Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

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Chandragupta
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Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von Chandragupta » Fr 09.04.10 09:48

Liebe Zielgruppe.

folgender (als Anlagegold gedachter) Sovereign ist mir neulich zugeflogen. In der Wechselstube, wo ich den gekauft habe, hatte ich mir das Teil nicht allzu genau mit der Lupe angeguckt sondern einfach zusammen mit anderem Anlagegold gekauft. Erst zu Hause fiel mir auf, daß der erstens unendlich schlampig geprägt und zweitens auch noch deutlich untergewichtig ist (nur 7,92 g rauh). Es hat im Vergleich zu Londoner Sovereigns dieser Zeit auch eine auffallend hellgelbgoldene Farbe, aber das soll ja m.W. gerade DAS "Markenzeichen" der australischen Sovereigns sein, weil die mit Silber statt Kupfer legiert worden sind.

Nun meine Frage:

Gemäß http://home.arcor.de/joachim.harsdorf/t ... c_jub.html ist das Teil doch normalerweise recht häufig (über 2 Mio. Exemplare) und wirklich nix weiter als 'ne Anlagegoldmünze.

Wenn falsch: Wer macht denn sowas?! Und warum?? Oder ist das normal, daß in der Münzstätte derart geschlampt wurde?

Neben den auch auf dem Scan bestens sichtbaren Macken:
* dezentriert
* Randstab und auch Bild schwach ausgeprägt
* "Fehlerstrukturen" im Stempel (z.B. in dem Bogen der "9" in der Jahreszahl auf dem Rv sowie bei "8:45 Uhr" im Feld des Rv eine erhabene(!) Stelle, die also im Stempel ein Kratzer ist; sowie hinten unten an der Victoria-Büste auf dem Av, etc.)
hat das Stück auch noch eine teilweise schwach ausgeführte Rand-Riffelung: sie verschwindet im Bereich "11 Uhr" auf dem Av (also gegen "1 Uhr" auf dem Rv), d.h. dort, wo auch der Randstab ganz mies geprägt ist, fast völlig - die Riffelungsbreite ist aber mit anderen Sovereigns identisch.

Und nochmal erwähnt: 70 mg Untergewicht! Die restlichen "technischen Daten" stimmen jedoch: Durchmesser 22,03 mm, Dicke 1,65 mm (also völlig normal).

Eure Meinung dazu?

Jeder Hinweis ist willkommen - wenn falsch, schaffe ich das Teil zurück (die sind da sehr kulant, wenn man nur 'nen anderen Sovereign aus der Kiste im Austausch will), wenn das aber eine interessante Fehlprägung ist, dann behalte ich's lieber. Gold ist Gold. Und Gold ist's schon - da bin ich alter Goldbug mir sicher! :)
Dateianhänge
Victoria_1890S_Av.jpg
Victoria_1890S_Rv.jpg
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Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 09.04.10 09:56

Ein ungewöhnliches Stück, denn der doch fast originale Goldgehalt schließt eine wirklich bösartige Fälschung aus. Ich würde da einen "Beischlag" eines arabischen Münzers aus der wilden Endzeit des osmanischen Reichs vermuten. Ich würde das Stück an deiner Stelle deshalb behalten, oder - falls du es doch loswerden willst - auch dir umtauschen. ;-) Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von chaoschemiker » Fr 09.04.10 14:30

Mir sind einige Sovereigns verschiedener Prägejahre bekannt, die bei korrektem Gewicht fehlerhaft sind. Allen gemeinsam ist, das sie irgendwo einen erhabenen "Fehler" besitzen. Diese Fehler sind meist initialenartig oder symbolähnlich. Also nicht nur ein Strich wie ein Riss im Stempel. Meine Vermutung geht dahin das das alte "Lehrstücke" von Juwelierlehrlingen um die Jahrhundertwende sind. Sie mussten (nach meiner Meinung) die Form abnehmen und eine perfekte Kopie herstellen. Die "Initialen" beweisen das es ihre Kopie ist. Danach kamen die Sovereigns wieder in den Umlauf. Falsch waren sie ja nicht. Das Goldgewicht und der -gehalt stimmte und das war für damalige Zeiten ausreichend. Es war auch gängige Praxis das Goldmünzen zu dieser Zeit eingeschmolzen wurden. Deshalb haben auch Prägezahlen weniger Aussagekraft als bei modernen Münzen. Ich sage nur Sovereign 1917 aus London: 1 Mio geprägt und vermutlich keine 100 mehr existent, da die Amis 1934 fast den ganzen Jahrgang eingeschmolzen haben. Kann man auch auf meiner HP http://home.arcor.de/joachim.harsdorf/t ... v_ge5.html nachlesen
Meine Seite über Britische Münzen soll bis 2027 fertig sein. (Nützliche ?) Informationen enthält sie jedoch schon heute.

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Chandragupta
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Re: Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von Chandragupta » Fr 09.04.10 14:46

KarlAntonMartini hat geschrieben:Ein ungewöhnliches Stück, denn der doch fast originale Goldgehalt schließt eine wirklich bösartige Fälschung aus. Ich würde da einen "Beischlag" eines arabischen Münzers aus der wilden Endzeit des osmanischen Reichs vermuten. Ich würde das Stück an deiner Stelle deshalb behalten, oder - falls du es doch loswerden willst - auch dir umtauschen. ;-) Grüße, KarlAntonMartini
Danke für Deinen Hinweis. Klingt interessant. Gibt's zu dieser Art von "Heckenmünzstätten" im kollabierenden Osmanischen Reich was zum Nachlesen für fachfremde "Eigentlich-nur-Antike-Sammler"?

