Fragen zu Händleinhellern

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mjbn1977
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Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von mjbn1977 » Do 02.09.21 16:46

Ich habe ein paar allgemeine Frage zu Haller Händleinhellern und würde mich um Antworten (so gut wie es eben bei diesen Münzen geht) sehr freuen.

Alle Fragen beziehen sich hauptsächlich auf die früheren Stücke von von 1189 bis ca. 1385, also in der Zeit wo sie noch Pfennige waren und nicht massiv entwertet wurden.

1. Was war bei diesen Stücken der Silbergehalt? Ich habe mal gelesen, dass die Händeleinheller etwa 0.3gr Silber bei einem Gesamtgewicht von durchschnittlich 0,55gr haben (ich glaube mich zu erinnern, dass das in einem Artikel bei Moneytrend war). Das kommt mir allerdings recht wenig vor, da alle Stücke die ich selbst in meiner Sammlung habe farblich eher mit bayerischen Denaren und englischen Pennies zu vergleichen sind und weniger mit meinen Dickpfennigen aus Regensburg und München aus dem 13. und 14. Jahrhundert.

2. Wie weit verbreitet waren die Händleinheller in 13. Jahrhundert? In welchen Regionen wurden Sie als Zahlungsmittel genutzt und wo wurden Sie ausserhalb von Hall in Schwaben geprägt?

3. Gibt es Möglichkeiten am Erscheinungsbild der Münzen grob eine zeitlich Periode festzumachen? Alle Händleinheller die ich habe sind im Vierschlag, und haben keine erkennbaren Umschriften, also nur Hand und Kreuz (Hand und Kreuz in einem Ring). Keine Beizeichen auf der Hand (bei späteren Stücken gab es das wohl, aber ich weiss nicht ab wann). Wenn es keine Beizeichen gibt, weisst das darauf hin, dass die Münze in Hall geprägt wurden?

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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von QVINTVS » Do 02.09.21 22:51

Grüß Dich,

hab schon mal eine kleine Zusammenstellung geschrieben ...

viewtopic.php?f=7&t=59447&p=501735&hili ... er#p501735

Es werde nicht alle deiner Fragen beantwortet. Anfangs wurde der Haller Pfennig zur Hälfte aus Silber ausgebracht und wog schon weniger als die meisten bestehenden Währungen. Meist betrug das Verhältnis 2 Haller Pfennige = 1 xyz-Pfennig. Das Verhältnis verschlechterte sich dann aber auf 3 Haller Pfennige = 1 xyz-Pfennig.

Das Hauptverbreitungsgebiet lässt sich nicht so ganz einfach beschreiben. Entgegen den traditionellen Behauptungen breitete sich der Haller Pfennig langsam aus, besonders im nördlichen Baden-Württemberg, Nordbayern, Hessen, ... In großen Funden bis ca. 1450 ist er meist vertreten, wenn es keine Funde von "Großgeld" sind (Groschen, Gulden, usw.). Die meisten Funde mit dem Hauptbestandteil von Haller Pfennigen dürften zwischen ca. 1250/70 und ca.1350 liegen. Haller Pfennige gelangten aber mit dem Geldumlauf bis ins Rheinland und nach Österreich. Richtung Osten bin ich nicht so gut informiert. Soweit ich weiß kommen Funde aus Thüringen auch noch vor.

Die von dir beschriebenen Haller Pfennige gehören schon zu den späteren Typen. Frühe sehen so aus ...
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FRISA-Typ
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FRISA-Typ
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verwilderter Heinricus-Typ
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verwilderter Heinricus-Typ
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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von mjbn1977 » Fr 03.09.21 14:34

Danke QVITVS. Ja, bei meinen handelt es sich um die von dir im link beschriebenen älteren Typen. Kann man also davon ausgehen das die wohl in einen Zeitraum von 1250 bis 1350 fallen?

