Die Viereinhalber aus Tomis

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Die Viereinhalber aus Tomis

Beitrag von Peter43 » Mo 28.07.08 00:40

Hallo!

Heute habe ich zwei Viereinhalber aus Tomis erstanden, ein Nominal das mir bisher unbekannt war. Vielleicht interessiert es ja auch einen von euch.

1. Münze:
Gordian III., 238-244
AE 27, 11.3g
Av.: AVT KM ANTWNIOC GORDIANOC / CABINIA TRAN / KVLINA (TR ligiert)
Die sich gegenüberstehenen Büsten des Gordian III., drapiert und cürassiert, belorbeert, n.r., und der Tranquillina, drapiert und diademiert, n.l.
Rv.: MHTRO PO - NTOV TO / MEWC
Athena n.l. sitzend, in Chiton und Himation, mit Aegis und Helm (mit Federbusch), hält mit der re Hand Patera über brennenden, girlandenverzierten Altar und lehnt mit der li Hand auf umgekehrtem Speer; Thron ohne Rückenlehne mit Löwenfüßen, dahinter Schild.
im r. Feld übereinander Delta / <
AMNG I/2, 3524; Varbanov (engl.) 5683
fast SS, grüne Patina

2. Münze:
Gordian III., 238-244
AE 27, 11.43g
Av.: AVT KM ANT GORDIANOC AVG CE / TRANKVL / LEINA
Die sich gegenüberstehenen Büsten des Gordian III., drapiert und cürassiert, belorbeert, n.r., und der Tranquillina, drapiert und diademiert, n.l.
Rv.: MHTRO PON - TOV TOMEWC
Nemesis-Aequitas n.l. stehend, in Doppelchiton und mit Überwurf, hält in der ausgestreckten re Hand Waage und im li Arm knotigen Stab (mit Haken an der Spitze?); li unten das Rad.
im unteren re Feld Delta mit einem Fortsatz
AMNG I/2, 3543 (1 Ex., London); Varbanov (engl.) 5706 cf. (ist tatsächlich aber AMNG 3542!)
selten, fast SS, mit etwas schwacher Prägung der Rs.

Das Delta < auf der 1. Münze, sowie das Delta mit dem Fortsatz auf der 2. Münze steht für 4 1/2, den Wert dieser Münzen. Das < ist abgeleitet vom Zeichen für den römischen Semis. Dieser Viereinhalber ist eine Besonderheit von Tomis. Unter Severus tritt er sporadisch auf, wird aber dann unter Gordian und Philipp reichlich geprägt; zur Unterscheidung vom Vierer erhält er zwei Köpfe auf der Vs., also Gordian und Tranquillina und Philipp und Otacilia, bzw. den Thronfolger und die Büste des Serapis. Gegenüber diesem Merkmal, tritt dann die Wichtigkeit des Wertzeichens zurück und verschwindet endlich ganz. Andere Städte, wie Mesambria oder Anchialos haben dieses Wertzeichen erst gar nicht eingeführt (AMNG).

Tomis war eine wichtige Stadt. Es war der Sitz des Pontarchen. Sein vollständiger Titel war MHTROPOLIS KAI A' TOV EVWNVMOV PONTOV (Mommsen). Euonymos heißt berühmt, ruhmvoll.

Mit freundlichem Gruß
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tomis_gordianIII&tranquill_AMNG3524.jpg
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Beitrag von hjk » Mo 28.07.08 17:58

Hallo Peter,

ähhh . . . "Viereinhalber" hab' ich ja noch nie gehört (wobei ja die Provinzler auch nicht gerade meine Stärke sind). Viereinhalb was? Und was hat so ein Nominal denn für einen Sinn (ist ja doch ein bisschen kompliziert zu rechnen). Und vor allen Dingen: hab' ich da (siehe Anlage) womöglich auch einen "Viereinhalber"? Ich habe mich nämlich immer gefragt, was die merkwürdigen Zeichen im rechten Feld des Rv. zu bedeuten haben. Ach so - meine Beschreibung (soweit ich sie mit meinen unzulänglichen Mitteln hinbekommen habe:

Ae27, 13,18 gramm

Av: AVT K M ANT ΓOPΔIANOC AVΓ CЄB TPANKVΛEINA
Gordian, beloorbert und drapiert links, Tranquillina drapiert mit Diadem rechts, einander anblickend

Rv.: MHTPO ΠONTOV TOMЄΩC
Hera steht nach links, Patera in der Rechten, langes Zepter in der Linken

Ein Zitat fehlt mir noch (wie bei so vielen meiner Provinz-Gordis) :?

Für jede Info dankbar grüßt aus Frankfurt
hjk :)
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072_Gordianus III (prov_Tomis1).jpg

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Beitrag von Peter43 » Mo 28.07.08 18:34

Hallo hjk!

Ein sehr schöner Viereinhalber! Das Wertzeichen im li Feld ist das typische Delta mit dem < in Ligatur. AMNG I/2, 3518; Varbanov (engl.) 5691 (erwähnt aber die Ligatur nicht!). Regling beschreibt die Hera im AMNG: 'im Chiton und Himation'.

Zu dem seltsamen Nominal: Für Philipp jun. gab es auch einen Einundeinhalber, so wie es in Pautalia üblich war. Das war wohl ein halber Dreier. Der Sinn des Vierundeinhalber erschließt sich mir allerdings nicht, zumal ja neben den Vierern auch Fünfer üblich waren. Diese aber nicht in Tomis.

Übrigens: Viereinhalb natürlich im Vergleich zur Einheit, dem Assarion.

