El/Kronos aus Byblos
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El/Kronos aus Byblos
Die Griechensammler möchte ich darauf aufmerksam machen, daß ich eben einen längeren Artikel über El/Kronos aus Byblos im Mythologie-Thread eingestellt habe. Ein wichtiger Teil beschäftigt sich dabei mit Ba'al Hadad und der Frage, inwieweit Jahwe auf El zurückgeht. Es gibt unter den Sammlern doch bestimmt auch Theologen. Auf deren Kommentare würde ich mich freuen.
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=465
Jochen
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Jochen
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Re: El/Kronos aus Byblos
Hallo Jochen,
vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag im Mythologie-Faden. Mit der kanaanäischen El-Mythologie bin ich nicht so vertraut: die Kämpfe zwischen El und Baal waren mir neu, auch die Unterlegenheit Els. Du schreibst, El , der unterlegene Gott, wird von den Hebräern aufgenommen, später verwandelt er sich in Jahwe. Bei den sog. Erzvätern ist El jedenfalls zu finden, als El Abrahams, als El Isaaks, als El Jacobs. Als El Olam - ewiger Gott - eignete er sich hervorragend, die Väter-Els miteinander zu verschmelzen, denn die Väter waren ja nicht Vater, Sohn und Enkel, sondern Sippenahnen verschiedener Stämme oder Sippen, die erst später zu den Hebräern wurden und deren Geschichten vereinigt werden mußten. Jahwe ist offenbar eine Gottheit, die im Gebiet von Midian angesiedelt war und im Zusammenhang mit Mose steht (der war verheiratet mit der Tochter eines midianitischen Priesters). Mit der Mosegruppe kommt Jahwe nach Kanaan und trifft dort auf den Obergott El, dem er zunächst untergeordnet ist. Spuren davon finden sich noch im Alten Testament. Allmählich saugt Jahwe El auf, und nimmt Züge an, die ihm zunächst fremd waren - zB Schöpfer. Baal war tatsächlich ein großer Konkurrent Els/Jahwes weil er ein Gott der Fruchtbarkeit war und er deshalb der Gott der Seßhaften und nicht der Gott von Nomaden war- und die hebräischen Nomaden bei ihrem Einsickern ins Kulturland Kanaan auch "Geschmack" an Baal fanden, wogegen später die Propheten heftig wetterten.
Noch eine kleine Anmerkung: Die Forschung ist sich heute ziemlich sicher, daß die sog. Landnahme Israels im wesentlichen friedlich vonstatten ging; es gibt jedenfalls keine archäologischen Belege für größere kriegerische Eroberung in dieser Zeit. Die im Josuabuch genannten Städte lagen entweder schon wüst oder waren noch gar nicht vorhanden. Erst später hat die Legende daraus eine heroische Eroberung gemacht.
Gruß ischbierra
vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag im Mythologie-Faden. Mit der kanaanäischen El-Mythologie bin ich nicht so vertraut: die Kämpfe zwischen El und Baal waren mir neu, auch die Unterlegenheit Els. Du schreibst, El , der unterlegene Gott, wird von den Hebräern aufgenommen, später verwandelt er sich in Jahwe. Bei den sog. Erzvätern ist El jedenfalls zu finden, als El Abrahams, als El Isaaks, als El Jacobs. Als El Olam - ewiger Gott - eignete er sich hervorragend, die Väter-Els miteinander zu verschmelzen, denn die Väter waren ja nicht Vater, Sohn und Enkel, sondern Sippenahnen verschiedener Stämme oder Sippen, die erst später zu den Hebräern wurden und deren Geschichten vereinigt werden mußten. Jahwe ist offenbar eine Gottheit, die im Gebiet von Midian angesiedelt war und im Zusammenhang mit Mose steht (der war verheiratet mit der Tochter eines midianitischen Priesters). Mit der Mosegruppe kommt Jahwe nach Kanaan und trifft dort auf den Obergott El, dem er zunächst untergeordnet ist. Spuren davon finden sich noch im Alten Testament. Allmählich saugt Jahwe El auf, und nimmt Züge an, die ihm zunächst fremd waren - zB Schöpfer. Baal war tatsächlich ein großer Konkurrent Els/Jahwes weil er ein Gott der Fruchtbarkeit war und er deshalb der Gott der Seßhaften und nicht der Gott von Nomaden war- und die hebräischen Nomaden bei ihrem Einsickern ins Kulturland Kanaan auch "Geschmack" an Baal fanden, wogegen später die Propheten heftig wetterten.
