Historisch interessante französische Medaillen
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- chinamul
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Historisch interessante französische Medaillen
Die beiden unten gezeigten Medaillen konnte ich kürzlich preiswert aus dem Uraltbestand eines Münzhändlers erwerben, dessen Handelsschwerpunkt weit weg von Medaillen liegt. Ich zeige sie hier in der Hoffnung, daß sie Euer Interesse finden.
Die Medaillen beziehen sich auf das Schicksal des Herzogs von Berry und seiner 1798 geborenen Gattin Marie Caroline, der Tochter von Franz I. von Neapel-Sizilien und seiner ersten Gemahlin Maria Klementine von Österreich. 1816 heiratete sie Charles-Ferdinand, Herzog von Berry, den jüngeren Sohn des Grafen von Artois, des späteren Königs Karls X von Frankreich.
Am 13. Februar 1820 wurde der Herzog von Berry beim Verlassen der Pariser Oper von einem Sattler namens Louis-Pierre Louvel, einem fanatischen Bonapartisten, mit einem Dolchstoß tödlich verletzt.
Sieben Monate nach seinem Tod, am 29. September 1920, gebar die Herzogin ihren Sohn Henri, der den Titel Herzog von Bordeaux erhielt, aber eher als Comte de Chambord bekannt ist. Er sollte der letzte männliche Nachkomme der Bourbonen bleiben, so daß mit seinem Tode deren Geschlecht erlosch und das Haus Orléans an seine Stelle trat.
Die Julirevolution von 1830 zwang die Herzogin, mit ihrem Schwiegervater Karl X nach England zu fliehen. Um ihrem Sohn zum Thron zu verhelfen, kehrte sie 1832 über Italien nach Frankreich zurück, wurde dort aber verhaftet und erst 1833 wieder freigelassen. Mit ihrem zweiten Ehemann, einem italienischen Adligen, dem Conte Ettore Lucchesi-Palli, Herzog von Grazia, zog sie sich schließlich auf ein Schloß bei Graz zurück, wo sie 1870 starb.
Medaille 1 (Ø 38 mm):
Av.: C. F. DUC DE BERRI NÉ LE 24 JANV. 1778, MORT ASSASSINÉ LE 14 FEV. 1820 („Charles-Ferdinand Herzog von Berry, geboren am 24. Januar 1778, ermordet am 14. Februar 1820“) – Uniformiertes Brustbild des Herzogs von Berry links; darunter signiert: CAQUÉ. F.
Rv.: Rundum: NOUS QUI SOUFFRONS DE SA DOULEUR PLEURONS AVEC LA JEUNE VEUVE. („Wir, die wir an ihrem Schmerz leiden, weinen mit der jungen Witwe.“)
Im Abschnitt: ELLE PORTE DANS SON SEIN L’ESPOIR DE LA FRANCE („Sie trägt in ihrem Schoß die Hoffnung Frankreichs.“ Das bezieht sich auf ihre Schwangerschaft.) – Die Herzogin im Witwenschleier hält in der Rechten ihre Krone und stützt den linken Ellbogen auf eine Stele, auf der eine verschleierte Urne steht. Eine Inschrift auf der Stele lautet: CAROLINE A MARQUÉ ICI SA PLACE („Caroline hat hier ihren Platz markiert.“ Freier vielleicht: „Caroline hat sich diese Stelle als ihre letzte Ruhestätte ausgesucht.“) Unter der Inschrift der von zwei Palmzweigen flankierte Bourbonenschild mit den drei Lilien.
Medaille 2 (Ø 52 mm):
Av.: MARIE CAROLINE DE SICILE. DUCHESSE DE BERRY. („Marie Caroline von Sizilien, Herzogin von Berry“) – Marie Caroline mit Witwenschleier nach rechts; unten signiert: MONTAGNY. F.
Rv.: Rundum: H. CH. F. M. DIEU-DONNÉ. D’ARTOIS. DUC DE BORDEAUX + (Henri-Charles-Ferdinand-Marie-Dieudonné von Artois, Herzog von Bordeaux)
Im Abschnitt: LE PRINCE EST NÉ NOS VOEUX SONT EXAUCÉS . LE 29 SEPTEMBRE 1820 . („Der Prinz ist geboren, unsere Wünsche sind erhört worden.“) – Herzogin Marie Caroline, jetzt mit Krone statt des Witwenschleiers, nimmt ihr Kind von Aesculapius und Athena entgegen, die dem Kind Gesundheit und Weisheit mit auf den Weg geben. Auf der Plinthe des Thrones signiert: MONTAGNY.F.
Gruß
chinamul
Die Medaillen beziehen sich auf das Schicksal des Herzogs von Berry und seiner 1798 geborenen Gattin Marie Caroline, der Tochter von Franz I. von Neapel-Sizilien und seiner ersten Gemahlin Maria Klementine von Österreich. 1816 heiratete sie Charles-Ferdinand, Herzog von Berry, den jüngeren Sohn des Grafen von Artois, des späteren Königs Karls X von Frankreich.
Am 13. Februar 1820 wurde der Herzog von Berry beim Verlassen der Pariser Oper von einem Sattler namens Louis-Pierre Louvel, einem fanatischen Bonapartisten, mit einem Dolchstoß tödlich verletzt.
Sieben Monate nach seinem Tod, am 29. September 1920, gebar die Herzogin ihren Sohn Henri, der den Titel Herzog von Bordeaux erhielt, aber eher als Comte de Chambord bekannt ist. Er sollte der letzte männliche Nachkomme der Bourbonen bleiben, so daß mit seinem Tode deren Geschlecht erlosch und das Haus Orléans an seine Stelle trat.
