Medaillen-Nachprägung in Frankreich

Diskussionen rund um Medaillen, Medailleure, Jetons, Rechenpfennige

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Medaillen-Nachprägung in Frankreich

Beitrag von Lutz12 » So 25.04.04 19:38

Hallo,
gleich die nächste Frage.
Habe die NP einer französischen Medaille von Ludwig XVI. (1774 - 1792/93). Am Rand ist eingepunzt aber schlecht lesbar: 1872 oder 1972 und BR (für Bronze). Das Stück würde ich eher auf 1972 schätzen.
Das Original ist von Duvivier.
Angaben zum Stück: 42 mm, Bronze, 35,5 g, Prägefrisch, ohne Patina.
Wo kann man etwas zu NP Französischer Medaillen nachlesen (das es bereits im 19. Jh. NP seltener Medaillen besonders der Napoleonzeit gab, habe ich mal irgenwo- aber wo- gelesen).
Gruß Lutz12
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mumde
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Beitrag von mumde » So 25.04.04 22:23

Hallo Lutz, die Monnaie de Paris gab selber von Zeit zu Zeit Listen der Medaillen heraus, die man bei ihr kaufen konnte. Mir liegt z. B. eine Broschüre aus dem Jahr 1926 vor, die eine Auswahl der verfügbaren Medaillen enthält. Das reicht von einer Medaille auf die Siege Heinrichs II. 1552 bis zu einer Medaille auf Schwimmwettkämpfe mit Gravurfeld, das nach Bedarf ausgefüllt werden konnte. Deine Medaille von 1781 auf Louis XVI und Marie Antoinette ist auch dabei. Die Medaillen sind abgebildet, aber die Informationen beschränken sich auf die Öffnungszeiten des Ladens, der der Monnaie angeschlossen ist.
Eine Arbeit zu den Nachprägungen ist mir bisher noch nicht begegnet.
Gruß mumde

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » So 25.04.04 22:40

Nachprägungen der Monnaie de Paris kann man daran erkennen, daß im Rand BR eingepunzt ist - wie auf der vorliegenden Medaille. Originalmedaillen haben diese Punzen nie. Eine Jahreszahl habe ich noch nicht gesehen (wird möglicherweise er seit einigen Jahren vorgenommen). Ob dies bei Silbermedaillen auch so ist weiß ich nicht.
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Lutz12
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Beitrag von Lutz12 » So 25.04.04 23:03

Hallo Mumde, Hallo Zwerg,
schon mal ein Anfang. Ich bin vor einiger Zeit hellhörig geworden, da ich in einem Auktionskatalog eine ganze Reihe Top erhaltene franz. Medaillen gesehen habe, die recht teuer weggegangen sind. Ich habe da schon an Nachprägungen gedacht, sie waren aber nicht als solche beschrieben. In einem anderen Katalog (ich kann mich nicht mehr erinnern wo) waren franz. Medaillen mit konkretem Nachprägedatum meist Ende 19. Jh. genannt. Gibt es für die Kennzeichnung von NP mit BR irgendeine Quelle? Da Randpunzen speziell bei franz. und belgischen Medaillen sehr häufig sind (meist BRONZE oder CUIVRE) und kleine nicht zu identifizierende Zeichen (z.B. Dreieck) wäre ich bisher nicht auf die Idee gekommen, dass BR als sicheres Zeichen einer NP angesehen werden kann. Wenn es so ist, wäre das schon eine sehr wertvolle Erkenntnis für mich.
Weitere Hinweise (auch Internetseiten dazu) sehr willkommen!
Bis dahin
Lutz12

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Monnaie de Paris

Beitrag von Lutz12 » So 25.04.04 23:17

Habe gerade auf der Internetseite der Monnaie de Paris offenbar aktuelle NP alter Medaillen entdeckt, zur Kennzeichnung wird dort nichts gesagt. Auf einem Bild sieht es aber so aus, als ob eine Randpunze zu erkennen ist, diese sieht aber eher wie BRONZE und nicht wie BR aus.
Hab die Abbildungen mal hier her übernommen.
Gruß Lutz12
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Beitrag von Zwerg » So 25.04.04 23:35

