Pilgermedaille oder Kitsch?
Moderator: Lutz12
- Lutz12
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Pilgermedaille oder Kitsch?
Hallo,
Danke erstmal für die nette Hilfe bei den Bestimmungen einiger meiner Stücke in den letzten Tagen. Es harren noch einige Stücke der Enträtselung.
Hier eine kleine Messing-Medaille (?) die mir vom Motiv irgendwie bekannt vorkommt, aber mit den lateinischen Umschriften bin ich regelmäßig überfordert.
Wäre nett wenn Ihr mir ein paar Hinweise geben könntet.
Angaben zum Stück:
Messing, welliger Rand, 19,6 mm, 1,6 g
Danke
Lutz
Danke erstmal für die nette Hilfe bei den Bestimmungen einiger meiner Stücke in den letzten Tagen. Es harren noch einige Stücke der Enträtselung.
Hier eine kleine Messing-Medaille (?) die mir vom Motiv irgendwie bekannt vorkommt, aber mit den lateinischen Umschriften bin ich regelmäßig überfordert.
Wäre nett wenn Ihr mir ein paar Hinweise geben könntet.
Angaben zum Stück:
Messing, welliger Rand, 19,6 mm, 1,6 g
Danke
Lutz
"Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt" ( Alan Greenspan)
Re: Pilgermedaille oder Kitsch?
Hallo Lutz,Lutz12 hat geschrieben:...die mir vom Motiv irgendwie bekannt vorkommt...
so ging es mir auch gerade. Das Design scheint im weitesten Sinne an venetianische Zecchinen angelehnt zu sein. Siehe hier: http://www.coinarchives.com/w/results.p ... d+zecchino
Die Umschriften machen für mich allerdings keinen Sinn.
Vielleicht eine Art Spielgeld ?
- Lutz12
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Ja das war die Erinnerung
,
die Schrift der VS macht mit deutschen Buchstaben für mich keine Sinn, die RS-Schrift will ich hier mal noch ergänzen:
JOANNES ILLE COQVVS SVI PILITQVE
Die Motivdarstellung ist schon arg "barbarisiert", und so richtig alt wirkt das Stück auch nicht.
Lutz12

die Schrift der VS macht mit deutschen Buchstaben für mich keine Sinn, die RS-Schrift will ich hier mal noch ergänzen:
JOANNES ILLE COQVVS SVI PILITQVE
Die Motivdarstellung ist schon arg "barbarisiert", und so richtig alt wirkt das Stück auch nicht.
Lutz12
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Hallo Lutz, ich zitiere H. E. Ives, The Venetian Gold Ducat and its Imitations, New York 1954, S. 32: “Gilt Copper Ducat Tokens. … A later and apparently final form of these tokens has the same obverse and reverse type and the same obverse legend, but with the reverse legend altered to JOANNES. ILLE. COQVVS. SUI FILIIQUE. These tokens, which are of two sizes and are usually gilt, are reputed to have been struck by London merchants named John Cook and Sons in the nineteenth century for the East African trade.”
Demnach wurde dieses Stück als Imitation einer venezianischen Zecchine von Londoner Kaufleuten im 19. Jh. für den Handel mit Ostafrika geprägt. Ähnliche Stücke mit ähnlich abstrahierten Darstellungen Christi, des Dogen und des hl. Markus, aber aus Gold, kennt man aus Indien. Im östlichen Mittelmeerraum waren die venezianischen Zecchinen ja lange Zeit gängiges Zahlungsmittel und wurden dort schon oft imitiert.
Ives schreibt noch: „With these shoddy tokens the long line of ducats, which flourished for over five hundred years as a ‚universal’ coinage of high esteem, comes to an end.“, also sinngemäß: “Mit diesen schäbigen Token endet die lange Reihe von Dukaten, die mehr als 500 Jahre lang als ‘universelles’ Geld von hohem Ansehen beliebt waren.“
Münzgeschichtlich ist das Stück als Ende einer langen Reihe demnach durchaus interessant, sozusagen ein Eckstück, auch wenn es nicht den Wert anderer numismatischer Eckstücke wie des Augustalis oder des ersten Talers oder des ersten Dicken hat.
Demnach wurde dieses Stück als Imitation einer venezianischen Zecchine von Londoner Kaufleuten im 19. Jh. für den Handel mit Ostafrika geprägt. Ähnliche Stücke mit ähnlich abstrahierten Darstellungen Christi, des Dogen und des hl. Markus, aber aus Gold, kennt man aus Indien. Im östlichen Mittelmeerraum waren die venezianischen Zecchinen ja lange Zeit gängiges Zahlungsmittel und wurden dort schon oft imitiert.
Ives schreibt noch: „With these shoddy tokens the long line of ducats, which flourished for over five hundred years as a ‚universal’ coinage of high esteem, comes to an end.“, also sinngemäß: “Mit diesen schäbigen Token endet die lange Reihe von Dukaten, die mehr als 500 Jahre lang als ‘universelles’ Geld von hohem Ansehen beliebt waren.“
Münzgeschichtlich ist das Stück als Ende einer langen Reihe demnach durchaus interessant, sozusagen ein Eckstück, auch wenn es nicht den Wert anderer numismatischer Eckstücke wie des Augustalis oder des ersten Talers oder des ersten Dicken hat.

Gruß mumde
- Lutz12
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Wow, das Stück ist ja doch ein richtiges Stück Historie. Interessant solche Hintergründe zu erfahren - hatte noch nie davon gehört.
Zumindest hat dieser Token jetzt einen Stammplatz in meiner Sammlung sicher
Lutz
Zumindest hat dieser Token jetzt einen Stammplatz in meiner Sammlung sicher

Lutz
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- KarlAntonMartini
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- KarlAntonMartini
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Mumde hat ja schon einen der wichtigen Autoren zu dem Thema zitiert. Vom anderen, Hawkins, ist folgendes nachzutragen: Das Vorbild dieser Marke ist ein Zecchino des Dogen Aloysius Mocenigo III: (1722-32). Diese wurden in Afrika von einheimischen Kräften in Kupfer nachgeahmt, diese Marken gelangten auch nach England. Nachdem dort ja solche Anregungen fremder Märkte schnell aufgegriffen wurden, produzierte die schon zitierte Londoner Fa. John Cook & Son, die eigentlich Siegellack und Schreibwaren herstellte, diese Marken mit der vulgärlatinisierten Reklameinschrift Johannes Ille Coquus Sui Filiique. Es folgten zahlreiche weitere Kopien, vermutlich von Birminghamer Herstellern, die damit wiederum Afrika belieferten und die dann auch im Inland wie Spielmarken Verwendung fanden. Diese natürlich ohne die Cook-Reklame, sondern wieder ganz nach afrikanischem Vorbild. Eine numismatische Dreiecksgeschichte also. Grüße, KarlAntonMartini
Münzsammler seit 60 Jahren. Mitglied im Numismatischen Verein zu Dresden und der Oriental Numismatic Society.
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