Die Julirevolution von 1830 zwang die Herzogin, mit ihrem Schwiegervater Karl X nach England zu fliehen. Um ihrem Sohn zum Thron zu verhelfen, kehrte sie 1832 über Italien nach Frankreich zurück, wurde dort aber verhaftet und erst 1833 wieder freigelassen. Mit ihrem zweiten Ehemann, einem italienischen Adligen, dem Conte Ettore Lucchesi-Palli, Herzog von Grazia, zog sie sich schließlich auf ein Schloß bei Graz zurück, wo sie 1870 starb.
Medaille 1 (Ø 38 mm):
Av.: C. F. DUC DE BERRI NÉ LE 24 JANV. 1778, MORT ASSASSINÉ LE 14 FEV. 1820 („Charles-Ferdinand Herzog von Berry, geboren am 24. Januar 1778, ermordet am 14. Februar 1820“) – Uniformiertes Brustbild des Herzogs von Berry links; darunter signiert: CAQUÉ. F.
Rv.: Rundum: NOUS QUI SOUFFRONS DE SA DOULEUR PLEURONS AVEC LA JEUNE VEUVE. („Wir, die wir an ihrem Schmerz leiden, weinen mit der jungen Witwe.“)
Im Abschnitt: ELLE PORTE DANS SON SEIN L’ESPOIR DE LA FRANCE („Sie trägt in ihrem Schoß die Hoffnung Frankreichs.“ Das bezieht sich auf ihre Schwangerschaft.) – Die Herzogin im Witwenschleier hält in der Rechten ihre Krone und stützt den linken Ellbogen auf eine Stele, auf der eine verschleierte Urne steht. Eine Inschrift auf der Stele lautet: CAROLINE A MARQUÉ ICI SA PLACE („Caroline hat hier ihren Platz markiert.“ Freier vielleicht: „Caroline hat sich diese Stelle als ihre letzte Ruhestätte ausgesucht.“) Unter der Inschrift der von zwei Palmzweigen flankierte Bourbonenschild mit den drei Lilien.
Medaille 2 (Ø 52 mm):
Av.: MARIE CAROLINE DE SICILE. DUCHESSE DE BERRY. („Marie Caroline von Sizilien, Herzogin von Berry“) – Marie Caroline mit Witwenschleier nach rechts; unten signiert: MONTAGNY. F.
Rv.: Rundum: H. CH. F. M. DIEU-DONNÉ. D’ARTOIS. DUC DE BORDEAUX + (Henri-Charles-Ferdinand-Marie-Dieudonné von Artois, Herzog von Bordeaux)
Im Abschnitt: LE PRINCE EST NÉ NOS VOEUX SONT EXAUCÉS . LE 29 SEPTEMBRE 1820 . („Der Prinz ist geboren, unsere Wünsche sind erhört worden.“) – Herzogin Marie Caroline, jetzt mit Krone statt des Witwenschleiers, nimmt ihr Kind von Aesculapius und Athena entgegen, die dem Kind Gesundheit und Weisheit mit auf den Weg geben. Auf der Plinthe des Thrones signiert: MONTAGNY.F.
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chinamul
Zuletzt geändert von chinamul am Sa 14.10.06 11:39, insgesamt 1-mal geändert.
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit
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Hallo Chinamul,
schöne Stücke aus dem bewegten Leben einer interessanten Frau. Sie hielt wenig von höfischer Etikette, engagierte sich dafür intensiv in der Förderung der schönen Künste und übernahm bis 1830 die Schirmherrschaft eines Theaters. Inhaftiert wurde sie übrigens auf ihrer Flucht bei Nantes, nachdem sie versucht hatte, in der Vendée einen Aufstand anzuzetteln. Auf ihre Hochzeit wurde die untere Medaille geprägt.
Auf die Geburt ihres Sohnes, Henri V., wurde übrigens ein weiteres interessantes Stück geprägt (das obere Stück). Deines war mir nicht bekannt. Zu meinem Stück habe ich einige Informationen zusammentragen können:
Diese Medaille ist keine offizielle Ausgabe, aber auch kein kommerzielles Produkt. Die Herausgabe wurde von einem Komitee von Royalisten organisiert unter besonderem Engagement des Vicomte de Chateaubriand. Das Stück hatte großen Erfolg: Es wurden 100.000 Exemplare geprägt. Um seine Popularität zu steigern, war ein Ausgabepreis von 1 Franc festgelegt. Unvorhergesehene flankierende Kosten im Verlauf der Prägung führten jedoch in der Folge zu einem erheblichen finanziellen Verlust der Initiatoren.
Gruß klaupo
P.S. Damit keine Irritationen entstehen - ihr vollständiger Name lautete Marie-Caroline Ferdinande Louise de Bourbon, duchesse de Berry.
schöne Stücke aus dem bewegten Leben einer interessanten Frau. Sie hielt wenig von höfischer Etikette, engagierte sich dafür intensiv in der Förderung der schönen Künste und übernahm bis 1830 die Schirmherrschaft eines Theaters. Inhaftiert wurde sie übrigens auf ihrer Flucht bei Nantes, nachdem sie versucht hatte, in der Vendée einen Aufstand anzuzetteln. Auf ihre Hochzeit wurde die untere Medaille geprägt.
Auf die Geburt ihres Sohnes, Henri V., wurde übrigens ein weiteres interessantes Stück geprägt (das obere Stück). Deines war mir nicht bekannt. Zu meinem Stück habe ich einige Informationen zusammentragen können:
Diese Medaille ist keine offizielle Ausgabe, aber auch kein kommerzielles Produkt. Die Herausgabe wurde von einem Komitee von Royalisten organisiert unter besonderem Engagement des Vicomte de Chateaubriand. Das Stück hatte großen Erfolg: Es wurden 100.000 Exemplare geprägt. Um seine Popularität zu steigern, war ein Ausgabepreis von 1 Franc festgelegt. Unvorhergesehene flankierende Kosten im Verlauf der Prägung führten jedoch in der Folge zu einem erheblichen finanziellen Verlust der Initiatoren.
