FEL TEMP REPARATIO Hütte und Baum

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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FEL TEMP REPARATIO Hütte und Baum

Beitrag von Peter43 » Di 08.03.05 17:47

Ein Motiv, das wohl jeder Sammler von römischen Münzen kennt, ist der Soldat (Kaiser?), der einen Barbaren aus einer Hütte führt. Hinter dieser Hütte steht bekanntlich ein Baum, der in jeder Münzstätte anders dargestellt wird. Als Bild habe ich einen Ausschnitt aus 'Guido Bruck, Die spätrömische Kupferprägung, Graz 1961' gewählt.

Meine Frage: Weiß jemand, ob schon mal versucht worden ist, diese Bäume botanisch zu bestimmen? Oder noch besser: Kennt jemand Quellen zu diesem Thema?

Ich würde mich über jede Information freuen!

MfG
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chinamul
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Beitrag von chinamul » Di 08.03.05 18:28

Hallo Peter43!

Ich fürchte, daß dieser Baum botanisch nicht einzuordnen sein wird, und wüßte auch nicht, ob sich schon jemand an dieser reichlich undankbaren Aufgabe abgearbeitet hat. Dazu sind auch die von Bruck aufgeführten Spielarten zu unterschiedlich, ganz abgesehen davon, daß die Münzen aus sehr weit voneinander entfernten Prägestätten mit entsprechend unterschiedlichen Baumarten stammen. Es wird sich damit vermutlich um einen Baum schlechthin handeln, gewissermaßen die Idee eines Baumes im platonischen Sinne, die auf den Münzen ihre jeweils lokale Ausprägung fand.

Gruß

chinamul
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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 08.03.05 18:45

ich würde die meisten Darstellungen als Lorbeer deuten, das war ein heiliger Baum, dem Apollo geweiht und galt als Siegeszeichen. In Cyzicus war wohl gerade Winter, in Trier war Lorbeer als Baum damals wahrscheinlich unbekannt, das könnte eine stilisierte Eiche sein, Lugdunum und eventuell Thessalonica (eins) erinnern eher an eine Olive, und der zweite Baum aus Siscia sieht nach Ahorn aus.
Grüße, KAM
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 08.03.05 18:47

@chinamul: jetzt haben wir aber ein schönes Beispiel für die deduktive und die induktive Methode geliefert! :-)
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 08.03.05 23:54

@KAM:

Nach Popper ist nur die deduktive Methode logisch zwingend. Die induktive Methode kann zwar eine Wahrscheinlichkeit für sich haben, ist aber nicht zwingend. Allerdings verbessert jeder fehlgeschlagene Falsifikationsversuch die Verläßlichkeit.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Herr Sharif » Mi 09.03.05 00:59

Auweia, jetzt gehts hier aber ab.

"Glücklichere Zeiten" stelle ich mir – egal unter welchem Gewächs – vor allen Dingen mit dem Verzicht von Diskussionen im Seminarton vor. :wink:

Gruß, Sharif

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mi 09.03.05 01:24

@Herr Sharif:

Es gibt verschiedene Stufen des Glücks, vom sinnlichen bis zum intellektuellen! Allerdings war der Hinweis auf Popper nicht ganz ernst gemeint!

@chinamul:
Vielen Dank! Das habe ich befürchtet!

@KAM:
Ebenfalls vielen Dank! Du hast wohl recht damit, daß die Celatoren heimische Vorbilder genommen haben.

Mit freundlichem Gruß
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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 09.03.05 09:35

ich fand dies eine sehr angenehme Diskussion, vielen Dank!
Grüße, KAM
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Beitrag von chinamul » Mi 09.03.05 11:57

Peter43 hat geschrieben:Allerdings verbessert jeder fehlgeschlagene Falsifikationsversuch die Verläßlichkeit.
Wie wahr! Diese Art der Annäherung an die Gewißheit sollte man vielleicht auch bei der Betrachtung von möglichen Fälschungen anwenden. In solchen Fällen wäre ein fehlgeschlagener Falsifikationsversuch folgerichtigerweise die Erkenntnis, daß ein Argument gegen die Echtheit einer Münze nicht zwingend stichhaltig ist, was dann die Vermutung der Echtheit unterstützen würde. Das mag jetzt zwar etwas verwirrend klingen, ist aber nur logisch.

