Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Moderator: KarlAntonMartini
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
An anderer Stelle in diesem Forum hatte ich über eine Fürther Almosenmarke aus dem Jahr 1770 und der zu der Zeit grassierenden Hungersnot geschrieben (viewtopic.php?f=51&t=48033&p=632849&hil ... th#p632849).
Aus gleichem Anlass verteilte der Magistrat der Stadt München diese churfürstlichen Marken 1771 (zur Zeit von Maximilian III. Joseph) kostenlos unter den Armen:
28 mm, 8,59 g
Kull 196, Witt. 2231, Slg. Brett. 1960, Neumann 6190, Hasselmann 648 II, Stahl –
26 mm, 7,08 g
Kull 197, Witt. 2232, Slg. Brett. 1960, Neumann 6191, Hasselmann 648 I, Stahl 664
Die nahezu gesamteuropäischen Hungerjahre 1771/72 entstanden durch zwei aufeinanderfolgende Missernten (Folge von starkem Regen). In Bayern war es eine der letzten großen Hungerkrisen. Kornpreise hatten sich mehr als verzehnfacht und neben Hunger traten vermerkt Krankheiten (Verbreitung Mutterkorn, minderwertige Nahrung) auf.
Es gibt einige numismatische Belege für die Teuerung in der Zeit, u.a. auch ein eindrucksvoller Fürther Rechenpfennig von 1772, nach dem ein Pfund Brot 12 Kreuzer kostete (https://www.ma-shops.de/koelnermuenzkab ... ?id=100740) oder eine Zinnmedaille der Sachsen-Albertinischen Linie ( https://www.ma-shops.de/loebbers/item.php?id=230816009).
Wie genau die Marken verwendet wurden, ist mir leider nicht bekannt.
Literatur:
Kink, Barbara: Ernährung; in Historisches Lexikon Bayern; https://www.historisches-lexikon-bayern ... e_Neuzeit)
Pestalozzi-Verein (Hrsg.): Bunte Bilder aus dem Sachsenland, Bd I, 1902. Kapitel 87 Die Hungersnot im sächsischen Erzgebirge in den Jahren 1771 und 1772. http://andreas-romeyke.de/BunteBilder/b ... /ch87.html
Böning, Karl: Die Auswirkungen der Hungerjahre 1770-1772 auf die letzte Großepidemie der Mutterkornseuche und die damals und in der Folgezeit veranlassten Gegenmaßnahmen. https://www.openagrar.de/servlets/MCRFi ... 72-029.pdf
Aus gleichem Anlass verteilte der Magistrat der Stadt München diese churfürstlichen Marken 1771 (zur Zeit von Maximilian III. Joseph) kostenlos unter den Armen:
28 mm, 8,59 g
Kull 196, Witt. 2231, Slg. Brett. 1960, Neumann 6190, Hasselmann 648 II, Stahl –
26 mm, 7,08 g
Kull 197, Witt. 2232, Slg. Brett. 1960, Neumann 6191, Hasselmann 648 I, Stahl 664
Die nahezu gesamteuropäischen Hungerjahre 1771/72 entstanden durch zwei aufeinanderfolgende Missernten (Folge von starkem Regen). In Bayern war es eine der letzten großen Hungerkrisen. Kornpreise hatten sich mehr als verzehnfacht und neben Hunger traten vermerkt Krankheiten (Verbreitung Mutterkorn, minderwertige Nahrung) auf.
Es gibt einige numismatische Belege für die Teuerung in der Zeit, u.a. auch ein eindrucksvoller Fürther Rechenpfennig von 1772, nach dem ein Pfund Brot 12 Kreuzer kostete (https://www.ma-shops.de/koelnermuenzkab ... ?id=100740) oder eine Zinnmedaille der Sachsen-Albertinischen Linie ( https://www.ma-shops.de/loebbers/item.php?id=230816009).
Wie genau die Marken verwendet wurden, ist mir leider nicht bekannt.
Literatur:
Kink, Barbara: Ernährung; in Historisches Lexikon Bayern; https://www.historisches-lexikon-bayern ... e_Neuzeit)
Pestalozzi-Verein (Hrsg.): Bunte Bilder aus dem Sachsenland, Bd I, 1902. Kapitel 87 Die Hungersnot im sächsischen Erzgebirge in den Jahren 1771 und 1772. http://andreas-romeyke.de/BunteBilder/b ... /ch87.html
Böning, Karl: Die Auswirkungen der Hungerjahre 1770-1772 auf die letzte Großepidemie der Mutterkornseuche und die damals und in der Folgezeit veranlassten Gegenmaßnahmen. https://www.openagrar.de/servlets/MCRFi ... 72-029.pdf
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Nachstehende Marke war vom Auktionshaus aufgrund der 3 Kronen Schweden zugeordnet, was aber nicht korrekt ist. Es handelt sich um eine Armenmarke der Danziger Brüderschaft „Heilige 3 Könige Bank“ aus dem Jahre 1771:
32 mm, 10,28 g
Hutten-Czapski 7881, Slg. Marienburg 8798, Dutkowski/Suchanek 722
Die Brüderschaft existiert noch heute, hat Ihren Sitz nach dem Ende des 2. Weltkrieges nach Lübeck verlegt.
Bankenbrüderschaften in Danzig
Vor über 600 Jahren bildeten Kaufleute und Schiffer in der Hansestadt Danzig eine Vereinigung, die „die gemeine Gilde“. Sie trafen sich im Artushof, um Informationen über ihre Handelsreisen auszutauschen und die Geselligkeit zu pflegen. Aus den durch landsmannschaftliche Herkunft geprägten Tischrunden (Banken) bildeten sich Ende des 15. Jahrhunderts selbständige Brüderschaften. Sitzgruppen aus langen Tischen und Bänken förderten das Zusammenwachsen der Brüderschaften. Aus den Tischrunden wurden „Bankenbrüderschaften“ oder kurz „Banken“.
Zur Namensgebung der Banken
Die meisten Banken nannten sich nach ihrem Schutzpatron, wie das dem damaligen christlichen Weltbild entsprach. Die St. Reinholds-Bank wird 1481 das erste Mal erwähnt; westfälische Kaufleute waren wohl ihre ersten Brüder. Die ehemals Lübische Bank benennt sich in ihrem Statut von 1482 nach St. Christophorus. Die Heilige Drei Könige Bank ist seit 1483 nachweisbar. Ihr Name weist auf Verbindungen zu Kaufleuten aus Köln hin. Da Köln das Zentrum der Verehrung der Heiligen Drei-König war, ist ein Einfluss bei der Wahl des Patronats wahrscheinlich. Von der vierten Bank der Banken- Brüderschaften, der „Unter (der) Marienburg“, wird 1487 berichtet. Diese Brüderschaft saß im Artushof unter dem Gemälde der Marienburg und ergänzte später ihren Namen um den Zusatz „zu unserer lieben Frauen Rosenkranz“.
