Kuriosum zur Prägetechnik

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Posa » So 21.07.13 11:14

Ich werfe einfach mal eine Münze in die Runde: Offenbar wurde ein großeres Lot Maiorinae aus Thessalonika gefunden, das dürfte dem einen oder anderen auch schon aufgefallen sein. Aus diesem Topf habe ich mir ein kleines Kuriosum geangelt: Einen Reitersturz, FEL.TEMP.REPARATIO, RIC VIII, 129. Interessant ist dir Rückseite mit zwei gegenüberliegenden Offizinangaben (Delta und Epsilon) und zwei Legendenanfängen FEL.TE. An eine klassische Überprägung glaube ich angesichts des scharfen AV-Portraits nicht wirklich. Meine Überlegungen gehen in zwei Richtungen: Entweder wurde ein bereits angeschnittener Stempel weiterverarbeitet oder, was in Byzanz häufiger vorkommt, ein Stempel wurde aus Fragmenten anderer Stempel zusammengesetzt.

Irgendwelche Ideen? Oder hat jemand schon einmal etwas Ähnliches gesehen?

Gruß Posa
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RICVIII.129.Constantius.maiorina.klein.jpg

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Antoninus Pius
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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Antoninus Pius » So 21.07.13 11:34

Verzeih mir bitte, wenn ich mich hier so rein dränge. ;)
ein Stempel wurde aus Fragmenten anderer Stempel zusammengesetzt.
Ich habe sowas noch nicht gesehen, aber müssten dann nicht die Nähte sichtbar sein?

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Posa » So 21.07.13 11:55

Das kommt daruf an, wie gut es gemacht wurde, und wie lange dieser Stempel dann wieder in Aktion war. Lange ging das natürlich nicht gut. Aber wenn z.B. die Schnittstelle entlang der sowieso vorhandenen Abschnittslinie läuft, dann sieht man eine Abschnittslinie und noch eine Haarlinie in deren Verlängerung (wie hier) und das war es dann. Ich pack noch ein etwas größeres Bild dazu...

Gruß Posa
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SDC10036.JPG

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Arminius » So 21.07.13 12:30

Etwas Vergleichbares habe ich bislang noch nicht gesehen.

Meine Vermutung: Eine hübsche Überprägung.
Irgendwie ist eine bereits geprägte Münze in der Nachbar-Offizin nochmals `und den Hammer´ geraten, aber so, daß die Rückseite ein für diese Fälle erstaunlich harmonisches Bild wurde.
Der Vorderseite ist offenbar nichts auzusehen. Ob nur die Rückseite bereits geprägt war oder auch die Vorderseite zweimal und fehlerfrei gepägt wurde sei dahingestellt.

Grüße
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Ich lasse mich durch Ansichts- und Glaubensfragen nicht in einen Empörungsmodus bringen.

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von emieg1 » So 21.07.13 12:41

Posa hat geschrieben: An eine klassische Überprägung glaube ich angesichts des scharfen AV-Portraits nicht wirklich. Meine Überlegungen gehen in zwei Richtungen: Entweder wurde ein bereits angeschnittener Stempel weiterverarbeitet oder, was in Byzanz häufiger vorkommt, ein Stempel wurde aus Fragmenten anderer Stempel zusammengesetzt.
Ein interessantes Kuriosum hast du dir da geangelt. IMHO ist das sicher keine klassische Überprägung (Doppelschlag), weil es sich dann ja um zwei verschiedene Reversstempel handeln müsste. Ich tendiere ganz stark zu dem bereits begonnenen und dann weiterverarbeiteten Stempel. Entweder hat der Münzarbeiter gemerkt, dass ihm ein Fehler unterlaufen ist, und hats dann korrigiert in der Annahme, dass es nicht auffällt, oder aber man wollte aus Kostengründen den bereits begonnenen Stempel weiternutzen.

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Antoninus Pius » So 21.07.13 14:07

Danke für die Aufklärung Posa!
Zur Lösung des Rätsels kann ich leider nichts weiter beitragen. ;)

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von quisquam » So 21.07.13 16:14

Bei einem zusammengesetzten Stempel (davon höre ich hier auch zum ersten mal) müsste nicht nur der obere Abschnitt, sondern auch das rechte FEL TE angesetzt sein. Einen begonnenen Stempel hätte man kaum in den fehlenden Teilen kopfstehend zuende geschnitten. Ich finde die einzige Möglichkeit ist tatsächlich eine Überprägung, auch wenn ich keine wirkliche Erklärung für das genaue Erscheinungsbild habe.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von beachcomber » So 21.07.13 20:51

quisquam hat geschrieben: Ich finde die einzige Möglichkeit ist tatsächlich eine Überprägung, auch wenn ich keine wirkliche Erklärung für das genaue Erscheinungsbild habe.

