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Es gibt davon Varianten mit Kopf nach links oder nach rechts und auch zusätzlich mit einem Buchstaben auf dem Revers (Alpha, Beta oder Gamma).
Diese Münzserie wird in den üblichen Referenzwerken Pergamon in Mysien zugeordnet, in neueren Auktionen aber auch Antiochia am Orontes. Meine Münze hab' ich nun zum Anlass genommen, dieser Diskrepanz mal wieder nachzugehen, meine Ergebnisse will ich hier nun vorstellen.
Wir hatten das zwar vor dreizehn Jahren (


Die älteste Beschreibung dieser Münzen, die ich gefunden habe, stammt aus dem Mionnet. Dort werden in Band SV-2 von 1830 auf Seite 423 unter den Nummern 880-883 vier Exemplare aus dieser Serie als Münzen aus Pergamon beschrieben: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k ... /f152.item
Als Fußnote zur Nummer 880 schreibt Mionnet noch, dass diese Münzen "... ont souvent été décrites à tort tantôt à Épidaure de l'Argolide, et quelquefois à l'île de Cos.", dass sie also oft fälschlich Epidauros oder Kos zugeordnet wurden. Es wird aber nicht erwähnt, wo das gewesen sein soll, ich hab' da auch nicht noch weiter in der Vergangenheit gestöbert.
Im BMC Mysia von 1892 werden Münzen dieser Serie auf Seite 130 unter den Nummern 164-170 beschrieben, Pergamon zugeordnet und mit "B.C. 133-Augustus" datiert: https://archive.org/details/in.ernet.dl ... 5/mode/2up
Online wurde diese Zuweisung im British Museum bislang beibehalten, beispielsweise hier: https://www.britishmuseum.org/collectio ... t/C_G-4707
Im Katalog der Sammlung de Luynes, den Ernest Babelon 1924-36 erstellt hat, wird dieser Typ in Band III auf Seite 23 unter Nummer 2502 beschrieben und ebenfalls Pergamon zugeordnet: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k875299t/f29.item
In SNG Kopenhagen werden zwei Exemplare dieser Serie unter den Nummern 401 und 402 bei den Münzen aus Pergamon beschrieben und mit "c. 200-133 B.C." datiert: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bd6t5370895r/f48.item
In SNG France wird diese Münzserie unter den Nummern 1855-1860 beschrieben und mit "133 av.J.-C.- Époque impérial" datiert: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bd6t5 ... /f234.item
Auch online findet sich die Zuordnung zu Pergamon, beispielsweise hier: https://catalogue.bnf.fr/ark:/12148/cb41845889t
In keinem dieser fünf Referenzwerke aus zwei Jahrhunderten wird auf eine andere Referenz verwiesen oder irgend eine Begründung für die Zuordnung zu Pergamon gegeben, ich hab' da nicht einen Satz gefunden. Einzig die Tatsache, dass es aus Pergamon auch andere (aber mit Legende versehene) Münzen mit Asklepios und schlangenumwundenem Stab gibt, scheint zu dieser Zuordnung geführt zu haben.
Interessant wird es dann in der Doktorarbeit von Kevin Butcher, "Coinage in Roman Syria: 64 BC - AD 253", London 1991. Dort wird dieser Münztyp in Band 2 auf Seite 467 unter der Nummer 13 vorgestellt: https://discovery.ucl.ac.uk/id/eprint/1 ... o,-198,670
Als Prägestätte wird "Probably struck at Antioch" angegeben, da dieser Typ dort angeblich häufig gefunden wurde und es zumindest ab Domitian auch einen Asklepiostempel gegeben hat. Zur Datierung sagt Butcher "One is tempted to place them under Hadrian, where civic coins of Antioch have numeral letters running from A to Γ and two similar styles are apparent.". Als Argument für genau diese Datierung erscheint das aber etwas dünn, da es diese Buchstaben (die von Butcher als Zahlen interpretiert werden) auch auf den Münzen anderer Kaiser aus Antiochia gibt.
Geht man den Funden dieses Münztyps nach, dann stellt man fest, dass im Bericht über Ausgrabungen in Antiochia von Dorothy B. Waagé, "Antioch on-the-Orontes IV, Part Two. Greek, Roman, Byzantine and Crusaders' Coins", Princeton 1952, auf Seite 76 unter den Nummern 799 und 800 zwei Varianten der Serie hier (799 mit Kopf nach rechts und ohne Buchstabe, 800 mit Kopf nach links und V) beschrieben werden.
https://dpul.princeton.edu/marquand-lib ... /g445cn51q (man muss ein bisschen navigieren, um in den richtigen Band auf die richtige Seite zu kommen

