Was war der allererste Antoninian?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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drakenumi1
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Was war der allererste Antoninian?

Beitrag von drakenumi1 » Di 23.10.07 19:23

Mich interessiert schon seit langem, welcher Typ unter Caracalla im Jahre 215 der früheste Typ dieses Doppeldenars war. Oder läßt sich das womöglich gar nicht ermitteln? Ich habe mir immer eingebildet, es sei der folgende, da dieser wohl aus dem Jahr 215 stammt.
Für eure Auskünfte schon hier herzlichen Dank von

drakenumi1
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 23.10.07 20:59

Dein Antoninian ist RIC IV 245; C.243 und wurde laut RIC bereits 214 n.Chr. geprägt. Demnach ist er auch der erste Typ dieses neuen Nominals, dessen römischen Namen wir nicht kennen. Antoninian stammt - glaube ich - aus der Historia Augusta.

Mit freundlichem Gruß
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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Di 23.10.07 21:37

Hat sich eigentlich schon mal jemand darüber Gedanken gemacht, ob der Antoninian überhaupt einen eigenen Namen gehabt hat? Wir sagen ja auch "2-Euro-Münze" und haben keinen eigenen Namn dafür.
Viele Grüße
helcaraxe
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antoninus1
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Beitrag von antoninus1 » Di 23.10.07 21:49

Zwickel :)
Gruß,
antoninus1

alexander20
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Beitrag von alexander20 » Mi 24.10.07 07:05

Hallo drakenumi1,

ich kann Peter43 mit seiner Datierung des Antoninians auf das Jahr 214 nicht zustimmen. Die Reverslegende Deines Antoninians lautet
P.M.TR.P XVIII COS.IIII P.P.
Damit ist der Antoninian auf das Jahr 215 zu datieren, vgl.auch R.I.C. 264(c),c.287, Hill Nr.1468.
Ein paar Ausführungen zum Antoninian selbst:
Der Antoninian wurde unter Kaiser Caracalla im Jahre 215 eingeführt. Der genaue Name des Antoninian ist nicht bekannt,in der antiken Literatur wie etwa der Historia Augusta taucht der Begriff Antoninian meines Wissens nicht auf. Teilweise wird der Antoninian auch "Radiatus" genannt, denn dieser Begriff taucht in der Literatur auf. Mir persönlich scheint der Begriff "Radiatus" durchaus Sinn zu machen, da beim Antoninian gerade die Strahlenkrone auf der Aversseite das Nominal verdeutlicht.
Der Antoninian hatte bei seiner Einführung den 1,5 fachen Metallwert eines Denars , einen Nominalwert aber von 2 Denaren.

Alexander20

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Beitrag von curtislclay » Mi 24.10.07 07:47

Der Antoninian wurde nicht Ende 214 eingeführt, wie auf S. 85 in RIC zu lesen ist, sondern erst im Laufe von 215, wie BMC S. cxcv richtig feststellt. Die angeblich auf 214 datierten Antoniniane, die den Fehler verursacht haben, existieren nicht; sie sind entweder verlesen oder falsch.

Vom ersten Jahr der Antoninianenprägung, TR P XVIII, finden wir acht datierte Typen, darunter drakenumi1's Sol stehend.

Ganz früh muss Caracallas undatierter, seltener Typ VENERI VICTRICI sein, der offenbar recht bald vom nachfolgenden, häufigen Typ VENVS VICTRIX ersetzt wurde.
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Beitrag von curtislclay » Mi 24.10.07 08:32

Ebenfalls ganz früh: Domnas seltene Typen VENERI GENETRICI, Venus steht oder Venus sitzt. Hier fehlt teilweise sogar die Mondsichel unterhalb der Büste, die wie Caracallas Strahlenkrone sehr bald als Kennzeichen des neuen Nominals eingeführt wurde, wie die zweite Münze mit dem späteren, häufigen Typ VENVS GENETRIX zeigt.
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Pollio
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Beitrag von Pollio » Mi 24.10.07 09:39

Guten Morgen!

Ich habe einmal einen Verweis auf einen Aufsatz von Wolfram Weiser gefunden ("Nominale römischer Münzen des 3.-5. Jahrhunderts n.Chr.", in: Geldgeschichtliche Nachrichten 35, 200 (2000), S. 311-327), dem zufolge der antike Name des Antoninians "Bicharactus" lautete (das steht in einer Fussnote in Sprenger, das Geld der Deutschen). Den Artikel von Weiser selbst kenne ich nicht.

Gruss Pollio

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mi 24.10.07 10:28

Hallo Alexander20!

Die Datierung stammte nicht von mir, sondern aus dem RIC. Aber sie ist wohl falsch, wie Curtis Clay dargelegt hat.

Zur Historia Augusta: Dort finden sich mehrfach Hinweise auf sog. argentei Antoniniani. Ob diese Silbermünzen mit den von uns Antoninani genannten Münzen identisch sind, weiß ich nicht.

Quelle: John Melville Jones, A Dictionary of Ancient Roman Coins, Seaby 1990

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von curtislclay » Mi 24.10.07 16:45

Der Klarheit wegen: die Antoninianenprägung begann im Laufe von 215 mit mindestens fünf gleichzeitigen Typen, nämlich:

Für Caracalla die drei häufigen datierten Typen, Jupiter stehend, Serapis stehend, Sol stehend, und der undatierte Typ VENERI VICTRICI, gefolgt von VENVS VICTRIX.

