Russische Novodel Prägungen

Europa (ohne Euros) und Afrika - ab etwa 1500.
klaupo
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Russische Novodel Prägungen

Beitrag von klaupo » Mo 17.01.05 22:26

Hallo mal wieder,

ich hatte eigentlich vor, die Numsipedia um einen Beitrag zu den Novodeli zu "bereichern". Ein Novodel bedeutet im russischen Münzwesen in etwa die Neuauflage eines alten Gepräges - Münze oder Medaille - mit den originalen Stempeln. Diese Neuauflage kann staatlich angeordnet oder auch von privater Seite in Auftrag gegeben worden sein. In der Regel wurden diese Neuauflagen mit einem N, dem kyrillischen H als Novodel gekennzeichnet, in der jüngeren Vergangenheit z.B. bei sowjetischen Gedenkrubeln auf dem Rand.

Von meiner Idee bin ich abgekommen, da ich nicht mehr sicher bin, die Kriterien korrekt wiederzugeben. In meiner Sammlung befindet sich zwar als Novodel ein sibirisches 10 Kopeken Stück der Kolyvan Moneta (Mzz. KM). In einer Internet-Auktion wurde jedoch mit dem Verweis „Former Gorny Auction, lot #4968“ ein 1 Kopeken Stück als Novodel ausgerufen (und nicht verkauft), das weder mit H gekennzeichnet war noch die Münzstätte KM aufwies.

Ich würde mich freuen, wenn diese Ungereimtheiten geklärt werden könnten.

Gruß klaupo
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novodel-2.jpg
Russia Siberia : Very Rare 1764 Kopek. Novodel. Preis: US $355,00
novodel-1.jpg
Siberia, 10 Kopeek (Cu) 1767, Katharina II., KM Kolyvan, Novodel

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mumde
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Beitrag von mumde » Di 18.01.05 00:13

Hallo Klaupo, das sibirische 1-Kopeken-Stück von 1764 ist als Original sehr selten, da die Münzstätte Kolyvan erst 1766 den regulären Betrieb aufnahm. Als Novodel kommt es in zwei Varianten ab und zu vor: Die eine Variante hat genau wie das Original eine schräge Randriffelung, die andere hat so eine Art Karomuster auf dem Rand. Aber es gibt kein Original und kein echtes Novodel dieses Jahrgangs mit Münzstättenzeichen; sie wurden alle ohne Münzstättenzeichen geprägt.
Ich sage bewußt "echtes Novodel". Novodeli wurden von einer staatlichen russischen Münzstätte für Museen und Sammler extra hergestellt. Entweder wurden die Originalstempel benutzt, oder es wurden neue geschnitten, aber sie wurden von Fachleuten geschnitten, und die Stücke wurden von Fachleuten, die ihr Handwerk verstanden, sorgfältigst geprägt. Solch ein echtes Novodel anzusehen, ist ein ästhetischer Genuß. Was heute oft als "Novodel" angeboten wird, sind ganz einfach private polnische oder russische Fälschungen.
Die Kennzeichnung älterer Stücke durch ein kyrillisches N ist mir bisher noch nicht begegnet. Die Novodeli, die ich bisher in der Hand hatte, waren alle ohne solch eine Kennzeichnung.
Gruß mumde

klaupo
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Beitrag von klaupo » Di 18.01.05 11:43

Hallo mumde, danke zunächst einmal für deine Hinweise zum Novodel. Sie würden darauf hindeuten, daß mein Stück, wenn nicht als falsch, so doch immerhin als zweifelhaft einzuschätzen ist. Ganz klar sehe ich den Fall allerdings immer noch nicht. Mir liegt nämlich eine ältere Händlerliste vor, die ein sehr umfangreiches und sorgfältig beschriebenes Angebot an russischen Münzen von Ivan IV. (dem Schrecklichen) bis in die Zeit der UdSSR enthält. Aus dieser Liste zitiere ich:
Für Sibirien: Katerina II, 1763/96
222o. 1o Kop.1767-KM. Novodel mit kl. G/S „H“ RR! 1 / 2 xxx,-
Über die Qualifikation des Händlers kann ich mich nicht äußern. Ich bin ihm auf Börsen begegnet, und er bietet interessantes Material in guter Qualität an. Sollte ihm in diesem Fall ein Irrtum unterlaufen sein, dürfte ein potentieller Kunde nicht unerheblich finanziell geschädigt worden sein. Mein Stück dagegen war ein Gelegenheitskauf bei einem Händler, der ein anderes Segment bedient, und der Kaufpreis wäre allein schon durch die jahrelange Illusion, ein seltenes Stück zum Schleuderpreis erworben zu haben, amortisiert. :D Denkbar wäre vielleicht auch, daß unter Berücksichtigung des Jahrgangs 1767 Novodeli gefertigt wurden, auf denen die Münzstätte Kolyvan mit KM vermerkt ist.

