Jeton (1816 - 1817) aus Süddeutschland ?

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AndyBl
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Jeton (1816 - 1817) aus Süddeutschland ?

Beitrag von AndyBl » Do 10.11.05 20:01

Hallo ,

habe Schwierigkeiten mit der Bestimmung dieses deutschen (oder holländischen ?) Jetons (Bronze, ca. 35 mm) .

Umschrift : GIEB MIR BROD MICH HUNGERT / VERZAGET NICHT GOTT LEBET NOCH .

Vielen Dank im Voraus.
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Zuletzt geändert von AndyBl am Fr 11.11.05 00:41, insgesamt 1-mal geändert.

mfr
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Beitrag von mfr » Do 10.11.05 20:08

Hallo,
schau mal hier: http://www.odophil.ch/numismatik/medail ... unger.html

Nr. 5 ist deine und hervorragend beschrieben. :)

AndyBl
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Beitrag von AndyBl » Do 10.11.05 20:21

Super !!! Vielen Dank Muenzenfreund !

Gruss,
Andy

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Lutz12
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Beitrag von Lutz12 » Fr 11.11.05 00:12

Hallo AndyBl,
das Stück gibt es in vielen leicht abweichenden Varianten, was Hinweis auf die Häufigkeit ist. Die meisten Stücke sind aber recht abgegriffen. Auch bei ebay findet man das Stück regelmäßig. Trotzdem schön so ein altes Stück sein eigen zu nennen.
Gruß Lutz12
"Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt" ( Alan Greenspan)

AndyBl
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Beitrag von AndyBl » Fr 11.11.05 00:37

Vielen Dank für den Hinweis Lutz12.

Habe schon gesehn, dass da auch eine versilberte Variante gibt und auch eine mit feinen Details.

Interessant wäre noch zu wissen, wo solche Stücke geprägt wurden. Etwa in Süddeutschland (Bayern) ? Der Medailleur "Stettner" kommt wohl aus Bayern. Wo herrschte damals diese schreckliche Hungersnot ?

Gruss Andy

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Beitrag von mfr » Fr 11.11.05 00:52

Hallo,
Johann Thomas Stettner ist 1786 in Nürnberg geboren und war dort von 1806-1824 Stempelschneider.

Die Hungersnot 1816/17 war ein globales Problem. Ausgelöst durch einen Ausbruch des Tambora (Indonesien) vom 10.-15. April 1815. Eine der gewaltigsten Naturkatastrophen der letzten 10.000 Jahre, etwa 10-15.000 Menschen kostete der Ausbruch direkt das Leben, weitere ca. 100.000 starben an den Folgen. Durch die Eruptionen wurden bis zu 180 km³ Gestein und Asche in die Luft geschleudert, im Umkreis von 500 Kilometern war es 3 Tage lang tiefste Nacht. Die wirklichen Auswirkungen zeigten sich aber erst 1816, im "Jahr ohne Sommer".
Als das Jahr ohne Sommer wird in Amerika und Europa das ungewöhnlich kalte Jahr 1816 bezeichnet. Bis heute ist es das kälteste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Während Januar und Februar des Jahres noch eher gemäßigt waren, begann es im März bereits spürbar kälter zu werden. Im April und Mai gab es ungewöhnlich viel Regen- und Graupelschauer. Im Juni und Juli gab es in den USA jede Nacht Frost. In New York und Neuengland fiel bis zu einem Meter Schnee. In Deutschland kam es zu schweren Unwettern, zahlreiche Flüsse (u.a. der Rhein) traten über die Ufer. In der Schweiz schneite es jeden Monat mindestens einmal bis auf 800 m Meereshöhe. Im August setzte auch in Europa der Frost ein, die Folge waren katastrophale Missernten. Im Frühjahr 1817 stiegen die Getreidepreise auf das Zehnfache, Hungersnöte brachen unter der Landbevölkerung aus. Tausende der zusätzlich noch unter den Folgen der Napoleonischen Kriege leidenden Europäer wanderten schließlich in die USA aus.

Erst 1920 fand der US-amerikanische Klimaforscher William Humphreys eine Erklärung für das Jahr ohne Sommer. Er führte die Klimaveränderung auf den Vulkanischen Winter in Folge des Ausbruchs des Vulkans Tambora im heutigen Indonesien zurück. Dieser war im April 1815 mit einer Stärke von 7 auf dem Volcanic Explosivity Index ausgebrochen. Die Abkühlung des Weltklimas durch den Ausbruch hielt noch bis 1819 an.
Quelle: www.wikipedia.de

Falls es noch detaillierter sein soll, empfehle ich diesen Link: http://www.winterplanet.de/Sommer1816/Jos-Teil1.html

AndyBl
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Beitrag von AndyBl » Fr 11.11.05 01:01

Das nennt man eine wirklich ausführliche und fachkundige Antwort ! Respekt !

Vielen Dank für die SUPER Aufklärung Muenzenfreund !

Gruss Andy

Chippi
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Beitrag von Chippi » Sa 12.11.05 20:32

Mensch, ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass niemand etwas zu meinen Jeton sagen kann, doch schon bevor ich meine Fragen gestellt habe, kamen die Antworten!
DAS NENN ICH SCHNELL! 8O :wink: :lol:

Mein Stück ist das 1. auf der Seite beschriebene Stück. Hab´s erst heute früh auf einem Trödelmarkt erstanden, aus einer Wühlkiste mit Medaillen/Plaketten/...

