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von Fossiliensammler » Mi 04.11.15 15:34
Hallo,
was ich spontan sehe:
- Die Definition für archäologisches Kulturgut in § 2 Abs. 1 Nr. 1 wurde verändert. (Wurde oben zwischenzeitlich schon angesprochen.)
- In Paragraph § 28 Abs. 1 wurde klargestellt, dass das Einfuhrverbot nur dann gilt, wenn es unter "Verstoß gegen dessen Rechtsvorschriften zum Schutz
nationalen Kulturgutes aus dessen Hoheitsgebiet verbracht worden ist," (das ist eine kleine Verbesserung, doch Vorsicht, der § 30 ist unverändert!).
- Die Formulierung von § 30 wurde leider nicht geändert (und trotz - so habe ich das jedenfalls rezipiert - mündlicher Zusage von Dr. Winands auch nicht in den Erläuterungen klargestellt). D.h. es bleibt weiter unklar, ob man für jedes Kulturgut unabhängig vom Ausfuhrrecht des Herkunftsstaats in Deutschland eine Ausfuhrgenehmigung vorlegen können muss (um sicherzugehen, dass es nicht sichergestellt werden kann), unabhängig davon ob dies nach dem Recht der Herkunftsstaaten erforderlich ist.
Da man den Erfüllungsaufwand des Gesetzes für die Bürgerinnen und Bürger mit jährlich gerade mal 32 000 Euro beziffert (oder sind die pro Kopf gemeint...?), kann es aber wohl nicht sein, dass man für jedes beliebige Kulturgut im Ausland eine Ausfuhrgenehmigung organisieren muss, das würde nämlich gigantische Kosten hervorrufen. Im parlamentarischen Prozess sollte weiterhin darauf hingewirkt werden, in § 30 ausdrücklich nur nationales Kulturgut in Bezug zu nehmen bzw. explizit solches, für dass der Herkunftsstaat Ausfuhrgenehmigungen verlangt.
- § 41 die Allgemeinen Sorgfaltspflichten für jedermann (nicht gewerblich) wurden umformuliert. Insbesondere fällt weg, dass es als verdächtig angesehen werden muss, wenn "ein besonders wertvolles Kulturgut von privater Hand verkauft wurde." Das war ja auch eine Frechheit, als ob Privatpersonen kein wertvolles Kulturgut besitzen und verkaufen dürften. Damit sind die Bedenken aber insbesondere dann nicht ausgeräumt, wenn alles, wofür nach § 30 keine Ausfuhrgenehmigung als Legalitätsnachweis vorliegt als "illegal eingeführt" gilt. Da steht m. E. jeder, der ein Kulturgut verkauft weiterhin mit einem Bein im Gefängnis. Deswegen wäre es so wichtig gewesen (bzw. bleibt nunmehr wichtig!), den § 30 zu korrigieren.
- §§ 83 und 84: wurden überarbeitet.
Insbesondere fällt auf, dass der § 84 Abs. 2 Nr. 1 ausgedehnt wurde. Und zwar von archäologischem Kulturgut auf jedes Kulturgut(!!!!!).
Nach § 84 Abs. 2 ist nun bei Einfuhr (ohne Ausfuhrpapiere oder einen anderen Legalitätsnachweis) jedes beliebigen Kulturguts nach Deutschland ein Bußgeld bis 100 000 Euro möglich. Und das sowohl bei fahrlässigem oder vorsätzlichen Handeln eines Sammlers (also ohne Gewerbe)!
Wer sich dann noch traut eine Briefmarke, eine Münze oder ein Fossil/Mineral nach Deutschland einzuführen, Hut ab - der ist optimistisch oder so solvent, dass ihm 100 000 Euro nicht weh tun. Wenn ich gleich 30 Fossilien auf einmal einführe, bin ich dann bei 3 000 000 Euro Bußgeld?
In Anbetracht der Tatsache, dass man wohl - über das Recht des Herkunftsstaates hinausgehend immer eine Ausfuhrgenehmigung benötigt, dürfte dies das Ende des ohne Dokumente stattfindenden Kulturgutverkehrs nach Deutschland sein, wenn der Bundestag es unverändert beschließt und der Bundespräsident das Gesetz ausfertigt. Ich möchte in dem Fall gerne wissen, wo ich innerhalb einer halben Stunde (Erfüllungsaufwand) pro Exkursion Ausfuhrgenehmigungen für hunderte praktisch wertlose Fossilien im Ausland herbekomme und auch wie das bspw. die Händler auf den großen internationalen Mineralien- und Fossilienbörsen machen sollen...
(Lässt sich alles auf Münzen übertragen.)
Befindet sich Deutschland auf dem Weg in den Willkürstaat oder kann der Bundestag oder der Bundespräsident dieses noch stoppen?
Gruß
Sönke
Zuletzt geändert von
Fossiliensammler am Mi 04.11.15 17:41, insgesamt 1-mal geändert.