Richtig: die Randpunzung ist auch BRONZE. Ich hab mich ganz einfach nicht getraut BRONZE oder BRONCE zu schreiben weil mein Französisch schauerlich ist. Darüberhinaus erkennt man diese NP auch an der Patina - aber nur für fortgeschrittene Sammler. Aber die Info BR oder BRONZE ist sicherlich absolut korrekt. Bei belgischen Medaillen kann ich nicht weiterhelfen.
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Beitrag von klaupo » Mo 26.04.04 00:31

Hallo Lutz, die Kennzeichnung der NP scheint über die Jahre nicht konsequent durchgeführt worden zu sein, mal BRONZE, mal BR - übrigens variiert auch die Dicke des Schrötlings. Einheitlich scheint jedoch die zugesetzte Punze, vermutlich von der Monnaie de Paris. Beide Stücke auf der Abb. unten sind NP - offensichtlich sehr unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlicher Kennzeichnung auf dem Rand. Das vermutlich jüngere Stück (BR) hat zudem eine Metall-Farbbeschichtung wie die Stücke, die du oben vorgestellt hast - man sieht das auf dem Rand. Da ich von der jüngeren Version noch ein Stück mit BRONZE Markierung, aber identischer Punze, von Louis XIV vorliegen habe, läßt sich an diesem Kriterium leider kein Zeitraum festmachen, wann welche Punze benutzt wurde. Und dazu gibt leider auch der schöne Band Napoleons Medaillen von Lisa und Joachim Zeitz keine Auskunft.

@zwerg: Es gibt zwar, wie du siehst, hier das eine oder andere Buch, aber leider nicht immer das, was man braucht ... und ISEGRIM ist eine harte Nuß! :wink:
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Beitrag von mumde » Mo 26.04.04 20:05

Ich habe heute versucht, etwas zum Thema zu finden, aber die Ausbeute ist karg. In Hauke/Henning, Bibliographie zur Medaillenkunde, Schrifttum Deutschlands und Österreichs bis 1990, Bad Honnef 1993, die jeden kleinen Zeitschriftenaufsatz erfaßt haben, habe ich nur einen einzigen Nachweis gefunden: Deutsche Münzblätter 56/57 (1936/1937) S. 73 ff. In diesem Aufsatz befaßt sich jemand, der mit "R. E." signiert, mit der Unterscheidung von Origal und Neuabschlag der Medaillen Napoleons I. Kurz gefaßt sagt er Folgendes: Die Originale haben alle einen glatten Rand, genauso glatt wie das Feld der Medaille, und der Rand ist etwas konkav, also ganz leicht nach innen gewölbt. In der Pariser Medaillen-Münze begann man schon bald, die vorhandenen Originalstempel zu Neuprägungen zu benutzen. Nach dem Gesetz mußten diese als Neuprägungen gekennzeichnet werden, und so wurde bei den älteren Abschlägen als Zeichen der Nachprägung auf dem Rande eine kleine antike Lampe, bei den späteren bis in die neueste Zeit hinein (d. h. 1936, als der Artikel geschrieben wurde) die Bezeichnung des Metalls "OR", "ARGENT" oder "CUIVRE" eingestempelt. Die Pariser Münze lieferte die Nachprägungen jedem Besteller billig in jeder beliebigen Menge. Da die Originale mehr Geld brachten als die späteren Prägungen, gab es Bastler, die die Nachprägungen zu "Originalen" umarbeiteten, indem sie den Rand ein wenig abschliffen und dadurch die nur sehr flach eingeschlagene Punze entfernten. Mit der Lupe sind aber die Schleifspuren zu erkennen, und der Rand ist nicht so leicht eingebogen wie bei den Originalen.
Der Autor schreibt dann noch, daß die Nachprägungen "der neuesten Zeit" (von 1936 aus gesehen) nur noch mattiert hergestellt wurden und sich dadurch von den Originalen und den frühen Nachprägungen unterscheiden, die ganz glatte Felder haben.
Vielleicht gibt es einen französischen Zeitschriftenaufsatz zu dem Thema, aber mir ist da nichts bekannt.
Dann habe ich in meine Sammelsurium-Kiste gesehen und dabei eine französische Medaille der Revolution 1848 gefunden mit der Randpunze Hand und CUIVRE, sowie eine Napoleon-Nachprägung mit Biene und CUIVRE. Nun ist die Hand ja das Zeichen des Charles-Louis Dierickx, Direktor der Pariser Münze 1845-1860, was zeitlich gut zur Medaille 1848 passen würde, und die Biene ist das Zeichen Renouard de Bussières, Direktor 1860-1879. Diese Zeichen erscheinen auch auf den in Paris geprägten Münzen und sind im Gadoury aufgelistet. Mir scheint nun, daß man mit Hilfe dieser Randpunzen die Nachprägungen zeitlich einordnen kann.
Die Punze BRONZE finder man auch oft auf französischen Medaillen, und ich habe den Eindruck, daß diese jünger sind als die CUIVRE-Medaillen.
Die Jahreszahl bei der Randpunze ist mir erst seit den 60er oder 70er Jahren des 20. Jh. bekannt.
Gruß mumde

