Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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T........s
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Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » So 24.04.22 15:37

Servus!

Weiß jemand den Grund, wieso Elagabal im Frühjahr 219 n.Chr. die Prägung des Antoninian eingestellt hat? Hat lassen? Ich dachte ich hätte mal wo gelesen, dass Severus Alexander damit aufgehört hatte - um sich von Caracalla zu distanzieren (?) - aber dann hätte ja bereits Elagabal damit aufgehört und Severus Alexander nur nicht wieder eingeführt.

Weiß da jemand mehr?

Danke!


PS: Ah da habe ich doch eine Stelle gefunden - die Aussage ist aber ohne Quelle.
http://rom-und-seine-muenzen.de/42.html
Warum Alexander einen Ausprägungs-Stop für den Doppel-Denar (Antoninian) der unter Caracalla eingeführt wurde, veranlasst hat, ist bis heute unbekannt.

Und wie gesagt - nun lese ich, dass Elagabal 219 n.Chr. mit dem Antoninian abgeschlossen hatte. Wer war es denn nun von den Beiden und wenn ja, wieso?

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Lucius Aelius
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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von Lucius Aelius » Mo 25.04.22 09:23

Macrinus hat anfangs Antoniniani und Denare prägen lassen, aber noch 217 gab es einen Prägestopp für Antoniniani.
Elagabal hat anfangs Antoniniani und Denare prägen lassen, 219 gab es einen 19jährigen Prägestopp für Antoniniani.
Prinzipiell ist deine Frage, warum Antoniniani zeitweilig nicht geprägt wurde, wohl leicht zu beantworten - wenn man weiss, warum Caracalla dieses Nominal eingeführt wurde und für welche Gruppe als "Hauptabnehmer" dieses Nominal gedacht war :wink: . Ich weiß es leider nicht.
Gruss
Lucius Aelius

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » Mo 25.04.22 10:12

Ah ok. Also doch ein Stopp.

In der allgemeinen üblichen Quellen für Otto Normal Bürger ließt man überall, dass unter Severus Alexander die Pause begann. Das stimmt ja dann nicht, denn Severus Alexander stoppte dann nicht - sondern nahm den Stopp der unter Elagabal begann - nur nicht zurück. Das war auch mein Kenntnisstand. Daher war ich ganz überrascht zu lesen, dass Elagabal ab 219 aufgehört hatte.

Wieso Caracalla? Ich habe Mal wo gelesen, kann die Aussage aber nicht auf den Wahrheitsgehalt taxieren, dass Caracalla Steuern in Denaren kassiert hat und daraus Antoninian prägen ließ und dem Staat so einen deutlichen Gewinn brachte. Ein Antoninian war doppelt so viel Wert - kostete aber den Staat nur das 1,5fache.

Eine Möglichkeit wäre demnach, dass bereits 219 die Bürger und Händler das Caracalla Spiel durchschauen und man 4 Jahre nach Einführung bereits nicht mehr das doppelte an Gegenwert für einen Antoninian bekam, sondern nur unwesentlich mehr als bei einem Denar. Sprich der Antoninian hatte sich nach seiner Einführung nach und nach dem echten Wert angeglichen. Oder gar noch verschlechtert.

Dann würde es sich für den Staat nicht lohnen ein extra Nominal ggü. dem Denar raus zu geben.

Wenn der Antoninian nur noch den realen 1,5 fachen Wert hat (statt dem ursprünglichen angedachten 2fachen) und durch weitere Verschlechterungen noch weiter auf die 1,4 fache, 1,3 fache etc. Kaufkraft sinkt, besteht die Gefahr dass er den Denar mit in den Abgrund zieht.

Am Ende besteht die Gefahr, dass Du als Staat einen Antoninian mit der Kaufkraft eines Denares hast, der Dich aber fast das 1,5 fache an Silber eines Denares kostet! Das wäre höchst ruinos.