Wirken der Banken
Entsprechend der mittelalterlichen Lebensart verstanden sich die Banken zunächst als religiöse Gebetsbrüderschaften. Sie richteten eigene Kapellen in Kirchen und Klöstern ein und hielten dort mit eigens angestellten Priestern Gottesdienste ab. Den Charakter von Gebetsbrüderschaften legten sie aber nach der Reformation ab. Schon bei ihrer Gründung unter dem Dach des Artushofes waren Standesinteressen und das Bedürfnis nach Informationsaustausch in den Vordergrund getreten. Ihre Aufgaben sahen sie aber weiterhin in der sozialen und religiösen Fürsorge. Die soziale Fürsorge für die Armen und in Not geratene Brüder oder deren Angehörige war über Jahrhunderte eine Hauptaufgabe, bis der Staat in die soziale Fürsorge eintrat. Die Banken förderten namhafte Künstler in ihrer Heimatstadt, indem sie den Artushof und die Kapellen ausgestalten ließen. Im 19. Jahrhundert beschäftigten die Banken Historiker, um die Geschichte der Banken und die der Stadt aufzuarbeiten.
Heutige Aufgaben sind i.W. kultureller Natur.
Literatur:
https://www.bankenbrueder.de/tl_files/u ... uebeck.pdf
Zakrezewski, Stefan: Der Tradition verbunden und der Zukunft verpflichtet : die Brüderschaften des Danziger Artushofes, Studia Germanica Gedanensia 31, 289-300, 2014.
https://bazhum.muzhp.pl/media//files/St ... 89-300.pdf
32 mm, 10,28 g
Hutten-Czapski 7881, Slg. Marienburg 8798, Dutkowski/Suchanek 722
Die Brüderschaft existiert noch heute, hat Ihren Sitz nach dem Ende des 2. Weltkrieges nach Lübeck verlegt.
Bankenbrüderschaften in Danzig
Vor über 600 Jahren bildeten Kaufleute und Schiffer in der Hansestadt Danzig eine Vereinigung, die „die gemeine Gilde“. Sie trafen sich im Artushof, um Informationen über ihre Handelsreisen auszutauschen und die Geselligkeit zu pflegen. Aus den durch landsmannschaftliche Herkunft geprägten Tischrunden (Banken) bildeten sich Ende des 15. Jahrhunderts selbständige Brüderschaften. Sitzgruppen aus langen Tischen und Bänken förderten das Zusammenwachsen der Brüderschaften. Aus den Tischrunden wurden „Bankenbrüderschaften“ oder kurz „Banken“.
Zur Namensgebung der Banken
Die meisten Banken nannten sich nach ihrem Schutzpatron, wie das dem damaligen christlichen Weltbild entsprach. Die St. Reinholds-Bank wird 1481 das erste Mal erwähnt; westfälische Kaufleute waren wohl ihre ersten Brüder. Die ehemals Lübische Bank benennt sich in ihrem Statut von 1482 nach St. Christophorus. Die Heilige Drei Könige Bank ist seit 1483 nachweisbar. Ihr Name weist auf Verbindungen zu Kaufleuten aus Köln hin. Da Köln das Zentrum der Verehrung der Heiligen Drei-König war, ist ein Einfluss bei der Wahl des Patronats wahrscheinlich. Von der vierten Bank der Banken- Brüderschaften, der „Unter (der) Marienburg“, wird 1487 berichtet. Diese Brüderschaft saß im Artushof unter dem Gemälde der Marienburg und ergänzte später ihren Namen um den Zusatz „zu unserer lieben Frauen Rosenkranz“.
Wirken der Banken
Entsprechend der mittelalterlichen Lebensart verstanden sich die Banken zunächst als religiöse Gebetsbrüderschaften. Sie richteten eigene Kapellen in Kirchen und Klöstern ein und hielten dort mit eigens angestellten Priestern Gottesdienste ab. Den Charakter von Gebetsbrüderschaften legten sie aber nach der Reformation ab. Schon bei ihrer Gründung unter dem Dach des Artushofes waren Standesinteressen und das Bedürfnis nach Informationsaustausch in den Vordergrund getreten. Ihre Aufgaben sahen sie aber weiterhin in der sozialen und religiösen Fürsorge. Die soziale Fürsorge für die Armen und in Not geratene Brüder oder deren Angehörige war über Jahrhunderte eine Hauptaufgabe, bis der Staat in die soziale Fürsorge eintrat. Die Banken förderten namhafte Künstler in ihrer Heimatstadt, indem sie den Artushof und die Kapellen ausgestalten ließen. Im 19. Jahrhundert beschäftigten die Banken Historiker, um die Geschichte der Banken und die der Stadt aufzuarbeiten.
Heutige Aufgaben sind i.W. kultureller Natur.
Literatur:
https://www.bankenbrueder.de/tl_files/u ... uebeck.pdf
Zakrezewski, Stefan: Der Tradition verbunden und der Zukunft verpflichtet : die Brüderschaften des Danziger Artushofes, Studia Germanica Gedanensia 31, 289-300, 2014.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Häufig bleibt der Verwendungszweck von Marken und Zeichen im Dunkeln, da in den Archivalien zwar wohl Eintragungen über die Ausgaben von Marken zu finden sind, diese aber i.d.R. nicht beschrieben wurden.
So verhält es sich auch bei dieser Marke des Kurfürstentums Bayern:
17x19 mm, 4,78 g
Kull -, Witt. -, Neumann -, Stahl - , Beierlein –
Im Virtuellen Kabinett der Staatl. Münzsammlung in München befand sich dieser Eintrag:
"Bei der vorliegenden Bleimarke ist, außer der Herkunft aus dem Kurfürstentum Bayern, nichts bekannt. Für die Entstehungszeit kommt sowohl die Herrschaftszeit Maximilians I. als Kurfürst (1623-1651), als auch die seines Sohnes Ferdinand Maria (1651-1679) in Frage. Wegen der römischen sechs auf der Rückseite wird sie auch als Marke zu sechs Kreuzern bezeichnet, was allerdings nicht gesichert ist. Für die nachträglich eingepunzten Zahlen auf der Vorderseite fehlt bisher auch ein guter Erklärungsansatz. Ebenso ist die Auflösung der Legende DF - AA noch nicht abschließend gelungen. Ebenso ist der Grund für die Verwendung von Blei unklar. Bayerische Wertmarken aus der Zeit Ferdinand Marias wurden normalerweise aus Kupfer gefertigt. Somit lässt sich festhalten, dass diese äußerst seltene Marke noch viele Fragen aufwirft, aber auf jeden Fall eine große Besonderheit in der bayerischen Numismatik darstellt."
Leider funktioniert der Link zu dieser Marke nicht mehr. Das Exemplar der Münzsammlung hatte die Punze „604“. Für Hinweise auf Literatur, in der die Marke beschrieben ist, oder Ansätze zur Interpretation der Legende, wäre ich dankbar.
