Geta Markianopolis
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Geta Markianopolis
Werte Gemeinde,
Dieser kleinen provinzielle Geta hat heute zu mir gefunden:
Markianopolis/ Moesia Inferior
Bronze, 2,97g
??? - GETAC. Büste rechts. Rv: Dreifuß, um den sich eine Schlange windet. Schwarzbraune Patina
Kann mir evtl jemand kurz sagen was es mit diesem Rv auf sich hat?
Bin weder im Forum noch sonstwo fündig geworden.
Herzlichen Dank im Voraus
missmarple
Dieser kleinen provinzielle Geta hat heute zu mir gefunden:
Markianopolis/ Moesia Inferior
Bronze, 2,97g
??? - GETAC. Büste rechts. Rv: Dreifuß, um den sich eine Schlange windet. Schwarzbraune Patina
Kann mir evtl jemand kurz sagen was es mit diesem Rv auf sich hat?
Bin weder im Forum noch sonstwo fündig geworden.
Herzlichen Dank im Voraus
missmarple
sapere aude
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Die Antwort ist nicht einfach, weil sie zu vieldeutig ist. Auf römisch-imperialen Münzen ist der Dreifuß in der Regel das Symbol für die XVviri sacris faciundis. Dieses Fünfzehnmännergremium verwaltete die sibyllinischen Bücher. Eins ihrer Mitglieder war z.B. Vitellius. Deshalb sieht man auf einem berühmten Denar Vitellius' nebst Raben und Delphin einen Dreifuß.
Der Dreifuß hatte in einem weiteren Sinn aber klare Bezüge zu Apollon, wie auch der Rabe und der Delphin. Apollo saß nämlich auf einem Dreifuß, wenn er in Delphi weissagte. Berühmt ist die Geschichte, in der Herakles ihm den Dreifuß stehlen wollte und es um ihn einen großen Streit gab. Das hinzugefügte Bild zeigt einen Ausschnitt dieser Szene auf einer schwarzfigurigen attischen Halsamphore des Künstlers Amasis, ca. 525-515 v.Chr.
Dann gibt es eine mythologische Beziehung zwischen Apollo und der Urschlange Python von Delphi. Diese Schlange wurde von Apollon getötet, der seitdem 'der pythische Apollo' heißt. Die Heimstätte des Python wurde danach das berühmteste Apolloheiligtum Griechenlands. Die Oberpriesterin hieß nach der Schlange Pythia, saß ebenfalls auf dem Dreifuß und sprach, vernebelt durch betäubende Dämpfe, ihre schwerverständlichen Orakel.
Die Stadt Markianopolis liegt in Thrakien, wenn mal einmal von der römischen Provinzeinteilung absieht. Und Thrakien war berühmt für seine Schlangenkulte. So wie es noch heute in Indien Tempel mit heiligen Affen und Ratten gibt, so schlängelten sich in thrakischen Tempeln heilige Schlangen auf dem Fußboden. Ein wichtiger Grund ihrer Verehrung war die Eigenschaft, daß sie sich regelmäßig häuteten. Das wurde aufgefaßt als das Hinübergleiten in ein neues Leben. So galten sie oft als unsterblich wie die Seele, waren aber auch Symbol einer Wiedergeburt. Diese Vorstellungen waren gerade in Thrakien stark ausgeprägt. Deshalb fiel das Christentum hier auf besonders fruchtbaren Boden. Ich erinnere nur an die Briefe des Paulus an die Thessaloniker.
Diese thrakischen Schlangenkulte hatten aber prinzipiell nichts mit dem Agathodaimon zu tun oder dem Schlangengott des falschen Propheten Alexanders von Abounoteichos.
Ich glaube aber, daß die Rückseite Deiner Münze keine bestimmte Mythologie zeigt, sondern eher allgemeine Bezüge zu Apollon, wie ich sie oben dargestellt habe. Ob sie daneben auch Bezüge zu den in Thrakien beliebten Schlangen hat, weiß ich allerdings nicht.
Übrigens ist Deine Münze AMNG I/1, 703. Pick kannte 3 Exemplare (Bukarest, München und Paris). Hristova&Jekov, No.6.22.47.2.
Mit freundlichem Gruß
Der Dreifuß hatte in einem weiteren Sinn aber klare Bezüge zu Apollon, wie auch der Rabe und der Delphin. Apollo saß nämlich auf einem Dreifuß, wenn er in Delphi weissagte. Berühmt ist die Geschichte, in der Herakles ihm den Dreifuß stehlen wollte und es um ihn einen großen Streit gab. Das hinzugefügte Bild zeigt einen Ausschnitt dieser Szene auf einer schwarzfigurigen attischen Halsamphore des Künstlers Amasis, ca. 525-515 v.Chr.
