Wer kennt den Abschnitt?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Truben
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Wer kennt den Abschnitt?

Beitrag von Truben » Do 05.01.06 21:21

Hallo Römer,
ich habe hier einen DN CONSTANTINIVS P F AVG, wohl Constantinius II, ein ganz hübsches detailreiches Stück, dessen Abschnitt ich nicht zuordnen kann. Der trieb sich ja wohl viel im nahen Osten herum und Antiocha ist derzeit mein Favorit. Habt Ihr genauere Informationen?
Gruß
Truben
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quisquam
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Beitrag von quisquam » Do 05.01.06 21:54

ANBI wurde in Antiochia benutzt, Du vermutest also absolut richtig. Die Legende ist übrigens DN CONSTAN-TIVS PF AVG, d.h. nicht Constantinus II, sondern Constantius II!

Es ist RIC 132 oder 135, je nachdem, ob Reiter "reaching" oder "clutching". Welche Reitersturz-Variante Deine ist, kann ich leider nicht beurteilen.

Grüße, Stefan

Nachtrag: laut wildwinds handelt es sich um RIC 132, geprägt 350-355.
http://www.wildwinds.com/coins/ric/cons ... ii_132.jpg

Handlelt es sich bei dem linken "Zeichen" im Abschnitt Deiner Münze vielleicht um die Speerspitze???
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

Truben
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Beitrag von Truben » Do 05.01.06 22:12

Danke Stefan. Ja klar TIVS, nicht TINIVS. Die bringe ich immer durcheinander. Aber II stimmt :) nach dem Aussehen des Kaisers. Trotzdem habe ich noch ein paar Fragen. Was bedeutet V oder I, der erste Buchstabe des Abschnitts? Ist der vorletzte Buchstabe ein B oder D?
Läßt sich anhand des Buchstabens G auf der RS etwas über das Prägejahr sagen? Was bedeutet "reaching" oder "clutching"? Kann mir das jemand erklären?
Danke und Gruß
Truben

Edit:
Oh, da habe etwas langsam geschrieben, in der Zwischenzeit gibt es einen Nachtrag.
Nein, die Speerspitze wäre ganz schön versetzt zur Achse des Speers. Und das hätten die praktisch veranlagten Römer sicher als irritierend empfunden.
Zuletzt geändert von Truben am Do 05.01.06 22:22, insgesamt 2-mal geändert.

Chippi
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Beitrag von Chippi » Do 05.01.06 22:15

Hallo Truben,

das was du als V oder I deutest gehört nicht zum Abschnitt, sondern ist die Sperrspitze. Der vorletzte Buchstabe ist B, wie Stefan schon sagte.
TINIVS gibt es nicht bei der Constantin´s, nur TIVS oder TINVS.

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

Truben
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Beitrag von Truben » Do 05.01.06 22:29

Hallo Chippi,
ja, das dies könnte die Speerspitze sein. Aber warum ist die "Speerspitze auf http://www.wildwinds.com/coins/ric/cons ... ii_132.jpg nicht zu sehen?
Außerdem, siehe oben, liegt die Spitze ein ganzes Stück links neben der Achse des Speers.
Gruß
Truben

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Do 05.01.06 22:42

Die Einteilung des FEL TEMP REPARATIO Typ 'Soldat speert gefallenen Reiter (engl. fallen horseman, deshalb Abk. FH)' in 4 Untertypen, stammt von Carson/Hill/Kent:
FH1: Horseman in kneeling position beside horse ('kneeling')
Dieser Typ ist der seltenste. Ich selbst habe ihn bisher nicht
gesehen.
FH2: Horseman sitting on ground beside horse ('sitting')
Selten, aber ab und zu auf dem Markt zu sehen
FH3: Horseman falling and raising arm behind him ('stretching')
In der Regel zeigt ein Arm zum Pferdenacken, der andere ist zum
Soldaten ausgestreckt. Dies ist der häufigste Typ. Von ihm gibt es
auch noch verschiedene Variationen: Reiter mit und ohne Bart,
Reiter mit und ohne spitze Mütze, Reiter dreht Kopf zu Soldaten
oder nicht.
FH4: Horseman falling and clutching horse's neck ('clutching')
Hier liegt der Reiter auf dem Pferdehals und umarmt ihn mit beiden
Armen. Etwas seltener als FH3. Auch hier gibt es verschiedene
Variationen: z.B. hängt manchmal ein Arm herab.

Dieser Münztyp ist hochinteressant und kann speziell gesammelt werden. Zudem ist er normalerweise billig und besonders unter den Nichtgereinigten häufig zu finden.

MfG
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Beitrag von Truben » Do 05.01.06 22:56

Hallo Peter 43, danke für die wie immer präzisen Informationen. Welche Variante ist die meine? FH3? Aber der sitzt auf dem Pferd und fällt nicht.
Gruß
Truben

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Beitrag von Peter43 » Do 05.01.06 23:09

Dein Revers gehört unzweifelhaft zu Typ FH3 stretching, weil der Reiter seine eine Hand zum Soldaten ausstreckt. Er ist noch nicht gefallen, aber er sitzt auch nicht mehr fest auf dem Pferderücken. Aber Du siehst, hier hat er sich zum Soldaten umgedreht und trägt einen Bart. Übrigens eine hübsche Münze!

Das v vor der Münzmarke ist mit Sicherheit keine Speerspitze, sondern wahrscheinlich ein Stempelfehler (die break).

Hier habe ich noch ein anderes Beispiel für eine Variation: Während auf dem ersten 'clutching'-Beispiel der Reiter eine phrygische Mütze trägt und bartlos ist, hat er auf diesem Beispiel einen Bart und trägt typische persische Haartracht.