---
Lange Rede kurzer Sinn. Kann mir nur vorstellen, dass der Plan Caracallas den Antoninian mit doppelter Kaufkraft zu den 1,5 fachen Kosten eines Denares warum auch immer nach einer gewissen Zeit nicht mehr aufgegangen ist. Und man ihn dann aus dem Verkehr gezogen hat, weil seine Entwertung den Denar mit nach unten zog und am Ende man den Antoninian hätte teuer bezahlen müssen als Staat

Aber das ist jetzt natürlich rein spekulativ von mir gedacht.

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von Perinawa » Mo 25.04.22 10:39

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Antoniniane nicht sonderlich beliebt waren. Insbesondere könnte es im Aussenhandel Probleme gegeben haben, da die Handelspartner nunmehr deutlich weniger Silber erhielten. So würde es mich nicht verwundern, dass dies erstmal ein guter Grund war, diese Währungseinheit ausser Kraft zu setzen.

Dass Aussenhandelspartner da penibel waren, berichtet schon Tacitus über die Germanen: ""Von unseren Münzen lieben die Germanen die alten und seit langem bekannten, die Serraten und Bigaten..." ( pecuniam probant veterem et diu notam, serratos bigatosque.)

Grüsse
Rainer
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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » Mo 25.04.22 10:58

Auch ein interessanter Aspekt. Im Endeffekt scheiterte er dann wohl einfach an der Akzeptanz weil Wunschdenken (doppelter Wert), reale Kaufkraft und realer Wert zu weit auseinander klaffte.

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » Mo 25.04.22 12:13

Jetzt habe ich noch ein paar Infos gefunden.


Uni Heidelberg: https://pecunia.zaw.uni-heidelberg.de/N ... antoninian
Der Silbergehalt des Antoninians entsprach dem von 1 1/2 bis 1 2/3 Denaren, was die offenbar auf eine Steigerung des Prägegewinns abzielenden Politik Caracallas unterstreicht.


Rodblunt: https://www.rodblunt.com/the-antoninianus
Caracalla (198-217 n. Chr.) gab erhebliche Mengen Antoniniani aus, sowohl auf seinen eigenen Namen als auch auf den seiner Mutter, der Kaiserinwitwe Julia Domna. Ein Antoninianus von Domna ist auf Foto 2 zu sehen. Sein Grund dafür muss sicherlich gewesen sein, Steuern in Denaren einzutreiben und neues Geld in Form von minderwertigen Antoniniani auszugeben. Durch diesen Mechanismus konnte der Staat einen beträchtlichen Gewinn erzielen, der über die normalen Steuereinnahmen hinausging. Caracalla mangelte es nicht an Ideen, um Geld zu sammeln...


Universität Bern, Institut für Archäologische Wissenschaften, M. Brunner/S. Rutishauser, Pecunia Olet! Münzgewichte der römischen Kaiserzeit
Laut A. W. Pense braucht ein Kaiser – um an der Macht zu bleiben – die Unterstützung des Militärs. Der Sold des römischen Militärs wird in Denaren ausgezahlt und wurde unter Caracalla Regentschaft zeitweise um 50% erhöht. Eine Lösung wachsende Ausgaben des Militärs zu schmälern ist, dass das Silber mit Buntmetallen gestreckt wird. Der Effekt für das Streckens des Denars – und somit dessen Abwertung – führt zu einer Inflation. Caracalla führte dafür den Antoninian, als «Doppeldenar» mit einem Gewicht von 5 g ein.

Nachdem Caracalla mit einem Median von 4.97 g den Antoninian eingeführt hat, liegt der Median von Gordian III – rund 20 Jahre später – bei 4.30 g. Die Geldentwertung ist u.a. auf erhöhte Staatsausgaben durch militärische Interventionen an den Provinzgrenzen zurückzuführen.


Jérémie Chameroy, Münzprägung und Geldmanipulationen unter der severischen Dynastie
Als freies PDF: https://www.academia.edu/39082492/M%C3% ... n_Dynastie
Vor allem durch die Finanzpolitik des Septimius Severus und des Caracalla zieht sich die Anpassung des Münzsystems an die Bedürfnisse des
Staates wie ein roter Faden. Zwar sollte den Geldmanipulationen, die Cassius Dio Kaiser Caracalla unterstellt...

