Halber Follis Justinianus I., Jahr 38

Münzen des alten Byzanz

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quisquam
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Halber Follis Justinianus I., Jahr 38

Beitrag von quisquam » Fr 01.08.08 18:59

Mit dieser Münze bin ich Westrom nach längerer Zeit mal wieder ein wenig untreu geworden. Mir gefällt vor allem, dass der Stempelschneider bei diesem Stück offensichtlich seine liebe Mühe hatte: Das linke X und das V des Regierungsjahres sind in den Winkel des K gequetscht, und auch das O von ANNO und das S von TES sind schiefgestellt, um Platz in den Feldern zu finden.

Auf der Suche nach Literaturzitaten zu dieser Münze bin ich auf Vcoins auf diese Zitate gestoßen:
Sear 174, DOC 106, MIBE 180, BMC 161, BNP --, Ratto --, To. 341
( http://www.vcoins.com/ancient/byzantium ... oduct=2464 )

Kann mir jemand sagen, um was für Werke es sich bei BNP und To. handelt?

Jahr 38 müsste 564/565 sein, oder? Ich habe nämlich auch als Datierung 563/564 gesehen. Lassen sich diese Datierungen nach Regierungsjahren eventuell sogar noch näher auf Tag und Monat eingrenzen?

Grüße, Stefan
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Byzanz Justinian II Halbfollis.jpg
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Wurzel
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Beitrag von Wurzel » Fr 01.08.08 19:59

Hallo quisquam,

deine Münze stammt aus dem Regierungsjahr 38 (XXX uIII).
Justinianus I regierte vom 1 August 527 bis zum 14 November 565 als Alleinherrscher.
Also geht ein Regierungsjahr vom 1 August bis zum 31 Juli des Folgejahres.

Eine genauere Abgrenzung lässt sich wahrscheinlich nur an Stempelvergleichen machen. Beizeichenkombinationen sind mir dazu nicht bekannt.
Interessant ist in diesem Fall, das die Prägung von Halbfolles erst mit dem 36 Regierungsjahr beginnt, zuvor wurden 16 Nummistücke und 8 Nummsticke (vergl. mit den Dekanummi) als Lokalgeld geprägt.

Du hast hier eine der letzten Münzen Justinians. Es gibt zwar aus dem Jahr 39 auch noch welche, aber da dieses gerade ca. 3 Monate dauerte entsprechend selten.

T. Steht für Jean Tolstoi "Monnaies Byzantines" St. Petersburg 1912-14
BNP ist mir gerade kein Begriff.

Die Stempelschneider hatten teilweise recht drollige Ideen um das, was auf das Münzbild drauf sollte auch dort unterzubringen.

Bei Constans II sieht man das recht schön.

Eine Sammelwürdige Münze.

Micha
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Beitrag von andi89 » Fr 01.08.08 20:01

Hallo!

BNP wird "Catalogue des Monnaies byzantines de la Bibliothèque Nationale" von Cécile Morrisson sein.
To wahrscheinlich Tolstoi, Monnaies byzantines, St. Petersburg 1913/4
Die Datierung müsste richtig sei, 563/4 ist Jahr 37 für Justinian.

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Beitrag von quisquam » Fr 01.08.08 20:15

Habt ganz herzlichen Dank, Micha und Andi! Damit sind meine Fragen umfassend beantwortet.

Was die Jahresangaben auf byz. Münzen angeht hatte ich im Hinterkopf mal etwas gelesen zu haben, das nicht ganz so einfach zu verstehen war. Es wird sich dabei wohl um die Indikationsjahre und nicht die Regierungsjahre gehandelt haben.

Im römischen Alexandria hat man die Regierungsjahre übrigens vom 29. August (30. August bei Schaltjahren) aus gerechnet, egal an welchem Datum die Regierungsübernahme tatsächlich erfolgte. Schön zu wissen, dass man in Byzanz so gezählt hat, wie man es sich normalerweise auch vorstellt.

