Falsche Stempelkopplungen

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antikpeter
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Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von antikpeter » Sa 10.02.18 13:20

werte Münzfreunde, ich frage einmal an, ob sich schon Jemand mit
falschen Stempelkopplungen bei Münzen aus Altdeutschland
befasst hat. Falsche Stempelkopplungen sind ja bestens aus der
Weimarer Zeit und der DM-Währung her bekannt. Aus antiker Zeit sind mir
auch falsche Stempelkopplungen bekannt.
Es handelt sich dabei u. A. um Stempelkombinationen aus verschiedenen Jahren.
Das heißt z.B. Wertseite aus 1629 / Rückseite aus 1627 oder so.
Könnte so etwas häufiger sein ?
mbSammlergruss p

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Numis-Student
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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von Numis-Student » Sa 10.02.18 18:38

Hallo,
wie möchtest du das nachweisen ? Normalerweise ist im altdeutschen Bereich nur eine Seite datiert... Undatierte Stempel wurden auch imfolgenden Jahr weiter genutzt, wenn der technische Zustand das erlaubte.

Teilweise wurde auch der datierte Stempel über den Jahreswechsel hinaus genutzt, wenn er noch brauchbar war.

Schöne Grüsse,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von Radealex » Sa 10.02.18 19:12

Hallo,

Ich denke auch das Stempel Kopplungen im 16. - 19. Jahrhundert eigentlich ganz normal waren. Die Jahreszahl wurde gerne einfach für die folgenden Jahre nachgeschnitten.
Von einer "Falschen Stempel Kopplung" kann man eigentlich nur sprechen wenn es sich um eine Kopplung von zwei Stempeln aus unterschiedlichen Münzhoheiten handelt!
Prominente Beispiele wären die 10 Rentenpfennig 1925 F AKS#44; J.#309 wo die Rückseite für die Rentenmark mit der Rückseite für die Reichsmark gekoppelt war,
oder 50 Pfennig Bank Deutscher Länder 1950 G AKS#99; J.#379. da hier tatsächlich nachweisbar Stempel von 2 unterschiedlichen Münzhoheiten gekoppelt wurden.
Im englischsprachigen Raum spricht man hier von "Mule" übersetzt: Maultier.
Bei der "Royal Mint" passierte es gelegentlich das Stempel von verschiedenen Ländern miteinander falsch gekoppelt wurden!
Beispiele sind z.B. das 2 Cent Stück aus Neuseeland KM#33 mit der Rückseite für Bahamas,
oder bei der französischen 1 Franc 1948 für Reunion bei der die Pariser Münzstätte versehentlich die Vorderseite die eigentlich für andere französische Kolonien gedacht war gekoppelt hat.

Gruß
Alex.

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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von jot-ka » Sa 10.02.18 19:31

Hallo antikpeter & Numis-Student,
in meinem Sammelgebiet (Brandenburg) kann man nach 1500 schwer sagen,
was 'falsche Stempelkopplungen' sind.
Bei den in Massen geprägten Groschen war ab 1500 alles möglich.
Kopplungen von Vs. aus 1505 mit Rs. von 1503 sind aus Berlin und Frankfurt bekannt.
Kopplungen von Stempeln verschiedener Mzst. kommen ebenfalls vor,
Brandenburg-Frankfurt, Frankfurt-Stendal, Berlin-Frankfurt ...
Ein besonders krasser Fall ist ein Vs.-St. von 1504/05 aus Angermünde mit einer
Rs. von 1517 aus Stendal kombiniert.
In Berlin gibt es beim selteneren Jahrgang 1512 wohl nur einen Rs.-St. - gekoppelt
mit Vs., die alle schon in den Jahren 1510 und 1511 verwendet wurden.
In Brandenburg gibt es aus 1518 nur einen Rs.-St. - mit zwei Vs.-St. von 1517
kombiniert (insgesamt 3 Ex.).
Bei den Dreiern aus der Zeit Joachim II., die auf beiden Seiten eine Jz. haben,
gibt es 'echte' Zwittermünzen mit zwei verschieden Jz. wie im Anhang.
SG, jot-ka
Dateianhänge
Dreier Berlin 1556-1555.jpg

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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von antikpeter » Mo 12.02.18 12:58

Hallo Numis -Student -siehe jot- ka , danke jot-ka.
Das sind schon eine Menge Hinweise. Wenn es also deutlich zeitlich je Jahr
zu zuordnende Vorder-Seiten gibt und diese in Kombination mit Rück-Seiten
aus anderen Jahren vorkommen,, wären das wohl falsche Stempelkopplungen.
Ich hätte nie gedacht , dass es so viele Beispiele aus Brandenburg gibt.
Ist die Liste vollständig ? Hat das schon Jemand genauer untersucht ?
Ich bin über ein Beispiel aus Montfort gestolpert.
mit freudigen Sammlergruss