Grüße, Stefan
das möchte ich unterstützen! die einzig mögliche erklärung. :) es ist ja bekannt, dass abwechselnd mit 2 rv-stempeln gearbeitet wurde um die dinger nicht zu heiss werden zu lassen, da ist es gut möglich dass mal eine münze nicht aus dem prägestock genommen wurde, und mit einem anderen rv-stempel überprägt wurde.
grüsse
frank

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Posa » So 21.07.13 21:01

Wie gesagt, ich kenne das Phänomen von reparierten Stempeln eigentlich auch nur aus Byzanz und fragte mich .. und euch, ob es das nicht schon zu römischen Zeiten gab. Das mit dem zweiten Stempel fände ich auch ziemlich schlüssig, wenn der Stempel aus der selben Offizin stammte. Aber wer weiß, vielleicht war die räumliche Nähe der officinae ja größer, als man sich das gemeinhin vorstellt. Naja, vielleicht bleibt es einfach ein nettes Kuriosum. Normalerweise wäre das Dinge ja auch nicht durch die Qualitätskontrolle geschlüpft..
Danke jedenfalls für euer Meinungsbild.

Gruß Posa

Wens übrigens genauer interessiert: Es gibt dazu eine Untersuchung: Weber, Klaus: Erkenntnisse zur Prägetechnik byzantinischer Elektum-Skyphaten, in JNG 2003/2004, Band LIII/LIV

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Invictus » So 21.07.13 22:30

Ganz sicher eine Doppelprägung des Revers.
Dass der thessalonikische Oberstempelhalter zwei unterschiedliche Reversstempel (einmal mit Delta, einmal mit Epsilon im Abschnitt) verwendete würde ich deffinitiv ausschliessen wollen. Denn warum sollte Officina Delta einen Epsilon-Stempel benutzen (oder umgekehrt)? Und wieso sollte Officina Delta ein verprägtes Stück aus Offina Epsilon bekommen (oder umgekehrt)?

In meinen Augen ist hier zweimal der gleiche Reversstempel verwendet worden! Die Doppelprägung dürfte inerhalb weniger Sekunden an ein und demselben Arbeitsplatz erfolgt sein.

Das das Delta Im kopfstehenden TSΔ wie ein E aussieht könnte schlicht und ergreifend damit zu erklären sein, dass beim 2. Schlag (um 180° gedreht) das Δ einfach beim Nachprägen so verformt wurde, dass es uns wie ein E erscheint. Schaut man genau hin, erkennt man im ominösen Δ-E noch sehr gut die Faust, in dem der Speer gehalten wird und welche die Deltaspitze in die Breite trieb.
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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von emieg1 » So 21.07.13 22:52

Wenn doch die Rückseite, wie ihr sagt, doppelt genau um 180 Grad versetzt geprägt wurde, müsste man das dann nicht auch irgendwie an der Revers-Darstellung bzw. beim "A" sehen? Wenigstens ein kleines bisschen?? :roll:

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Posa » Mo 22.07.13 06:16

Invictus hat geschrieben:Ganz sicher eine Doppelprägung des Revers.
Dass der thessalonikische Oberstempelhalter zwei unterschiedliche Reversstempel (einmal mit Delta, einmal mit Epsilon im Abschnitt) verwendete würde ich deffinitiv ausschliessen wollen. Denn warum sollte Officina Delta einen Epsilon-Stempel benutzen (oder umgekehrt)? Und wieso sollte Officina Delta ein verprägtes Stück aus Offina Epsilon bekommen (oder umgekehrt)?

In meinen Augen ist hier zweimal der gleiche Reversstempel verwendet worden! Die Doppelprägung dürfte inerhalb weniger Sekunden an ein und demselben Arbeitsplatz erfolgt sein.

Das das Delta Im kopfstehenden TSΔ wie ein E aussieht könnte schlicht und ergreifend damit zu erklären sein, dass beim 2. Schlag (um 180° gedreht) das Δ einfach beim Nachprägen so verformt wurde, dass es uns wie ein E erscheint. Schaut man genau hin, erkennt man im ominösen Δ-E noch sehr gut die Faust, in dem der Speer gehalten wird und welche die Deltaspitze in die Breite trieb.
Leider ist es ganz sicher nicht so. Das Epsilon ist ein Epsilon und das Delta ein Delta.