...entgegen den Aussagen von Cassius Dio nicht erst unter Caracalla, sondern grundlegende Änderungen in der Münzprägung wurden schon unter Septimius Severus mit der drastischen Feingehaltssenkung des Denars um ca. 15% Silber und der entsprechenden Beimengung von Kupfer bzw. anderen unedlen Metallen eingeleitet. Diese Entwicklung setzte dann 215 Caracalla mit der Einführung eines Doppelaureus (Binio) von ca. 13g (nach Gewichtssenkung des Aureus auf ca. 6,5g) und eines überbewerteten Doppeldenars (sog. Antoninian) fort. Mit demselben Silberanteil wie der Denar wog der Anoninian jedoch nur anderthalb Denare (ca. 5 g) und genoss deshalb einen um 25% überbewerteten Nennwert gegenüber dem Denar.

Gleich zu Beginn der Severer-Herrschaft hatte der Metallwert des Denars also seinen bisherigen Tiefststand erreicht. Dadurch schien die Voraussetzung für eine tief greifende Umgestaltung der Silberprägung geschaffen zu sein, womit Caracalla ein doppelter Schachzug gelang.

Erforderte eine jährliche Soldzahlung in severischen Denaren die Ummünzung von 3,4 Pfund Silber pro Legionär, brauchte man bei einer Auszahlung in Antoninianen nur noch 2,4 Pfund Silber – d. h. 0,2 Pfund weniger, als Kaiser Augustus für einen deutlich niedrigeren Sold (225 Denare) aufbringen musste! Die Überbewertung des Antoninians gegenüber dem Denar erlaubte Caracalla, den erhöhten Sold dauerhaft zu garantieren und dabei eine beachtliche Menge an Silber einzusparen. Ohne Zweifel entlastete die Prägung des Antoninians die Staatsfinanzen, sodass die Einstellung seiner Produktion im Jahr 219 unter Elagabal einer Erklärung bedürfte.

Ein regelrechter Wendepunkt zeichnet sich in der severischen Münzpolitik nach Caracalla ab. Unter Elagabal lässt sich außer der Einstellung
der Antoninianprägung ab 220 keine ausgeklügelte Prägepolitik anhand der überlieferten Münzen des Kaisers erkennen. Im Gegensatz dazu kehrte sein Nachfolger Severus Alexander unter dem Einfluss seiner Mutter Iulia Mamaea zu einer konservativen Haltung zurück, die sich parallel zu strengen Sparmaßnahmen finanzpolitisch am augusteischen Münzsystem orientierte. Einmalig im römischen Münzwesen sind der Titel und die Darstellung des Severus Alexander als Restitutor Monetae, d. h. Wiederhersteller der Münze, auf Dupondien...



---
Zusammengefasst (?) ... die Einführung des Antoninian war ein an sich genialer finanzieller Coup des Caracalla. Wahrscheinlich mehr und mehr ging jedoch durch die einerseits stetige Entwertung des Antoninian andererseits durch das mangelnde Vertrauen im In- und Ausland (Wunschwert versus echter Silberwert) der "Vorteil" verloren - und damit der Rückhalt. Zudem wurde der Antoninian für die Staatsfinanzen immer teurer.

Da Elagabal eh alles wurscht war, außer seinem Stein, Gott und tanzende Frauen - gab es keine wirkliche Initiative zu einer durchgreifenden Münzreform oder gegensteuern. Ich meine Elagabal hat keine Kriege geführt, hat keine tiefgreifenden Reformen angepackt - der Mann war Dauer-Zugedröhnt im Palast und feierte 3 Jahre eine große Party. Könnte ja sein - dass die Beamten die Gefahr des teuren Antoninian sahen und in Absprache mit dem weiblichen Kaiserhaus die teuren Prägungen erst mal vorerst einstellten - aber dann Elagabal eben nichts anpackte was das Thema Reformen oder aktives regieren anbelangte.

