Altamura2 hat geschrieben: ↑Di 14.07.20 22:40
Du hattest da eher falsche Vorstellungen davon, was sich eben mal schnell machen lässt

.
Das ist wohl wahr! Ich habe dann halt ein bisschen gewühlt - und jetzt stelle ich mal einfach das Ergebnis der Wühlerei vor:
Zu Beginn der rhodischen Prägungen wurde offenbar der attische Münzfuß verwendet, d.h, die Tetradrachme wurde mit einem Gewicht von ca. 17,5g und die Drachme mit einem Gewicht von ca. 4,4g geprägt. Nach dem Peloponnesischen Krieg und dem Sieg des von Sparta geführten Peloponnesischen Bundes gegen den von Athen geführten Attischen Seebund endete die athenische Vorherrschaft ab dem Jahr 404 v.Chr.
Ende des 5. Jahrhunderts v.Chr. prägte Rhodos danach Münzen nach dem Chiischen Münzfuß. Die Tetradrachme bestand dabei zunächst aus einem Vierzigstel der äginäischen Mine und wog ca. 15,6g, die Drachme danach ca. 3,9g. Ab den 340er Jahren v.Chr. sank der Gewichtsstandard bis auf 3,4g pro Drachme ab (von Ashton als Rhodian-Standard bezeichnet).
Ab ca. 225 v.Chr. - also etwa zu der Zeit, als der Koloss von Rhodos durch ein Erdbeben vernichtet wurde - kam es aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu einer Merkwürdigkeit bei den rhodischen Prägungen: das Gewicht der Drachme - und zwar NUR der Drachme - wurde auf ca. 2,5 - 2,8g reduziert. Die größeren Nominale (Didrachmen und Tetradrachmen) wurden aber weiterhin mit einem Sollgewicht von 3,4g pro Drachme (für die Didrachme also ca. 6,8g, für die Tetradrachme 13,6g) produziert. Für den Außenhandel dürfte diese Differenz einige Probleme bereitet haben. Gleichwohl ist festzustellen, dass auch diese reduzierten Münzen weithin akzeptiert wurden.
Um 190/188 v.Chr. erfolgt eine weitere Münzreform mit Prägung der so genannten Plinthophoren. Diese sind gekennzeichnet durch den Helios-Kopf mit Strahlenkranz auf dem Avers und ein eigentlich für die archaischen Prägungen charakteristisches Quadratum Incusum mit der Rose von Rhodos auf dem Revers (aus diesem Quadratum Incusum wird auch der Name der Prägeserie hergeleitet: Plinthos = Ziegel oder Barren). Diese Drachmen wurden mit einem Gewicht von ca. 3 g geprägt, was natürlich kuriose Folgen hatte:
• zum einen kommt es zu eine Gewichts
erhöhung gegenüber den vorher produzierten reduzierten Drachmen und zum anderen
• zu einer Gewichts
reduktion gegenüber den vorher nach altem Standard mit 3,4 g pro Drachme produzierten größeren Münzen. Auf eine Prägung dieser größeren Nominale wurde (vielleicht deshalb) mit Einführung der Münzreform verzichtet. Statt dessen ist eine Zunahme regulärer Prägungen von Hemidrachmen und Diobolen festzustellen
Auch hier ist die tatsächliche Ursache für diese Münzreform nicht bekannt. Da die Städte des Attalidenreiches den rhodischen Münzfuß als Basis für ihre Cistophorenprägungen wählten, schlägt Ashton vor, dass die Verbündeten im Krieg gegen Antiochos III. ("der Große") zeitgleich eine Münzreform durchgeführt hätten. Eine andere Erklärung lautet, dass die Münzreform auf die Gewinne der Rhodianer nach dem Krieg gegen Antiochos den Großen zurückgeführt werden können, da im 188 v.Chr. zwischen der römischen Republik und dem Seleukidenreich ausgehandelten "Frieden von Apameia" unter anderem Rhodos die Kontrolle über Lykien und große Teile von Karia zugesprochen wurde. Seitdem war Rhodos mit Rom verbündet und genoss die Privilegien einer civitas libera. Hinweis auf die rhodische Herrschaft gibt die Tatsache, dass viele carianische Städte – u.a. Stratonicea, Caunus und Tabae - die plinthophorischen Standardmünzen übernahmen.