Gruß klaupo
P.S. Damit keine Irritationen entstehen - ihr vollständiger Name lautete Marie-Caroline Ferdinande Louise de Bourbon, duchesse de Berry.
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- KarlAntonMartini
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Dann möchte ich aus meinem Bücherregal noch Informationen zu den Künstlern beisteuern: Armand Auguste Caqué (1793-1881), 1817 Assistenzgraveur in Den Haag, 1853-1869 Stempelschneider des kaiserl. Kabinetts Paris. Er machte als erster Franzose Gebrauch von Reduziermaschinen. Die Bourbonen und die Könige von Frankreich waren häufig THemen seiner Arbeit. Forrer nennt 2 Varianten der Medaille von 1820, es gab noch eine weitere auf die Beerdigung. Die Montagnys waren eine Künstlerfamilie, es gibt mehrere Medailleure dieses Namens. Die Medaille hier ist von Jean Pierre Montagny (1789-1862). Grüße, KarlAntonMartini
Münzsammler seit 60 Jahren. Mitglied im Numismatischen Verein zu Dresden und der Oriental Numismatic Society.
- chinamul
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Hallo klaupo!
Gemeinsam haben wir da ja ein tolles historisches Ensemble! Faszinierend sind immer wieder die Details auf diesen Medaillen wie etwa der ermordete Herzog, der bei der Geburt seines Sohnes nur noch als Herme zugegen ist, oder der rächende Engel, der den Meuchelmörder in den Staub tritt.
Gruß
chinamul
Gemeinsam haben wir da ja ein tolles historisches Ensemble! Faszinierend sind immer wieder die Details auf diesen Medaillen wie etwa der ermordete Herzog, der bei der Geburt seines Sohnes nur noch als Herme zugegen ist, oder der rächende Engel, der den Meuchelmörder in den Staub tritt.
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Noch eine Prinzessin aus dem Hause Neapel-Sizilien. Sie ist eine Halbschwester der gerade vorgestellten unglücklichen Herzogin Berry aus der zweiten Ehe ihres Vaters Franz I mit Maria Isabel von Spanien.
Ihre Geburts- und Heiratsdaten gehen aus der Inschrift auf der Medaille hervor. Gestorben ist sie am 22. August 1878.
Kupfermedaille (Ø 51 mm):
Av.: MARIE . CHRISTINE PRINCESSE . DE . NAPLES - Kopf links mit hochgestecktem Haar; signiert DE PUYMAURIN . D und E. DUBOIS P.
Rv.: Zehnzeilige Inschrift: NÉE / LE XXVII AVRIL / MDCCCVI / MARIÉE / A FERDINAND VII / ROI D'ESPAGNE / ET / DES INDES / LE XI DÉCEMBRE / MDCCCXXIX ("Geboren am 27. April 1806, verheiratet mit Ferdinand VII, König von Spanien und Indien, am 11. Dezember 1829")
Gruß
chinamul
Ihre Geburts- und Heiratsdaten gehen aus der Inschrift auf der Medaille hervor. Gestorben ist sie am 22. August 1878.
Kupfermedaille (Ø 51 mm):
Av.: MARIE . CHRISTINE PRINCESSE . DE . NAPLES - Kopf links mit hochgestecktem Haar; signiert DE PUYMAURIN . D und E. DUBOIS P.
Rv.: Zehnzeilige Inschrift: NÉE / LE XXVII AVRIL / MDCCCVI / MARIÉE / A FERDINAND VII / ROI D'ESPAGNE / ET / DES INDES / LE XI DÉCEMBRE / MDCCCXXIX ("Geboren am 27. April 1806, verheiratet mit Ferdinand VII, König von Spanien und Indien, am 11. Dezember 1829")
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Eine dritte Medaille (50 mm), die die Royalisten 1820 auf die Geburt des Sohnes des kurz zuvor von einem Bonapartisten ermordeten Herzogs von Berry herausgaben. Die Vielzahl dieser sehr sorgfältig gestalteten Medaillen darf wohl auf eine Trotzhaltung der Königstreuen zurückgeführt werden, die damit den Säugling in einer immer noch wenig stabilen politischen Lage als eine ihnen und Frankreich von Gott geschenkte Hoffnung demonstrativ herausstellen wollten.