Das mit dem Umtauschen müßten wir nochmal in der Lounge im Dresdner Hbf. besprechen. ;) Suche noch Young Head Sovereigns von Victoria mit Wappen-Revers (oder "AUSTRALIA")... :)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von Chandragupta » Fr 09.04.10 15:15

chaoschemiker hat geschrieben:Mir sind einige Sovereigns verschiedener Prägejahre bekannt, die bei korrektem Gewicht fehlerhaft sind. Allen gemeinsam ist, das sie irgendwo einen erhabenen "Fehler" besitzen. Diese Fehler sind meist initialenartig oder symbolähnlich. Also nicht nur ein Strich wie ein Riss im Stempel. Meine Vermutung geht dahin das das alte "Lehrstücke" von Juwelierlehrlingen um die Jahrhundertwende sind. Sie mussten (nach meiner Meinung) die Form abnehmen und eine perfekte Kopie herstellen. Die "Initialen" beweisen das es ihre Kopie ist. Danach kamen die Sovereigns wieder in den Umlauf. Falsch waren sie ja nicht. Das Goldgewicht und der -gehalt stimmte und das war für damalige Zeiten ausreichend. Es war auch gängige Praxis das Goldmünzen zu dieser Zeit eingeschmolzen wurden. Deshalb haben auch Prägezahlen weniger Aussagekraft als bei modernen Münzen. Ich sage nur Sovereign 1917 aus London: 1 Mio geprägt und vermutlich keine 100 mehr existent, da die Amis 1934 fast den ganzen Jahrgang eingeschmolzen haben. Kann man auch auf meiner HP http://home.arcor.de/joachim.harsdorf/t ... v_ge5.html nachlesen
Letzteres war mir schon klar, aber "an sich" hielt ich die Jubilee-Victorias generell aus Sammlersicht für nicht allzu "prickelnd" - auch in den Tabellen auf Deiner Site (übrigens meine Hauptreferenzquelle zu diesem Thema :) !) stehen die ja allesamt nur als "BV" oder sind gleich derart schweineselten, daß sie nie den Weg in eine ordinäre Wechselstube zum Verkauf als "Altgold" zum Spotpreis finden würden (obwohl ich natürlich immer noch auf so Sachen a la 20,- RM Schaumburg-Lippe oder so zum Goldpreis in "meiner" Wechselstube warte ;) ...).

Der besagte Sovereign hier weist jedenfalls eine Menge Fälschungscharakteristika auf, die ich noch gar nicht erwähnt habe. Das sind auch Streifen/Rillen/Feilspuren auf dem Reversstempel (insbesondere links, wo auch der Randstab so gut wie gar nicht ausgeprägt ist), die also auf der Münze auch erhaben sind. Das sieht man nur in der Hand richtig. Oder das "Gekräusel" um den Bauchnabel des St. Georg auf dem Revers. Auf dem Av. ist noch interessant der Schrötlingsfehler im Rand gleich neben dem "C" von "VICTORIA": ein tiefer Riß, der beim Prägen z.T. wieder zugedrückt wurde. Kenne ich von echten Neuzeitmünzen so überhaupt nicht. Des weiteren interessante (auch und gerade auf dem Scan sogar sehr gut zu sehende) braunrote Goldpatinaflecken, der größte links im Aversfeld vor dem Hals der Victoria. Mein "Trivialtest" mit Silberreinigungsbad ergab, daß das wirklich offenbar alte Goldpatina ist und nicht nur eine mittlerweile angelaufene Silberauflagerung (ich bin diesbezüglich durch denselben "Dreckeffekt" bei schlampig fabrizierten BRD-Anlagegoldmünzen erprobt - ich muß meine "Goldmark 2001" regelmäßig mal in Silberbad tun, sonst bekommt die andauernd "Sommersprossen" ;) !). Das alles klingt schon durchaus nach alter Arbeit.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Eigenartiger (falscher??) Sovereign Victoria 1890S

Beitrag von Mynter » Mo 12.04.10 19:50

chaoschemiker hat geschrieben:Mir sind einige Sovereigns verschiedener Prägejahre bekannt, die bei korrektem Gewicht fehlerhaft sind. Allen gemeinsam ist, das sie irgendwo einen erhabenen "Fehler" besitzen. Diese Fehler sind meist initialenartig oder symbolähnlich. Also nicht nur ein Strich wie ein Riss im Stempel. Meine Vermutung geht dahin das das alte "Lehrstücke" von Juwelierlehrlingen um die Jahrhundertwende sind. Sie mussten (nach meiner Meinung) die Form abnehmen und eine perfekte Kopie herstellen. Die "Initialen" beweisen das es ihre Kopie ist. Danach kamen die Sovereigns wieder in den Umlauf. Falsch waren sie ja nicht. Das Goldgewicht und der -gehalt stimmte und das war für damalige Zeiten ausreichend. Es war auch gängige Praxis das Goldmünzen zu dieser Zeit eingeschmolzen wurden. Deshalb haben auch Prägezahlen weniger Aussagekraft als bei modernen Münzen. Ich sage nur Sovereign 1917 aus London: 1 Mio geprägt und vermutlich keine 100 mehr existent, da die Amis 1934 fast den ganzen Jahrgang eingeschmolzen haben. Kann man auch auf meiner HP http://home.arcor.de/joachim.harsdorf/t ... v_ge5.html nachlesen
Hallo,

wäre so ein Vorgehen nicht doch eine recht eigenwillige Interpretation des Rechtes, sich Gold jederzeit ausmünzen zu lassen ? Hast Du irgendwelche Literaturangaben, die so eine " Goldsmith - forgery " belegen ?
Grüsse, Mynter

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