So verhält es sich auch bei dieser Marke des Kurfürstentums Bayern:
17x19 mm, 4,78 g
Kull -, Witt. -, Neumann -, Stahl - , Beierlein –
Im Virtuellen Kabinett der Staatl. Münzsammlung in München befand sich dieser Eintrag:
"Bei der vorliegenden Bleimarke ist, außer der Herkunft aus dem Kurfürstentum Bayern, nichts bekannt. Für die Entstehungszeit kommt sowohl die Herrschaftszeit Maximilians I. als Kurfürst (1623-1651), als auch die seines Sohnes Ferdinand Maria (1651-1679) in Frage. Wegen der römischen sechs auf der Rückseite wird sie auch als Marke zu sechs Kreuzern bezeichnet, was allerdings nicht gesichert ist. Für die nachträglich eingepunzten Zahlen auf der Vorderseite fehlt bisher auch ein guter Erklärungsansatz. Ebenso ist die Auflösung der Legende DF - AA noch nicht abschließend gelungen. Ebenso ist der Grund für die Verwendung von Blei unklar. Bayerische Wertmarken aus der Zeit Ferdinand Marias wurden normalerweise aus Kupfer gefertigt. Somit lässt sich festhalten, dass diese äußerst seltene Marke noch viele Fragen aufwirft, aber auf jeden Fall eine große Besonderheit in der bayerischen Numismatik darstellt."
Leider funktioniert der Link zu dieser Marke nicht mehr. Das Exemplar der Münzsammlung hatte die Punze „604“. Für Hinweise auf Literatur, in der die Marke beschrieben ist, oder Ansätze zur Interpretation der Legende, wäre ich dankbar.
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
An anderer Stelle (viewtopic.php?f=45&t=67264&p=618395&hil ... rg#p618395) hatte ich bereits eine Zunftmarke der „Zijdenlakenkopers en Kramers“ (Seidentuchhändler und Krämer) der Stadt Middelburg aus dem Jahre 1689 vorgestellt. Ich möchte diesmal etwas intensiver auf den historischen Hintergrund der Marke eingehen.
D 57,0 mm, 39,48 g
Wittop Koning K. 4.5; Dirks 73.62, Minard 374
Ex veiling Fred. Muller van 18-21 maart 1907, no. 597
Ex veiling Schulman 25 van 23 apr. 2001, no. 2970
Die Marke trägt die Zahl 144 (graviert), dies diente der Identifizierung der Mitglieder.
Auf der Vorderseite wird ein Tuchladen gezeigt. Hinter dem Ladentisch ist der Ladenbesitzer zu sehen, der mit dem Meter in der Hand Stoff oder anderes Material abmisst. Im Vordergrund ist ein Herr mit einem Federhut zu sehen. Sein Mantel ist offen. Er trägt kurze Hosen, niedrige Schuhe mit Rosetten und Handschuhe mit langen Stulpen. Ihm gegenüber steht eine Dame, barhäuptig, mit einem ausgeschnittenen Mieder, Puffärmeln, einem weiten Rock und einer hochgekrempelten Tunika. Sie zeigt mit ihrer rechten Hand auf ein Bündel Stoff. Zwischen ihnen sitzt ein kleiner Hund.
Auf der Rückseite befindet sich ein gefaltetes Stoffbündel, darüber ein gekrönter Hut mit Kordel, breiter, flacher Krempe und links eine Feder. Um diese Teil herum von links entgegen dem Uhrzeigersinn: Ein Zwicker (bügellose Nasen-Klemm-Brille), Bürste, Bündel Knöpfe, drei Rollen, Bündel Werkzeuge, Kamm, Lichtlöscher.
In den Umschriften sind Personen, die in der Gilde Ämter inne hatten (z.B. Oberdekan, Dekan, etc.) benannt.
Trotz des Medaillenartigen Aussehens (Größe und Detailreichtum) handelt es sich um funktionelle Marken: Präsenzzeichen.
Die „Zijdenlakenkopers en Kramersgilde“ ging aus der sehr alten „Cramersgilde“ hervor, von der Aufzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert bekannt sind. Diese hatte 1593 eine derartige Größe erreicht, dass man beschloss sie in verschiedene Gilden aufzuteilen. So wurden die Gilde der „Wollenlakenkoopers en Lakensnijders.“ (Wolltuchhändler und Tuchschneider) abgespalten und aus der Cramersgilde wurde die Gilde der „Zijdenlakenkopers en Kramers“. Die beiden Gilden wurden erst wieder Anfang des 18. Jahrhunderts vereinigt.
Bereits die erste Marke, die 1592 hergestellt wurde und nur 38 mm Durchmesser hatte, nimmt die später verfeinerten Motive der Vorderseite (Ladengeschäft) und Rückseite (mit dem Handwerk in Verbindung stehende Gegenstände) auf, wobei sich im Laufe der Zeit die Mode wandelte. 1592 wurde noch ein spanisches Gewand getragen.
1656, 1677, 1689 und 1705 wurden dann die großen Marken gegossen.
In den Rechnungsbüchern des Jahres 1689 findet sich der Eintrag: „Betaelt aen JAN STANGENIETE voor het uytsnyden en graveren van een gildepenninck, opdat deselve bekwaam sou wesen om af te drucken en andere naer te gieten" Der Preis für die Formen betrug 11 Gulden, 14 Stuiver. Jan Stangeniete wurde bereits 1662 in die Gilde der Silberschmiede aufgenommen. Das oben genannt „Drucken“ hat vermutlich etwas damit zu tun, dass die fertigen Gussmodelle in Gießereisand gepresst wurden.
Eine wichtige Funktion der Marken war die Kontrolle, dass die Zunftmitglieder Ihre Pflichten erfüllten und z.B. an den Beerdigungen der verstorbenen Mitglieder teilnahmen.
Zur Vereinfachung der Kontrolle wurde im Jahr 1689 ein Holzbrett gekauft, „om de gildepenningen op te sorteren , als die van de Lijeken komen" (um die Zunftmarken zu sortieren, sobald sie von den Leichen eintreffen). Das Brett war nicht teuer, kostete nur fünf Schilling, und sah trotzdem ordentlich aus, denn ein gewisser VAN DAMME musste es bemalen und nummerieren. Sobald der Knappe die Marken nach der Beerdigung von den teilnehmenden Mitgliedern erhielt, legte er sie auf dem Brett aus. Wie beim Einmaleins wurden Linien und Zahlen darauf gemalt, sodass die Marken leicht sortiert, fehlende Zahlen notiert und deren Besitzer bestraft werden konnten.
Trotz der großen Anzahl vorhandener Marken gingen diese bald wieder aus, sodass 1690 60 weitere angefertigt wurden. DIRCK HOOGH, wahrscheinlich von Beruf Messinggießer, da sein Name unter den Middelburger Silberschmieden nicht auftaucht, fertigte diese Arbeit für 19 Schilling an; das sind weniger als 2 Stuiver pro Stück.
Von den gravierten Zahlen sind Nummern bis 175 bekannt.
Literatur:
M.A.G de Man: Over den gildepenning van de Wollenlakenkoopers en – Snijders en over de penningen van den Zijdenlakenkoopers en kramers te Middelburg. Jaarboek Munt en Penningkunde, 1929, S. 33-65
https://jaarboekvoormuntenpenningkunde. ... /1929b.pdf
Wittop Koning, DA, De Penningen der Noord Nederlands Ambachtsgilden, 1978, S.21-22.