Av.: LVDOVICVS • XVIII - FRANC • ET • NAV • REX "Louis XVIII König von Frankreich und Navarra" (1814 - 1824) - Kopf rechts des Königs; signiert am Halsabschnitt mit ANDRIEU F • und unten in Randnähe mit DE PUYMAURIN DI •
Rv.: Oben DONVM DEI ALTISSIMI ("ein Geschenk des allerhöchsten Gottes", daher auch sein Name Dieudonné, der dasselbe bedeutet); im Abschnitt in vier Zeilen HENRICVS • CAROLVS • FERDINANDVS • MARIA / ADEODATVS • ATREBAT • DVX • BVRDIGAL / NATVS • PARISIIS / XXIX • SEPT • MDCCCXX (ADEODATVS = Dieudonné = von Gott gegeben; die Atrebates sind ein Volksstamm im früheren belgischen Gallien; Burdigalia = Bordeaux) - Minerva, die Göttin der Weisheit und der Künste, hält das Neugeborene empor und ist im Begriff, es in die rechts stehende Wiege zu legen. Links wieder eine Herme des ermordeten Vaters Charles Ferdinand Duc de Berry und der Lilienschild der Bourbonen. Rechts am Rand signiert mit DEPAULIS • F •
Gruß
chinamul
Av.: LVDOVICVS • XVIII - FRANC • ET • NAV • REX "Louis XVIII König von Frankreich und Navarra" (1814 - 1824) - Kopf rechts des Königs; signiert am Halsabschnitt mit ANDRIEU F • und unten in Randnähe mit DE PUYMAURIN DI •
Rv.: Oben DONVM DEI ALTISSIMI ("ein Geschenk des allerhöchsten Gottes", daher auch sein Name Dieudonné, der dasselbe bedeutet); im Abschnitt in vier Zeilen HENRICVS • CAROLVS • FERDINANDVS • MARIA / ADEODATVS • ATREBAT • DVX • BVRDIGAL / NATVS • PARISIIS / XXIX • SEPT • MDCCCXX (ADEODATVS = Dieudonné = von Gott gegeben; die Atrebates sind ein Volksstamm im früheren belgischen Gallien; Burdigalia = Bordeaux) - Minerva, die Göttin der Weisheit und der Künste, hält das Neugeborene empor und ist im Begriff, es in die rechts stehende Wiege zu legen. Links wieder eine Herme des ermordeten Vaters Charles Ferdinand Duc de Berry und der Lilienschild der Bourbonen. Rechts am Rand signiert mit DEPAULIS • F •
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chinamul
Zuletzt geändert von chinamul am Mi 04.10.06 15:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Der Medailleur war der Franzose Alexis Joseph de Paulis (1790-1867), der sich einen sehr guten Ruf als fähiger Medailleur erarbeitete. Forrer kennt mehrere Varianten, das deutet auf die Verwendung mehrerer Stempel und eine größere Auflage hin. Grüße, KarlAntonMartini
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Zu den Signaturen der neapolitanischen Prinzessin MARIE CHRISTINE kann ich noch zutragen, daß Jean-Pierre Casimir de Marcassus, Baron de Puymaurin (1757-1841), von 1816 - 1830 Direktor der Monnaie de Paris war und Joseph Eugène Dubois (1795-1863), der unter seiner Leitung arbeitete, der Vater des Medailleurs Alphée Dubois war.
Nun mag das folgende Bild angesichts der schönen Medaillen fast wie ein Sakrileg erscheinen, aber das nachgeborene "enfant de miracle" ("Wunderkind" trifft die Bezeichnung nicht), Henri V. wurde von Anhängern und Gegnern naturgemäß sehr unterschiedlich ins Bild gesetzt. Deshalb stelle ich ihn, von dem hier so viel die Rede war, vor - einmal als jugendlichen Prätendenten und dann als späteren Grafen von Chambord, der seine Ansprüche durchzusetzen versuchte. Geschichte hat immer viele Gesichter.
Gruß klaupo
Nun mag das folgende Bild angesichts der schönen Medaillen fast wie ein Sakrileg erscheinen, aber das nachgeborene "enfant de miracle" ("Wunderkind" trifft die Bezeichnung nicht), Henri V. wurde von Anhängern und Gegnern naturgemäß sehr unterschiedlich ins Bild gesetzt. Deshalb stelle ich ihn, von dem hier so viel die Rede war, vor - einmal als jugendlichen Prätendenten und dann als späteren Grafen von Chambord, der seine Ansprüche durchzusetzen versuchte. Geschichte hat immer viele Gesichter.
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Zwei Medaillen auf das Haus Orléans
Zum geschichtlichen Hintergrund der auf den Medaillen dargestellten Personen (im Text unterstrichen):
Louis-Philippe I (1773 – 1850), der „Bürgerkönig“, so genannt wegen seiner ursprünglich liberalen und auf Gleichheit aller Franzosen gerichteten Haltung, war von 1830 bis 1848 der letzte „König der Franzosen“. Wie sein Vater Louis-Philippe Joseph d’Orléans hatte er sich unter dem Eindruck der von ihm freudig unterstützten Revolution von 1789 den programmatischen Beinamen Égalité (Gleichheit) gegeben.
Die Hinrichtung seines Vaters im Jahr 1793 machte ihn zum neuen Herzog von Orléans. Er hatte seine Hände mit im Spiel, als ein Versuch zum Sturz der Republik scheiterte, und mußte daraufhin aus Frankreich fliehen. Die folgenden Jahrzehnte verbrachte er in unterschiedlichen Ländern, bis die politische Konstellation im Jahr 1830 für ihn günstig war.
Die Julirevolution von 1830 brachte das endgültige Aus für die Herrschaft der französischen Bourbonen. Das Bürgertum wollte sich durch die Einrichtung einer liberalen Monarchie eine größere Teilhabe an der Macht sichern. Ursache dieser Revolution war die restaurative und auf Wiedererrichtung einer absolutistischen Monarchie zielende Politik des letzten Bourbonenkönigs Charles X Philippe (1824 – 1830), des Vaters des ermordeten Duc de Berry, der mit seiner Schwiegertochter Marie Caroline, der Witwe seines Sohnes, nach England fliehen mußte.
Louis-Philippe schien nun die geeignete Kompromißfigur zu sein, die sowohl die Royalisten als auch die Bürger als auch die anderen europäischen Monarchien der „Heiligen Allianz“ (Rußland, Österreich und Preußen) akzeptieren konnten.
Allerdings wandelte er sich im Laufe seiner Herrschaft von einem Liberalen mehr und mehr zu einem Autokraten, der sich sogar der reaktionären „Heiligen Allianz“ anschloß. Die Februarrevolution von 1848 führte schließlich zur zweiten französischen Republik, in deren Folge sich Louis-Napoléon Bonaparte, der Neffe Napoléon Bonapartes, der vorher bereits mehrfach Putschversuche gegen Louis Philippe unternommen hatte, nach einem nur drei Jahre dauernden republikanischen Intermezzo als Staatspräsident dann 1852 zum Kaiser von Frankreich machte.
Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans, Herzog von Chartres, Herzog von Orléans (3. September 1810 - 13. Juli 1842), war der älteste Sohn von König Louis-Philippe von Frankreich und seiner Frau Maria Amalia von Neapel-Sizilien.