Dabei wurden von Nummer 799 in Antiochia drei und in Seleukeia Pieria zwei Exemplare gefunden, von der Nummer 800 sind es zwei bzw. keines. Die Münzen sind bei Waagé zwar alle traditionell Pergamon zugewiesen und auch so datiert, die Fundorte in Antiochia und Umgebung unterstützen aber die Herkunft von dort.
In Jack Nurpetlian, "A Catalogue of Coins in the Archaeological Museum of Homs, Syria", NC 176, 2016, S. 436-445, wird auf Seite 439 unter der Nummer 42 auch ein Exemplar beschrieben, das aus Ausgrabungen auf dem Tell Nebi Mend stammt: https://www.jstor.org/stable/26637339
Das ist eine archäologische Stätte am Orontes in der Nähe von Homs und knapp 200 km Luftlinie von Antiochia entfernt. Auch dieser Fund passt zur These von Butcher.
Sozusagen von der anderen Seite her kommend, schließt Jérémie Chameroy in "Chronologie und Verbreitung der hellenistischen Bronzeprägungen von Pergamon: der Beitrag der Fundmünzen", Chiron 42, 2012, S. 131-181, auf Seite 132 in Fußnote 7 den Münztyp hier explizit als nicht aus Pergamon stammend aus seinen Betrachtungen aus. Unter den Fundmünzen aus Pergamon gab es keine einzige von diesem Typ, weitere Hinweise zur Herkunft gibt es allerdings bei Chameroy nicht: https://www.academia.edu/37026240/Chron ... %C3%BCnzen
Es gäbe da auch noch das Buch von Marie-Christine Marcellesi, "Pergame de la fin du Ve au début du Ier siècle avant J.-C.", Pisa 2012, in dem auch etwas zum Münztyp hier stehen könnte, da hab' ich aber nicht reinschauen können

Als Referenz für die Herkunft aus Antiochia wird im Handel auch McAlee, "The Coins of Roman Antioch", Lancaster, PA, 2007, Seite 85 angegeben, da hab' ich aber ebenfalls keinen Zugriff darauf

Ein weiteres Argument für eine Herkunft aus Antiochia oder zumindest dem syrischen Raum ist das Auftauchen dieser Münzserie bei Händlern, deren Angebot zu einem großen Anteil aus Münzen aus dieser Gegend besteht. Wenn man hier mal bei acsearch nachschaut, dann kann man das sehen (oft inklusive einer wunderschönen Sandpatina, aber das ist ein anderes Thema

Nimmt man das alles zusammen, dann schließt das für mich eine Herkunft dieser legendenlosen Asklepios-Schlangenstab-Münzen aus Pergamon aus und eine Herkunft aus Antiochia erscheint sehr wahrscheinlich


In den Online-Präsentationen der großen Sammlungen laufen diese Münzen aber weiterhin als pergamenische, es gibt nicht einmal einen Hinweis zu einer Alternative

Besonders peinlich wird es in der Berliner Sammlung, die als eine Referenz unter anderen "3. Serie Nr. 29" aus dem Artikel von Chameroy angibt, der ja die Münzen hier explizit als nichtpergamenisch bezeichnet hat

(3. Serie Nr. 29 ist bei Chameroy dieser Typ mit Legende AΣKΛHΠIOY ΣΩTHPOΣ: https://www.corpus-nummorum.eu/types/11127).
CNO folgt dem dann unbesehen (oder umgekehrt, das wird nicht ganz klar

Warum das bislang in der numismatischen Literatur nicht wieder aufgegriffen und etwas genauer untersucht wurde, versteh' ich nicht, aber vielleicht kommt das ja noch


Gruß
Altamura