Armenien – Ein paar Fragen!

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Truben
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Armenien – Ein paar Fragen!

Beitrag von Truben » Mo 12.09.05 21:17

Liebe Römer,

ich habe kürzlich die unten abgebildete Münze bekommen. Bei der Bestimmung komme ich als Laie nicht weiter. Könnt Ihr helfen?

Die Münze ist unter Antoninus Pius geprägt. Sie hat einen Durchmesser von 1,7 cm. Gewicht: genau 3 Gramm.
So weit ich das erkenne ist zu sehen:

AV: Büste n.r., Lorbeerkranz
ANTONINUS AVG ARMENIACVS

RV: Armenia sitzt am Boden n.l., stützt sich mit ihrem linken Arm nach re., winkelt den rechten Arm nach oben, links hinter ihr ein Schild, darüber etwas, was ich nicht zuordnen kann (Kasten mit Strichen)
Legende
P_M PPXVIII_IMPIICO_III
Im Abschnitt:
_AM_N

Die Fotos sind nicht besonders gut. Die schräge Beleuchtung hebt Unebenheiten zu sehr hervor.

Erst einmal finde ich die Münze nicht bei Wildwinds und Co. Gibt es für die Münze eine Referenz? Ich würde mich freuen, wenn Eure erfahrenen Augen die Münzinschrift vervollständigen könnten. Was bedeutet die Umschrift auf der Rückseite? Was ist das für ein „Kasten mit Strichen“?

Klar bin ich wie die meisten Neulinge auch interessiert an einer Bewertung der Echtheit, Erhaltung und Häufigkeit.
Was mache ich mit den braunen und grünen Patinaresten? Sollte ich sie dranlassen? Wenn nicht, wie bekomme ich sie vom sehr weichen und verletzlichen Silber ab?

Oh, oh – das waren wahrscheinlich zu viele Fragen auf einmal.

Herzlichen Gruß
Truben
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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Mo 12.09.05 22:15

Hallo Truben

Hier mal einige Antworten auf deine vielen Fragen: Deine Münze ist nicht unter Antoninus Pius geprägt worden, sondern unter Marcus Aurelius.

Marcus Aurelius AR-Denar, geprägt 163/164 n. Chr. in Rom.
Av: ANTONINVS AVG ARMENIACVS, belorbeerte Büste nach rechts.
Rev: P M TR P XVIII IMP II COS III, Armenia in Trauerstellung nach links, linke Hand auf Bogen, Vexillum und Schild vor ihr.
RIC 81

Deine Münze ist sicher echt, im RIC wird sie als "common" bewertet, also häufig, wobei die RIC-Angaben relativ zu verstehen sind, denn es gibt von Marcus Aurelius auch häufigere Denare. Die Erhaltung würde ich mal mit sehr schön bewerten, leider stören die Verkrustungen der Rückseite ein bisschen. Ingesamt aber eine hübsche Münze mit einer gesuchten Rückseitendarstellung.

P M steht für "pontifex maximus", das höchste Priesteramt Roms. TR P steht für "tribuniciae potestate", d.h. Marcus Aurelius hielt die tribunizische Gewalt zum 18. Mal inne. IMP II = Imperator zum zweiten Male und COS III = Consul zum dritten Male.

Ich hoffe, dass ich damit wenigstens einige Fragen habe beantworten können. Scheue dich nicht, bei Unklarheiten nachzufragen, dazu ist das Forum ja da!

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Peter43 » Mo 12.09.05 22:27

Hallo Truben!

Deine Münze ist der Denar des Marcus Aurelius RIC III, 81.
Av.: ANTONINVS AVG ARMENIACVS
Kopf belorbeert n.r.
Rv.: ARMEN (im Abschnitt) PM TRP XVIIi IMP II COS III
Armenia sitzt trauernd n.l.; vor ihr Vexillum und Schild, l.Hand ruht auf
einem Bogen
Dec. 163 - Dec. 164; häufig

Der fragliche Gegenstand ist also das Vexillum. Zur Reinigung kann ich nichts sagen, da bin ich kein Fachmann.