Severus Alexander hat sich immerhin dann ausdrücklich "Restitutor Monetae" gerühmt! Das ist für mich ein Anzeichen, dass etwas im Argen war und das Severus Alexander sich extra rühmte - schaut - ich habe das Problem angepackt (das meinen Vorgänger nicht interessiert hatte).

Das wäre meine Theorie / Überlegung.
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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von Perinawa » Mo 25.04.22 12:35

Timestheus hat geschrieben:
Mo 25.04.22 12:13
... die Einführung des Antoninian war ein an sich genialer finanzieller Coup des Caracalla
Sagen wir's so: Er hatte sicherlich fähige Finanzberater um sich versammelt.

Dass Severus Alexander - oder besser gesagt: die eigentlich herrschende Mamaea wieder zur konservativen Finanzpolitik zurückkehren wollte/musste, liegt auf der Hand. Insbesondere die Soldaten werden im Reich ihre Schwierigkeiten gehabt haben, die ungeliebten Antoniniane zu verjubeln.

Und wer möchte schon ein unzufriedenes Heer...? ;-)
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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » Mo 25.04.22 14:15

So ich habe das mal zusammengefasst mit eigenen Überlegungen und Interpretationen - falls da jemand für einen Hobby Sammler konstruktive Anregungen hat - nur her damit. So habe ich das jetzt im Blog zusammengefasst bei den Antoninian Münzen. Danke nochmals für Euren Input und Anregungen!

Der Antoninian war eine antike römische Silbermünze, die unter Kaiser Caracalla um 214/215 n.Chr. als offizielles Zahlungsmittel eingeführt wurde. Der antike Name der Münze ist nicht überliefert. Die Bezeichnung Antoninian leitet sich vom eigentlichen Namen Caracallas, Marcus Aurelius Antoninus, ab und wurde erst im Mittelalter eingeführt. Nach neueren Forschungen soll der antike Name des Antoninian Bicharactus gewesen sein. Der Antoninian hatte eine Wertigkeit von nominal zwei Denaren und zu Beginn der Prägungen ein Gewicht von etwa 5 Gramm. Nach dem Silberfeingehalt berechnet, entsprach er von Anfang an jedoch nur dem 1,5-fachen Wert eines Denars. Im Lauf der Zeit reduzierten sich Gewicht und Silbergehalt immer weiter, so dass er gegen Ende des Jahrhunderts faktisch nur noch eine winzige Bronzemünze ohne nennenswerten Silbergehalt war. Hatte ein Antoninian um 238 n.Chr. im Schnitt noch einen Silbergehalt von etwa 40 Prozent, so waren es um 270 n.Chr. weniger als 3 Prozent.

Die Ausgabe des Antoninian wurde von Caracalla begonnen, unter Macrinus fortgeführt und unter Elagabal im Frühjahr 219 n.Chr. beendet. Sein Nachfolger Severus Alexander verzichtete gar bewusst auf die Prägung von Antoninian Münzen. Erst unter Balbinus und Pupienus wurde die Ausgabe dieses Nominales wieder aufgenommen – unter Gordianus III. dann gar wieder in größerem Umfang. Es gibt keine historischen Aussagen oder Belege, wieso Caracalla den Antoninian eingeführt hat, wohl aber historische Indizien und Erklärungsversuche. Bereits zu Beginn der Severer-Herrschaft unter Septimius Severus hatte der Metallwert des Denars seinen bisherigen Tiefststand erreicht. Geld war jedoch für die vielen Kriege des Severus, den Sold an die Soldaten und für die Ausgaben der prächtigen Bauten dringend nötig. Und nichts ist schlimmer als unzufriedene Soldaten, welche ihre Entlohnung in fortschreitend wertloserem Metall erhielten. Dadurch schien die Voraussetzung für eine tiefgreifende Umgestaltung der Silberprägung geschaffen zu sein, womit Caracalla ein doppelter Schachzug gelang.