Ein wirklich interessanter und sammlungswürdiger Münztyp!

Wir haben im Forum einige interessante Threads über ihn. Die muß ich aber erst noch suchen.

Mfg
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Beitrag von Peter43 » Do 05.01.06 23:18

Hier etwas Background zum Motiv aus Konrad Kraft, Die Taten der Kaiser Constans und Constantius II., in Gesammelte Aufsätze zur antiken Geldgeschichte und Numismatik I, Darmstadt WBG 1978:

Die zweite Rückseite dieses Nominals zeigt einen Krieger, der einen mit seinem Pferd gestürzten Reiter niedersticht. Der Reiter wird durch seine Kopfbedeckung - die “phrygische Kappe” - eindeutig als Perser bzw. Sasanide gekennzeichnet. Dieses Volk war währen der gesamten Spätantike der gefährlichste Feind an der Ostgrenze des Reiches. Im Jahre 344 kam es zu einer großen Schlacht zwischen den Sasaniden und dem von Constantius II. geführten römischen Heer. Die Römer erlitten dabei eine ziemliche Schlappe, konnten aber den sasanidischen Kronprinzen gefangennehmen, der entgegen den Weisungen des Kaisers von römischen Soldaten erschlagen wurde. Die römische Propaganda münzte dieses Ereignis (im wahrsten Sinne dieses Wortes) zu einem Sieg um. Die Münze zeigt Constantius II., der den sasanidischen Kronprinzen ersticht.

Und hier noch ein Link zur Funktion des sog. 'Speers', der tatsächlich eher eine Lanze gewesen ist. http://www.numismatikforum.de/ftopic7629.html
Auch daran erkennt man, daß es sich nicht um eine Speerspitze handeln kann, was im im Abschnitt sehen kann.

MfG
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Beitrag von Truben » Fr 06.01.06 00:25

Danke Peter 43 für diese mehr als ausführlichen Informationen. Perser bzw. Sasanide waren auch noch bei den Byzantinern, bei denen ich mich eher tummele, ein Thema. Die 3 Stopper und die Handschlaufe kann ich auf meiner Münze nicht sehe, werde das aber morgen mal mit einem Steremikroskop überprüfen, denn die Münze ist sehr detailscharf.
Der lange Artikel Historische Fehler bei Münzbeschreibungen liest sich übrigens mit konkretem Anlass ganz anders als aus bloßer Neugier. Das sind doch eigentlich Dinge, die in der Fachöffentlichkeit gedruckt werden müßten. In ein paar Jahren sind die Infos im Forum nicht mehr vorhanden!
Was ist denn nun mit dem ersten Buchstaben im Abschnitt, der keine Lanzenspitze ist.
Danke noch einmal und freundlic?en Gruß
Truben

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Beitrag von quisquam » Fr 06.01.06 11:43

Laut RIC-Excel-Tabelle auf
http://www.catbikes.ch/coinstuff/coins-ric.htm
beginnt bei diesem Münztyp aus Antiochia der Abschnitt immer mit AN (mit der Ausnahme einer im RIC nicht aufgeführten Münze, die *ANH im Abschnitt zeigt). Da bislang wohl keine Münze dieses Typs bekannt ist, die einen 5 Zeichen langen Abschnitt hat, handelt es sich also sehr wahrscheinlich um einen Stempelfehler, wie Peter43 ja auch bereits sagte. An die Möglichkeit einer Speerspitze mag ich auch nicht mehr denken. Ich habe oben ja auch meine Verwunderung mit drei Fragezeichen kundgetan, wenn dem so wäre.

Die Bezeichnungen "clutching" und "reaching" habe ich übrigens auch aus obiger Tabelle übernommen. Dank Peter43 kann ich nun zumindest "clutching" zuordnen, und "reaching" wird wohl "stretching" entsprechen.

Vielleicht ganz interessant: Die gleiche Münze mit ANBI im Abschnitt und Gamma im Feld ist im Kampmann auf Seite 436 unter der Nummer 147.89.3 abgebildet.

Grüße, Stefan
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Beitrag von Peter43 » Fr 06.01.06 14:50

Ich habe folgenden Link vergessen, der auch den Typ FH1 kneeling zeigt:
http://dougsmith.ancients.info/ftr.html

Die Seite von Doug Smith ist übrigens allen nur wärmstens ans Herz zu legen. Sie steckt voll von Informationen, die man sich nur mühsam zusammensuchen müßte, falls das überhaupt gelänge, und sie stammt von einem Sammler, der über Jahre hinweg aus eigener Erfahrung geschrieben hat. Eine tolle Seite!

http://dougsmith.ancients.info/

Auf Grund dieses Threads habe ich mich mal wieder den FEL TEMP REPARATIO Typen gewidmet und möchte einige interessante Funde vorstellen, aber in einem eigenen Thread

MfG
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Beitrag von Numismaticus » Fr 06.01.06 16:51

Hallo Leute,
sorry, dass ich mich so in eure Diskussion über die Constantius II. Prägung einmische, aber für mich ist das links im Abschnitt keine Speerspitze, sondern der rechte Vorderhuf des in sich zusammenbrechenden Pferdes.
Gruß
Numismaticus

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Beitrag von quisquam » Fr 06.01.06 17:03

Klingt für mich plausibel, wäre aber ungewöhnlich im Bereich des Abschnittes.

Grüsse, Stefan
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Beitrag von Numismaticus » Fr 06.01.06 17:10

Hi,
klar ist das ungewöhnlich, aber nicht in der Mitte des 4. Jhds, und v.a. nicht bei Prägungen aus der officina ANBI. Hier tritt des öfteren ein Durchbrechen der Standlinie ein, um ein dynamischeres Münzbild zu erzeugen.
Cu Numismaticus

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