Noch eine kleine Anmerkung: Die Forschung ist sich heute ziemlich sicher, daß die sog. Landnahme Israels im wesentlichen friedlich vonstatten ging; es gibt jedenfalls keine archäologischen Belege für größere kriegerische Eroberung in dieser Zeit. Die im Josuabuch genannten Städte lagen entweder schon wüst oder waren noch gar nicht vorhanden. Erst später hat die Legende daraus eine heroische Eroberung gemacht.
Gruß ischbierra
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Re: El/Kronos aus Byblos
Herzlichen Dank für Deine Ausführungen. Ich weiß, daß die tatsächlichen Vorgänge erheblich komplizierter waren, als ich sie dargestellt habe. Jedenfalls war der Gott Abrahams der El der Kanaaniter, wenn ich das richtig verstanden habe.
Jochen
Jochen
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Re: El/Kronos aus Byblos
Den Ausführungen Ischbierras gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen. Auch was die Würdigung deines hoch interessanten Beitrages angeht, Jochen, in dem auch ich eine Menge Neues erfahren habe.
Neu war mir an deinen Ausführungen, Ischbierra, der Aspekt, dass der Jahwe-Kult dem El-Kult zunächst unterlegen war, auch wenn wenige Schriften wie Psalm 82 darauf hinzudeuten scheinen. Allerdings ist hier mein Wissensstand nicht gerade „up to date“.
Noch eine kleinere Zusatzbemerkung: Das heutige Alte Testament speist sich aus mehreren Quellen, deren wichtigste drei sich u.a. dadurch (sogar namensgebend) unterscheiden, dass eine Schrift aus dem 10. Jhdt. durchweg den Gottesnamen „Jahwe“ gebraucht (daher „Jahwist“), während die anderen beiden (Elohist, um 900, Priesterschrift aus dem babyolischem Exil 6. Jhdt.) bis zur Selbstoffenbarung Jahwes an Mose durchweg die Gottesbezeichnung Elohim wählen.
AS
Neu war mir an deinen Ausführungen, Ischbierra, der Aspekt, dass der Jahwe-Kult dem El-Kult zunächst unterlegen war, auch wenn wenige Schriften wie Psalm 82 darauf hinzudeuten scheinen. Allerdings ist hier mein Wissensstand nicht gerade „up to date“.
Noch eine kleinere Zusatzbemerkung: Das heutige Alte Testament speist sich aus mehreren Quellen, deren wichtigste drei sich u.a. dadurch (sogar namensgebend) unterscheiden, dass eine Schrift aus dem 10. Jhdt. durchweg den Gottesnamen „Jahwe“ gebraucht (daher „Jahwist“), während die anderen beiden (Elohist, um 900, Priesterschrift aus dem babyolischem Exil 6. Jhdt.) bis zur Selbstoffenbarung Jahwes an Mose durchweg die Gottesbezeichnung Elohim wählen.
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Re: El/Kronos aus Byblos
Hallo Jochen,
interessanter Artikel.
Der Name Jahwe war offenbar auch schon bei den Ägyptern des Neuen Reiches bekannt, die ihn mit den Schasu Beduinen verknüpften:
http://www.bibelwissenschaft.de/nc/wibi ... 15374d8eb/
"Der älteste Beleg für den Gottesnamen Jahwe stammt aus Ägypten. In einer Inschrift aus der Zeit Amenophis III. (14. Jh. v. Chr.) und in einer Liste aus der Zeit → Ramses II. heißt es: t3 š3św jhw3 „das Land der → Schasu-Beduinen des Jahû“. In diesen Texten ist jhw3 ein Toponym für eine Gegend, die vermutlich im südlichen Ostjordanland lag (Görg 1976). Der Gottesname könnte sehr gut von dem Toponym abgeleitet sein. Diese Annahme passt gut zu der These, dass Jahwe – wie z.B. Ps 68,8; Ri 5,4; Dtn 33,2 voraussetzen – aus dem Gebiet Edom stammt."
VG
Quinctilius
interessanter Artikel.