Der Antoninian hatte zur Ausgabe nominal den doppelten Wert eines Denars. Kostete den römischen Staat in der Herstellung durch sein Gewicht und Silbergehalt aber nur das 1,5-fache eines Denars. Dies bedeutete eine deutliche Steigerung des Prägegewinns. Caracalla soll zudem die Steuern in Denaren eingetrieben und damit dann neues Geld in Form von minderwertigen Antoniniani ausgegeben haben. Durch diesen Mechanismus konnte der Staat einen beträchtlichen Gewinn erzielen, der über die normalen Steuereinnahmen hinausging. Ein letzter wichtiger Punkt war das bereits erwähnte Militär. Der Sold des römischen Militärs wurde in Denaren ausgezahlt. In den ersten Regierungsjahren des Caracalla erhöhte sich zudem der Sold zeitweise um 50%. Eine Lösung wachsende Ausgaben des Militärs zu schmälern ist, dass das Silber mit Buntmetallen gestreckt wird. Der Effekt für das Streckens des Denars – und somit dessen Abwertung – würde dann aber zu einer Inflation führen und den Spareffekt wieder aufheben. Die Lösung lag aus Sicht Caracallas auch hier im „Doppeldenar“ dem Antoninian. Erforderte eine jährliche Soldzahlung in severischen Denaren die Ummünzung von 3,4 Pfund Silber pro Legionär, brauchte man bei einer Auszahlung in Antoniniani nur noch 2,4 Pfund Silber. Die Überbewertung des Antoninian gegenüber dem Denar erlaubte Caracalla, den erhöhten Sold dauerhaft zu garantieren und dabei eine beachtliche Menge an Silber einzusparen.

Mit demselben Silberanteil wie der Denar wog der Antoninian jedoch nur anderthalb Denare und genoss deshalb einen um 25% überbewerteten Nennwert gegenüber dem Denar. Diese Diskrepanz blieb den historischen Zeitgenossen wohl nicht verborgen und nicht nur Cassius Dio allein könnte Caracalla der Geldmanipulation beschuldigt haben. Da der Antoninian mehr Schein als Sein war, dürfte er im Volk und vor allem im Handel recht unbeliebt gewesen sein, vor allem auch außerhalb der stadtrömischen Grenzen in den Provinzen auf wenig Akzeptanz und Gegenliebe gestoßen sein. So endete unter Elagabal im Frühjahr 219 n.Chr. die Prägung von Antoniniani. Allerdings fehlen dazu historische Belege, wieso die Ausgabe beendet wurde, man kann nur Vermutungen aufstellen. Aus meiner Sicht kommen mehrere Gründe in Frage. Zum einem verschlechterte sich der reale Kaufwert des Antoninian mangels Akzeptanz weiter und näherte sich dem Denar. War in der Prägung für den Staat aber immer noch teurer als der einfache Denar. Der Antoninian wurde vielleicht schlichtweg zu teuer. Zudem bestand die Gefahr bei der Kaufkraft Annäherung an den Denar, dass er diesen „mit runter in die Inflation riss“. So war also nach der Machtübernahme des Elagabal eine weitere dringende Reform des Münzwesens angebracht.

Nun ist aber Elagabal nicht als Reform-Kaiser in die Geschichte eingegangen. Er zog 219 n.Chr. in Rom ein, verwandelte den Palast in einen Tempel und Freudenhaus und konzentrierte sich allein darauf seinen Gott als neue Staatsreligion einzuführen. Elagabal führte keine größeren Feldzüge, erließ keine bedeutenden Gesetze oder Reformen – sein Leben war eine einzige Orgie und die Regierungsgewalt hatte mehr oder weniger seine Mutter bzw. die Großmutter. Aus meiner Sicht gut möglich, dass verantwortliche Beamte und die severischen Damen die drohende finanzielle Sprengkraft des Antoninian kommen sahen. Vielleicht spielte auch die Unzufriedenheit der Bürger, Händler und Soldaten eine Rolle, die nicht mit einer überbewerteten Münze handeln bzw. bezahlt werden wollten – so dass die Verantwortlichen gegen 219 n.Chr. erst einmal die Prägung dieses Nominales aussetzten. Vielleicht baute man auch darauf, dass der Kaiser sich besann und die nötigen Reformen zu einer späteren Zeit würde schon anpacken. Aus diesem Grund gibt es vielleicht auch keine historischen Belege über das vorläufige Ende des Antoninian unter Elagabal, da man davon ausgegangen war, dass es sich hier bis zu den nötigen Reformen nur um eine kurzzeitige Unterbrechung handeln würde.