Gruß

chinamul
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 09.03.05 12:21

Popper (vgl. Logik der Forschung, Kap. 4) sagt, daß intersubjektive empirische Aussagen zwar endgültig falsifiziert, aber nicht endgültig verifiziert werden können. Die Aussage: eine Münze ist echt, kann deshalb zwar als falsch erkannt werden, aber niemals 100%ig sicher als wahr. Wenn ich diesen Satz nun auf die gegenteilige Aussage anwende: eine Münze ist falsch; so kann dieses Urteil nach Popper ebenso als falsch erkannt werden, aber nicht 100%ig als wahr. Wenn die Aussage, eine Münze ist echt, falsch ist, dann ist die Münze falsch. Wenn die Aussage, eine Münze ist falsch, falsch ist, dann ist die Münze echt. Ob ich die Echtheit einer Münze also verifizieren kann, hängt nach Popper also davon ab, ob ich das Urteil: Die Münze ist falsch zur Grundlage nehme oder das Urteil: Die Münze ist echt. Im ersteren Fall kann die Echtheit einer Münze bewiesen werden, im letzteren nicht. - Da stimmt doch was nicht, aber was?
Grüße, KAM
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Beitrag von Task_Force » Mi 09.03.05 12:42

Verifikationswissen ist gültig, weil sein Beweis gültig ist; Falsifikationswissen gilt, weil ein Beweis bisher noch nicht widerlegt wurde.
Falsifikationswissen ist also grundsätzlich Wissen auf Zeit: Es gilt so lange, bis etwas Besseres gefunden ist.
Ziemlich beunruhigend, wenn es um die Echtheit von Münzen geht ... :wink:
Gruß
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Beitrag von chinamul » Mi 09.03.05 13:20

Task_Force hat geschrieben:Verifikationswissen ist gültig, weil sein Beweis gültig ist; Falsifikationswissen gilt, weil ein Beweis bisher noch nicht widerlegt wurde.
Falsifikationswissen ist also grundsätzlich Wissen auf Zeit: Es gilt so lange, bis etwas Besseres gefunden ist.
Ziemlich beunruhigend, wenn es um die Echtheit von Münzen geht
Zugegeben! Aber diesbezügliche absolut unanfechtbare Echtheitsbeweise setzen derartig aufwendige technisch-wissenschaftliche Untersuchungsmethoden voraus, daß es die unzweifelhaft echte Münze für uns Normalsammler wohl niemals geben wird, es sei denn, wir graben sie selbst aus.
Um also überhaupt ein Weitersammeln wagen zu können, sollten wir unsere rein philosophischen Betrachtungen jetzt zugunsten eines sehr viel pragmatischeren Umgangs mit unserem Sammlungsgut abschließen. Die Gefahr, bei entsprechender Kennerschaft und der gebotenen Vorsicht einer Fälschung aufzusitzen, ist statistisch wohl ebenso zu vernachlässigen wie die, im täglichen Zahlungsverkehr mal einen falschen Fünfziger zu erwischen. Passieren kann das zwar, aber aller Erfahrung nach ist es - wie ein Sechser im Lotto - doch eher unwahrscheinlich.