Am 30. Mai 1837 heiratete er die Gräfin Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin (1814-1858), Tochter von Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin, und hatte mit ihr zwei Söhne: Louis Philippe Albert (1838 - 1894), Herzog von Paris, und Robert Philippe Louis Eugène Ferdinand (1840 - 1910), Herzog von Chartres.
Louis Philippe Albert d'Orléans, Graf von Paris (24. August 1838 - 8. September 1894) war der älteste Sohn von Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans und Enkel des letzten französischen Königs Louis-Philippe. Das begründete in den Augen der Anhänger des Hauses Orléans-Bourbon den legitimen Anspruch auf den französischen Thron. Dazu kam es aber nicht, und im Jahr 1886 wurde er sogar aus Frankreich ausgewiesen und ging ins Exil nach England.
Am 30. Mai 1864 heiratete er Maria Isabella von Spanien, mit der er dann acht Kinder hatte.
Medaille 1:
Av.: FERDINAND P. L. C. H. DUC D’ORLÉANS * HÉLÈNE L. E. DE MECKLENB. SCHWERIN. („Ferdinand Philippe Charles Henri Herzog von Orléans * Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin“) – Die Köpfe des Paares gegeneinander, ganz unten signiert mit BORREL FECIT
Rv.: LOUIS PHILIPPE ALBERT COMTE DE PARIS; unten in zwei Zeilen NÉ A PARIS / LE 24 AOUT 1838 („Louis Philippe Albert Graf von Paris, geboren in Paris am 24. August 1838“) – Der Kopf des Neugeborenen; unter dem Halsabschnitt signiert mit BORREL. F.
Medaille 2:
Av.: LVDOVICVS PHILIPPVS I . – FRANCORVM REX („Louis Philippe I König der Franzosen“) - Kopf des Königs mit einem Kranz aus Lorbeer- und Eichenblättern. Diese Kombination könnte ein Zitat der römischen corona civica (Bürgerkranz) und des Lorbeers (Sieger- und Herrschaftssymbol) sein. Unter dem Halsabschnitt signiert mit PETIT F.
Rv.: COMES • PARISIENSIS - SACRO • LAVACRO • ABLVTVS • („Der Graf von Paris ist durch die heilige Waschung gereinigt worden“) Bezieht sich vermutlich auf seine Taufe, die er dann jedoch erst als fast Dreijähriger empfing. Im Abschnitt: II • MAII • M • DCCC • XLI • (2. Mai 1841), das Datum dieses feierlichen Aktes. Ganz unten signiert mit PETIT IVN . ET F.
Links mit einem Kreuz vermutlich die Ecclesia, die Personifikation der christlichen Kirche, rechts eine weibliche Person mit Mauerkrone, wie sie in der Antike meist von Stadtgöttinnen getragen wurde. Damit dürfte es sich um die Personifikation der Stadt Paris handeln. Zusammen vollziehen sie auf einer reichverzierten Taufe den Taufakt, indem die Ecclesia das knieende Kind aus einer Jakobsmuschel (christliches Symbol besonders der Pilger nach Santiago de Compostela in Nordspanien) benetzt. Rechts der Bug eines antiken Schiffes mit Rammsporn (das „Staatsschiff“?) Oben der durch eine Taube symbolisierte Heilige Geist.
Gruß
chinamul
Zum geschichtlichen Hintergrund der auf den Medaillen dargestellten Personen (im Text unterstrichen):
Louis-Philippe I (1773 – 1850), der „Bürgerkönig“, so genannt wegen seiner ursprünglich liberalen und auf Gleichheit aller Franzosen gerichteten Haltung, war von 1830 bis 1848 der letzte „König der Franzosen“. Wie sein Vater Louis-Philippe Joseph d’Orléans hatte er sich unter dem Eindruck der von ihm freudig unterstützten Revolution von 1789 den programmatischen Beinamen Égalité (Gleichheit) gegeben.
Die Hinrichtung seines Vaters im Jahr 1793 machte ihn zum neuen Herzog von Orléans. Er hatte seine Hände mit im Spiel, als ein Versuch zum Sturz der Republik scheiterte, und mußte daraufhin aus Frankreich fliehen. Die folgenden Jahrzehnte verbrachte er in unterschiedlichen Ländern, bis die politische Konstellation im Jahr 1830 für ihn günstig war.
Die Julirevolution von 1830 brachte das endgültige Aus für die Herrschaft der französischen Bourbonen. Das Bürgertum wollte sich durch die Einrichtung einer liberalen Monarchie eine größere Teilhabe an der Macht sichern. Ursache dieser Revolution war die restaurative und auf Wiedererrichtung einer absolutistischen Monarchie zielende Politik des letzten Bourbonenkönigs Charles X Philippe (1824 – 1830), des Vaters des ermordeten Duc de Berry, der mit seiner Schwiegertochter Marie Caroline, der Witwe seines Sohnes, nach England fliehen mußte.
Louis-Philippe schien nun die geeignete Kompromißfigur zu sein, die sowohl die Royalisten als auch die Bürger als auch die anderen europäischen Monarchien der „Heiligen Allianz“ (Rußland, Österreich und Preußen) akzeptieren konnten.
Allerdings wandelte er sich im Laufe seiner Herrschaft von einem Liberalen mehr und mehr zu einem Autokraten, der sich sogar der reaktionären „Heiligen Allianz“ anschloß. Die Februarrevolution von 1848 führte schließlich zur zweiten französischen Republik, in deren Folge sich Louis-Napoléon Bonaparte, der Neffe Napoléon Bonapartes, der vorher bereits mehrfach Putschversuche gegen Louis Philippe unternommen hatte, nach einem nur drei Jahre dauernden republikanischen Intermezzo als Staatspräsident dann 1852 zum Kaiser von Frankreich machte.
Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans, Herzog von Chartres, Herzog von Orléans (3. September 1810 - 13. Juli 1842), war der älteste Sohn von König Louis-Philippe von Frankreich und seiner Frau Maria Amalia von Neapel-Sizilien.