Alles in allem nach wie vor einigermaßen rätselhaft!

Gruß klaupo

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 18.01.05 14:01

Novodels waren das Leib- und Magenthema des früheren Präsidenten der GIG, Fuchs hieß er, glaube ich. In der Zeitschrift dieses Vereins gibt es viel dazu. Bei Interesse geh ich am Wochende mal etwas blättern und kopieren.
Grüße, KAM
Tokens forever!

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mumde
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Beitrag von mumde » Di 18.01.05 14:22

Die Prägung von Novodeli begann im 18. Jh., nahm im 19. Jh. stark zu, und schließlich konnten Sammler sich Stücke nach Wunsch fertigen lassen, d. h. man konnte sich z. B. eine Stempelkombination bestellen, die als Original nie existiert hatte. Der Großfürst Georgi Michailowitsch, der begeisterter Münzensammler war, schaffte es, daß 1890 das Prägen von Novodeli verboten wurde.
Meine Vermutung zu dem H-Gegenstempel (aber nur eine Vermutung): Das Stück ist so perfekt gemacht, daß es sicher im Münzhof von St. Petersburg hergestellt wurde. Vermutlich aber nach 1890, als die Stücke nicht mehr ohne weiteres ausgegeben werden durften und deshalb als Novodel gekennzeichnet wurden.
Im Brekke, The Copper Coinage of Imperial Russia, sind viele Novodeli abgebildet, aber keines mit solch einem Gegenstempel. Auch Uzdenikov erwähnt solch einen Stempel nicht.
Also, ich denke mir, daß der Gegenstempel eingeführt wurde, nachdem die Prägung ungekennzeichneter Nachprägungen verboten worden war.
Gruß mumde

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Beitrag von klaupo » Di 18.01.05 22:07

Hallo mumde, deine Überlegungen klingen plausibel. Damit würde das zitierte Stück auch in das Angebot der Händlerliste passen, wo für andere Stücke Referenzen wie Brekke und Severin genannt werden, die bei dem fraglichen Stück fehlen. Ich habe den Eindruck, daß Recherchen im Bereich der Novodeli ein erhebliches Maß an Fach- und Hintergrundwissen erfordern. Ein interessantes Beispiel, das ich gefunden habe, ist hier dokumentiert:

http://www.rustypennies.com/catalog/1760.htm

@kam: Literatur ist immer willkommen, aber nur wenn’s keine Mühe macht und nicht zu sehr ins Detail geht. Sonst kann ich den Rest meiner Sammlung wegschließen! :D

Gruß klaupo

P.S. Vielleicht läßt sich aus dem, was hier zum Novodel zusammengetragen wurde, doch noch ein kurzer Eintrag in die Numispedia formulieren?

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mumde
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Beitrag von mumde » Mi 19.01.05 23:49

Klaupo, Dein P. S. ist eine gute Idee.
Schreib mal was.
Gruß mumde

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Beitrag von investans » Sa 05.02.05 18:31

Hallo,

ich möchte auch noch kurz meinen "Senf" dazugeben. - Nach meiner Meinung gehören die NOVODELS zu den unrühmlichsten Kapiteln der russischen Numismatik. Wenn man die Ausführungen von KAIM, SPASSKI u.a. dazu liest, müßte man eigentlich zu folgender Definition kommen "Prägung von münzähnlichen Medaillen durch die staatliche russische Münze. Diese Medaillen können sowohl mit Stempeln von Umlaufmünzen als auch mit Stempeln von Umlaufmünzen nachempfundenen Stempeln geprägt worden sein; es ist auch möglich, daß z. B. das Avers mit einem Stempel einer Umlaufmünze und das Revers mit einem dem Stempel einer Umlaufmünze nachempfundenen Stempel geprägt wurde. Eine so hergestellte Medaille kann der nachempfundenen Umlaufmünze gleichen, sich gering von dieser unterscheiden (z. B. Punzierung mit einem "H", Abweichung in der Randgstaltung, Prägejahr) oder große Unterschiede zu dieser aufweisen (z. B. Material Kupfer statt Silber, Kombination von Avers und Revers verschiedener Umlaufmünzen). Es wurden auch Medaillen hergestellt, für die es kein Pendant bei Umlaufmünzen gibt (z. B. mit Zarenporträts oder Wertangaben, die sich bei Umlaufmünzen nicht finden lassen). Letztlich ist noch anzumerken, daß auch 'Jefimki' als Novodel hergestellt worden sind. Dabei benutzte man sowohl originale als auch in der russischen Münze nachgeprägte Taler und versah sie mit einem originalen oder nachgemachten Gegenstempel".

