Seltsame Randausbrüche
Moderator: Homer J. Simpson
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Seltsame Randausbrüche
Über die Herkunft dieser seltsamen Randausbrüche kann ich mir kein Bild machen. Ihre Gestalt weist auf eine gewisse Systematik immer wiederkehrender Faktoren beim Prägevorgang hin, die in meiner Sammlung ihren Schwerpunkt bei Traianus hat. Aber dies könnte auch reiner Zufall sein, weil mich solche interessanten Abnormitäten immer eher angezogen, als abgestoßen haben. Überdies waren solche Münzen meist auch wesentlich billiger, als die unbeschadeten. Und authentisch (was man auch darunter verstehen will) waren und sind sie allemal. Das besonders Reizvolle ist für mich auch der immense Kontrast einer zwischen ss+ und vz liegenden Erhaltung sowie der offensichtlich gar nicht perfekt beherrschten Prägetechnik. Eben ein Widerspruch, wenn auch auf ganz und gar anderen Ebenen liegend.
Ich stelle mal 4 Traianüsse der jeweils charakteristischsten Seite vor und hoffe von Euch auf ein paar Denkansätze, wie man den Ursachen dieser Fehler weitestgehend auf die Spur kommen könnte.
Die Folge der Abbdgn. entspricht der Folge: C.68 bzw. RSC 68 (a); C. 77; C. 80; und C. 514:
Grüße und Dank von
drake
Ich stelle mal 4 Traianüsse der jeweils charakteristischsten Seite vor und hoffe von Euch auf ein paar Denkansätze, wie man den Ursachen dieser Fehler weitestgehend auf die Spur kommen könnte.
Die Folge der Abbdgn. entspricht der Folge: C.68 bzw. RSC 68 (a); C. 77; C. 80; und C. 514:
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- cepasaccus
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Re: Seltsame Randausbrüche
Zumindest beim 2./4. kommt es von Defekten im Schroetling. Da ist eine Blase, die dann beim Flachklopfen aufreisst. So grosse Defekte wie bei 1./3. hatte ich aber noch nicht.
vale
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- drakenumi1
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Re: Seltsame Randausbrüche
Aus einer ganzen Reihe weiterer ähnlicher Ausbrüche habe ich mal weitere herausgesucht mit ganz identischen Merkmalen.
1). M. Aurelius C. 543
und
2). Faustina II. C. bzw. RSC 73 a
Interessanterweise gehen sie mehr oder weniger stark ausgeprägt einher mit einer schräg zur Senkrechten auf die Münzfläche verlaufenden Schichtenbildung im Münzschrötling (oder erst in der fertig geprägten Münze?). Ist schwierig in Worte zu fassen und auch fotomäßig schlecht allseitig darzustellen. Habe es mal bei der letzten Traian-Münze (C. 514) oben versucht, dort ist in der Rs.-Detailaufnahme der schwarze Fleck jetzt aufgelöst zu einer von re. nach li. in der Tiefe verschwindenden Trennebene zweier unterschiedlicher Schichten, aus deren einer dann ein Stück Material herausgebrochen ist.
Die von cepasaccus geäußerte Theorie mit den am Rande liegenden geplatzten Luftblasen find ich recht interessant, wenn sich auch durch sie noch nicht alle dieser gleichartigen Symptome für mich technisch/technologisch einordnen lassen. Evtl. lassen sich durchs Zeigen dieser Details noch weitergehende Ideen entwickeln, hofft
drake
1). M. Aurelius C. 543
und
2). Faustina II. C. bzw. RSC 73 a
Interessanterweise gehen sie mehr oder weniger stark ausgeprägt einher mit einer schräg zur Senkrechten auf die Münzfläche verlaufenden Schichtenbildung im Münzschrötling (oder erst in der fertig geprägten Münze?). Ist schwierig in Worte zu fassen und auch fotomäßig schlecht allseitig darzustellen. Habe es mal bei der letzten Traian-Münze (C. 514) oben versucht, dort ist in der Rs.-Detailaufnahme der schwarze Fleck jetzt aufgelöst zu einer von re. nach li. in der Tiefe verschwindenden Trennebene zweier unterschiedlicher Schichten, aus deren einer dann ein Stück Material herausgebrochen ist.