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Mo 28.07.08 18:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Pscipio » Mo 28.07.08 18:39

Das Nominal lautete Assarion bzw. in der Mehrzahl Assaria, allerdings benennen nur wenige Provinzmünzen das Nominal direkt (z.B. Münzen aus Chios: http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 1&Lot=1792 ), aber auf den römischen Denaren stand ja auch nicht "Denarius".

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von hjk » Mo 28.07.08 20:06

Herzlichen Dank @Peter & Pscipio!

Wenn ich's da jetzt hinbekommen würde, ein Attachment anzufügen (keine Ahnung, warum das plötzlich nicht mehr geht - wobei ich auch gerade die bisher vorhandenen Bilder nicht sehen kann!) würde ich eine zweite Tomis-Münze vorstellen, die diese Zusatzbezeichnungen nicht aufweist - aber auf dem Av. trotzdem Gordian und Tranquillina zeigt. Wäre das dann womöglich auch ein "Viereinhalber"? Und wie ist das bei anderen Provinzlern, bei denen ja eine gemeinsame Darstellung von z.B. Gordian und Tranquillina oder Gordian und Serapis nicht eben selten sind?

Meine Notizen zur Münze (natürlich wieder ohne Zitate - und wie gesagt leider ohne Bild):

Ae27, 11,68 gramm

Av: AVT K M ANT ΓOPΔIANOC AVΓ CЄB TPANKVΛEINA
Gordian, beloorbert und drapiert links, Tranquillina drapiert mit Diadem rechts, einander anblickend

Rv.: MHTPO ΠONTOV TOMEΩC
Nemesis steht frontal, Kopf nach rechts, Stab in der Rechten, Zaumzeug in der Linken, Rad an Ihrer rechten Seite

Über weitere Infos würde ich mich freuen.

Schönen Gruß aus Frankfurt
hjk :)

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Beitrag von Peter43 » Mo 28.07.08 20:40

Hallo!

Diese Liste gilt natürlich nur für Tomis, weil es nur da Viereinhalber gab:
1. Mit der Gordianbüste gibt es Zweier (mit B), Dreier (Gamma) und Vierer (Delta).
2. Alle Münzen mit der Doppelbüste von Gordian und Tranquillina sind Viereinhalber, haben sie nun ein Delta<, ein Delta allein oder gar kein Wertzeichen.
3. Für Tranquillina allein gibt es nur Dreier.

Deine Münze ist also auch ein Viereinhalber, selbst wenn sie kein Wertzeichen hat. Der Beschreibung nach könnte es AMNG I/2, 3538 sein. Allerdings ist hier die Legende AVT KM ANT GORDIANOC AVG CE / TRANKVL / LEINA, also CEB ohne B und TRANKVLLEINA mit Doppel-L. Laut Beschreibung ist Gordian nur cürassiert. Seltsamerweise ist dieser Typ nicht in Varbanov (engl.) gelistet.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von hjk » Mo 28.07.08 21:09

Hallo Peter,

nochmals herzlichen Dank! Wenn die technischen Mysterien des Forums es wieder zulassen, werde ich gerne noch die Münze nachreichen. Unabhängig davon: Du hast das Teil richtig identifiziert! Beim fehlenden "B" und dem Doppel-"L" war ich wohl einfach nur unaufmerksam. Oh Mann - Du bist wahrlich ein "Procurator Caesaris"! Vielleicht eins noch (wenn's nicht zuviel wird): was mir völlig fremd ist ist die "Übersetzung" der griechischen in lateinische Buchstaben - und weil ich's nicht kann, muss ich die griechischen Buchstaben verwenden. Gibt's da irgendwo eine "Übersetzungshilfe"? Die würde ich dann nämlich auf meiner Homepage gerne auch noch mit unterbringen . . .

:D

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Beitrag von Peter43 » Mo 28.07.08 23:38

Hier ist das griechische Alphabet, das Chinamul einmal im Forum eingestellt hat:
Γ Θ Δ Λ Ξ Ω Σ Ψ Υ Α Ε Є Η Τ Π Μ Ο Ρ Φ Β Ζ Ι Κ Ν Χ

Du kannst die Buchstaben kopieren und einfügen. Sie haben aber den Nachteil, daß Du sie nicht beim Suchen verwenden kannst. Deshalb bin ich bei der anderen Umschrift geblieben, bei der die lateinischen Buchstaben benutzt werden mit folgenden Ergänzungen:
Xi - Z
Theta - Q
Sigma - S oder C
Phi - F
Psi - Y
Ypsilon - V
Omega - W

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von hjk » Di 29.07.08 00:39

Ja ja - die griechischen Buchstaben sind ja auch nicht das Problem. Auf meiner Homepage (http://www.hjkrenzer.de/roemer/index.htm) habe ich ein paar Hilfen für "Provinzmünzen" eingestellt - und da ist u.a. ein Tool dabei, mit dem man die griechischen Legenden ziemlich einfach zusammenstellen kann (http://www.hjkrenzer.de/roemer/Griechisch/suchen.htm). Ich denke, das macht die Eingabe auf alle Fälle ein bisschen komfortabler. Und vor allen Dingen kann man die so gebildeten Worte sehr wohl zur Suche auf einschlägigen Seiten verwenden (zumindest hatte ich damit noch keine Probleme). Was mir fehlte war genau die Übersetzung in lateinische Buchstaben. Und wieder: herzlichen Dank! Das wird dann zeitnah in "mein" Alphabet eingearbeitet!

:)

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