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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von jot-ka » Do 15.02.18 19:12

Bei Heinz Fengler, Gerhard Gierow, Willy Ungar
"Lexikon der Numismatik"
© transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin, 1976
steht auf Seite 116:
"falsche Stempelkoppelung: münztechnischer Begriff für eine Prägung,
bei der 2 nicht zusammengehörende Stempel verwendet wurden;
in wenigen Fällen wurden absichtlich unterschiedliche Vs.-Stempel
mit einheitlichen Rs.-Stempeln kombiniert.
Die f. S. gestattet oft die exakte örtliche und zeitliche
Einordnung älterer Münzen. —> Zwittermünze"
-
Die brandenburgischen Zwittergroschen der Periode 1496-1535 (Vs.-Rs.):
Ang-Sdl 1509, 1517
Bln-Brb 1511
Bln-FfO 1503, o.Jz. (1505), 1507-1510
Bln-Sdl 1516
Brb-FfO 1507
FfO-Bln 1510
FfO-Brb 1512
FfO-Sdl 1513
Sdl-Bln 1516
Sdl-FfO 1514
(Ang=Angermünde, Bln=Berlin, Brb=Brandenburg, FfO=Frankfurt/Oder,
Sdl=Stendal)
Die Aufstellung muß nicht vollständig sein; z.T. gibt mehrere Varianten pro Jahrgang.
[Vermutlich 3 verschiedene Gründe für diese Prägungen;
Bf. 258a-c nicht berücksichtigt - verdient Sonderbehandlung]
-
Die jahrgangsübergreifenden Kopplungen innerhalb einer Mzst.
sind ein Normalfall; für die Bestückung der Prägestöcke wurde genommen,
was an Stempeln noch brauchbar war, auch ältere Vs.-St. oder Rs.-St.
Nur die Vs.-St. von 1496-1508 lassen sich über die Adlertypen Zeitabschnitten zuordnen.
Siehe auch:
Bernd Kluge "Die Münzprägung in Kurbrandenburg von 1496 bis 1535"
Berliner Numismatische Forschungen 4, 1990
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin
und
Bernd Kluge "Der Münzfund von Gnoien, Kr. Teterow,
verborgen nach 1556 (Teil 2)
Berliner Numismatische Forschungen 4, 1990
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin
-
Bei Kluge steht auch etwas über einen Sonderfall:
Eine Kopplung Groschen-Vs./Goldgulden-Rs., beide St. aus der Mzst. Brandenburg
(Slg. Bahrfeldt Nr. 562)
-
Ab der 1508 beginnenden gemeinsamen Stempelherstellung (bis 1517)
kann man die Vs.-St. keinem exakten Jahrgang zuordnen;
es geht nur über die Kopplungen mit den datierten Rs.
-
Betrachtungen über die Zwitterprägungen zwischen verschiedenen Mzstn.
- und vor allem, wo die Stücke geprägt wurden -
würden ein eigenes Thema gut ausfüllen und neigen dazu,
die Grenze zu numismatischer Esoterik zu tangieren.
-
Mit diesem Beitrag möchte ich mich aus diesem Thema verabschieden.
Es sollte gezeigt werden, daß es in Bezug auf Stempelkopplungen
regional turbulente und interessante Zeitabschnitte gab.

Schöne Grüße, jot-ka

P.S.
Im vorigen Beitrag ist eine kleine Ungenauigkeit passiert.
In der Mzst. Berlin wurde 1512 vermutlich ein komplettes Stempelpaar
hergestellt, dessen Vs.-St. nach Verschleiß des 1512er Rs.-St.
mit einer Rs. von 1511 weiterverwendet wurde.
Die »echte« Vs. von 1512 liegt in den meisten Slgn. unter 1511
auf den Tabletts - ich sag's ja, "numismatische Esoterik"

antikpeter
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Re: Falsche Stempelkopplungen

Beitrag von antikpeter » Do 15.02.18 21:05

wer weiß denn sowas, wäre hier angebracht , das war ein lehrreicher Exkurs, danke .
Du bist also ein Esoteriker, ein Eingeweihter. Ich habe eine Münzfreund in Cottbus,
der sammelt Brandenburg/Preussen , den reiche ich das weiter. Er hat keinen PC. Ich frage Ihn,
ob er offene Fragen hat.
danke noch einmal, selten so kompetente Excurse hier erlebt, eher Zweifler und Schnellschiesser.
p

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