Mit besten Grüßen

Michael

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jeggy
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Beitrag von jeggy » So 02.10.05 17:20

Ich habe auch zwei russische Grossprägungen, bei welchen es sich wohl auch um Fälschungen oder Novodels handelt. Auch die 1760 ist dabei.
Weiss jemand näheres dazu? Vielleicht sogar die Herkunft und wann diese in etwa hergestellt wurden?
Bin dankbar für jede Information.

Gruss,
jeggy
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Beitrag von jeggy » So 02.10.05 17:21

Hier das andere Stück...
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Beitrag von mumde » So 02.10.05 21:08

Hallo Jeggy, das sind keine Novodeli, sondern schlechte Fälschungen. Man muß sich nur mal ansehen, wie schlecht der Doppeladler gezeichnet ist. St. Georg fällt fast vom Pferd, die Sterne sind verkleckst, die Kronen sind hingeschludert. Fälschungen dieser Art begegneten mir zuerst um etwa 1984; sie kamen damals in größerer Anzahl aus Rußland.
Gruß mumde

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Beitrag von jeggy » So 02.10.05 22:00

Danke, genau so habe ich mir das auch vorgestellt. Mir sind auch die
unprofessionellen Münzbilder aufgefallen, z.B. auch die Krone auf der
zweiten Münze. Zudem wirkt die Patina unecht und die Oberfläche wirkt
nicht so wie bei echten Stücken (z.B. keinerlei Materialfluss-Linien
vorhanden). Ich denke, dass es sich hier um Gussfälschungen handelt.

Gruss,
jeggy
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Beitrag von jeggy » Mi 05.10.05 08:43

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Beitrag von klaupo » Mi 25.06.08 20:37

Ich habe diesen Thread mal wieder hochgeholt, weil mir ein merkwürdiges Stück untergekommen ist. Von Russland soll man ja z. Zt. eigentlich die Finger lassen, aber manchmal finden sich in unsortierten Restbeständen recht interessante Teile, die man ohne schlechtes Gewissen bezahlen kann.

Bei diesem Stück ist mir nicht klar, ob es sich um einen Novodel oder um eine Fälschung eines Novodel handelt. Ich habe nur ein vergleichbares Stück bei Coinarchives gefunden:

http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 4&Lot=7452

Es gibt aber diverse Unterschiede, z. B. den Perlkreis im Avers, der bei meinem Stück fehlt. Auch der Rüschenkragen des Zaren ist anders ausgeprägt. Die Reverse der beiden Stücke sind konvex bzw. konkav ausgeführt. Außerdem weist mein Stück einen durchgängigen Stempelbruch auf, wenn es nicht ein Gußfehler sein sollte. Der Gitterrand scheint mir in Ordnung zu sein, ich habe ihn deshalb nicht abgebildet.

Was also habe ich da an Land gezogen?

Gruß klaupo

P.S. Das Bild erscheint farblich etwas in Richtung Blauton verfremdet, weil es bei Regenwetter aufgenommen wurde. Die normale Farbe ist ein recht attraktives Schokoladenbraun.
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paul_7141n.jpg
Paul_7142n.jpg

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Beitrag von sigistenz » Mi 25.06.08 21:46

Der russische (=kyrillische) Buchstabe H entspricht unserem lateinischen N. Der Gegenstempel ist die russische Abkürzung für Novodel. Mit diesem Gegenstempel werden in Russland moderne Kopien alter Münzen fabriziert und verkauft, die den Originalen mehr oder (meistens) weniger nahe kommen. Da sie massenhaft industriell hergestellt werden, geht der Sammlerwert gegen Null, wenn auch bei dem gemischten eBay Publikum zweistellige EuroBeträge erreicht werden. Viel häufiger sind aber noch die (oft primitiveren) Nachahmungen ohne das "H", darunter pure Fantasieobjekte, wie das von klaupo vorgestellte Machwerk. Hier nutzt der Produzent die Tatsache, dass Zar Paul niemals auf irgendeiner Münze abgebildet war.
Was für ein Fang :eggface: für einen unbedarften russischen FlohmarktKunden! Sigi

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