Grüße, Stefan
Zuletzt geändert von quisquam am Fr 01.08.08 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Wurzel » Fr 01.08.08 20:15

Hallo Andi89,

ich lese eindeutig XXX UIII (10+10+10+5+1+1+1)= 38

Micha
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Beitrag von quisquam » Fr 01.08.08 20:19

Micha,
ich hatte oben das Jahr 563/4 erwähnt, und andi89 hat nur darauf hingewiesen, dass dies Jahr 37, und nicht wie bei meiner Münze Jahr 38 entspricht.

Grüße, Stefan
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Beitrag von Wurzel » Fr 01.08.08 20:25

@ quisquam

Nein, in diesem Fall sind es Regierungsjahre, die übrigens nicht immer mit dem gleichen Datum gezählt wurden, und nicht Indiktionsjahre Jahre 38 Regierungszeit Justinian I = 13 Indiktionsjahr, die Indiktionsjahre wurden nach 15 Jahren auf 1 Zurückgesetzt so gabe es im 23 (549/50) Regierungsjahr Justinians auch ein 13 Indiktionsjahr.

Micha
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Beitrag von quisquam » Fr 01.08.08 20:41

:?: :?: :?:
Womit ich bestätigt sehe, dass die Sache mit den Indikationsjahren (und zum Glück nicht mit den Regierungsjahren!) tatsächlich nicht so einfach ist.

Nochmals danke, Stefan
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Beitrag von Wurzel » Fr 01.08.08 20:56

Ja,

das mit den Indiktionsjahren hab ich selbst noch nie so richtig verstanden, aber diese wurden unabhängig von den Regierungsjahren des Kaisers gezählt.
Justin II begann seine Regierung im 14 Indiktionsjahr (AD 565/6) also Quasi eine eigene Zeitrechnung.

In dem Eck muss ich mich noch genauer belesen ;-)

Ich wei das die Indiktionsperiode eine Rolle spielte bei der Steuerberechnung und ähnliches. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe ist dieses sogar aus Römischer zeit übernommen worden.


Micha
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Beitrag von andi89 » Sa 02.08.08 10:32

Hallo!

Hier einfach mal ein paar Links, die eigentlich recht gut erklären, was es mit der Indiktion auf sich hat:
http://de.wikipedia.org/wiki/Indiktion
http://www.calendarium.at/html/casar_or ... _tage.html (Hier vor allem der letzte Absatz)
Und jetzt auch noch eine Münze, auf der die Indiktion genannt wird:
http://www.wildwinds.com/coins/sb/sb0250.html


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Beitrag von quisquam » Sa 02.08.08 10:57

Ah, Indiktion, nicht Indikation ... :oops:
Kein Wunder, dass ich im Netz wenig brauchbares finden konnte.

Mein einziger Fund war:
http://www.schmidt.hist.unibe.ch/hist/s ... /hilfs.doc
Jahreszählungen:

(Für Frühe Neuzeit nicht besonders wichtig, Datierung nach Christi Geburt setzt sich durch.)

a) Datierung nach Christi Geburt (Inakrnationsära): Erstmals vom römischen München Dyonisus Exiguus im 6. Jahrhundert eingeführt, vom irischen München Beda im 7. Jhd übernommen. Vermochte sich im Mittelalter als die übliche Zählung durchzusetzen

b) Datierung nach Regierungsjahren: Kaieser- und Königsjahre, Amtsjahre eines Papstes oder Bischofs (Pontifikatsjahre). Die Datierung nach Regierungsjahren in Urkunden gibt Aufschluss über die politischen Verhältnisse und Herrschaftsrechte ("politische Datierungen"). Bsp: In der päpstlichen Kanzlei datierte man bis 780 nach den byzaninischen Kaiser, seither nach den eignen Pontifikatsjahren, dann zusätzlich nach den Herrscherjahren Karls des Grossen in Italien, nach 8000 wieder nach Kaiserjahren, nach 1047 aber nahezu ausschliesslich nach den Pontifikatsjahren der Päpste.

c) Indikationsjahre: Datierung nach einem von Kaiser Diokletian 297 eingeführten15jährigen Steuerzyklus.

d) Weltären; zahlreiche Versionen, die christlichen in der Regel beginnend bei der Schöpfung. Schon im Mittelalter nur noch bei besonderen Daten angewandt.
Danke für die Links, Stefan
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