D 57,0 mm, 39,48 g
Wittop Koning K. 4.5; Dirks 73.62, Minard 374
Ex veiling Fred. Muller van 18-21 maart 1907, no. 597
Ex veiling Schulman 25 van 23 apr. 2001, no. 2970
Die Marke trägt die Zahl 144 (graviert), dies diente der Identifizierung der Mitglieder.
Auf der Vorderseite wird ein Tuchladen gezeigt. Hinter dem Ladentisch ist der Ladenbesitzer zu sehen, der mit dem Meter in der Hand Stoff oder anderes Material abmisst. Im Vordergrund ist ein Herr mit einem Federhut zu sehen. Sein Mantel ist offen. Er trägt kurze Hosen, niedrige Schuhe mit Rosetten und Handschuhe mit langen Stulpen. Ihm gegenüber steht eine Dame, barhäuptig, mit einem ausgeschnittenen Mieder, Puffärmeln, einem weiten Rock und einer hochgekrempelten Tunika. Sie zeigt mit ihrer rechten Hand auf ein Bündel Stoff. Zwischen ihnen sitzt ein kleiner Hund.
Auf der Rückseite befindet sich ein gefaltetes Stoffbündel, darüber ein gekrönter Hut mit Kordel, breiter, flacher Krempe und links eine Feder. Um diese Teil herum von links entgegen dem Uhrzeigersinn: Ein Zwicker (bügellose Nasen-Klemm-Brille), Bürste, Bündel Knöpfe, drei Rollen, Bündel Werkzeuge, Kamm, Lichtlöscher.
In den Umschriften sind Personen, die in der Gilde Ämter inne hatten (z.B. Oberdekan, Dekan, etc.) benannt.
Trotz des Medaillenartigen Aussehens (Größe und Detailreichtum) handelt es sich um funktionelle Marken: Präsenzzeichen.
Die „Zijdenlakenkopers en Kramersgilde“ ging aus der sehr alten „Cramersgilde“ hervor, von der Aufzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert bekannt sind. Diese hatte 1593 eine derartige Größe erreicht, dass man beschloss sie in verschiedene Gilden aufzuteilen. So wurden die Gilde der „Wollenlakenkoopers en Lakensnijders.“ (Wolltuchhändler und Tuchschneider) abgespalten und aus der Cramersgilde wurde die Gilde der „Zijdenlakenkopers en Kramers“. Die beiden Gilden wurden erst wieder Anfang des 18. Jahrhunderts vereinigt.
Bereits die erste Marke, die 1592 hergestellt wurde und nur 38 mm Durchmesser hatte, nimmt die später verfeinerten Motive der Vorderseite (Ladengeschäft) und Rückseite (mit dem Handwerk in Verbindung stehende Gegenstände) auf, wobei sich im Laufe der Zeit die Mode wandelte. 1592 wurde noch ein spanisches Gewand getragen.
1656, 1677, 1689 und 1705 wurden dann die großen Marken gegossen.
In den Rechnungsbüchern des Jahres 1689 findet sich der Eintrag: „Betaelt aen JAN STANGENIETE voor het uytsnyden en graveren van een gildepenninck, opdat deselve bekwaam sou wesen om af te drucken en andere naer te gieten" Der Preis für die Formen betrug 11 Gulden, 14 Stuiver. Jan Stangeniete wurde bereits 1662 in die Gilde der Silberschmiede aufgenommen. Das oben genannt „Drucken“ hat vermutlich etwas damit zu tun, dass die fertigen Gussmodelle in Gießereisand gepresst wurden.
Eine wichtige Funktion der Marken war die Kontrolle, dass die Zunftmitglieder Ihre Pflichten erfüllten und z.B. an den Beerdigungen der verstorbenen Mitglieder teilnahmen.
Zur Vereinfachung der Kontrolle wurde im Jahr 1689 ein Holzbrett gekauft, „om de gildepenningen op te sorteren , als die van de Lijeken komen" (um die Zunftmarken zu sortieren, sobald sie von den Leichen eintreffen). Das Brett war nicht teuer, kostete nur fünf Schilling, und sah trotzdem ordentlich aus, denn ein gewisser VAN DAMME musste es bemalen und nummerieren. Sobald der Knappe die Marken nach der Beerdigung von den teilnehmenden Mitgliedern erhielt, legte er sie auf dem Brett aus. Wie beim Einmaleins wurden Linien und Zahlen darauf gemalt, sodass die Marken leicht sortiert, fehlende Zahlen notiert und deren Besitzer bestraft werden konnten.
Trotz der großen Anzahl vorhandener Marken gingen diese bald wieder aus, sodass 1690 60 weitere angefertigt wurden. DIRCK HOOGH, wahrscheinlich von Beruf Messinggießer, da sein Name unter den Middelburger Silberschmieden nicht auftaucht, fertigte diese Arbeit für 19 Schilling an; das sind weniger als 2 Stuiver pro Stück.
Von den gravierten Zahlen sind Nummern bis 175 bekannt.
Literatur:
M.A.G de Man: Over den gildepenning van de Wollenlakenkoopers en – Snijders en over de penningen van den Zijdenlakenkoopers en kramers te Middelburg. Jaarboek Munt en Penningkunde, 1929, S. 33-65
https://jaarboekvoormuntenpenningkunde. ... /1929b.pdf
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Im Zusammenhang mit Bautätigkeiten hat die Stadt Bern hat über die Jahre immer wieder Marken herausgegeben. Der historischen Kontext habe ich bereits an anderer Stelle in diesem Forum wieder gegeben (viewtopic.php?f=50&t=62910&p=631977&hilit=Bern#p631977).
Die gesichert älteste Marke der Stadt Bern, die mit dem Schanzenbau in Verbindung steht, stammt aus dem Jahre 1617 – die Ikonographie der Rückseite (Bickel und Hackmesser, gekreuzt) ist eindeutig.
Cu
22 mm, 4,03 g
Ruegg 10a, Neumann -, Stahl –
Eine frühe Berner Marke aus dem Jahre 1558 (Vs.: Bär, Jz; Rs: B) könnte ein Vorläufer der oben gezeigten Marke sein - das ist aber nicht gesichert.
Nach Ruegg wurde diese Marke beim Schanzenbau benutzt. Die Schanzen, bestehend aus der Grossen und der Kleinen Schanze, sind Teile der letzten Berner Stadtbefestigung im Westen der Altstadt aus dem 17. Jahrhundert. Die kleine Schanze besteht aus der Bastion Wächter, die 1623 fertiggestellt wurde.
Ruegg schreibt zu den Marken, die beim Schanzenbau, vom Bauamt, bei Bauten im Marzili, sowie anderen Baustellen verwendet worden sind:
Diese Marken sollen bei Fertigstellung von Bauten armen Arbeitern abgegeben worden sein, wofür diese gratis Wein (1 Mass), Brot (2 Pfund) oder Käse (1/4 Pfund) erhielten (Notizen in der Sammlung Isenschmid, Burgerarchiv Thun). Sie dürften auch bei Aufrichtefesten sowie für eine „Suppe mit Brot“ in der Musanstalt (s. HMZ 1984, Nr. 5, S. 225) abgegeben worden sein, denn im „Pensions-Buch“ des Bauamtes der Stadt Bern (1756-1761, Nr. A 149, Stadtkanzlei) sind unter Abfindungen für verschiedene Bauherren auch Zahlungen an den Mushafen aufgeführt.
