warum sind eigentlich manche münzen so häufig?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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donolli
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warum sind eigentlich manche münzen so häufig?

Beitrag von donolli » Mo 01.11.04 19:57

hallo!

mich interessiert schon seit längerem folgende frage:

warum sind die münzen mancher kaiser derartig häufig, obwohl sie doch nur relativ kurz regierten :?: :?:

als beispiel möchte ich mal antoniniane von gordianus III und seinen nachfolgern aufführen. (man könnte sicher auch schon bei den severern ansetzen) die regierten ja alle nur sehr kurz und ihre nachfolger waren ja fast nur durchweg usurpatoren.
ich nehme also folgendes an:
da silber ein kostbares edelmetall war (ok, es wurde immer mehr gestreckt, aber trotzdem) und der jeweilige "nachfolger" ja meistens seinen vorgänger auf dem weg ins jenseits "behilflich" war, müsste die logsche konsequenz doch gewesen sein, den großteil der alten münzen einzuziehen und neue daraus zu prägen. früher gab es ja auch die gegenstempel, die mir aber aus dieser zeit nicht mehr bekannt sind.
ich kann mir nicht vorstellen, dass z.b. philippusI es gern gesehen hat, wenn noch überwiegend münzen des gordianus III im umlauf waren. daraus schließe ich, dass die münzen dieser kaiser doch eigentzlich nicht so häufig sein dürften, wie sie es nunmal sind...

wo liegt also der denkfehler :?:

cheers donolli

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richard55-47
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Beitrag von richard55-47 » Mo 01.11.04 20:52

Im Forum wurde schon früher die Frage der Einziehung von Münzen dahingehend beantwortet, dass eine solche logistisch unmöglich gewesen sein muss. Wie soll dieses Riesenreich - von Britannien bis zum Schwarzen Meer - von heute auf morgen mit genügend Umlaufmünzen des gerade aktuellen Kaisers versorgt werden?
Schon der Versuch mit den Gegenstempeln, denen im Prinzip die Ungültigkeit der Münzen vergangener Kaiser immanent war, war aus den gleichen Gründen zum Scheitern verurteilt, sonst hätten alle erhaltenen Münzen einen Gegenstempel.

Ich bin auch gar nicht davon überzeugt, dass ein Gegenstempel die fortdauernde Gültigkeit zum Ausdruck bringen sollte, auch wenn die Wissenschaft offensichtlich davon ausgeht. Irgendetwas in mir sträubt sich dagegen, dass neue Kaiser so bescheuert gewesen sein sollen, Legionen von Leuten mit Hammer und "Meissel" übers Land zu schicken. Da gab es andere Probleme, z. B. die der Machtsicherung und -erhaltung.

Jeder Kaiser musste sich publik machen und ließ fleißig Münzen mit seinem Abbild prägen, das einzige Mittel, das eigene Gesicht nachhaltig bekannt zu machen.
Das Volk brauchte Münzgeld und sollte es erhalten. Heere wollten bezahlt werden. Bei der Vielzahl von Soldaten kommen allein daher von einer "Serie" leicht ein paar Millionen Münzen zusammen. Man denke allein an die "Geschenke", die ein Galba, ein Otho, ein Vitellius, ein Vespasianus und später die "echten" Soldatenkaiser zur Steigerung ihrer Beliebtheit machen mussten.

Ob Münzen eingezogen wurden, ist mir persönlich aus keiner Quelle bekannt. Es gab keine "Bundesbank" mit geordneter Buchführung, die diese Aufgabe übenehmen konnte. Es ist natürlich möglich, dass offensichtlich unbrauchbar gewordene Münzen eingeschmolzen wurden. Es muss sich aber dann um Münzen gehandelt haben, die als Steuer in das Staatssäckel flossen, also konnten letztendlich nur geringe Teile des Umlaufgeldes entsprechend untersucht werden., und das mit Sicherheit nicht planmäßig.

So erkläre ich mir, dass überraschend viele Münzen auch kurzlebiger Kaiser noch erhalten sind.
do ut des.

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Beitrag von chinamul » Di 02.11.04 14:07

Die Zeiten wurden im Verlauf des dritten Jahrhunderts immer unsicherer, und deshalb ist es durchaus denkbar, daß die Menschen besonders Silbermünzen horteten und vielleicht sogar an sicheren und trockenen Orten vergruben. Wie sonst ist die Unzahl überhaupt nicht korrodierter, kaum umgelaufener und deshalb sehr schön erhaltener Antoniniane etwa des Gordianus III und des Philippus Arabs zu erklären? Gerade die immer schnellere Aufeinanderfolge der Kaiser war ja geeignet, bei der römischen Bevölkerung das Gefühl einer mangelnden Kontinuität und Stabilität und einer damit verbundenen Bedrohung der gewohnten Lebensumstände hervorzurufen. In solchen Situationen kann es dann leicht zu einem "Angstsparen" kommen, wie es sich zur Zeit leider auch bei uns beobachten läßt.

Gruß

chinamul
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donolli
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Beitrag von donolli » Di 02.11.04 16:50

danke chinamul und Richard55-47 für die antworten!

wind sehr interessante aspekte die die sache wohl ziemlich gut charakterisieren!

cheers donolli
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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » Di 02.11.04 23:08

Dazu einige Anmerkungen:

Geld wurde in der Antike geprägt und (eventuell) eingezogen, wenn eine wirtschafliche Notwendigkeit bestand. Etwaige Propaganda spielte immer nur eine untergeordnete Bedeutung. Viele Kaiser verfielen der "damnatio memoriae", die Münzen wurden von Staats wegen sicherlich nicht eingezogen - wäre ein viel zu großer Aufwand gewesen. Ältere Münzen verschwanden aus dem Geldumlauf nur im Zuge einer Inflation, in der Antike gleichbdeutend mit Münzverschlechterung - im Gewicht oder im Feingehalt. "Schlechtes Geld verdrängt gutes Geld" - das Greshamsche Gesetz.

Gegenstempel waren immer nur kuzfristig nötig. Meist um abgenutzten Münzen neu die Umlauffähigkeit zu bestätigen (Germanien 1. Jahrhundert) oder Münzen einen anderen Wert zu geben (Kleinasien 3. Jhd.) Nur ein Notbehelf, bis neu geprägt werden konnte.

Viele Münzen eines Herrschers sind heute noch erhalten, wenn 1) viel geprägt wurde und 2) viel versteckt wurde.

Beispiel Gordian III. und Philipp.
Rom befand sich im Krieg gegen die Sasaniden. Die Truppen wurden in den Osten verlegt, für die Bezahlung mußte Geld geprägt werden. Der Antoninian hatte sich als neue Währung etabliert (auch eine Inflation!), es gab aber noch zu wenig Münzen (der Denar wurde eingeschmolzen) - ergo - Ausprägung in riesigen Mengen!

Während des Feldzuges gab es immer Situationen, daß Kriegskassen oder anderer Besitz eingegraben werden mußte, da man einen Verlust befürchetet - immer in der Hoffnung, ihn später wieder auszugraben. (Münzfunde aus Sparmaßnahmen sind äußerst selten - es sind fast immer Notsituationen). Das "Später" konnte sich bis in unsere Zeit hinziehen - und da kommen dann unsere Funde her.

Anmerkungen in aller Kürze - das ist ein ganz komplexes Thema

Grüße
Zwerg

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