Die von cepasaccus geäußerte Theorie mit den am Rande liegenden geplatzten Luftblasen find ich recht interessant, wenn sich auch durch sie noch nicht alle dieser gleichartigen Symptome für mich technisch/technologisch einordnen lassen. Evtl. lassen sich durchs Zeigen dieser Details noch weitergehende Ideen entwickeln, hofft
drake
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Re: Seltsame Randausbrüche
der grundstein für diese verformungen kann auch schon beim einguss des schrötlings in die form gelegt worden sein. das material erkaltet zu schnell, füllt die form nicht komplett aus, und beim flachklopfen des schrötlings und dem eigentlichen prägevorgang gibt es dann diese spannungsrisse.
grüsse
frank
grüsse
frank
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Re: Seltsame Randausbrüche
Ja, sicher, Frank,
so wird es gewesen sein. Ich habe einfach diesen ersten, dem Prägen zuvor kommenden Arbeitsgang des Verformens der vereinzelten Schrötlinge zu wahrscheinlich flachen und rundlichen Stücken nicht berücksichtigt. Hier wird ja schon ein großer Teil der insgesamt zu leistenden Verformungsarbeit absolviert und eine Schichtenbildung dadurch kann nicht ausgeschlossen werden.
Daß es dabei möglicherweise zu immer wieder gleichartigen Schlägen kam, die auch gleiche Wirkungen auf das Münzmetall hinterließen (zB. Schichtenbildung), kann man sich vorstellen. Genaueres will ich ja auch gar nicht wissen, müßte dann wohl auch unter die Rubrik Spekulatius fallen. Ist jedenfalls für mich ein ebenso interessantes Phänomen, wie zB. eine Prägeschwäche und das beidseitige Auftreten einer solchen.
Danke Euch nochmals für's "auf die Spünge helfen" von
drake.
so wird es gewesen sein. Ich habe einfach diesen ersten, dem Prägen zuvor kommenden Arbeitsgang des Verformens der vereinzelten Schrötlinge zu wahrscheinlich flachen und rundlichen Stücken nicht berücksichtigt. Hier wird ja schon ein großer Teil der insgesamt zu leistenden Verformungsarbeit absolviert und eine Schichtenbildung dadurch kann nicht ausgeschlossen werden.
Daß es dabei möglicherweise zu immer wieder gleichartigen Schlägen kam, die auch gleiche Wirkungen auf das Münzmetall hinterließen (zB. Schichtenbildung), kann man sich vorstellen. Genaueres will ich ja auch gar nicht wissen, müßte dann wohl auch unter die Rubrik Spekulatius fallen. Ist jedenfalls für mich ein ebenso interessantes Phänomen, wie zB. eine Prägeschwäche und das beidseitige Auftreten einer solchen.
Danke Euch nochmals für's "auf die Spünge helfen" von
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Re: Seltsame Randausbrüche
das beidseitige auftreten ist ja wohl normal. denn wenn der oberstempel nicht wirklich plan auflag, und/ oder der hammerschlag nicht zentral auf denselben auftraf, dann sollte ja auf beiden seiten des schrötlings diese schwäche auftreten!drakenumi1 hat geschrieben:. Ist jedenfalls für mich ein ebenso interessantes Phänomen, wie zB. eine Prägeschwäche und das beidseitige Auftreten einer solchen.
Danke Euch nochmals für's "auf die Spünge helfen" von
drake.
eine einseitige prägeschwäche dagen wäre schon schwerer zu erklären.
grüsse
frank
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Re: Seltsame Randausbrüche
Danke Dir, Frank,beachcomber hat geschrieben:das beidseitige auftreten ist ja wohl normal. denn wenn der oberstempel nicht wirklich plan auflag, und/ oder der hammerschlag nicht zentral auf denselben auftraf, dann sollte ja auf beiden seiten des schrötlings diese schwäche auftreten!drakenumi1 hat geschrieben:. Ist jedenfalls für mich ein ebenso interessantes Phänomen, wie zB. eine Prägeschwäche und das beidseitige Auftreten einer solchen.