Der Name Jahwe war offenbar auch schon bei den Ägyptern des Neuen Reiches bekannt, die ihn mit den Schasu Beduinen verknüpften:
http://www.bibelwissenschaft.de/nc/wibi ... 15374d8eb/
"Der älteste Beleg für den Gottesnamen Jahwe stammt aus Ägypten. In einer Inschrift aus der Zeit Amenophis III. (14. Jh. v. Chr.) und in einer Liste aus der Zeit → Ramses II. heißt es: t3 š3św jhw3 „das Land der → Schasu-Beduinen des Jahû“. In diesen Texten ist jhw3 ein Toponym für eine Gegend, die vermutlich im südlichen Ostjordanland lag (Görg 1976). Der Gottesname könnte sehr gut von dem Toponym abgeleitet sein. Diese Annahme passt gut zu der These, dass Jahwe – wie z.B. Ps 68,8; Ri 5,4; Dtn 33,2 voraussetzen – aus dem Gebiet Edom stammt."
VG
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Re: El/Kronos aus Byblos
In der Tat ein interessanter Beitrag. Münzen mit El bzw. Kronos hatte ich vorher noch nie gesehen .
Mich hat das Münzbild etwas an Ikaros oder Maschinen von Leonardo da Vinci erinnert (oder gar den Schneider von Ulm ), mit Alttestamentarischem hab' ich's eben sonst nicht so .
Aber zur Münze "an sich" hab' ich noch ein bisschen was gefunden .
In J. Rouvier, “Numismatique des Villes de Phénicie”, JIAN 3-7 (1900-4) finden sich diese Münzen hier: http://de.scribd.com/doc/101323018/Numi ... es-Rouvier
Ab Nummer 658 (oben im Feld für den Seitenzähler die 10 eingeben) finden sich einige Varianten dieses Münztyps.
Einen neueren Artikel, der das Motiv behandelt, scheint es auch zu geben:
Z. Sawaya, Cronos, Astarté : deux légendes phéniciennes inédites sur des monnaies de Byblos (Ier s. av. J.-C.), Bulletin de la Société française de numismatique, 53/5, mai 1998, p. 93-99.
Der ist aber online nicht verfügbar , da müsste ich mal wieder in eine Bibliothek meines Vertrauens.
Eine ganze Menge weiterer Exemplare kann man im Bestand der BnF (Bibliothèque nationale de France) sehen, die schönsten hier (es sind insgesamt noch wesentlich mehr):
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
(Die hab' ich hier einzeln verlinkt, da sich der Online-Katalog des Cabinet des Médailles noch sehr im Experimentierstadium befindet und eine gezielte Suche nicht möglich ist .)
Und von Tryphon gibt es das Motiv scheinbar auch: http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
Gruß
Altamura
Mich hat das Münzbild etwas an Ikaros oder Maschinen von Leonardo da Vinci erinnert (oder gar den Schneider von Ulm ), mit Alttestamentarischem hab' ich's eben sonst nicht so .
Aber zur Münze "an sich" hab' ich noch ein bisschen was gefunden .
In J. Rouvier, “Numismatique des Villes de Phénicie”, JIAN 3-7 (1900-4) finden sich diese Münzen hier: http://de.scribd.com/doc/101323018/Numi ... es-Rouvier
Ab Nummer 658 (oben im Feld für den Seitenzähler die 10 eingeben) finden sich einige Varianten dieses Münztyps.
Einen neueren Artikel, der das Motiv behandelt, scheint es auch zu geben:
Z. Sawaya, Cronos, Astarté : deux légendes phéniciennes inédites sur des monnaies de Byblos (Ier s. av. J.-C.), Bulletin de la Société française de numismatique, 53/5, mai 1998, p. 93-99.
Der ist aber online nicht verfügbar , da müsste ich mal wieder in eine Bibliothek meines Vertrauens.
Eine ganze Menge weiterer Exemplare kann man im Bestand der BnF (Bibliothèque nationale de France) sehen, die schönsten hier (es sind insgesamt noch wesentlich mehr):
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
(Die hab' ich hier einzeln verlinkt, da sich der Online-Katalog des Cabinet des Médailles noch sehr im Experimentierstadium befindet und eine gezielte Suche nicht möglich ist .)
Und von Tryphon gibt es das Motiv scheinbar auch: http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
Gruß
Altamura
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- Registriert: Mi 11.08.04 02:01
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Re: El/Kronos aus Byblos
Ich bin überwältigt von so viel Information!
Jochen
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Omnes vulnerant, ultima necat.
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