Diese Überlegung wird durch die offizielle Proklamation seines Nachfolgers Severus Alexander aus meiner Sicht unterstützt. Er wiederum verkündete, historisch belegt, offiziell das Aus des Antoninian. Daher gehe ich davon aus, dass der Prägestopp unter Elagabal keine bewusste endgültige Entscheidung war. Severus Alexander kehrte unter dem Einfluss seiner Mutter Iulia Mamaea zu einer konservativen Haltung zurück, die sich parallel zu strengen Sparmaßnahmen finanzpolitisch am augusteischen Münzsystem orientierte. Einmalig im römischen Münzwesen sind der Titel und die Darstellung des Severus Alexander als Restitutor Monetae (Wiederhersteller der Münze). Dies belegt aus meiner Sicht, dass die Reformen dringend notwendig waren und dringend anstanden – und Severus Alexander damit deutlich propagandierte „seht her, im Gegensatz zu meinem Vorgänger, habe ich mich diesem Problem angenommen“. Erst ab 238 n.Chr. wurde unter Balbinus und Pupienus wieder mit der Prägung des Antoninian begonnen.

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von Lucius Aelius » Mo 25.04.22 16:05

Wie soll denn die angebliche Münzreform des Severus Alexander ausgesehen haben?
Haben sich Feingehalte / Gewichte irgendeines Nominals grundlegend verbessert während seiner Regierungszeit?
Gruss
Lucius Aelius

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von T........s » Mo 25.04.22 16:13

Lucius Aelius hat geschrieben:
Mo 25.04.22 16:05
Wie soll denn die angebliche Münzreform des Severus Alexander ausgesehen haben?
Er hat den Antoninian offiziell "abgeschossen" und vor allem die Bronzemünzen wieder "restauriert". Den Denar konnte er mit seinen ganzen Maßnahmen zumindest stabil halten - was in den Zeiten auch ein Erfolg ist m.E.

Lucius Aelius hat geschrieben:
Mo 25.04.22 16:05
Haben sich Feingehalte / Gewichte irgendeines Nominals grundlegend verbessert während seiner Regierungszeit?
Seiner Ansicht (Severus Alexander) nach war er der Meinung der Restitutor Monetae zu sein - zumindest dachte er wohl, dass er wieder Ordnung und Tradition in das Münzsystem gebracht hat.

Lucius Aelius hat geschrieben:
Mo 25.04.22 16:05
Haben sich Feingehalte / Gewichte irgendeines Nominals grundlegend verbessert während seiner Regierungszeit?
Immerhin hat er geschafft den Denar Stabil zu halten, was nach Elagabal auch schon mal ein Erfolg ist. Während das Gewicht unter Septimius Severus (und davor) und dann unter Caracalla sank - also bei jedem neuen Herrscher sank - konnte Severus Alexander den Denar stabil halten bei gleichem Silbergehalt. Das ja auch irgendwie in den Zeiten ein Erfolg.

Universität Bern, Institut für Archäologische Wissenschaften, M. Brunner/S. Rutishauser, Pecunia Olet! Münzgewichte der römischen Kaiserzeit
Einen weiteren Einschnitt ist unter Elagabal sichtbar, bei dem der Median auf 2.95 g fiel. Dieses Niveau bleibt auch unter Severus Alexander mit einem Median von 2.98 g.