(Anm.: Ein Mushafen ist wörtlich ein «Breitopf» und bezeichnet in Bern und Zürich je eine nachreformatorische Almosenstiftung. Dies waren wohltätige Stiftungen, welche die Speisung von Armen, bedürftigen Studenten und Schülern mit Mus, Brot und teilweise Fleisch finanzierten.)
Bern hat im 18. Jahrhundert i.d.R. Stempel anderer Münzen benutzt, so wie bei dieser Messingmarke des Bauamtes, die nach 1787 gefertigt wurde.
Für die Vorderseite wurde der Stempel des 20 Kreutzer 1787 verwendet.
26,5 mm, 6,79 g
Rüegg 16, Stahl 140, Neumann 11185b
Es gibt diesen Rückseitenstempel auch mit 20 Kreuzern o.J, 1728, 1760 und 1764.
Bei nachstehender, recht seltenen, Marke, die auch in Verbindung mit Handwerksarbeiten verwendet und nach 1723 hergestellt wurde, wurden gleich zwei andere Stempel verwendet
28 mm, 8,86 g
Rüegg 64, Stahl -, Neumann –
Für die Vorderseite wurde der Stempel der 20 Kreuzer Schulprämie (o.J., hergestellt 1723) verwendet, für die Rückseite dagegen ein nicht verwendeter 4 Dukatenstempel aus dem Jahre 1680.
1984 wurden beim Umbau eines 1768 gebauten Hauses an der Münstergasse in Bern unter einem Fensterrahmen, neben 11 Marken mit einem anderen Av.-Stempel (Ruegg 63), nur gerade 1 Marke von diesem Vorderseitenstempel gefunden. Sie alle dienten der Justierung des Fensterrahmens. Da jedoch beide verwendeten Vorderseitenstempel von Schulprämien ab 1723 stammen, könnte dieses Jahr als Herstellungsdatum vermutet werden. Die Handwerkermarken waren möglicherweise bereits 1768 nicht mehr in ihrem ursprünglichen Gebrauch.
Literatur
Ruegg, Willi: Marken und Jetons der Stadt Bern und deren näheren Umgebung 1558-1970. Sonderdruck aus Helvetische Münzzeitung 1986-1988
https://de.wikipedia.org/wiki/Schanzen_ ... se_Schanze
https://de.wikipedia.org/wiki/Mushafen,
Die gesichert älteste Marke der Stadt Bern, die mit dem Schanzenbau in Verbindung steht, stammt aus dem Jahre 1617 – die Ikonographie der Rückseite (Bickel und Hackmesser, gekreuzt) ist eindeutig.
Cu
22 mm, 4,03 g
Ruegg 10a, Neumann -, Stahl –
Eine frühe Berner Marke aus dem Jahre 1558 (Vs.: Bär, Jz; Rs: B) könnte ein Vorläufer der oben gezeigten Marke sein - das ist aber nicht gesichert.
Nach Ruegg wurde diese Marke beim Schanzenbau benutzt. Die Schanzen, bestehend aus der Grossen und der Kleinen Schanze, sind Teile der letzten Berner Stadtbefestigung im Westen der Altstadt aus dem 17. Jahrhundert. Die kleine Schanze besteht aus der Bastion Wächter, die 1623 fertiggestellt wurde.
Ruegg schreibt zu den Marken, die beim Schanzenbau, vom Bauamt, bei Bauten im Marzili, sowie anderen Baustellen verwendet worden sind:
Diese Marken sollen bei Fertigstellung von Bauten armen Arbeitern abgegeben worden sein, wofür diese gratis Wein (1 Mass), Brot (2 Pfund) oder Käse (1/4 Pfund) erhielten (Notizen in der Sammlung Isenschmid, Burgerarchiv Thun). Sie dürften auch bei Aufrichtefesten sowie für eine „Suppe mit Brot“ in der Musanstalt (s. HMZ 1984, Nr. 5, S. 225) abgegeben worden sein, denn im „Pensions-Buch“ des Bauamtes der Stadt Bern (1756-1761, Nr. A 149, Stadtkanzlei) sind unter Abfindungen für verschiedene Bauherren auch Zahlungen an den Mushafen aufgeführt.
(Anm.: Ein Mushafen ist wörtlich ein «Breitopf» und bezeichnet in Bern und Zürich je eine nachreformatorische Almosenstiftung. Dies waren wohltätige Stiftungen, welche die Speisung von Armen, bedürftigen Studenten und Schülern mit Mus, Brot und teilweise Fleisch finanzierten.)
Bern hat im 18. Jahrhundert i.d.R. Stempel anderer Münzen benutzt, so wie bei dieser Messingmarke des Bauamtes, die nach 1787 gefertigt wurde.
Für die Vorderseite wurde der Stempel des 20 Kreutzer 1787 verwendet.
26,5 mm, 6,79 g
Rüegg 16, Stahl 140, Neumann 11185b
Es gibt diesen Rückseitenstempel auch mit 20 Kreuzern o.J, 1728, 1760 und 1764.
Bei nachstehender, recht seltenen, Marke, die auch in Verbindung mit Handwerksarbeiten verwendet und nach 1723 hergestellt wurde, wurden gleich zwei andere Stempel verwendet
28 mm, 8,86 g
Rüegg 64, Stahl -, Neumann –
Für die Vorderseite wurde der Stempel der 20 Kreuzer Schulprämie (o.J., hergestellt 1723) verwendet, für die Rückseite dagegen ein nicht verwendeter 4 Dukatenstempel aus dem Jahre 1680.
1984 wurden beim Umbau eines 1768 gebauten Hauses an der Münstergasse in Bern unter einem Fensterrahmen, neben 11 Marken mit einem anderen Av.-Stempel (Ruegg 63), nur gerade 1 Marke von diesem Vorderseitenstempel gefunden. Sie alle dienten der Justierung des Fensterrahmens. Da jedoch beide verwendeten Vorderseitenstempel von Schulprämien ab 1723 stammen, könnte dieses Jahr als Herstellungsdatum vermutet werden. Die Handwerkermarken waren möglicherweise bereits 1768 nicht mehr in ihrem ursprünglichen Gebrauch.
Literatur
Ruegg, Willi: Marken und Jetons der Stadt Bern und deren näheren Umgebung 1558-1970. Sonderdruck aus Helvetische Münzzeitung 1986-1988
https://de.wikipedia.org/wiki/Schanzen_ ... se_Schanze
https://de.wikipedia.org/wiki/Mushafen,
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Hallo Zusammen,
nachdem alte Marken und Zeichen auch eines meiner Steckenpferde sind, werde ich mich künftig ebenfalls aktiv an diesem schönen Thread beteiligen.