Gruß Chippi
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Jeton.JPG
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von Wechsler » So 13.11.05 18:39

@ Muenzenfreund,

Nach längerer Abwesenheit kann ich wieder beim NF vorbeischauen; auch meinen herzlichen Dank für die Infos. Ich hatte mich vor einigen Jahren mit dem Thema Hungersnot 1816-1817 etwas befasst, hatte aber davon nichts gefunden; einfach faszinierend...

Wechsler

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Beitrag von mfr » Sa 15.04.06 19:17

Hallo,
zum Thema Tambora nochmal einen aktuellen Bericht, den ich gerade durch Zufall fand.
28.02.2006 - Archäologie
Pompeji des Ostens entdeckt

Indonesien: Forscher finden Reste des Königreichs Tambora, das beim großen Vulkanausbruch von 1815 verschüttet wurde

Amerikanische Wissenschaftler haben die Überreste eines Miniatur-Königreichs in Indonesien entdeckt, das fast 200 Jahre lang unter der Asche des Vulkans Tambora begraben war. Der Ausbruch des Vulkans im Jahre 1815 war der größte in der jüngeren Menschheitsgeschichte und kostete mehr als 100.000 Menschen das Leben. Er verschüttete das Königreich Tambora vollständig. Wissenschaftler um Haraldur Sigurdsson von der Universität von Rhode Island haben nun erstmals Überreste eines Dorfes des Kleinstaats freigelegt.


Unter einer mehr als 3 Meter dicken Ascheschicht fanden die Forscher ein Haus mit den Überresten zweier Erwachsener sowie Bronzeschalen, Keramiktöpfe, Eisenwerkzeug und andere Gegenstände. Sigurdsson schließt aus der Anzahl an Bronzegegenständen, dass die Einwohner von Tambora durchaus nicht arm waren. Sie sollen in der Tat in Südostasien für ihren Honig, ihre Pferde und ihr Sandelholz bekannt gewesen sein. Das Design und die Verzierungen der Gegenstände lassen außerdem auf kulturelle Einflüsse aus Vietnam und Kambodscha schließen.

"Tambora könnte das Pompeji des Ostens sein", meint Sigurdsson. Er vermutet unter der Asche weitere kulturelle Schätze, unter anderem einen hölzernen Palast, den er in einer weiteren Exkursion zu finden hofft. "All die Leute, ihre Häuser und ihre Kultur sind so unter der Asche begraben und erhalten, wie sie im Jahr 1815 waren", fährt der Wissenschaftler fort. Sein Team nutzt Radarverfahren, um Formen unter der Asche auszumachen. Mit dieser Methode fanden die Forscher auch das Haus, das auf Stelzen mit steinernem Fundament steht. Es befindet sich in einem Dorf rund 5 Kilometer landeinwärts. Die Einwohner wählten diesen Standort, um sich vor Piraten zu schützen, vermutet Sigurdsson.

Der Ausbruch des Vulkans Tambora im Jahre 1815 hatte weltweite Auswirkungen: Der Vulkan stieß rund 100 Kubikkilometer Magma, Staub und Asche aus und katapultierte 400 Millionen Tonnen Schwefelgase bis zu 44 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Die Asche und Gase ließen die globale Atmosphäre so weit abkühlen, dass es 1816 in Europa und Nordamerika zum so genannten "Jahr ohne Sommer" kam. Kälte und Frost vernichteten die Ernten, so dass es in vielen Ländern zu Hungersnöten kam.

Pressemitteilung der Universität von Rhode Island, Kingston

ddp/wissenschaft.de – Christina Schallenberg
Quelle: www.wissenschaft.de

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Beitrag von mfr » Sa 04.11.06 20:13

Für alle die sich noch für die Hintergründe interessieren kommt heute um 20:40 auf Arte eine 50-minütige Doku "Die Klimakatastrophe von 1816".

Im Jahr 1816 gingen von April bis September Regen-, Graupel- und Schneeschauer nieder. 1816 ging als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein. In Europa und Nordamerika kam es zu Ernteausfällen. Seuchen und Hungersnöte rafften Hunderttausende dahin. Ursache für die Klimakatastrophe war der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien ein Jahr zuvor.

Die Dokumentation berichtet über die Explosion des Vulkans Tambora in Indonesien im Jahre 1815. Dies war der gigantischste Vulkanausbruch aller Zeiten. Innerhalb von wenigen Minuten starben mehr als hunderttausend Menschen. Ein Jahr später kam das Weltklima ins Wanken. In Europa und Nordamerika gab es 1816 keinen Sommer. Von April bis September beherrschten Regen-, Graupel- und Schneeschauer das Klima. Ernteausfälle, Seuchen und Hungersnöte waren die Folge.

Die Ursache für eine der schwersten Klimaschwankungen in der Geschichte der Menschheit war die Explosion des Tambora in Indonesien ein Jahr zuvor.

Fast 200 Jahre nach diesen Ereignissen erforscht der amerikanische Klimatologe Michael Chenoweth die bedeutenden atmosphärischen Schwankungen des Sommers 1816. Er macht deutlich, wie stark das Klima einer Region von äußeren Einflüssen abhängt, und stellt die Frage, was geschehen würde, wenn sich diese Geschichte irgendwo auf der Erde wiederholte?

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