Gruß Posa

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Invictus » Mo 22.07.13 07:44

Posa hat geschrieben:Entweder wurde ein bereits angeschnittener Stempel weiterverarbeitet oder, was in Byzanz häufiger vorkommt, ein Stempel wurde aus Fragmenten anderer Stempel zusammengesetzt.
Was mich interessieren würde: Ist dir bekannt, wie die zusammengesetzten Fragmente verschiedener Handstempel zusammengesetzt wurden, ohne bei den nachfolgenden Hammerschlägen zu verschieben resp. wieder auseinanderzufallen? Und vor allem: Warum sollte man einen Reversstempel mit zwei verschiedenen Officina zusammensetzen?

Dass bei fehlerhaftem Schnitt (falscher Buchstabe etc.) nachgebessert wurde ist bekannt. Aber warum sollte man einen angeschnittenen Stempel um 180° drehen und weiterschneiden?
Posa hat geschrieben:Das Epsilon ist ein Epsilon und das Delta ein Delta.
Okay, dem würde ich auch nicht widersprechen wollen :)

Eine andere denkbare Möglichkeit wäre vielleicht noch, dass TSE falsche Handstempel mit TSΔ (oder umgekehrt) geliefert bekam und man das erst beim Prägen feststellte. Ein mit dem falschem Officin geschlagenes (noch heißes) Exempalr könnte dann wieder passgenau in den Unterstempel eingelegt (dass würde die scharfen Konturen erklären) und erneut - diesmal mit dem richtigen Handstempel (Revers) - nachgeschlagen worden sein. Immerhin soll es Stücke aus der früheren Kaiserzeit geben, bei denen irrtümlich Dupondien mit As-Handstempeln geschlagen wurden (oder umgekehrt, ich weiß das jetzt nicht mehr so genau).

Dass ein und derselbe Mitarbeiter (offiziell und gewollt) mit zwei verschiedenen Handstempeln (TSE und TSΔ) hantierte würde ich ausschliessen wollen, da die Officinakennzeichnung dann ja jede Rechtfertigung verloren hätte, oder? Wäre m.E. gleichbedeutend, wenn heutzutage die Prägestätte München (D) mit A (Berlin) prägen würde :wink:

Gruß
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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von curtislclay » Mo 22.07.13 08:20

Posa hat geschrieben:Leider ist es ganz sicher nicht so. Das Epsilon ist ein Epsilon und das Delta ein Delta.
In diesem Fall wurden dann offensichtlich zwei Rs.Stempel mit verschiedenen Offizinsnummern abwechselnd beim selben Vs.Stempel eingesetzt! Das ist interessant, weil man vorausgesetzt hat, dass die Offizinsnummern verschiedene Werkstätten bezeichnen, die selbstverständlich getrennt gearbeitet haben müssen.

Aber man hat auch angenommen, dass in der früheren Kaiserzeit jede Offizin ihren eigenen Rs.Typ geprägt hat, weil unter Philip I. und mehreren späteren Kaisern das nachweislich der Fall war: jeder Rs.Typ hatte seine eigene Offizinsnummer. Bei Fehlprägungen dieser Art in der früheren Epoche zeigen aber die zwei überprägten Rs.Stempel nicht immer denselben Typ: recht oft sind die Typen verschieden, das heisst, zwei Typen wurden offenbar gleichzeitig beim selben Vs.Stempel geprägt! Wir sollen also vielleicht nicht so überrascht sein, dass unter Constantius II. offenbar zwei Rs.Stempel mit verschiedenen Offizinsnummern abwechselnd beim selben Vs.Stempel eingesetzt wurden.

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Re: Kuriosum zur Prägetechnik

Beitrag von Posa » Mo 22.07.13 18:59

@Invictus: Das sind viele Frage, auf die ich keine Antwort weiß. Wie das technisch bewerkstelligt wurde ist m.E. unbekannt. Die Byzantiner hatten mitunter eine andere Vorstellung von Wirtschaftlichkeit, als wir sie heute haben, natürlich bedingt durch andere Formen der Wirtschaft. Warum man einen angeschnittenen Stempel weiterschneiden sollte, weiß ich auch nicht. Prinzipiell ist aber ein Stempel ein kostbares, auf kompliziertem Wege gefertigtes Objekt. So ein spezieller Stahl oder auch Hartbronze fällt nicht einfach aus dem Ofen...

@curtisclay: Danke für den Hinweis, das wusste ich nicht, dass das Phänomen anderweitig auftaucht. Mir begegnete es hier zum ersten Mal. Darf ich fragen, ob Du oder jemand anderes ein Bildbeispiel parat hast/hat?

Ich habe mich da gefragt, ob es nicht möglich ist, dass teilweise die Offizinen in einer Werkstätte, aber in Schichten gearbeitet haben. Grob gesagt: Tagschicht A, Nachtschicht B. Aber das ist natürlich Spekulation, aber, wie oben schon gesagt: Die räumliche Trennung kann offenbar mitunter nicht so riesig gewesen sein.

Gruß Posa

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