Als Start zeige ich heute eine recht ungewöhnliche Marke:
Stadt Utrecht (Niederlande)
Silberne Weinmarke 1661
Vs.: Gekröntes Stadtwappen von zwei Löwen gehalten, Inschrift: VIN • HON / URB • TRA
Rs.: Weinranken über Waffen und Rüstungsteilen, darunter Jahreszahl
Gewicht: 6,83 Gramm
Durchmesser: 29,7 mm
Auf Initiative des Utrechter Stadtrats wurde diese Marke an Mitglieder des Stadtrates verliehen. Die beschenkten Honorationen konnten dann einen Abend lang Schütze spielen und als Zeichen der Wertschätzung im Namen der Stadt mit dieser Marke in einem Gasthaus einen Krug Wein bestellen. Der Wirt konnte die Marke dann am nächsten Tag bei der Stadtkasse gegen normales Geld eintauschen. Die Abkürzung „VIN HON URB TRA" steht für „vinum honorarium urbis Trajectum", was so viel bedeutet wie „Wein als Verdienst der Stadt Utrecht". Solche Marken können somit zu Recht ‚Weinmedaillen‘ oder ‚Weinmarke‘ genannt werden; Schützenmedaillen im engeren Sinn sind es schließlich nicht.
Literatur: Minard 439 | van Orden 7.8
nachdem alte Marken und Zeichen auch eines meiner Steckenpferde sind, werde ich mich künftig ebenfalls aktiv an diesem schönen Thread beteiligen.
Als Start zeige ich heute eine recht ungewöhnliche Marke:
Stadt Utrecht (Niederlande)
Silberne Weinmarke 1661
Vs.: Gekröntes Stadtwappen von zwei Löwen gehalten, Inschrift: VIN • HON / URB • TRA
Rs.: Weinranken über Waffen und Rüstungsteilen, darunter Jahreszahl
Gewicht: 6,83 Gramm
Durchmesser: 29,7 mm
Auf Initiative des Utrechter Stadtrats wurde diese Marke an Mitglieder des Stadtrates verliehen. Die beschenkten Honorationen konnten dann einen Abend lang Schütze spielen und als Zeichen der Wertschätzung im Namen der Stadt mit dieser Marke in einem Gasthaus einen Krug Wein bestellen. Der Wirt konnte die Marke dann am nächsten Tag bei der Stadtkasse gegen normales Geld eintauschen. Die Abkürzung „VIN HON URB TRA" steht für „vinum honorarium urbis Trajectum", was so viel bedeutet wie „Wein als Verdienst der Stadt Utrecht". Solche Marken können somit zu Recht ‚Weinmedaillen‘ oder ‚Weinmarke‘ genannt werden; Schützenmedaillen im engeren Sinn sind es schließlich nicht.
Literatur: Minard 439 | van Orden 7.8
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Re: Alte Marken und Zeichen und Ihr Hintergrund
Durch zahlreiche Funde in den letzten Jahrzehnten ist eine außerordentliche Vielfalt an Danziger Marken, meist eine Pb/Sn Legierung, bekannt geworden. Leider gibt es keine zusammenfassende Darstellung. Das Werk von Dutkowski & Suchanek ist äußerst lückenhaft. Am Interessantesten sind die vielen Beiträge von Prof. Tomasz Maćkowski zu diesem Thema.
Heute möchte ich anhand einiger Marken das Spektrum der Armenmarken in Danzig vorstellen.
Die ältesten in Danzig gefundenen Marken werden auf die 2. Hälfte des 14. und 15. Jahrhunderts datiert. Es handelt sich meist um Scheiben mit einer Ikonographie in Form eines Kreisfeldes, das durch ein Kreuz in Viertel oder noch kleinere Teile geteilt ist, sowie mit Stern- und Blumendarstellungen. M. Mitchiner und A. Skinner führen die Ursprünge dieser Art von Kreationen auf die Pilgerbewegung zurück. Während der Denar noch eine zu große Geldeinheit war, um kleine Dienstleistungen zu bezahlen, konnte man mit den Zinnmarken und später mit den von der Kirche ausgegebenen Bleimarken eine kleine Mahlzeit in einem Gasthaus bezahlen, Mautgebühren entrichten oder übernachten.
Auf ähnliche Weise finanzierten die mittelalterlichen Ordensgemeinschaften materielle Hilfen für Kleriker, Kirchendiener und die Unterstützung der Armen.
In diese Kategorie gehört diese Marke:
19 mm, 7,11 g
D&S -; Vgl.: Maćkowski, Tomasz: „Znaki ołowiane (tokeny/ żetony) z wykopalisk przy ul. Chmielnej 73–74 w Gdańsku”, Dantisum 1 (2016), S. 228, Nr. 23
Maćkowski beschreibt eine Marke (oktagonal, 20x15 mm) mit identischer Ikonographie (9 strahliger Stern), die aus einer zwischen 1398-1536 datierten Fundschicht stammt.
Die Form ähnelt in gewisser Weise den ikonografischen Darstellungen der spätmittelalterlichen Almosenmarken aus Westeuropa. In Danzig wurden in der Rajska-Straße in großer Zahl „kirchliche“ Bleimarken gefunden, die Sterne mit Kugeln oder Sterne über einer Halbmondlinie darstellten. Sie hatten wahrscheinlich einen Almosencharakter. Die Bezeichnung des Artefakts als „kirchlich“ bezieht sich auf die damalige Praxis, bei der vor allem Pfarreien (den Pfarreien angeschlossene Bruderschaften), Abteien und Klöster diese Art der Hilfe (Lebensmittel, Versorgung in Heimen und Krankenhäusern) organisierten. Diese Art der Hilfe konnte jedoch auch von städtischen Behörden oder weltlichen Bruderschaften geleistet werden, die den Armen finanzielle Unterstützung gewährten.
Ab dem 16. Jahrhundert verwendete die Danziger Obrigkeit Bleimarken mit dem Stadtwappen, um den Einwohnern die Erfüllung der Mautpflicht, die Entrichtung bestimmter Steuern - insbesondere der Verbrauchssteuer - sowie das Recht zum Betreten und die Möglichkeit zum Handel innerhalb der Stadtmauern nachzuweisen. Das Stadtwappen wurde auch für Marken verwendet, die die Bettelberechtigten kennzeichneten, und wahrscheinlich auch für die aus dem städtischen Haushalt finanzierte Armenhilfe.
Der polnische König Kasimir IV. hatte der Stadt am 25. Mai 1457 das Recht verliehen, ihr bis dahin aus zwei weißen Kreuzen bestehendes Wappen durch das Hinzufügen einer goldenen Krone über den Kreuzen zu ändern. Für die Armenmarke verwendete die Stadt weiterhin das Wappen ohne Krone. Die Größe der Marken hatte etwas mit Ihrem Wert zu tun, die Armenmarken sind eher klein.
15 mm, 2,19 g
D&S -, Exemplar der Sammlung Mieczysława Króla
vom Auktionshaus auf das 15. Jhdt. datiert.