Für Domna der undatierte Typ VENERI GENETRICI stehend, gefolgt von VENERI GENETRICI sitzend und VENVS GENETRIX sitzend.

Bei den beiden undatierten Typen von Caracalla bzw. Domna lässt die Legendenform im Dativ sofort erkennen, welche die allerfrühesten Stücke waren. Bei Caracallas drei datierten Typen ist das aber schwierig, da im Laufe von 215 keine Typenänderungen eintraten.

taurisker
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Beitrag von taurisker » Mi 24.10.07 18:13

... na dann will ich mal meine VENUS VICTRIX herzeigen.
Die Variante von curtis zeigt uns die Büste drapiert und im Kürass, wogegen die Büste auf meiner Münze nur drapiert ist.
Ich habe das Stück inzwischen so referenziert: RIC IV 311c, C. 608
Dazu gleich die Frage an die Gemeinde: ob das erstens richtig ist und zweitens auf welches Jahr lässt sich diese Variante hängen? (Habe leider den betr. RIC nicht.)
Ahja, für alle die es interessiert, hier noch die Abmessungen (ein beeindruckend großes und schweres Silberstück): 24,3mm 5,07g
Gruß
taurisker
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car_a_venvict.jpg

curtislclay
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Beitrag von curtislclay » Do 25.10.07 08:34

Der Rs.-Typ wurde Mitte 215 bis Anfang 217 geprägt. Vorher kam noch der Type VENERI VICTRICI (siehe oben), nachher, bis zum Tode Caracallas im Frühling 217, kam eine neue Variante mit zwei Gefangenen vor und hinter Venus.

Dein Exemplar näher datieren? Das ginge nur über den Büstentyp, über das Porträt, oder mittels einer Vs.-Stempelgleichheit mit einem datierten Rs.-Typ. Eine Stempeluntersuchung von Caracallas Antoninianen hat aber soweit ich weiss noch niemand unternommen.

payler
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Beitrag von payler » Fr 26.10.07 10:41

In der staatlichen Münzsammlung München ist folgendes zu lesen:

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Antoninian, römischer Doppeldenar, nach Kaiser Caracalla, d. h. M. Aurelius Antoninus, benannt. Die Nominalbezeichnung ist eine moderne Erfindung der Wissenschaft. Der antike Name des Antoninians im Osten des Reiches war vielleicht Bicharactus. Das Wort (BICHARACTA M[oneta]) findet sich auf einem im karischen Aphrodisias gefundenen, zum diocletianischen Höchstpreisedikt gehörenden lateinischen Inschriftenfragment. Der Münzname ist ein hapax legomenon. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die Münze auch in Gallien so genannt wurde. Der Antoninian war die Leitmünze der Soldatenkaiserzeit und wurde im Jahr 215 unter Caracalla eingeführt. (In RIC IV 1, 246, Nr. 245 wird ein Antoninian zum Jahr 214 erwähnt [nach Cohen 243]. Es handelt sich dabei aber wohl um eine Verlesung der tribunizischen Gewalt des Caracalla in TR P XVII [Jahr 214] statt TR P XVIII [Jahr 215]). Dieser war nominell ein Doppeldenar, besaß mit einem ursprünglichen Sollgewicht von 5,1 Gramm tatsächlich aber nur den Wert eines eineinhalbfachen Denars. Während unter Macrinus und Elagabal Antoniniane in geringen Mengen ausgeprägt wurden, ließ Maximinus Thrax wie sein Vorgänger Severus Alexander ausschließlich Denare ausgeben. Der Übergang von der Denar- zur Antoninianprägung fällt in die Regierungszeit des Balbinus und Pupienus. Diese Entwicklung setzte sich unter Gordian III. fort, bei dem der Antoninian bereits in der ersten Emission stark dominiert. Ende 240/Anfang 241 wurden die letzten quantitativ bedeutsamen Denaremissionen der römischen Münzgeschichte ausgeprägt. Mit der endgültigen Umstellung der Währung auf den Antoninian wurde die expeditio orientalis des Gordian III. mitfinanziert. Zur Zeit des Philipp I. war er aus dem Geldverkehr weitgehend verschwunden. Im Jahr 274 wurde unter Kaiser Aurelian ein Reformantoninian eingeführt, dessen besonderes Kennzeichen die Wertmarke XX I bzw. K A im Abschnitt ist.

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Metellus
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Beitrag von Metellus » Fr 26.10.07 20:43

Hallo,

ich habe diesen Thread mit großem Interesse verfolgt.
Kann mir vielleicht jemand zum Thema Caracalla und seine Münzprägung weitere Literatur empfehlen? Das scheint interessant zu sein.

Grüße

Metellus

kollboy
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Beitrag von kollboy » Sa 27.10.07 13:44

die leider noch (?) unveröffentlichte (ungeschriebene?) monographie von curtis clay ist DAS standardwerk schlechthin zur muenzprägung der severer!

(curtis, siehst du den wink? ;) )

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