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Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » Fr 07.08.09 19:28

Hier mal fuer unseren Duerener eine kleine Beschreibung...

Fuer die Vorbereitung des Stempels verwende ich moderne Materialien und Werkzeuge, d. h. handelsueblicher Rundstahl, Drehbank, Bandschleifer.

Fuer das Schneiden des Stempels versuche ich Originaltechniken anzuwenden. Das Hauptwerkzeug bis etwa zum zwoelften Jahrhundert (in Nuernberg bis 1152) ist der Meissel (vgl. Bild). Die sind natuerlich etwas kleiner als die aus dem Baumarkt, hier etwa 12 cm lang. Die haben vorne ganz unterschiedliche Formen, ganz spitz, leicht abgerundet, rund, in verschiedenen Winkeln und Groessen. Die gibt's im Laden nicht zu kaufen sondern man muss sie aus Vierkantstahl selbst herstellen und haerten. Mit einem Dutzend Meissel kommt man schon ziemlich weit.

Ein weiteres wichtiges Werkzeug ist die Perlpunze, im Bild die unteren beiden. Damit macht man Perlraender, Lippen, Nasenfluegel.

Ab dem zwoelften Jahrhundert dominiert ganz stark die Bildpunze, die in Nuernberg ab Barbarossa so spezifische Formen hat, dass man sie haeufig nur fuer eine Muenze verwenden kann. Da habe ich den Trick noch nicht so heraus und vom Schlag herumfliegende Punzen sind nicht so ganz ungefaehrlich.

Kelten scheinen einfache Punzen eingesetzt zu haben um Bilder herzustellen, z. B. Punkt Strich Punkt Strich fuer die Beine eines Pferdes.

Das wichtigste um sich den Techniken anzunaehern sind am besten gut erhaltene Muenzen, ein Mikroskop, kucken, schauen, ganz genau hinschauen, nachdenken und nochmal hinschauen und nachdenken; und dann natuerlich ausprobieren.

Rohlinge fuer antike Muenzen schmelze ich dann mit einem Loetbrenner in selbstgemachten Tontiegelchen. Fuer's Mittelalter ist es etwas komplizierter.

Meine Eintraege im Forgerynetwork sind in der Numispedia verlinkt:
http://www.numispedia.de/Benutzer:Cepas ... praegungen

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Zuletzt geändert von cepasaccus am Fr 07.08.09 21:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von emieg1 » Fr 07.08.09 19:47

Der Dürener dankt dir vorab ganz herzlich und muss dieses enorme Input erstmal verarbeiten ;-)

Und lass' uns doch mal gaaanz von vorne anfangen... also du giesst nicht, du prägst! Du benutzt Werkzeuge wie den von dir angeführten Meissel. Ich hab jetzt allerdings noch nicht verstanden, woraus genau dein Stempel dann besteht!

So, und dann hast du selbstgemachte Rohlinge und einen Stempel.. aber wie gehts dann weiter?

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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » Fr 07.08.09 19:58

Die Stempel sind aus handelsueblichem C45 Rundstahl, d. h. Stahl mit 0,4 % Kohlenstoff.

Am Ende legt man dann so einen Rohling zwischen zwei Stempel und haut drauf. So einfach ist das. :) Je nach dem mit einem Vorschlaghammer oder mit einem grossen, normalen Hammer. Fuer einen Denar muss der Rohling erst mal ein bischen flachgehaemmert werden. Dann reicht ein guter Schlag mit einem Vorschlaghammer. Bei den Drachmen bin ich noch am tuefteln. Doppelschlagprobleme habe ich damit nicht. Je plastischer das Muenzbild ist, desto leichter ist es keinen Doppelschlag zu bekommen.

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Beitrag von emieg1 » Fr 07.08.09 20:06

Danke dir für die ausführlichen Erklärungen!!

Jetzt kann ich mir zumindest ein Bild deiner Praxis machen... und wie ich denke: höchste Achtung! Das "Schneiden" des Stempels scheint mir die grösste "Hürde" zu sein... und das nicht nur technisch, sondern auch künstlerisch gesehen!!

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Beitrag von cepasaccus » Fr 07.08.09 21:07

Ja, es ist eine kuenstlerisch-handwerkliche Herausforderung. Eine gewisse zeichnerische Veranlagung ist wichtig. Die Muenzen bekommt man dann schon irgendwie raus. Man sieht ihr ja nicht an, ob man einmal oder zwanzigmal draufgeschlagen hat. Was aber durchaus auch sehr wichtig fuer den Eindruck einer Muenze ist ist der Rohling. Wenn man eine Denarfaelschung in der Hand haelt die Kreisrund mit geraden Raendern ist, dann hilft auch der beste Stempeltransfer nichts.

Bei der Drachme habe ich uebrigens fuer den Unterstempel etwa 5 Stunden und fuer den Oberstempel nochmal die halb so viel gebraucht. Ich gehe deshalb davon aus, dass ein antiker Scalptor von einfachen Muenzen locker ein Stempelpaar pro Tag rausgehauen hat. Bei einer sizilianischen Dekadrachme war das sicher anders, bei einem Aureus vermutlich auch.

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Beitrag von cepasaccus » Fr 07.08.09 21:37

Und noch was zum Thema Punze:

Es ist ja so ein Streitthema, ob die Roemer Punzen fuer die Kaiserportraits verwendet haben. Es gibt die von Ziegaus publizierten einfachen Keltenpunzen. Es gibt eine griechische Punze eines Vogels. Roemische Punzen wurden bisher keine gefunden.