In ähnlicher Weise, aber mit eigenem Wappen, organisierten die städtischen Bruderschaften, wie z. B. die St. Georgs-Bruderschaft oder die Dreikönigs-Bruderschaft, ihre Armenhilfe.
Dies beweist zum Beispiel der älteste bekannte Hinweis auf Artefakte dieser Art aus Danzig, der sich auf die Bruderschaft des Heiligen Nikolaus bezieht, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in der Marienkirche tätig war. Sie unterstützte die Priester und Kirchendiener sowie die Armen, die jedes Mal im Austausch gegen ein Zinnzeichen Lebensmittel oder finanzielle Hilfe erhielten.
Dieses System wurde im 16. und 17. Jahrhundert fortgesetzt. Paul Simson stellt fest, dass die städtischen Behörden in der St. Marienkirche mindestens seit 1530 60 Bettler mit Kupfermarken (tokens) ausstatteten („Kupfer“ muss ein Fehler sein), die sie dann gegen Naturalien oder einen Schilling eintauschen konnten. Im Jahr 1530 wurden 45 “Geldstücke“ für diesen Zweck bereitgestellt. Der Brauch einer jährlichen, von der Stadtverwaltung finanzierten Almosengabe am Tag der Maria Magdalena (22. Juni) wurde zumindest bis zum Ende des 16. Jahrhunderts beibehalten. 60 Personen erhielten damals ein "Zeichen", für das sie an diesem Tag Schmalz, Rauchfleisch oder zumindest Brötchen und Butter erhalten konnten. Im Jahr 1597 erhielt jeder von ihnen dafür 30 Pfennige (eineinhalb Geldstücke).
Die Zeichen mit zwei Kreuzen hatten wahrscheinlich die gleiche Funktion wie die Zeichen mit dem Buchstaben „A“ oder der Ligatur „A/T“, die aus den Worten Armen Teken - „Zeichen für die Armen“ - zusammengesetzt ist.
18 mm, 3,78 g
D&S -
Die frühesten datierten Armenmarken stammen aus dem 16. Jahrhundert. Im Anschluss nun eine Armenmarke, deren Ikonographie auf eine kirchliche Wohltätigkeitsküche schließen läßt:
20x21 mm, 8,95 g
D&S -
Sie zeigt auf der einen Seite zwei gekreuzte Schöpfkellen, darüber der Buchstabe V, unten die Jahreszahl 1631 und auf der anderen in einer oktagonalen Verzierung einen Messkelch in einer Kartusche.
Auch zu den Armenmarken dürfte dieses Exemplar gehören, auch wenn die Bedeutung nicht geklärt ist:
20x19 mm, 3,88 g
D&S -
Es zeigt das gekrönte Wappen, umher A-S, M-B und 16-45. Die Marke wurde auf eine ältere überprägt.
Dutkowski & Suchanek 718 beschreibt ein praktisch gleiches Exemplar, allerdings ohne M-B, als Hospitalmarke für Arme. Die Verwendung von M-B kennt man von privaten Zeichen (Dutkowski & Suchanek 742, 743), die u.a. auch zur Abrechnung sozialer Leistungen oder als Begräbniszeichen verwendet wurden, die es den Armen ermöglichte Speisen während der Begräbnisfeierlichkeiten zu erhalten.
Literatur
Maćkowski, Tomasz: NUMIZMATYKA NA POGRANICZU RÓŻNYCH SPECJALNOŚCI ŻETONY CZY TOKENY? UWAGI O NAZEWNICTWIE NOWOŻYTNYCH NUMIZMATÓ: Acta Archaeologica Lodziensia 61, 2015, 111-117.
Mitchiner M. i Skinner A. 1983. English Tokens, c. 1200 to 1425. „British Numismatic Journal” 53, S.34.
Maćkowski, Tomasz: Funkcjonowanie w społeczeństwie miejskim artefaktów z herbem Gdańska, Rocznik Polskiego Towarzystwa Heraldycznego, ISSN 1230-803X, Tom 23(34), 2023, S. 53.-67
Hirsch, Teodor: Die Geschichte der Ober‑Pfarrkirche von St. Marien in Danzig in ihren Denkmälern und in ihren Beziehungen zum kirchlichen Leben Danzigs überhaupt, Tl. 1 (Danzig: S. Anhuth, 1843), S.193. Dort wird auf ein Dokument aus dem Jahre 1463 hingewiesen.
Paul Simson, Geschichte der Stadt Danzig, Bd. 2 (Danzig: A.W. Kafemann, 1917), S.185
Max Foltz, „Der Danziger Stadthaushalt am Ende des 16. Jahrhunderts”, Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins 49 (1907), S.160.
Maćkowski, Tomasz, Funkcjonowanie w społeczeństwie miejskim artefaktów z herbem Gdańska, Rocznik Polskiego Towarzystwa Heraldycznego, ISSN 1230-803X, Tom 23(34), 2023, S. 53.-67
Gutoswki, Jaroslaw / Suchanek, Adam: Corpus Nummorum Gedanensis, 2000
Heute möchte ich anhand einiger Marken das Spektrum der Armenmarken in Danzig vorstellen.
Die ältesten in Danzig gefundenen Marken werden auf die 2. Hälfte des 14. und 15. Jahrhunderts datiert. Es handelt sich meist um Scheiben mit einer Ikonographie in Form eines Kreisfeldes, das durch ein Kreuz in Viertel oder noch kleinere Teile geteilt ist, sowie mit Stern- und Blumendarstellungen. M. Mitchiner und A. Skinner führen die Ursprünge dieser Art von Kreationen auf die Pilgerbewegung zurück. Während der Denar noch eine zu große Geldeinheit war, um kleine Dienstleistungen zu bezahlen, konnte man mit den Zinnmarken und später mit den von der Kirche ausgegebenen Bleimarken eine kleine Mahlzeit in einem Gasthaus bezahlen, Mautgebühren entrichten oder übernachten.
Auf ähnliche Weise finanzierten die mittelalterlichen Ordensgemeinschaften materielle Hilfen für Kleriker, Kirchendiener und die Unterstützung der Armen.
In diese Kategorie gehört diese Marke:
19 mm, 7,11 g
D&S -; Vgl.: Maćkowski, Tomasz: „Znaki ołowiane (tokeny/ żetony) z wykopalisk przy ul. Chmielnej 73–74 w Gdańsku”, Dantisum 1 (2016), S. 228, Nr. 23
Maćkowski beschreibt eine Marke (oktagonal, 20x15 mm) mit identischer Ikonographie (9 strahliger Stern), die aus einer zwischen 1398-1536 datierten Fundschicht stammt.
Die Form ähnelt in gewisser Weise den ikonografischen Darstellungen der spätmittelalterlichen Almosenmarken aus Westeuropa. In Danzig wurden in der Rajska-Straße in großer Zahl „kirchliche“ Bleimarken gefunden, die Sterne mit Kugeln oder Sterne über einer Halbmondlinie darstellten. Sie hatten wahrscheinlich einen Almosencharakter. Die Bezeichnung des Artefakts als „kirchlich“ bezieht sich auf die damalige Praxis, bei der vor allem Pfarreien (den Pfarreien angeschlossene Bruderschaften), Abteien und Klöster diese Art der Hilfe (Lebensmittel, Versorgung in Heimen und Krankenhäusern) organisierten. Diese Art der Hilfe konnte jedoch auch von städtischen Behörden oder weltlichen Bruderschaften geleistet werden, die den Armen finanzielle Unterstützung gewährten.