Lucius Aelius hat geschrieben:
Mo 25.04.22 16:05
Haben sich Feingehalte / Gewichte irgendeines Nominals grundlegend verbessert während seiner Regierungszeit?
Und ich würde das nicht mal alleine am Feingehalt / Gewicht festmachen. Es ist schon mal ein Erfolg, wenn Du die Kaufkraft und Akzeptanz stabilisierst. Was ist denn heutiges Geld "Wert"? Alleine das Vertrauen zählt. Und Severus Alexander schaltete wohl auf "alte augustinische Tugenden" in der Finanzpolitik zurück - das ist auch eine Art der Reform - und lässt sich dann nicht unbedingt nur mit Feingehalt/Gewicht bewerten - sondern eben auch in dem vertrauen in das gemünzte Geld.

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Re: Elagabal 219 n.Chr. vorl. Ende des Antoninian

Beitrag von Perinawa » Di 26.04.22 15:33

[...]Ein regelrechter Wendepunkt zeichnet sich in der severischen Münzpolitik nach Caracalla ab. Unter Elagabal lässt sich außer der Einstellung der Antoninianprägung ab 230 keine ausge-klügelte Prägepolitik anhand der überlieferten Münzen des Kaisers erkennen. Im Gegensatz dazu kehrte sein Nachfolger Severus Alexander unter dem Einfluss seiner Mutter Iulia Mamaea zu einer konservativen Haltung zurück, die sich parallel zu strengen Sparmaßnahmen finanzpo-litisch am augusteischen Münzsystem orientier-te. Einmalig im römischen Münzwesen sind der Titel und die Darstellung des Severus Alexanderals Restitutor Monetae, d. h. Wiederhersteller der Münze, auf Dupondien. Obwohl der Ty-pus ausschließlich auf diesen Messingmünzenvorkommt, dürfte die propagierte Botschaft eine weitreichendere Bedeutung gehabt ha-ben. Tatsächlich verkörperte der in Militärtracht mit Lanze dargestellte junge Kaiser einerseits die Wiederbelebung der Bronzeprägung, die seit Septimius Severus in der stadtrömischen Münzstätte deutlich zurückgegangen war, an-dererseits einen vollkommenen Verzicht auf den Doppeldenar, der unter seiner Herrschaft nie emittiert wurde. Stattdessen steht seine Münz-politik für die exklusive und ununterbrochene Prägung des Denars, der noch bis in die Mit-te des 3. Jahrhunderts das volle Vertrauen der Reichsbewohner genoss und gegenüber dem Antoninian bevorzugt gehortet wurde. Der da-
mit propagierte Abstand zu der »innovativen«Münzpolitik des verpönten Caracalla sollte nichtnur bewusst eine traditionelle Münzprägungsuggerieren, sondern wohl auch die Illusioneiner Rückkehr zur Prägung von guten altenbzw. sorgfältig emittierten Denaren und Bron-zemünzen verbreiten. In Wirklichkeit aber istder Qualitätsverfall des Denars in seiner letztenPrägephase nicht mehr aufzuhalten – er landetnoch unter Severus Alexander auf dem Tiefst-stand seines Metallwertes. Aus einem Pfund Silber wurden nun beinahe anderthalbmal soviele Denare ausgebracht wie unter Septimius Severus, nämlich nicht mehr 179, sondern 247. Vor bzw. nach Severus Alexander ver-anschaulicht das Diagramm punktuelleAnhebungen des Silbergehalts unter Pertinax,Macrinus, Gordianus I., Gordianus II., Balbinusund Pupienus, die dennoch den Untergang desDenars nicht mehr aufhalten konnten. Da diese»Zuckungen« im Feingehalt unter nur kurzzeitig regierenden Kaisern erfolgten, dürften sie auf einzelne Versuche hinweisen, das traditionelle Geldgeschenk an die Soldaten bei Herrschafts-antritt in besonders gut aussehenden Silber-münzen auszuzahlen und dadurch die Gunst des Militärs zu gewinnen. [...]

aus: Münzprägung und Geldmanipulationen unter der severischen Dynastie - Jérémie Chameroy

https://www.academia.edu/39082492/M%C3% ... view-paper


PS. Ich sehe gerade, dass du die Quelle schon angeführt hattest. Hier wird nochmal explizit auf's Militär verwiesen.
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