MfG

Sehe gerade, daß Pscipio schneller war! Aber doppelt hält bekanntlich ja besser.

Zur Einschätzung des Wertes kannst Du ja jetzt zu www.wildwinds.com gehen. Da wurden ähnliche Münzen für $50 verkauft.
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von Truben » Mo 12.09.05 23:04

Danke für die simultanen und wie gewohnt professionellen Antworten. Ihr seid schon Spitze! :D
Schade, daß es eine häufige Münze ist. Ich hatte mich schon ein wenig über gefreut ... Ich denke, der Preis von 16 € war dann trotzdem OK.
Woran erkenne ich, daß es ein Marcus Aurelius ist, wenn ANTONINVS drauf steht? Nur, damit mir nicht noch einmal so ein Anfängerfehler passiert. :oops:
Der Umgang mit den Verkrustungen würde mich doch noch interessieren, auch weil ich noch mehrere solche krustigen Stücke hier liegen habe, die ich zwar genauer sehen, aber nicht zerstören will.
Herzlichen Gruß
Truben

Edit: Was ist ein Vexillum?

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Beitrag von Pscipio » Mo 12.09.05 23:14

Truben hat geschrieben:Woran erkenne ich, daß es ein Marcus Aurelius ist, wenn ANTONINVS drauf steht? Nur, damit mir nicht noch einmal so ein Anfängerfehler passiert. :oops:
Traue niemals einem "ANTONINVS"! :D Davon gibt es schlicht zu viele... mit etwas Erfahrung erkennst du sofort am Porträt, ob es sich um Antoninus Pius oder um Marcus Aurelius handelt. Ich habe dir zum Vergleich zwei Bilder angehängt, ersteres zeigt Antoninus Pius, das zweite seinen Adoptivsohn Marcus Aurelius.

Ein vexillum ist ein Feldzeichen, du findest es auf der dritten angehängten Münze in der Mitte hinter den beiden Schilden.

Pscipio
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Beitrag von Truben » Mo 12.09.05 23:52

Danke ruheloser Pscipio, Aurelius hat ein weiter vorstehendes Gesichtsprofil. Hoffentlich merke ich mir das. Ist Vexillum identisch mit Labarum? Übrigens phantastische Münzen. sicher deutlich teurer als meine!
Gruß
Truben

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Beitrag von Pscipio » Di 13.09.05 00:07

Oh, nicht dass du jetzt denkst, diese Stücke gehören mir! Sorry, ich hätte erwähnen sollen, dass ich die Bilder von Coinarchives habe.

Ein labarum ist nicht das gleiche wie ein vexillum! Bei einem labarum handelt es sich um ein christliches Feldzeichen aus dem 4. Jahrhundert n. Chr.; wie du auf unten angehängtem Foto erkennen kannst, weist es ein Chi-Rho auf, ein frühes christliches Symbol bestehend aus den beiden griechischen Anfangsbuchstaben von Christus. Das zweite Foto zeigt ein grösseres Chi-Rho, dargestellt auf einem Grabmal.

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Truben » Di 13.09.05 00:19

Sorry, daß ich so dumm frage. Ich sehe da ein P und ein X. P = Chi, X = Rho? Aber historisch gesehen ist das Labarum die christliche "Weiterentwicklung "der römischen Feldzeichens?
Ja, so wenig kann man in diesen Dingen wissen :oops:

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Beitrag von Pscipio » Di 13.09.05 00:33

Christus liest sich auf Griechisch Χριστός (gesprochen: [Christós]), was schlicht "der Gesalbte" bedeutet. Christus ist die latinisierte Form der griechischen Übersetzung des hebräischen [maschiach] (welches wiederum, latinisiert und diesmal ohne griechischen Zwischensprung, zu "Messias" wurde), das X steht also für Ch ("Chi") und das P ist im Griechischen ein R ("Rho").

