Der letzte Antoninian

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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drakenumi1
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Der letzte Antoninian

Beitrag von drakenumi1 » Mi 01.10.08 14:19

Seit geraumer Zeit bin ich auf der Suche nach einem Exemplar desjenigen Antoninians, der sozusagen die Ära der Prägungen zwischen Caracalla und Galerius Maximianus beschließt. Da fiel mir bei ebay die nachfolgende Prägung ins Auge, von der ich aber nicht überzeugt bin, daß es sich um einen Antoninian handelt:

Durchm. 20-21 mm, Gewicht 2,1 gr.
Vs. GAL VAL MAXIMIANVS NOB CAES.
Rs. CONCORDIA MILITVM. Galerius empfängt von Jupiter Globus mit Victoria.

Da das gute Stück wegen seiner angenehm zu betrachtenden Sandpatina und seines niedrigen Preises von 13 Euro nunmehr in meiner Sammlung liegt, stehe ich vor der Frage der genauen Bestimmung und brauche - bitte - Eure Hilfe:

Ist das Stück in die erste Prägeperiode (als Caesar 293-294), vor der Münzreform, einzuordnen und damit ein Antoninian? Und damit dann unter RIC 717?
Oder handelt es sich um ein Follis-Teilstück (Radiatus), aus der Zeit nach der Münzreform? Wo wäre es dann bei RIC gelistet?
Frau Kampmann führt 2 verschiedene Typen unter ihren Nr'n 122.7 und 122.47, ohne daß ich in der Lage wäre, diese zu unterscheiden (gleiche Bilder, gleiche Umschriften).
Mzst. Cyzicus - ist das o.k.?

Wäre schön, wenn Ihr mir helfen könntet, wünscht sich

drakenumi1
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chinamul
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Beitrag von chinamul » Mi 01.10.08 15:13

Das ist wohl RIC Cyzicus 19b (Bd. VI, p. 581).
RIC betrachtet diese Radiati als "fractions", also Teilstücke von Folles, und nicht als Antoniniane.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Mi 01.10.08 16:40

Die "letzten Antoniniane" waren geldgeschichtlich je nach Sichtweise :

a) die vorreformierten Aurelian-Antoniniane (die sind im übrigen zahlenmäßig durchaus selten - die "gängigen Katalogpreise" sowie manche Auktionsergebnisse irritieren da...!); das sind die LETZTEN Stücke, die noch "rein" im (mittlerweile um den Doppeldenar ergänzten...) Augusteischen Münzsystem geprägt worden sind!
bzw.
b) (mit a) eng verwandt): die sog.(!) "barbarisierten Radiati" auf den Divus Claudius II (diese Stücke stammen zumeist aus italienischen(!) Heckenmünzstätten und sollten wohl als "Antoniniane im alten Münzfuß" gelten, nachdem die Reform des Aurelian in anderen Reichsteilen bereits gestartet war, aber Rom/Italien nicht mitmachte - Stichwort: "bellum monetarium")

c) die vorreformierten Diocletian-Antoniniane (die letzten im Münzfuß der Aurelian-Reform)

oder möglicherweise(!)

d) die letzten "Radiati" des Allectus (wenn man die unabhängig von den zeitgleichen "fractions" des Follis mit Strahlenkrone sieht, was zumindest für die kleinen "Galeeren" zutreffen dürfte).
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 01.10.08 21:55

Ich bin der Überzeugung, daß die alten (nach der Reform des Aurelian geprägten, größtenteils das Zeichen XXI oder KA tragenden) Antoniniane nach Diocletians Reform weiter umliefen. Aus zwei Gründen:

1. Die Post-Reform-Radiati sind von alten Antoninianen kaum zu unterscheiden, außer durch das Fehlen des XXI / KA. Größe, Porträt, Stil und Rs.-Typen stimmen genau überein. Wenn nur diese PRR, nicht aber die alten Antoniniane gültiges Zahlungsmittel waren, hätte das ein heilloses Chaos gegeben!