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Beitrag von Lutz12 » Mo 26.04.04 20:35

Hallo mumde,
Deine Auskunft ist wie immer beeindruckend in Umfang und Tiefgründigkeit. Auch ich habe mal meine Medaillen-Tabletts durchgesehen und kann Deine letzten Vermutungen bestätigen. Die Randpunzen finden sich bei allen meinen französischen Medaillen ab ca. 1865 (mit Ausnahme der kleinen Durchmesser, die man auch als Jetons bezeichnen könnte). Das sind aber alles zeitgenössische Prägungen, also keine NP von alten Stücken. Dabei findet sich
CUIVRE: 1866, o.J. (um 1870), 1883, 1888 später nicht mehr
ARGENT: 1871, 1890
BRONZE: 1884, 1910
BRONZE und Dreieck (nicht näher zu deuten, könnte auch was anderes sein): 1907, 1926, 1954
Ob es einen Unterschied in der Materialzusammensetzung zwischen CUIVRE (Kupfer) und Bronze im Sinne der französischen Randpunzen gibt, kann ich nach dem Aussehen der Medaillen nicht schlüssig beurteilen. (Den Unterschied rein fachlich kenne ich schon, Bronzen haben als Legierungbestandteil zunächst Zinnanteile).
Auch muß ich meine Aussage von weiter oben korrigieren, auf den belgischen Medaillen ist sehr selten eine Randpunze anzutreffen, und wenn doch, könnte auch ein französischer Hersteller dafür verantwortlich sein.
Ich würde mich freuen, wenn auch andere im Forum Ihre Erkenntnisse einbringen. Schon jetzt besten Dank für die zu erwartenden aufschlußreichen Informationen.
Gruß Lutz12

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Nachtrag zu Randpunzen (Monnaie de Paris)

Beitrag von finemedals » Sa 22.01.05 16:06

Hallo,

ich bin bei einer Internetrecherche gerade auf dieses Forum getroffen und beim Durchschauen auf diesen Beitrag gestolpert.

Randstempel auf den Medaillen der Pariser Münze gibt es erst seit 1832. Alle Medaillen vor 1832 mit Randstempel sind also Nachprägungen. Umgekehrt kann man nicht unbedingt sofort darauf schließen, dass es sich bei Medaillen ohne Punze um Originalprägungen handelt (z.B. Abschliff des Randes zur Eliminierung der Punze). Bis 1880 hatte die Pariser Münze diverse Punzen, die auf die genaue Periode schließen lassen ( Abbildungen der einzelnen Stempel unter http://members.aol.com/jetonsdusacre/vi ... oincon.htm ).

Seit 1880 wird die Corne d'Abandance (Cornucopia) verwendet, was das Erkennen von Nachprägungen bei z.B. Jugendstilmedaillen schwieriger macht. Hilfreich sind dann die Datumsstempel, die seit Anfang der 1950er Jahre manchmal (nicht immer!) zusätzlich zu Randpunze und Materialstempel eingepunzt wurden. Auch das Fehlen der Alterspatina oder die Beschaffenheit der Patina (tlw. zaponiert) sind dann gute Erkennungsmerkmale.

Übrigens weist ein eingepunztes Dreieck auf eine Prägung der Medaille durch die frz. Prägeanstalt "Arthus Bertrand" hin.

Viele Grüße,
finemedals
Zuletzt geändert von finemedals am So 04.10.09 11:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Lutz12 » Sa 22.01.05 17:11

Hallo finemedals,
Willkommen hier im Forum. Wieder ein Experte mehr. Danke für die Zusatzinformationen zu den Randpunzen und Anerkennung für die eigene Homepage.
Gruß Lutz12
"Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt" ( Alan Greenspan)

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