Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

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rista
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Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von rista » Di 22.04.14 22:56

Hallo zusammen,

anbei eine mir bis dato unbekannte Marke der Stadt Oederan (Sachsen), VS datiert 1903, RS Punze KN 34, Material vermutlich Kupfer, Durchmesser ca. 28mm, oben gelocht. Es ist ein unsachgemäß gereingter Bodenfund, aber immerhin...r

Da ich momentan keinen Zugriff auf meinen "menzel" habe: ist das Stück dort gelistet? Falls nein, worum kann es sich hier handeln?
Mir fallen zuerst Hundemarken ein, aber ich finde keinen direkten Bezug auf die Hundesteuer (war m.E. doch meistens mit auf den Marken erwähnt?)
Weiterhin könnte es eine Art Essenmarke / Bettlermarke für Bezug von Lebensmitteln sein - Eure Hinweise sind mir willkommen.

Gruß rista
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Wertmarke Oederan Rückseite
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Wertmarke Oederan Vorderseite

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Lutz12
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Re: Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von Lutz12 » Mi 23.04.14 12:22

Ich tippe auch auf eine Hundemarke, wobei Du recht hast, in der Regel ist zumindest ein Hund oder Hundekopf mit abgebildet. Alles andere spricht für eine Hundemarke, Stadt, Jahr und eingestanzte (niedrige) Nummer. Ich weiß nicht, ob es allgemein so war, ich kenne Hundemarken aus dieser Zeit in Messing (Hundesteuerpflicht) und Weißmetall (Zink oder Zink vernickelt) für von der Steuer befreite Hunde (Jagd- und Wachhunde).
Das Problem bei Hundemarken ist, dass es wohl aus keiner Gegend komplette Reihen alter Stücke gibt, die man heranziehen könnte um zu vergleichen - sie spielen auch in Sammlerkreisen wohl eine Nebenrolle.
Alte Hundemarken sind meist selten, wobei neben der damals eher geringen Anzahl gehaltener Hunde (für Oederan würde ich aus Vergleichsbetrachtungen von rund 150 Hundemarken pro Jahr und Typ - Messing bzw. Weißmetall - ausgehen) auch der Totalverlust der alten Marken zu vermuten ist, weil sie "unansehnlich" und "wertlos" aussehen und so mancher Entrümpelung zum Opfer gefallen sind.
In Archiven findet man in den Steuerakten der Stadt meist recht genaue Angaben zu den Hundemarken, aber leider keine Abbildungen, es ging dort eher pragmatisch um Kosten und Einnahmen.
PS: vom Menzel habe ich nur die Erstausgabe aus DDR-Zeiten (1982), dort ist die Marke nicht verzeichnet.
Gruß Lutz
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rista
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Re: Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von rista » Mi 23.04.14 22:47

Hallo Lutz,

danke für Deinen Beitrag. Im aktuellen Menzel sind die Hundemarken auch nicht verzeichnet, ich vermute, dass sie a) aufgrund der unendlichen Stücke und b) aufgrund des Verwendungszweckes (sie haben in dem Sinne ja nicht als Geldersatz gedient, sondern waren m.E. eine Art Quittung für die entrichtete Hundesteuer, haben also im Umlauf keine Rolle gespielt) keine Aufnahme bei Menzel gefunden haben. Man könnte dem nun entgegenhalten, dass es bei Müllmarken sicher ähnlich ist (also auch an eine Tonne gebunden und keine weitere Rolle im Geldumaluf), aber hier ist zumindest eine Wiederverwendbarkeit gegeben.
Vielleicht kann sich jemand aus den Reihen der Experten noch äußern, warum die Hundemarken in dem Sinne keine Wertmarken nach Menzel sind...?

Was mir noch einfallen ist: Baumkataster. In heutigen Zeiten werden doch auch Bäume, Masten etc. mit Marken versehen, das können so eine Art Einschlagplomben sein (also mit Zacken zum EInschlagen und einer eingepunzten Nummer = althergebracht) oder kleine Schildchen mit QR-Code (= higtech) oder eben das "Mittelding" - Marken mit Loch, die einmal an ein Objekt genagelt werden. Was gegen die Idee spricht, ist die rückseitig eingepunzte KN meiner Oederaner Marke, das spricht eher für etwas in Richtung Hundemarke, Personalmarke, Werkzeugmarke usw.

Gruß rista

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Re: Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von Numis-Student » Do 24.04.14 13:32

Hallo,
gegen eine Baummarke spricht auch die Jahreszahl, denn diese Marken wurden ja nicht jährlich gewechselt: http://www.numismatikforum.de/download/ ... &mode=view .
Ich bin mit der genauen Verwendung der Müllmarken nicht vertraut, vermute aber, dass es ähnlich wie die Sperrmüll-Aufkleber in Westdeutschland funktionierte... Und da hatte ja so ein Aufkleber den Wert, der bei der Verkaufsstelle entrichtet wurde. Demnach KÖNNTE man im Notfall einen solchen Aufkleber als Geldersatz verwenden, da mein Nachbar den Aufkleber ja statt mir verbrauchen kann. ;) Demnach wäre ein solcher Aufkleber (bzw eine ostdeutsche Müllmarke) eine Wertmarke, da zum Wert einer "Entsorgungseinheit" weiterzugeben. Eine Hundesteuermarke ist dagegen ja nur eine Quittung über eine bereits gezahlte Gebühr und darüber hinaus noch über die Nummer dem Hundehalter zuzuordnen.

Vermutlich ist das der Grund, warum Menzel die einen aufführt und die anderen nicht.

Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von sigistenz » Do 24.04.14 22:37

Müllmarke scheidet wohl aus - soweit ich mich erinnere, gab es die 1903 noch nicht :|
Sigi
.

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Re: Wertmarke - Stadt Oederan 1903 ?

Beitrag von Lutz12 » Do 24.04.14 22:42

@Numis-Student: das mit den Müllmarken funktionierte genauso. Marke wurde mit einem dünnen Faden an der Mülltonne befestigt und von den Müllmännern bei Entleeren abgerissen. Was ich nicht weiß: ob die eingesammelten Müllmarken als Leistungsnachweis dienten und ggf. dafür stückabhängige Lohnbestandteile gezahlt wurden?!?
Gruß Lutz
PS: nachträgliche Glückwünsche an Sigi zum 111. Geburtstag ;-)
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