2. Die ersten Follis-Emissionen von 294 / 295 sind fast durchweg selten. Erst langsam wurden an den Münzstätten technische Voraussetzungen und Kapazitäten geschaffen, um Massen nun wieder mittelgroßer Münzen zu prägen. Die XXI-Antoniniane waren als Zahlungsmittel noch lange nicht entbehrlich. Sie liefen als Teilstücke (1/2, 2/5 oder was auch immer) weiter um und wurden, als Nachschub nötig wurde, durch die Post-Reform-Radiati ergänzt.

Viele Grüße,

Homer
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Do 02.10.08 09:09

@Homer: Natürlich hast Du völlig recht. Die "alten" Antoniniane im Aurelian-Standard liefen weiter um, waren aber de facto etwas abgewertet - doch Scheidemünze bleibt eh Scheidemünze, egal, ob da nun rein vom Feingewicht her ein bißchen mehr Silber drin ist (wie in den "Aureliani" - zumindest den frühen), oder eben so wenig wie in den PRR (letztere waren m.W. geringhaltiger als die "XXI/KA"-Stücke).

Dennoch ist es Fakt, daß diese PRRs ein eigenes Nominal darstellten; mehr habe ich nicht gesagt. Für mich enden die "richtigen" Antoniniane mit den verwilderten DIVO CLAVDIO-Stücken in einer exzessiven Hyperinflation. Aber das kann man wie gesagt auch anders sehen; s.o. :)

Solche relativen Auf- und Abwertungen von Kleingeld hat's in der Geschichte oft gegeben, z.B. in Westdeutschland (Trizone/BRD) 1948, wo bei der Währungsreform das Papiergeld/Buchgeld zwar 1:10 (oder gar mehr) abgewertet wurde, aber die Kleinmünzen 1:1 im alten Nennwert weiter umliefen.

Dasselbe habe ich sogar selber 1990 erlebt: Ostmark in DM generell 2:1; aber alle DDR-Münzen bis einschließlich dem 50 Pf.-Stück blieben ab 01.07.1990 zum alten Nennwert in DM weiter gültig, bis sie nach und nach aus dem Verkehr gezogen und durch DM-Münzen ersetzt wurden. Okay, beides waren jetzt relative Aufwertungen von Kleingeld, aber es geht ums Prinzip, und da ist das wie gesagt währungsgeschichtlich nix Neues.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Do 02.10.08 18:23

Und Aktien amerikanischer Banken werden bald im Verhältnis 1:1 gegen Klopapier eingetauscht... :wink:

Gott, manchmal bin ich doch froh, daß ich zum Spekulieren zu schlechte Nerven habe...

Homer
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Beitrag von drakenumi1 » Fr 03.10.08 18:51

Nach diesem launigen Aktien/Klopapier - Gleichnis scheint das Thema wohl erschöpfend behandelt zu sein. Dank an alle Beteiligten für die Bestimmung meines Galerius und den Versuch einer einfachen Formel, wie der vorreformatorische Antoninian vom nachreformat. Radiatus zu unterscheiden ist, wenn sie doch gleiche Prägebilder aufweisen. Sehr instruktiv, das Fehlen der Ziffern XXI oder KA. Dieses Merkmal wird wohl für die meisten Fälle ausreichend sein, bis auf die Ausnahmen (z.B. aus Lugdunum oder Alexandria).
Im Übrigen keine ganz einfache Materie, und das wird einem beim Studium von Aukt.-Katalogen und sonstiger Literatur auch heftig vor Augen geführt. Die Unterscheidung von Radiatus und Ant. wird da nicht sehr genau genommen, und wem da das Auseinanderhalten offensichtlich Probleme macht oder wer seiner eigenen Bestimmung nur wenig Glauben schenkt, der drückt sich vor der Angabe einer RIC-Nr. (konsequent durch Frau Kampmann praktiziert für die nachreform. Prägungen). Fa. Rauch ist vorsichtig, und benennt diese Kategorie mit "Antoninian/Radiatus". Viele andere Anbieter benennen wiederum alle nachreformat. Prägungen mit "Antoninian".
Evtl. sind auch Zweifel am Stand des RIC Bd. VI aufgekommen, da er ja schon seit den 60er Jahren seinen Dienst tut. (?)

Beste Grüße von

drakenumi1
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