Gruß

chinamul
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Beitrag von Task_Force » Mi 09.03.05 13:36

chinamul hat geschrieben: Um also überhaupt ein Weitersammeln wagen zu können, sollten wir unsere rein philosophischen Betrachtungen jetzt zugunsten eines sehr viel pragmatischeren Umgangs mit unserem Sammlungsgut abschließen.
Dieser pragmatische Ansatz ist absolut überzeugend!
"Der Pragmatiker entscheidet Fälle nicht nach Grundsätzen, sondern grundsätzlich fallweise."
Kritzfeld (*1921), dt. Aphoristiker
Gruß
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Beitrag von richard55-47 » Mi 09.03.05 14:29

@chinamul

Das ist gut so. Langsam erinnerte mich die Diskussion an die Geschichte mit dem Kreter, der auf dem Marktplatz Athens lauthauls verkündete "Alle Kreter lügen" und die Athener ratlos stehen ließ, als sie sich diese Aussage auf der Zunge zergehen ließen.
do ut des.

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Beitrag von Peter43 » Mi 09.03.05 14:57

@KAM:

Deine Frage ist berechtigt. Als Mediziner, der vor langer Zeit auch mal wissenschaftlich gearbeitet hat, begegnet einem dieses Problem bei Versuchsreihen und der anschließenden statistischen Aufbereitung der erzielten Ergebnisse.

Korrekterweise geht man so vor, daß man zunächst eine sog. Nullhypothese aufstellt, die man dann zu falsifizieren versucht. Natürlich bin ich irgendwie frei, meine Nullhypothese zu formulieren, wie ich es will. Die Frage ist nur, was ist sinnvoll? Bei den Fehlern, die auftreten können, unterscheidet mein Alpha- und Betafehler. Ein Alphafehler tritt dann auf, wenn man fälscherlicherweise die Nullhypothese verwirft, obwohl sie wahr ist. Im Gegensatz dazu besteht ein Betafehler darin, daß man die Nullhypothese annimmt, obwohl sie falsch ist. Es hängt jetzt alles davon ab, welcher Fehler die gefährlicheren Konsequenzen hat.

Ich will dies mal anhand eines Beispiels aus der Justiz klarmachen. Ein Mann steht vor Gericht und wird des Diebstahls angeklagt. Ein Alphafehler wäre es jetzt, wenn die Anklage (die Nullhypothese) abgelehnt werden würde, obwohl der Mann schuldig ist. Ok, das ist nicht richtig, aber damit kann man leben. Der Betafehler wäre, wenn der Mann verurteilt werden würde, obwohl er unschuldig ist. Das aber wäre in einem Rechtsstaat unerträglich! Das heißt, hier wäre der Betafehler der schlimmere.

Zurück zu unseren Münzen. Was wäre schlimmer: Eine falsche Münze als reell zu betrachten oder eine reelle Münze als gefälscht? Auch das kann nicht einheitlich beurteilt werden. Angenommen, für mich ist der 1. Fall unangenehmer, ich möchte kein Geld für eine falsche Münze ausgeben, dann sollte ich die Nullhypothese so formulieren, daß dieser Fehler seltener auftritt. Also nehme ich z.B. an, diese Münze sei falsch. Wenn der Versuch, diese Annahme zu falsifizieren mißlingt, dann kann ich diese Münze als reell betrachten. Dazu gibt es dann Fehlergrenzen (auch Signifkanzgrenzen, z.B. die berühmten 5% in der Medizin), die mir sagen, wie groß die Gefahr ist, daß ich mich geirrt habe, die Münze also trotzdem falsch ist.

Ist für mich der 2.Fall unangenehmer, d.h. ich möchte nicht aus Versehen eine relle Münze als falsch bezeichnen (oder ein berühmtes Bild in einem Museum abhängen müssen!), dann wird meine Annahme sein: Diese Münze ist reell. Mißlingt der Falsifikationsversuch, dann kann ich sie - mit einem prozentualen Fehler, den ich vorher festgelegt habe - als rell betrachten.

Zusammengefaßt kann man sagen, daß man die Nullhypothese mit den dazugehörigen Fehlergrenzen immer so formulieren muß, daß die fälschliche Annahme dieser Hypothese möglichst wenig Schaden anrichtet. Dabei kann es im speziellen Fall aber durchaus verschiedene Ansichten geben - wie ich versucht habe auszuführen.

Mit freundlichem Gruß
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