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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von QVINTVS » Fr 03.09.21 15:51

Wie bei so vielen numismatischen Themen ist auch hier die Welt stehen geblieben. Grundlage ist eine nicht gesicherte Chronologie die mit den Schriftzeugnissen nicht übereinstimmt. Deswegen kann ich dazu nichts sagen. Unklar sind auch die Zuordnungen zu einzelnen Prägestätten und unsere Vorstellungen vom Aussehen der Heller im 14. Jahrhundert. Speyer prägte Heller - sie sehen anders aus als die Haller Heller. Zum Haller Pfennig und zum Heller fehlt eine moderne Zusammenstellung und Neubewertung.

Deine Heller Pfennige dürften jünger (nicht älter) sein.

Vielleicht gibt es in absehbarer Zeit einen kleineren Beitrag in den GN (Geldgeschichtlichen Nachrichten) dazu.
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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von mjbn1977 » Fr 03.09.21 16:18

Definitiv habe ich heute etwas gelernt. Vor allem der Unterschied zwischen dem Design des Kreuzes bei früheren und späteren Hellern. Hier ist ein Foto von einem meiner Heller. Definitiv nicht einer der Früheren. Keine Randumschiftugen erkennbar und das Kreuz öffnet sich weiter an den Enden. Und keinerlei Beizeichen auf der Hand. Die sehen alle etwa gleich aus, der ist aber der am besten geschlagene:
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Haller Heller.jpg

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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von QVINTVS » Fr 03.09.21 19:58

Der Haller Pfennig-Typ mit den gespaltenen Fingerwurzeln gehört schon zu den späteren Typen. Nach Raff, Münzen und Medaillen der Stadt Schwäbisch Hall, ist es der sog. "große H/A/L/L/A-Typ", Raff 13i. Wobei die Bezeichnung schwierig ist: Es ist kein HALLA erkennbar und wenn, dann wäre es richtig so geschrieben H I A I L I L I A I. Es gab nämlich keine schrägen Trennungsstriche zwischen den Buchstaben sondern stets senkrechte. Nur bei einem Typ gibt es auch schräge Striche, aber wohl ohne Legende. Er ist von der Gestaltung so anders, dass ich mir nicht sicher bin, ob er wirklich aus Schwäbisch Hall stammt. Bei Raff ist er nicht beschrieben. Deswegen ist auch hier Vorsicht geboten, denn Herr Raff bezieht sich auf die 100 Jahre alten Erkenntnisse von Buchenau, die dann von Frau Nau und von Herrn Raff größtenteils (unkritisch) übernommen wurden.

Von Raff wir dieser Typ ins 3. Viertel des 13. Jh. datiert, was wohl um ein paar Jahrzehnte zu früh ist.

Die Haller Pfennige genauer zu erfassen ist nicht einfach und es gibt fast keine aktuellen Detailvorlagen dazu. Der letzte größere Fund (Ellwangen) harrt noch seiner Bearbeitung und wird wohl auch nicht so bald bearbeitet werden. Von seiner Zusammensetzung wäre er sehr interessant, denn er enthielt auch einige Brakteaten und wohl frühere Haller Pfennige.
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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von mjbn1977 » Fr 03.09.21 21:13

Danke für die ausführliche Antwort. Was meinst du mit gespaltenen Fingerwurzeln?

Nach dem Raff habe ich übrigens auch schon mal gesucht aber nirgends gefunden. Wo kann man den beziehen?

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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von QVINTVS » Fr 03.09.21 21:39

Gespaltene Fingerwurzeln meinen das umgedrehte V am Beginn der Finger.

Raff ist 1986 erschienen und bildet leider nicht alle Haller Pfennige ab. Manche beschreibt er nur. Dürfte nur noch antiquarisch zu erwerben sein.
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Re: Fragen zu Händleinhellern

Beitrag von QVINTVS » Fr 26.08.22 21:00

Grüßt euch,

in den Geldgeschichtlichen Nachrichten ist ein Artikel zum Prägebeginn der Haller Pfennige erschienen. Behandelt werden allerdings nur die ersten drei Haupttypen mit ihren Verwilderungen und die Datierung. Als Grundlage dienen die frühen Nennungen in Urkunden, die Hortfunde und die Siegel. Falls Interesse bestehen könnte ich mit einer PDF des Aufsatzes dienen. Bitte PN.
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