Am 30. Mai 1837 heiratete er die Gräfin Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin (1814-1858), Tochter von Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin, und hatte mit ihr zwei Söhne: Louis Philippe Albert (1838 - 1894), Herzog von Paris, und Robert Philippe Louis Eugène Ferdinand (1840 - 1910), Herzog von Chartres.
Louis Philippe Albert d'Orléans, Graf von Paris (24. August 1838 - 8. September 1894) war der älteste Sohn von Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans und Enkel des letzten französischen Königs Louis-Philippe. Das begründete in den Augen der Anhänger des Hauses Orléans-Bourbon den legitimen Anspruch auf den französischen Thron. Dazu kam es aber nicht, und im Jahr 1886 wurde er sogar aus Frankreich ausgewiesen und ging ins Exil nach England.
Am 30. Mai 1864 heiratete er Maria Isabella von Spanien, mit der er dann acht Kinder hatte.
Medaille 1:
Av.: FERDINAND P. L. C. H. DUC D’ORLÉANS * HÉLÈNE L. E. DE MECKLENB. SCHWERIN. („Ferdinand Philippe Charles Henri Herzog von Orléans * Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin“) – Die Köpfe des Paares gegeneinander, ganz unten signiert mit BORREL FECIT
Rv.: LOUIS PHILIPPE ALBERT COMTE DE PARIS; unten in zwei Zeilen NÉ A PARIS / LE 24 AOUT 1838 („Louis Philippe Albert Graf von Paris, geboren in Paris am 24. August 1838“) – Der Kopf des Neugeborenen; unter dem Halsabschnitt signiert mit BORREL. F.
Medaille 2:
Av.: LVDOVICVS PHILIPPVS I . – FRANCORVM REX („Louis Philippe I König der Franzosen“) - Kopf des Königs mit einem Kranz aus Lorbeer- und Eichenblättern. Diese Kombination könnte ein Zitat der römischen corona civica (Bürgerkranz) und des Lorbeers (Sieger- und Herrschaftssymbol) sein. Unter dem Halsabschnitt signiert mit PETIT F.
Rv.: COMES • PARISIENSIS - SACRO • LAVACRO • ABLVTVS • („Der Graf von Paris ist durch die heilige Waschung gereinigt worden“) Bezieht sich vermutlich auf seine Taufe, die er dann jedoch erst als fast Dreijähriger empfing. Im Abschnitt: II • MAII • M • DCCC • XLI • (2. Mai 1841), das Datum dieses feierlichen Aktes. Ganz unten signiert mit PETIT IVN . ET F.
Links mit einem Kreuz vermutlich die Ecclesia, die Personifikation der christlichen Kirche, rechts eine weibliche Person mit Mauerkrone, wie sie in der Antike meist von Stadtgöttinnen getragen wurde. Damit dürfte es sich um die Personifikation der Stadt Paris handeln. Zusammen vollziehen sie auf einer reichverzierten Taufe den Taufakt, indem die Ecclesia das knieende Kind aus einer Jakobsmuschel (christliches Symbol besonders der Pilger nach Santiago de Compostela in Nordspanien) benetzt. Rechts der Bug eines antiken Schiffes mit Rammsporn (das „Staatsschiff“?) Oben der durch eine Taube symbolisierte Heilige Geist.
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Zuletzt geändert von chinamul am Sa 16.12.06 12:59, insgesamt 1-mal geändert.
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit
- chinamul
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- Registriert: Di 30.03.04 17:05
- Wohnort: irgendwo in S-H
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Zwei kleine Medaillen (beide Ø 27 mm) von der Schnittstelle zwischen dem sich anbahnenden Ende der Herrschaft Louis Philippes und damit des Hauses Orléans und der Revolution des Jahres 1848.
Medaille 1 (1842):
Av.: LOUIS PHILIPPE - ROI DES FRANÇAIS („Louis Philippe I König der Franzosen“) - Kopf des Königs nach links mit einem Kranz aus Lorbeer- und Eichenblättern; unter dem Halsabschnitt signiert mit BARRE
Rv.: L'ARMÉE AU DUC D'ORLÉANS PRINCE ROYAL ("Die Armee für den Herzog von Orléans, den königlichen Prinzen") - Standbild eines Reiters nach rechts mit gezogenem Säbel; im Abschnitt M DCCC. XLII (= 1842); auf dem Sockel signiert mit BARRE D'APRÈS MAROCKETTI
Bei dem Reiter dürfte es sich um den 1842 gestorbenen Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans, Herzog von Chartres, Herzog von Orléans handeln, der der älteste Sohn von König Louis-Philippe war (s. voriges Posting!). Offenbar hat die Armee ihm zu Ehren dieses Reiterdenkmal errichtet.
Medaille 2 (1848):
Av.: Längerer Text in 12 Zeilen: EN / COMMÉMORATION / DES EFFORTS ÉCLATANTS / ET HEUREUX D'UNE NATION / PUISSANTE POUR LA / LIBERTÉ, / LE RENVERSEMENT DE LA / MONARCHIE, / ET L'ÉTABLISSEMENT / DE LA RÉPUBLIQUE / FRANÇAISE. / 1848. ("In Erinnerung an die glanzvollen und geglückten Bemühungen einer machtvollen Nation um die Freiheit, die Abschaffung der Monarchie und die Errichtung der französischen Republik. 1848")
Rv.: AU PEUPLE FRANÇAIS, DÉFENSEUR, LIBÉRATEUR, ET SOUVERAIN DE LA FRANCE. ("Dem französischen Volk, Verteidiger, Befreier und Souverän Frankreichs") - Eine Anhäufung von Symbolen und Anspielungen auf die römische Antike und die Revolution von 1789: In der Mitte die auf einem flachen Sockel stehende Minerva, die Schutzgöttin Roms, mit Waage (Gleichheit und Gerechtigkeit), Trikolore mit Jakobinermütze (Freiheit) auf der Spitze der Fahnenstange und Olivenzweig (Frieden); den rechten Fuß hat sie auf die Königskrone gesetzt; links eine niedrige Säule mit dem gallischen Hahn und der Inschrift LIBERTÉ / ÉGALITÉ / FRATERNITÉ ("Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", das Motto von 1789); am Fuß der Säule eine Athenabüste (Göttin der Weisheit und der Künste, hier dargestellt u. a. durch ein Buch, eine Palette mit Pinseln und eine Leier). Rechts u. a. ein riesiges sich entleerendes Füllhorn, ein Spaten (Landwirtschaft), ein geflügelter Merkurstab (Handel); im Abschnitt 1848; auf dem Sockel signiert mit A & M.