Dann gibt es eine mythologische Beziehung zwischen Apollo und der Urschlange Python von Delphi. Diese Schlange wurde von Apollon getötet, der seitdem 'der pythische Apollo' heißt. Die Heimstätte des Python wurde danach das berühmteste Apolloheiligtum Griechenlands. Die Oberpriesterin hieß nach der Schlange Pythia, saß ebenfalls auf dem Dreifuß und sprach, vernebelt durch betäubende Dämpfe, ihre schwerverständlichen Orakel.
Die Stadt Markianopolis liegt in Thrakien, wenn mal einmal von der römischen Provinzeinteilung absieht. Und Thrakien war berühmt für seine Schlangenkulte. So wie es noch heute in Indien Tempel mit heiligen Affen und Ratten gibt, so schlängelten sich in thrakischen Tempeln heilige Schlangen auf dem Fußboden. Ein wichtiger Grund ihrer Verehrung war die Eigenschaft, daß sie sich regelmäßig häuteten. Das wurde aufgefaßt als das Hinübergleiten in ein neues Leben. So galten sie oft als unsterblich wie die Seele, waren aber auch Symbol einer Wiedergeburt. Diese Vorstellungen waren gerade in Thrakien stark ausgeprägt. Deshalb fiel das Christentum hier auf besonders fruchtbaren Boden. Ich erinnere nur an die Briefe des Paulus an die Thessaloniker.
Diese thrakischen Schlangenkulte hatten aber prinzipiell nichts mit dem Agathodaimon zu tun oder dem Schlangengott des falschen Propheten Alexanders von Abounoteichos.
Ich glaube aber, daß die Rückseite Deiner Münze keine bestimmte Mythologie zeigt, sondern eher allgemeine Bezüge zu Apollon, wie ich sie oben dargestellt habe. Ob sie daneben auch Bezüge zu den in Thrakien beliebten Schlangen hat, weiß ich allerdings nicht.
Übrigens ist Deine Münze AMNG I/1, 703. Pick kannte 3 Exemplare (Bukarest, München und Paris). Hristova&Jekov, No.6.22.47.2.
Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.
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@Peter
bedanke mich sehr für die ausführlichen Erklärungen, bin begeistert!
Du schreibst weiters "Pick kannte 3 Exemplare" was ich als "dieser Münztyp ist relativ selten" interpretiere. Ich habe auch auf coinarchives nur ein einziges traurig erhaltenes Stück gefunden.
Der nette Herr vom Antikmarkt dem ich den Geta verdanke hat bloss gemeint das sei ein alltäglicher Provinzler und sowas habe in einer Römersammlung keine Daseinsberechtigung ("die Iulia Mammaea hier ist viel besser, ein bösartiges antikes Prachtweib").
Ebendieser trägt in seinem patinierten Album noch 2 weitere dieser Getas mit sich herum, wenn auch in unterschiedlicher Erhaltung.
So es sich also nicht nur um eine Bereicherung meines antiken Zoos sondern in diesem Fall auch um Raritäten handelt werde ich ihm eine weitere wohlfeile Schlange abschwatzen - hoffentlich ist inzwischen das bösartige Prachtweib vergeben sonst muss ich es nochmal 16 Min lang ergriffen begaffen und blutrünstigen Mordgeschichten lauschen.
danke an alle für die Inputs!
kind regards
miss marple
bedanke mich sehr für die ausführlichen Erklärungen, bin begeistert!
Du schreibst weiters "Pick kannte 3 Exemplare" was ich als "dieser Münztyp ist relativ selten" interpretiere. Ich habe auch auf coinarchives nur ein einziges traurig erhaltenes Stück gefunden.
Der nette Herr vom Antikmarkt dem ich den Geta verdanke hat bloss gemeint das sei ein alltäglicher Provinzler und sowas habe in einer Römersammlung keine Daseinsberechtigung ("die Iulia Mammaea hier ist viel besser, ein bösartiges antikes Prachtweib").
Ebendieser trägt in seinem patinierten Album noch 2 weitere dieser Getas mit sich herum, wenn auch in unterschiedlicher Erhaltung.
So es sich also nicht nur um eine Bereicherung meines antiken Zoos sondern in diesem Fall auch um Raritäten handelt werde ich ihm eine weitere wohlfeile Schlange abschwatzen - hoffentlich ist inzwischen das bösartige Prachtweib vergeben sonst muss ich es nochmal 16 Min lang ergriffen begaffen und blutrünstigen Mordgeschichten lauschen.
danke an alle für die Inputs!
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