Ab dem 16. Jahrhundert verwendete die Danziger Obrigkeit Bleimarken mit dem Stadtwappen, um den Einwohnern die Erfüllung der Mautpflicht, die Entrichtung bestimmter Steuern - insbesondere der Verbrauchssteuer - sowie das Recht zum Betreten und die Möglichkeit zum Handel innerhalb der Stadtmauern nachzuweisen. Das Stadtwappen wurde auch für Marken verwendet, die die Bettelberechtigten kennzeichneten, und wahrscheinlich auch für die aus dem städtischen Haushalt finanzierte Armenhilfe.
Der polnische König Kasimir IV. hatte der Stadt am 25. Mai 1457 das Recht verliehen, ihr bis dahin aus zwei weißen Kreuzen bestehendes Wappen durch das Hinzufügen einer goldenen Krone über den Kreuzen zu ändern. Für die Armenmarke verwendete die Stadt weiterhin das Wappen ohne Krone. Die Größe der Marken hatte etwas mit Ihrem Wert zu tun, die Armenmarken sind eher klein.
15 mm, 2,19 g
D&S -, Exemplar der Sammlung Mieczysława Króla
vom Auktionshaus auf das 15. Jhdt. datiert.
In ähnlicher Weise, aber mit eigenem Wappen, organisierten die städtischen Bruderschaften, wie z. B. die St. Georgs-Bruderschaft oder die Dreikönigs-Bruderschaft, ihre Armenhilfe.
Dies beweist zum Beispiel der älteste bekannte Hinweis auf Artefakte dieser Art aus Danzig, der sich auf die Bruderschaft des Heiligen Nikolaus bezieht, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in der Marienkirche tätig war. Sie unterstützte die Priester und Kirchendiener sowie die Armen, die jedes Mal im Austausch gegen ein Zinnzeichen Lebensmittel oder finanzielle Hilfe erhielten.
Dieses System wurde im 16. und 17. Jahrhundert fortgesetzt. Paul Simson stellt fest, dass die städtischen Behörden in der St. Marienkirche mindestens seit 1530 60 Bettler mit Kupfermarken (tokens) ausstatteten („Kupfer“ muss ein Fehler sein), die sie dann gegen Naturalien oder einen Schilling eintauschen konnten. Im Jahr 1530 wurden 45 “Geldstücke“ für diesen Zweck bereitgestellt. Der Brauch einer jährlichen, von der Stadtverwaltung finanzierten Almosengabe am Tag der Maria Magdalena (22. Juni) wurde zumindest bis zum Ende des 16. Jahrhunderts beibehalten. 60 Personen erhielten damals ein "Zeichen", für das sie an diesem Tag Schmalz, Rauchfleisch oder zumindest Brötchen und Butter erhalten konnten. Im Jahr 1597 erhielt jeder von ihnen dafür 30 Pfennige (eineinhalb Geldstücke).
Die Zeichen mit zwei Kreuzen hatten wahrscheinlich die gleiche Funktion wie die Zeichen mit dem Buchstaben „A“ oder der Ligatur „A/T“, die aus den Worten Armen Teken - „Zeichen für die Armen“ - zusammengesetzt ist.
18 mm, 3,78 g
D&S -
Die frühesten datierten Armenmarken stammen aus dem 16. Jahrhundert. Im Anschluss nun eine Armenmarke, deren Ikonographie auf eine kirchliche Wohltätigkeitsküche schließen läßt:
20x21 mm, 8,95 g
D&S -
Sie zeigt auf der einen Seite zwei gekreuzte Schöpfkellen, darüber der Buchstabe V, unten die Jahreszahl 1631 und auf der anderen in einer oktagonalen Verzierung einen Messkelch in einer Kartusche.
Auch zu den Armenmarken dürfte dieses Exemplar gehören, auch wenn die Bedeutung nicht geklärt ist:
20x19 mm, 3,88 g
D&S -
Es zeigt das gekrönte Wappen, umher A-S, M-B und 16-45. Die Marke wurde auf eine ältere überprägt.
Dutkowski & Suchanek 718 beschreibt ein praktisch gleiches Exemplar, allerdings ohne M-B, als Hospitalmarke für Arme. Die Verwendung von M-B kennt man von privaten Zeichen (Dutkowski & Suchanek 742, 743), die u.a. auch zur Abrechnung sozialer Leistungen oder als Begräbniszeichen verwendet wurden, die es den Armen ermöglichte Speisen während der Begräbnisfeierlichkeiten zu erhalten.
Literatur
Maćkowski, Tomasz: NUMIZMATYKA NA POGRANICZU RÓŻNYCH SPECJALNOŚCI ŻETONY CZY TOKENY? UWAGI O NAZEWNICTWIE NOWOŻYTNYCH NUMIZMATÓ: Acta Archaeologica Lodziensia 61, 2015, 111-117.
Mitchiner M. i Skinner A. 1983. English Tokens, c. 1200 to 1425. „British Numismatic Journal” 53, S.34.
Maćkowski, Tomasz: Funkcjonowanie w społeczeństwie miejskim artefaktów z herbem Gdańska, Rocznik Polskiego Towarzystwa Heraldycznego, ISSN 1230-803X, Tom 23(34), 2023, S. 53.-67
Hirsch, Teodor: Die Geschichte der Ober‑Pfarrkirche von St. Marien in Danzig in ihren Denkmälern und in ihren Beziehungen zum kirchlichen Leben Danzigs überhaupt, Tl. 1 (Danzig: S. Anhuth, 1843), S.193. Dort wird auf ein Dokument aus dem Jahre 1463 hingewiesen.
Paul Simson, Geschichte der Stadt Danzig, Bd. 2 (Danzig: A.W. Kafemann, 1917), S.185
Max Foltz, „Der Danziger Stadthaushalt am Ende des 16. Jahrhunderts”, Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins 49 (1907), S.160.
Maćkowski, Tomasz, Funkcjonowanie w społeczeństwie miejskim artefaktów z herbem Gdańska, Rocznik Polskiego Towarzystwa Heraldycznego, ISSN 1230-803X, Tom 23(34), 2023, S. 53.-67
Gutoswki, Jaroslaw / Suchanek, Adam: Corpus Nummorum Gedanensis, 2000
- Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor MartinH für den Beitrag (Insgesamt 9):
- Chippi (So 07.09.25 17:44) • KaBa (So 07.09.25 18:11) • züglete (So 07.09.25 18:14) • Lackland (So 07.09.25 18:16) • Zwerg (So 07.09.25 18:29) • Arthur Schopenhauer (So 07.09.25 18:41) • Atalaya (So 07.09.25 18:51) • Münzfuß (So 07.09.25 19:35) • didius (So 07.09.25 22:42)
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