Danke Euch nochmals für's "auf die Spünge helfen" von
drake.
eine einseitige prägeschwäche dagen wäre schon schwerer zu erklären.
das haben wir doch damals in der Penne gelernt: Action = Reaktion (oder so ähnlich) Oder "feiner" ausgedrückt: Die fehlende Verformungsarbeit, die sich auf der einen Seite der Münze als teilweises Fehlen der Prägung ausdrückt, muß auch auf der anderen Seite fehlen. Im Sinne des Gleichgewichts der wirkenden Kräfte. Hab mich gerade noch rechtzeitig daran erinnert
Aber mal Spaß beiseite: Ich wollte ja edward gegenüber, der im Flavier-thread auf Seite 25 in seinem posting am 13.11.10 um 16.30 Uhr seinen Domitian- Aureus vorstellte, kein Samenkorn des Mißtrauens ins Herz senken, und das noch in dem dort gerade in Rede stehenden Zusammenhang. Und ich sehe eigentlich ernsthaft auch keinen Grund dafür. Aber das wäre so ein Fall, wo man ins Schleudern käme, wollte man solch Nichtzusammengehörigkeitsmerkmal von Vs. und Rs. erklären. Er wird uns hoffentlich verzeihen, hofft
drake
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Re: Seltsame Randausbrüche
Hallo,
zur Problematik von Randausbrüchen und Kerben bei antiken Münzen finden sich in dem Buch :
ANTIKE METALLURGIE UND MÜNZPRÄGUNG - Ein Beitrag zur technikgeschichte, Birkhäuser Verlag Berlin 1995 von Hasso Moeste und Peter Robert Franke
viele erschöpfende Angaben ua. folgenden Aussagen;
ich zitiere S.83,86 ff :
Kaltes Fließen
....Die Verhältnisse bei der Prägung einer Münze sind wesentlich komplizierter. Einmal wächst die Belastung nicht langsam, sondern erfolgt mit einem Schlag, zum anderen ist ja der Stempel nicht glatt, sondern enthält Erhöhungen und Vertiefungen, die das Münzbild ergeben. Um diese muß das Metall herumfließen......Die beim plastischen Fließen umgesetzte Energie ist proportional dem verformten Volumen, der Höhe der Fließgrenze und der auftretenden Zugspannung während der Verformung. Die Fließgrenze hängt von der Legierung und der Vorbehandlung ab, die Zugspannung dagegen wird vom "Design" der Münze wesentlich mitbestimmt. Besonders das Verhältnis von Durchmesser zu Dicke und die Höhe der Figuren sind hier wichtig. Für hohe Figuren muß viel Metall in die Höhlung des Stempels fließen. Ebenso erfordert eine dünne, also im Vergleich zum fest vorgegebenen Münzgewicht großflächige Münze ein starkes Fließen von der Mitte zum Rand.
Solche Strömungen mit lokal verschiedener Geschwindigkeit und Richtung bedingen echte Reibungsverluste, die sich letztendlich in Rissen und Ausbrüchen des Randes bemerkbar machen......
