dieser Interpretation.

Gibt es für die Funktion der Dinger irgendeine schlüssige Erklärung?

Danke
Richard

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mi 30.04.08 17:41

Hallo Richard!

Schau mal in meinen Beitrag rein unter http://www.numismatikforum.de/ftopic119 ... tml#196853
Allerdings ist die Interpetation als Signalsystem nicht nur umstritten, sondern wird eher abgelehnt. So bleibt als wahrscheinlichste Erklärung bis heute der Wachtturm.

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

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4037lech
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Beitrag von 4037lech » Do 01.05.08 07:07

guten Morgen Peter,

der Artikel war mir bekannt. Nur glaube ich nicht recht an diese Erklärung. An einigen Stellen im Altmühltal sind die Grundrisse der Limestürme noch deutlich zu sehen. Der Abstand der einzelnen Türme ist aber meistens so, dass der nächste Turm nicht mehr zu sehen ist.

Mir ist nur aufgefallen, dass die Türme duchaus unterschiedlich gestaltet sind, die kleinen Dinger aber immer wie eine Kugel auf drei Stützen aussehen.

Schönen Vatertag an alle
Richard

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Do 01.05.08 10:53

Ohne die Verhältnisse am Limes genauer zu kennen, möchte ich hier doch einmal einige praktische Überlegungen vortragen:
1. Eine Verständigungsmöglichkeit zwischen den einzelnen Türmen war weniger dringend als die mit den in der zweiten Linie stationierten Lagern. Die Funktion der Limestürme kann doch nicht in erster die Abwehr eines größeren Angriffs gewesen sein. Dazu waren sie wohl schon von der Mannschaftsstärke der in ihnen stationierten Wachsoldaten her nicht in der Lage. Sich im Notfall gegenseitig mit Truppen auszuhelfen wäre ebenfalls nicht sehr sinnvoll gewesen, weil das erstens eine erhebliche Zeit benötigt hätte und zweitens einen Limesabschnitt völlig von der Überwachung entblößt hätte.
2. Die rechtzeitige Meldung eines schwereren, mit Eigenmitteln nicht mehr zu bewältigenden Grenzdurchbruchs an das rückwärtig in der zweiten Linie stationierte größere Truppenkontingent hätte diesem die Zeit verschafft, die Eindringlinge wirksam abzufangen.
Wenn also die besagten Türme tatsächlich eine zusätzliche Signalfunktion gehabt haben sollten, dann logischerweise doch nur eine für die Alarmierung der zweiten Verteidigungslinie.

Gruß

chinamul
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kollboy
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Beitrag von kollboy » Do 01.05.08 14:11

@chinamul:
wenn deine these stimmt - und sie stimmt meines wisens mit der verteidigungspraxis überein - dann es aber imo fraglich, ob diese gebaeude immer lagertürme oder -tore darstellen: der limes war auf weite strecken mit wachtürmen (burgus), meist in sichtweite zueinander gesaeumt. ob dann die darstellung nicht eher ein burgus sein könnte? unter welchem kaiser kam es zum ersten mal zur darstellung eines "lagertores" auf münzen - (der burgusbau am limes ist eine erfindung der mittleren bis spaeten kaiserzeit)?

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Oktavenspringer
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Beitrag von Oktavenspringer » Do 01.05.08 14:46

Meiner Meinung nach sind die auf den Münzen abgebildeten Lagertore tatsächlich das, was sie namentlich auch sein sollen: Eingangstore zu römischen Lagern - und nicht Wachtürme des Limes. Die sahen auch anders aus und waren als Beobachtungstürme mit Dach und Unterkunft für die Legionäre ausgestattet.