Argumente fuer eine Punze sind Arbeitsersparnis und die Aehnlichkeit der Portraits, die aber nicht identisch sind, da die Details und Feinheiten nocht herausgearbeitet werden mussten.

Meine Meinung ist, dass die Roemer nicht und die Griechen wenig bildgepunzt haben, da:
- die Arbeitsersparnis von Modellieren, Giessen, Versaeubern, Punzen und Nachbearbeiten garnicht so gross gewesen sein kann
- die Anzahl an Stempeln garnicht so gross war, dass sie nicht ein relativ kleines Team hinbekommen haette (Die jaehrlich max. 100 Aureusstempelpaare unter Hadrian hat sicher ein Stempelschneider locker hinbekommen und bei den Griechen war teilweise ein Stempelpaar viele Jahre in Gebrauch.)
- Portraits Formen sind, die man gut herausmeisseln kann
- die beiden Portraits von Neujahrsassen nicht so umwerfend aehnlich sind

Im Mittelalter ist das was ganz anderes:
- Die Punzen wurden hergestellt wie vorher die Muenzstempel. Dadurch war das Bild so geformt, dass es unmoeglich aus dem Stempel herausarbeitbar war.
- Man hat die Punze in den Stempel geschlagen und das Bild war nach dem Planschleifen fertig.

Auf Republikdenaren gibt es ein in einem Kasten vertieftes ROMA. Auf den Denaren sieht das immer gaggelig aus, weil es schwer herauszuarbeiten ist. Mit mittelalterlicher Punztechnik waere das ganz einfach sauber hinzubekommen gewesen.

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Beitrag von Peter43 » Fr 07.08.09 22:14

Alles bewunderungswürdig, ich staune nur! Über die Punzen haben wir hier im Forum ja schon öfter gesprochen und gestritten. Curtis Clay hat immer dieselbe Meinung vertreten wie Du hier. Ich finde es schön, daß hier ein sozusagen 'Mann aus der Praxis' zum selben Ergebnis kommt, wie der mehr theoretische Wissenschaftler Curtis. Das unterstreicht die Richtigkeit dieser Theorie ganz besonders, finde ich.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von cepasaccus » Fr 21.08.09 22:31

Ich arbeite gerade an einem Selbstportrait und ueberlege was ich mit den Haaren mache. Meine sind ziemlich kurz (3mm) und nicht so extrem zahlreich. Wer hatte denn bei den Roemern die kuerzeste Frisur. Gordi?

valete
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Beitrag von Peter43 » Sa 22.08.09 00:16

Kurze Haare von Deiner Länge hatten die Tetrarchen, aber Caesar hatte doch wohl eine Glatze!

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von cepasaccus » Sa 22.08.09 10:10

Ah, die Typen, die aussehen wie eine Comicumsetzung von GI Joe.

Auf den Muenzen habe ich keinen Caesar mit Glatze gefunden.

vale
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Beitrag von cepasaccus » Sa 22.08.09 16:03

Ich lass das jetzt mal haarlos.
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n.......s
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Beitrag von n.......s » Sa 22.08.09 21:00


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Beitrag von cepasaccus » Sa 22.08.09 23:17

Ja, beim Balbinus tragen die Haare auf den Muenzen am wenigsten auf. http://www.acsearch.info/record.html?id=753 Das koennte ganz gut hinkommen. Phlippus II ist auch gut. http://www.acsearch.info/record.html?id=6376

Eine Alternative waere ich passe einfach meine Frisur dem Portrait an. Bei einem Selbstportrait geht das ja.

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Beitrag von Chandragupta » Mi 26.08.09 15:54

Habe ich Dir das nicht bei unserem Treff in Berlin schon gesagt?!

An Dir ist ganz offensichtlich ein Mitglied der damals im "Kulturbund der DDR" existierenden "Arbeitsgemeinschaft Historische Prägetechnik" (oder wie die genau hießen...) verloren gegangen. Die traten bei allen Arten von Stadtfesten oder Münzausstellungen etc. auf und prägten dann in zünftigen Mittelalter-Kostümen vor den Augen der Zuschauer mit lautem Knallen des schweren Prägehammers Erinnerungsmünzen; pro Stück 'ne Mark oder so. Im Vorfeld konnte man auch dem Stempelschneider bei seiner Arbeit über die Schulter gucken. (Das war - wenn ich das richtig in Erinnerung habe - ein Dresdner; die meisten anderen von der AG waren aus Halle oder Leipzig, weiß ich nicht mehr genau.)

Das Ergebnis sah Deinen "Mittelalter"-Produkten jeweils VERDAMMT ähnlich. Ihr zwei hättet jedenfalls viel und lange fachsimpeln können, vermute ich mal... :)

Und ich weiß nicht, wie es kommt, aber Dein Selbstporträt erinnert mich irgendwie daran ... rein instinktiv... <SCNR!> :

http://berlin.kijiji.de/c-Haus-Garten-D ... Z139958071

;) ;)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von cepasaccus » Mi 26.08.09 18:19

Zumindest hast du die Leute hier schon mal erwaehnt. In Zschopau oder so gibt's ja auch ein Museum. Ansonsten scheint es mir ziemlich still geworden zu sein. Die alten Hasen sind vermutlich in Rente und neue sind mangels staatlicher Unterstuetzung nicht nachgekommen. Zumindest vermute ich, dass es staatlich unterstuetzt wurde, da es das im Wesen so nicht gab. Nur so vereinzelt scheint es inzwischen hier so etwas zu geben, das auf Privatinitiative basiert, so wie unser Susat. Ist sehr schade, weil ich zum Erfahrungsaustausch noch niemanden gefunden habe.

Du meinst, an mir waere ein Grosser Diktator verloren gegangen?

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