Ein Labarum ist immer noch ein römisches Feldzeichen, nur dass es nun eben mit einem christlichen Symbol versehen wurde.

Wenig wissen macht gar nichts, so lange man bereit ist, zu lernen. Man kann sich nicht überall gut auskennen... Wenn ich mein Wissen mit demjenigen einiger unserer Experten vergleiche, so stecke ich noch in kleinsten Kinderschuhen, und das bei einer Schuhgrösse von 47! :?

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Truben » Di 13.09.05 01:20

Ganz unabhängig von der Schuhgröße - je mehr man zu einem Thema weiß, um so genauer ahnt man auch was man alles nicht überschaut. Das ist schon ein dialektisches Dilemma. Danke für die genauen Erklärungen.
Falls Du noch nicht schlafen kannst, ich habe hier http://www.numismatikforum.de/forum47.html
noch eine Anfrage reingestellt.
Liebe Grüße aus einer Nacht, in der man oder frau auf Polarlicht über Deutschland
http://www.saevert.de/aurora.htm
warten kann!
Truben

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Beitrag von Pscipio » Di 13.09.05 07:44

Um diese Zeit lag ich (endlich) in tiefen Träumen... bei der Byzantinischen Schüssel kann ich dir leider nicht helfen, das ist nun ein Gebiet in dem ich mich wahrlich kaum auskenne. Sei aber getröstet: früher oder später taucht petzi auf und wird dir das Ding bestimmen!
Truben hat geschrieben:Ganz unabhängig von der Schuhgröße - je mehr man zu einem Thema weiß, um so genauer ahnt man auch was man alles nicht überschaut.
Hat was! Je mehr ich in die Numismatik eintauche, desto mehr erhalte ich das Gefühl, eigentlich noch kaum etwas zu wissen. Vorbei sind die Zeiten, als ich nach der ersten korrekten Bestimmung einer Münze bei wildwinds das Gefühl hatte, ich hätte nun das Gröbste geschafft 8)

Gruss, Pscipio
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Beitrag von richard55-47 » Di 13.09.05 08:24

Zitat:
TR P steht für "tribuniciae potestate"

@PScipio: hm, hm "tribunicia potestas", Genetiv: "tribuniciae potestatis"
Die gewählte Form jibt et nit.

(Ich maße mir ein einziges Mal die Genauigkeit unseres praeceptoris linguae latinae an.)
do ut des.

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Beitrag von Pscipio » Di 13.09.05 08:38

Habe ich das mit dem TR P, im blinden Vertrauen auf berenike, etwa schon wieder versemmelt? Zitat Kampmann, Seite 32: "TR P = Tribuniciae Potestate ..." Einige Zeilen weiter unten spricht Sie dann auch von der tribuniciae potestas. Warten wir ab, bis unser geschätzter Lateinexperte die Sache aufs Gründlichste auslotet, wobei ich allerdings das Gefühl habe, dass er dies nach einem Lapsus meinerseits schon mal machen musste (nur finde ich leider den Thread nicht mehr).

Gruss, pscipio
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Beitrag von chinamul » Di 13.09.05 12:15

Also, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: potestate ist eindeutig Ablativ, und zwar hier derjenige der Eigenschaft (qualitatis), tribunicius, a, um ist Adjektiv, kann demnach nicht als die "Tribunizität" (oder wie immer man diese Eigenschaft im Deutschen bezeichnen mag) aufgefaßt werden, sondern nur als Attribut zu potestate. Adjektivische Attribute aber sind immer KNG-kongruent (kasus-, numerus- und genusgleich) mit dem Nomen, das sie qualifizieren. In diesem Fall ist es das Femininum potestas, -atis, das hier im Ablativ Singular steht. Der ganze Ausdruck ist also aufzulösen als tribuniciā potestate (das ā ist als Kasusendung des Ablativ Singular Feminum lang zu sprechen) = "von (der Beschaffenheit) tribunizischer Gewalt", oder freier "Inhaber der tribunizischen Gewalt".

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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