Diese überschwängliche Huldigung an das französische Volk und seine politischen Tugenden entbehrt nicht der geschichtlichen Ironie. Louis-Napoléon Bonaparte (s. voriges Posting!) dürfte nämlich bereits als republikanischer Staatspräsident die schließliche Erringung der Kaiserkrone (1852) und damit die Wiedererrichtung der Monarchie geplant haben.
Gruß
chinamul
Medaille 1 (1842):
Av.: LOUIS PHILIPPE - ROI DES FRANÇAIS („Louis Philippe I König der Franzosen“) - Kopf des Königs nach links mit einem Kranz aus Lorbeer- und Eichenblättern; unter dem Halsabschnitt signiert mit BARRE
Rv.: L'ARMÉE AU DUC D'ORLÉANS PRINCE ROYAL ("Die Armee für den Herzog von Orléans, den königlichen Prinzen") - Standbild eines Reiters nach rechts mit gezogenem Säbel; im Abschnitt M DCCC. XLII (= 1842); auf dem Sockel signiert mit BARRE D'APRÈS MAROCKETTI
Bei dem Reiter dürfte es sich um den 1842 gestorbenen Ferdinand Philippe Louis Charles Henri Rosolin d'Orléans, Herzog von Chartres, Herzog von Orléans handeln, der der älteste Sohn von König Louis-Philippe war (s. voriges Posting!). Offenbar hat die Armee ihm zu Ehren dieses Reiterdenkmal errichtet.
Medaille 2 (1848):
Av.: Längerer Text in 12 Zeilen: EN / COMMÉMORATION / DES EFFORTS ÉCLATANTS / ET HEUREUX D'UNE NATION / PUISSANTE POUR LA / LIBERTÉ, / LE RENVERSEMENT DE LA / MONARCHIE, / ET L'ÉTABLISSEMENT / DE LA RÉPUBLIQUE / FRANÇAISE. / 1848. ("In Erinnerung an die glanzvollen und geglückten Bemühungen einer machtvollen Nation um die Freiheit, die Abschaffung der Monarchie und die Errichtung der französischen Republik. 1848")
Rv.: AU PEUPLE FRANÇAIS, DÉFENSEUR, LIBÉRATEUR, ET SOUVERAIN DE LA FRANCE. ("Dem französischen Volk, Verteidiger, Befreier und Souverän Frankreichs") - Eine Anhäufung von Symbolen und Anspielungen auf die römische Antike und die Revolution von 1789: In der Mitte die auf einem flachen Sockel stehende Minerva, die Schutzgöttin Roms, mit Waage (Gleichheit und Gerechtigkeit), Trikolore mit Jakobinermütze (Freiheit) auf der Spitze der Fahnenstange und Olivenzweig (Frieden); den rechten Fuß hat sie auf die Königskrone gesetzt; links eine niedrige Säule mit dem gallischen Hahn und der Inschrift LIBERTÉ / ÉGALITÉ / FRATERNITÉ ("Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", das Motto von 1789); am Fuß der Säule eine Athenabüste (Göttin der Weisheit und der Künste, hier dargestellt u. a. durch ein Buch, eine Palette mit Pinseln und eine Leier). Rechts u. a. ein riesiges sich entleerendes Füllhorn, ein Spaten (Landwirtschaft), ein geflügelter Merkurstab (Handel); im Abschnitt 1848; auf dem Sockel signiert mit A & M.
Diese überschwängliche Huldigung an das französische Volk und seine politischen Tugenden entbehrt nicht der geschichtlichen Ironie. Louis-Napoléon Bonaparte (s. voriges Posting!) dürfte nämlich bereits als republikanischer Staatspräsident die schließliche Erringung der Kaiserkrone (1852) und damit die Wiedererrichtung der Monarchie geplant haben.
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chinamul
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- KarlAntonMartini
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Die zweite dürfte von Allen & Moore, Birmingham sein. Vielleicht ist sie satirisch gemeint. Die zweite ist von Jean Jaques Barre (1793-1855), seit 1842 Graveur général des Médailles. Das Reiterstandbild stammt von Carlo Marocchetti, einem italienischen BIldhauer, offenbar Spezialist für damals beliebte Reiterstandbilder: http://www.scultura-italiana.com/Biogra ... chetti.htm - Grüße, KarlAntonMartini
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Hallo KarlAntonMartini!
Danke für Deine Hinweise.
Der Gedanke, daß es sich bei der zweiten Medaille um Satire handeln könnte, war mir angesichts der Lobhudelei auf der Textseite und der symbolisch heillos überfrachteten Bildseite auch gekommen, aber ich habe ihn dann doch aufgegeben. Falls jedoch die Medaille tatsächlich aus England kommt, immerhin einer damals recht stabilen Monarchie, könnte da doch etwas dransein.
Andererseits darf Satire auch nicht zu fein gesponnen sein, so daß das breite Publikum sie vielleicht gar nicht als solche wahrnimmt und stattdessen alle Aussagen brav für bare Münze nimmt. Ich fürchte, daß zumindest in unserer heutigen Gesellschaft eine derart subtil formulierte Kritik überhaupt keine Chance hätte, richtig verstanden zu werden. Da bedarf es wohl in aller Regel des deutlichen Winkens mit einem besonders dicken Zaunpfahl.
