Wieder einmal ein Akkusativ

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Wieder einmal ein Akkusativ

Beitrag von Peter43 » Mo 01.09.08 16:34

Hallo!

Über den Akkusativ in der Legende hatten wir schon einmal gesprochen. Da fand er sich auf der Rs. als MARTEM PROPVGNATOREM. Hier ist eine Münze, da steht der Name des Kaisers und seine Titel im Akkusativ! Diese Form ist neben dem häufigen Nominativ und Dativ die seltenste.

Pamphylien, Side, Philipp II., 244-249
Homonoia zwischen Side und Perge
AE 32, 11.8g
Av.: AV MARKON IOVLION FILIPPON KAI - CAR
Büste, drapiert und cürassiert, barhäuptig, n.r.
Rv.: CIDH - TWN
Athena Sidetes, in langem Doppelchiton und mit Helm, steht n.r., hält
den Speer in der li Hand und streckt die Linke aus, und Artemis
Pergaia, ebenfalls in langem Doppelchiton und mit Strahlenkrone,
steht n.l., opfert mit der ausgestreckten re Hand
Weihrauchkügelchen über einem kleinen, mit Girlanden verzierten
Altar mit einem konischen Aschehaufen obenauf, der zwischen den
Göttinnen steht, und hält in der Linken lange brennende Fackel; [zu
ihren Füßen ein Hirsch]; oben im Feld ein Granatapfel.
cf. BMC 31; nicht in Franke/Nolle (erwähnt zwar unter Perge eine Münze aus Side, listet sie aber - wohl aus einem Versehen - unter Side nicht auf), die Rs. scheint identisch zu sein mit dem Typ I für Gordian III.
Sehr selten, S+/S.

Die Legende auf der Vs. lautet ausführlich:
AVTOKRATORON MARKON IOVLION FILIPPON KAICARON. Es gibt 2 Erklärungen:
(1) Es ist der normale Akkusativ des äußeren Objekt. Dazu muß man ein
Verb ergänzen, das mit dem Objekt etwas tut, z.B. Wir feiern, wir
verehren, oder etwas ähnliches.
(2) Oder es ist der Akkusativ der Akklamation, wie z.B. in O fortunatum
Achillem.

Ich selbst tendiere zur 2.Erklärung.

Mit freundlichem Gruß
Dateianhänge
side_philippII_BMC31cf.jpg
Omnes vulnerant, ultima necat.

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chinamul
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Beitrag von chinamul » Mo 01.09.08 17:41

Vielleicht ist hier aber auch bloß der accusativus vulgaris präfiguriert, wie man ihn man heute noch im Westen unseres Vaterlandes anstelle des Nominativs verwendet (s. Dr. Stratmann - "Jupp seine Welt"). :D
Aber jetzt mal wieder im Ernst: Hier liegt wohl wieder mal eine sprachliche Ellipse vor, wie wir sie ja auch schon im Falle isolierter ablativi absoluti angetroffen haben, wo man beispielsweise zu SIGNIS RECEPTIS etwa ergänzen mußte "hic nummus cusus est".

Gruß

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Beitrag von kollboy » Mo 01.09.08 19:58

...was aber kein akkusativ ist, sondern ein dativ: DEM jupp seine welt.
dies sieht man erst deutlich, wenn die person weiblich ist: der mutter ihre jacke. (nicht: die mutter ihre jacke!)

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Mo 01.09.08 20:30

wobei's im 'pott' auch mal locker DEN jupp seine welt heissen kann :wink:
grüsse
frank

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Beitrag von kollboy » Mo 01.09.08 21:24

auch: DIE mutter ihre jacke? im maskulinum-artikel, dativ ist nämlich im dialekt m und n sehr oft austauschbar, deshalb sollte man zur casus-feststellung in diesem falle besser aufs femininum umschwenken.

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Mo 01.09.08 22:23

auch: DIE mutter ihre jacke?
alles kein problem :)
grüsse
frank

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Beitrag von chinamul » Mo 01.09.08 23:14

kollboy hat geschrieben:...was aber kein akkusativ ist, sondern ein dativ: DEM jupp seine welt.
Das ist mir durchaus klar, du fiesen (Akkusativ statt Vokativ oder Nominativ!) Möpp! Soll keine Beleidigung sein, sondern dient nur als Beispiel :wink:.
Ich bezog mich eher auf seine Kneipe und seine Gäste. Dort plaudert er munter etwa folgendes: "Den Herbert sacht auch immer, dat dat Chantal spinnt."
s. auch diesen Link: http://www.ruhrgebietssprache.de/lexikon/moepp.html

Gruß

chinamul
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Beitrag von kc » Mo 01.09.08 23:20

Das wird die deutsche Sprache ja regelrecht missbraucht :wink:

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Beitrag von kollboy » Di 02.09.08 06:44

frage: würfeln die im pott bei genus und kasus? oder macht das die hohe gastarbeiterdichte? ;)

(wobei "du fiesen möpp" würd ich trotzdem nicht als akkusativ bezeichnen, denn als reiner akkusativ müsste es "dich fiesen möpp" heissen. scheint also, als ob das ein "gefühlter" nominativ ist, der halt in diesem dialekt auch ein n als endung haben kann, was aus dem blickwinkel des standarddeutschen akkusativ wäre... jetz kenn i mi selber bald nimma aus!

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Beitrag von Apocolocyntosis » Di 02.09.08 09:39

kollboy schrieb: jetz kenn i mi selber bald nimma aus!
Dann geh doch umme Ecke inne Kneipe nache Omma und pichel Dich ein lecker Pilsken. :wink:

Ergebenst
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Beitrag von beachcomber » Di 02.09.08 10:59

würfeln die im pott bei genus und kasus? oder macht das die hohe gastarbeiterdichte?
genauso ist es! :)
das ruhrgebiet war ja im frühen 19.jh eines der ersten ziele innerdeutscher und ausländischer (vor allem polnischer) migration.
ob dieses falsche deutsch heute wirklich noch so gesprochen wird, wage ich fast zu bezweifeln. es wird wohl eher die ausnahme sein.
grüsse
frank

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Beitrag von kollboy » Di 02.09.08 13:06

pott´sche liebeserklärung:

ohne du kann ich nicht bin!

...oder wie würden die das formulieren? ;)

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Beitrag von Apocolocyntosis » Di 02.09.08 13:43

...oder wie würden die das formulieren? Wink
Wahrscheinlich so: "Mit ohne Dich kann ich nich`" :lol:

Ergebenst
Apo.

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Beitrag von beachcomber » Di 02.09.08 13:51

nee,nee, die werden wohl sagen: ohne dir kannich nich :)
wie eberhaupt das verschleifen zu woertern zu neuen gebilden eines der hauptmerkmale der ruhrpott-sprache ist. wie in dem satz den fritzchen bilden soll, in dem papa, mama ,oma und opa vorkommen:
pappa, mamma tuer auf, omma sehn kann, oppa kommt! :)
gruesse
frank

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Beitrag von chinamul » Di 02.09.08 14:07

Das erinnert mich an den berühmten Satz mit "hamsamsam" und "hatata":
"Ham S'am Samstag auch Schalke jekuckt? Hatata jereechnet!"

Gruß

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