In den Jahren 89 – 84 v.Chr. fand der so genannte Erste Mithridatische Krieg statt, bei dem der pontische König Mithridates VI. den Unmut der Bevölkerung über die römischen Besatzer ausnutzte. 88.v. Chr. Ordnete er in in Ephesos an, dass die Römer und Italiker in allen Poleis der Provinz Asia zu ermorden seien (so genannte "Vesper von Ephesos"). Dieser Befehl wurde weitestgehend befolgt, da Roms Herrschaft wegen der unbarmherzig auftretenden Steuereintreiber weithin verhasst waren. Und Mithridates' Kalkül war natürlich, dass die griechischen Städte und ägäischen Inseln nach diesem Massaker im Falle seiner Niederlage nicht mehr auf die Unterstützung oder Gnade von Rom hoffen durften - was ihm auf Dauer die Unterstützung durch diese Städte sicherte.
In unterschiedlichen Quellen heißt es, dass dieser Befehl von Rhodos nicht befolgt wurde oder dass die Überlebenden des Massakers nach Rhodos flüchteten oder dass Rhodos als einziger verbliebener Machtfaktor in der Region und Verbündeter in Schach gehalten werden musste: Mithridates VI. lies die Insel ab Sommer 88 v. Chr. auf alle Fälle für mehrere Monate belagern. Obwohl die Belagerung letztlich scheiterte wurde die rhodische Marine für den Rest des Krieges gebunden und konnte nicht weiter in den Krieg eingreifen.
Mit dem Ende des Ersten Mithridatischen Krieges endete 84 v.Chr. auch die plintophorische Münzprägung von Rhodos. Vermehrt zirkulierten danach Tetradrachmen von Chios zusammen mit Cistophori und Athener Tetradrachmen. Plinthophorische und nachplinthophorische Münzen von Rhodos gewannen aber im Münzumlauf von Caria an Bedeutung, bis sie fast die die einzigen in spätrepublikanischen Horten aufzufindenden Prägungen waren.
Das Datum für den Beginn der neuen rhodischen Prägungen wird wohl noch diskutiert. Geprägt wurden danach aber Münzen nach attischem Münzfuß mit den gleichen Motiven (Helioskopf mit Strahlenkrone, Rose) aber ohne das Quadratum Incusum. Hier wird ein Zusammenhang mit der römischen Präsenz vermutet, da auch das carische Tabae diesen Standard übernahm, obwohl dort vorher ebenfalls Münzen nach plinthophorischem Standard geprägt wurden.
Die fortschreitende Standardisierung der relativen Gewichte sowie die die Abnahme der Silberemissionen dürften direkte Konsequenzen der römischen Herrschaft gewesen sein. Obwohl Rhodos von dem Caesarenmörder Cassius während des römischen Bürgerkrieges 43 v. Chr. erobert und geplündert wurde, scheinen diese Prägungen bis zum Tod von Augustus fortgesetzt worden zu sein um danach im 1. Jahrhundert ganz aufzuhören.
Quellen:
https://www.bngev.de/wp-content/uploads ... -XXXVI.pdf
https://www.bngev.de/wp-content/uploads ... d-XXXV.pdf
https://othes.univie.ac.at/1174/1/2008- ... 508879.pdf
https://www.academia.edu/5559730/Ashton ... _Revisited
https://www.thomas-golnik.de/orbis/realien/mithrid.html
https://tyche-journal.at/tyche/index.ph ... d/592/709/
https://www.academia.edu/9356491/Money_and_Power_The Disappearance_of_Autonomous_Silver_Issues_in_the_Roman_Province_of_Asia
Es gilt natürlich weiterhin: Fehlermeldungen

und weitere Hinweise nehme ich gerne entgegen ...
Schönen Gruß aus Frankfurt
hjk