Gruß
chinamul
Danke für Deine Hinweise.
Der Gedanke, daß es sich bei der zweiten Medaille um Satire handeln könnte, war mir angesichts der Lobhudelei auf der Textseite und der symbolisch heillos überfrachteten Bildseite auch gekommen, aber ich habe ihn dann doch aufgegeben. Falls jedoch die Medaille tatsächlich aus England kommt, immerhin einer damals recht stabilen Monarchie, könnte da doch etwas dransein.
Andererseits darf Satire auch nicht zu fein gesponnen sein, so daß das breite Publikum sie vielleicht gar nicht als solche wahrnimmt und stattdessen alle Aussagen brav für bare Münze nimmt. Ich fürchte, daß zumindest in unserer heutigen Gesellschaft eine derart subtil formulierte Kritik überhaupt keine Chance hätte, richtig verstanden zu werden. Da bedarf es wohl in aller Regel des deutlichen Winkens mit einem besonders dicken Zaunpfahl.
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Eine Medaille (Ø 33,5 mm) auf die Wiederaufstellung des Reiterstandbildes von König Henri IV (1594 - 1610) auf dem "Square du Vert-Gallant" ("Platz des jugendlichen Schürzenjägers", als der Henri IV in seiner Jugend bezeichnet wurde). Dieser Platz liegt dort, wo der Pont Neuf die Westspitze der Île de la Cité überquert, auf der auch die berühmte Notre Dame steht.
Das alte, 1614 von Pierre Franqueville geschaffene Standbild war 1792 zerstört worden und wurde 1818 durch eine von François-Frédéric Lemot gegossene Kopie ersetzt, worauf diese Medaille Bezug nimmt.
Av.: Henri IV - LOUIS XVIII - Die gestaffelten Büsten der Könige Henri IV vorn und Louis XVIII dahinter nach rechts; darunter signiert mit GAYRARD F.
Rv.: Inschrift in acht Zeilen: A • NOS / FIDÈLES • SUJETS / POUR • AVOIR / SPONTANÉMENT / ET • DE • LEURS • DENIERS / RÉTABLI • LA • STATUE / DE • NOTRE • VI • AÏEUL / HENRI • IV ("Unseren treuen Untertanen dafür, daß sie spontan und auf ihre Kosten das Standbild unseres Ur-ur-ur-ur-ur-Großvaters Henri IV wiedererrichtet haben")
Henri IV (le Grand) von Frankreich war der erste Bourbone auf dem französischen Thron. Es gelang ihm, dem aus Staatsraison zum Katholizismus konvertierten Protestanten, durch das am 13. April 1598 erlassene Toleranzedikt von Nantes die pausenlosen Religionskriege des 16. Jahrhunderts wenigstens für eine gewisse Zeit zu unterbrechen. Das Edikt bestätigte zwar den Katholizismus als Staatsreligion, gewährte aber auch den französischen Calvinisten das Recht auf freie Religionsausübung.
Sein Nachfahr Louis (1814 - 1824) kann der Bedeutung Henris in keiner Weise nahekommen. Im fehlt es vor allem an dessen politischer Klugheit, Weitsicht und Toleranz. Mit der Medaille beschwört er die Abstammung von seinem vom Volk immer noch verehrten Ahnen offenbar in der Hoffnung, daß ein wenig von dessen Glanz auch auf ihn fallen möge, was er angesichts seiner für die breite Masse katastrophalen politischen Fehlentscheidungen ganz dringend nötig hat .
Gruß
chinamul
Das alte, 1614 von Pierre Franqueville geschaffene Standbild war 1792 zerstört worden und wurde 1818 durch eine von François-Frédéric Lemot gegossene Kopie ersetzt, worauf diese Medaille Bezug nimmt.
Av.: Henri IV - LOUIS XVIII - Die gestaffelten Büsten der Könige Henri IV vorn und Louis XVIII dahinter nach rechts; darunter signiert mit GAYRARD F.
Rv.: Inschrift in acht Zeilen: A • NOS / FIDÈLES • SUJETS / POUR • AVOIR / SPONTANÉMENT / ET • DE • LEURS • DENIERS / RÉTABLI • LA • STATUE / DE • NOTRE • VI • AÏEUL / HENRI • IV ("Unseren treuen Untertanen dafür, daß sie spontan und auf ihre Kosten das Standbild unseres Ur-ur-ur-ur-ur-Großvaters Henri IV wiedererrichtet haben")
Henri IV (le Grand) von Frankreich war der erste Bourbone auf dem französischen Thron. Es gelang ihm, dem aus Staatsraison zum Katholizismus konvertierten Protestanten, durch das am 13. April 1598 erlassene Toleranzedikt von Nantes die pausenlosen Religionskriege des 16. Jahrhunderts wenigstens für eine gewisse Zeit zu unterbrechen. Das Edikt bestätigte zwar den Katholizismus als Staatsreligion, gewährte aber auch den französischen Calvinisten das Recht auf freie Religionsausübung.
Sein Nachfahr Louis (1814 - 1824) kann der Bedeutung Henris in keiner Weise nahekommen. Im fehlt es vor allem an dessen politischer Klugheit, Weitsicht und Toleranz. Mit der Medaille beschwört er die Abstammung von seinem vom Volk immer noch verehrten Ahnen offenbar in der Hoffnung, daß ein wenig von dessen Glanz auch auf ihn fallen möge, was er angesichts seiner für die breite Masse katastrophalen politischen Fehlentscheidungen ganz dringend nötig hat .
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chinamul
Zuletzt geändert von chinamul am Mi 25.10.06 19:45, insgesamt 1-mal geändert.
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