Als Durchgang sind die damaligen Lagertore gewiss breiter als 3 m gewesen. Das gesamte Gebäude bzw. die Mauer war damit auch nicht gerade schmal. Die sich darauf aufhaltenden Wächter patrouillierten, und bei Regen oder Schneefall hat man doch gewiss auch damals schon Unterstellmöglichkeiten geschaffen. Und als solches und nichts anderes sehe ich die Türmchen, ob jetzt 2, 3 oder 4 Stück dargestellt sind, auch an!

Freundlichst
OS :wink:

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Fr 02.05.08 09:18

Eine interessante Diskussion!

Ich selbst habe mich auch schon oft gefragt, wo die Bezeichnung "Lagertor" für diese Münzen denn zum ersten Mal aufgetaucht ist. Vielleicht auch eine historische Fehlbezeichnung?

Denn mir scheint, dass für ein Lagertor die Darstellung des eigentlichen Tores viel zu klein ist.
Viele Grüße
helcaraxe
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Fr 02.05.08 13:42

Helcaraxe bringt's auf den Punkt.

Eher ein Fall für "historische Fehler bei Münzbeschreibungen", denn auch m.E.n. ist da das "Haupteingangsgebäude" eines Lagers dargestellt, das zugleich auch als Aussichtspunkt diente. D.h. wie auf den Münzen dargestellt: insgesamt mehrgeschossig, unten aber das "eigentliche" (zentrale) Eingangstor enthaltend.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von chinamul » Fr 02.05.08 15:18

Man darf m. E. nicht den Fehler machen, die Abbildungen von Bauwerken auf römischen Münzen allzu kritisch zu betrachten. Das lehrt uns schon die sehr unterschiedliche Darstellung des Pharos auf den Münzen Alexandrias.
Bei dem Turm bzw. Tor auf den Münzen der constantinischen Familie scheint es sich eher um ein Symbol zu handeln, das den Eindruck von Schutz und Wehrhaftigkeit vermitteln soll.
Angesichts der hier diskutierten Zweifel am Charakter dieses Bauwerks wird uns zunächst wohl nichts anderes übrigbleiben, als uns auf die herkömmliche und allgemein verständliche Bezeichnung "Lagertor" zu einigen, bis neue Erkenntnisse vorliegen.

Gruß

chinamul
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Fr 02.05.08 17:05

@chinamul: Stimmt schon - das gilt für Bauwerke auf antiken Münzen recht allgemein. Und gerade hier bei dem "Lagertor" ist ja ganz klar, daß das nur symbolisch gemeint ist - aber irgendeine (nicht völlig abstrakte) "Grundvorstellung" muß da zugrunde gelegen haben...

Zu diesen Münzen hier gibt's auch diverse Interpretationen - z.B. als "wassertechnisches Schleusenbauwerk" und nicht als Brücke (wobei ich darin wirklich "nur" eine Brücke und nichts anderes erkennen kann; die Frage ist nur "wo?" - in Constantinopel? über welchen Fluß? doch nicht etwa den Bosporus? - das wüßten wir nämlich aus sonstigen Quellen...):

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 6&Lot=2510
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von flar » Mi 14.05.08 09:32

Ich glaube, wissen können wir heute nur schwerlich, das der Begriff Lagertor propagandistisch zu werten ist. Niemand wird einen "schnöden " Wachturm auf einer Münze verewigen, davon gab es Tausende. Um aber der Reichsbevölkerung zu zeigen wie STARK die Grenzsicherungen sind hat das Lagertor Eingang in die Prägungen gefunden.

Übrigens waren die Limestürme nicht alle gleich. Es gab reine Wachtürme die zu den größeren Toren an denen auch kleine Lager angegliedert waren Sichtkontakt , meist über mehrere Türme hinweg. Vom großen Tor = Zollstation, konnte dann schnell zu den weiter hinten Liegeneden Kastellen und Legionslagern Kontakt aufgenommen werden. Damit waren die Römischen Soldaten durchaus schon im Zeitvorteil, weil damals brauchten größere Verbände schon etwas mehr Zeit um sich von a nach b zu bewegen.

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