Risse im Rand
Daß das zur Münze geschlagene Metall tatsächlich fleißt, erkennt man am sinnfälligsten wohl an den Rissen im Randbereich. Verdrängt der Stempel beim Schlag das Metall des Schrötlings aus der Mitte der Münze, muß es zum Rande fließen. Dabei wird der Umfang des Schrötlings durch den radialen Fluß gedehnt. Er vergrößert sich zwangsläufig. Der Dehnung wirkt eine Spannung in tangentialer Richtung entgegen, die das Metall zusammenzuhalten strebt. Wir haben also eine Art "Zugversuch" in diesem Randbereich. Ebenso kann auch beim Schlagen der Münzen die Spannung die Reißfestigkeit überschreiten. Der Rand reißt auf und verringert somit die Zugspannung, bis die Reißfestigkeit der verbleibenden Spannung standhält. Solche Risse und Ausbrüche treten bei sehr vielen Münzen bis in die Neuzeit auf.....Metallurgisch sagen solche Fehler prinzipiell, daß das Metall in der gegebenen Geometrie der Dehnungsbelastung nicht gewachsen war. Dieser Mangel kann verschiedene Ursachen haben. Der Rand kann zu dünn sein, vielleicht durch schlechtes Aufsetzen des Oberstempels oder unsymmetrische Form des Schrötlings. Die Legierung kann schlecht sein und zu viele härtende Zuschläge wie Kupfer enthalten. usw.......
Grüße Franz
zur Problematik von Randausbrüchen und Kerben bei antiken Münzen finden sich in dem Buch :
ANTIKE METALLURGIE UND MÜNZPRÄGUNG - Ein Beitrag zur technikgeschichte, Birkhäuser Verlag Berlin 1995 von Hasso Moeste und Peter Robert Franke
viele erschöpfende Angaben ua. folgenden Aussagen;
ich zitiere S.83,86 ff :
Kaltes Fließen
....Die Verhältnisse bei der Prägung einer Münze sind wesentlich komplizierter. Einmal wächst die Belastung nicht langsam, sondern erfolgt mit einem Schlag, zum anderen ist ja der Stempel nicht glatt, sondern enthält Erhöhungen und Vertiefungen, die das Münzbild ergeben. Um diese muß das Metall herumfließen......Die beim plastischen Fließen umgesetzte Energie ist proportional dem verformten Volumen, der Höhe der Fließgrenze und der auftretenden Zugspannung während der Verformung. Die Fließgrenze hängt von der Legierung und der Vorbehandlung ab, die Zugspannung dagegen wird vom "Design" der Münze wesentlich mitbestimmt. Besonders das Verhältnis von Durchmesser zu Dicke und die Höhe der Figuren sind hier wichtig. Für hohe Figuren muß viel Metall in die Höhlung des Stempels fließen. Ebenso erfordert eine dünne, also im Vergleich zum fest vorgegebenen Münzgewicht großflächige Münze ein starkes Fließen von der Mitte zum Rand.
Solche Strömungen mit lokal verschiedener Geschwindigkeit und Richtung bedingen echte Reibungsverluste, die sich letztendlich in Rissen und Ausbrüchen des Randes bemerkbar machen......
Risse im Rand
Daß das zur Münze geschlagene Metall tatsächlich fleißt, erkennt man am sinnfälligsten wohl an den Rissen im Randbereich. Verdrängt der Stempel beim Schlag das Metall des Schrötlings aus der Mitte der Münze, muß es zum Rande fließen. Dabei wird der Umfang des Schrötlings durch den radialen Fluß gedehnt. Er vergrößert sich zwangsläufig. Der Dehnung wirkt eine Spannung in tangentialer Richtung entgegen, die das Metall zusammenzuhalten strebt. Wir haben also eine Art "Zugversuch" in diesem Randbereich. Ebenso kann auch beim Schlagen der Münzen die Spannung die Reißfestigkeit überschreiten. Der Rand reißt auf und verringert somit die Zugspannung, bis die Reißfestigkeit der verbleibenden Spannung standhält. Solche Risse und Ausbrüche treten bei sehr vielen Münzen bis in die Neuzeit auf.....Metallurgisch sagen solche Fehler prinzipiell, daß das Metall in der gegebenen Geometrie der Dehnungsbelastung nicht gewachsen war. Dieser Mangel kann verschiedene Ursachen haben. Der Rand kann zu dünn sein, vielleicht durch schlechtes Aufsetzen des Oberstempels oder unsymmetrische Form des Schrötlings. Die Legierung kann schlecht sein und zu viele härtende Zuschläge wie Kupfer enthalten. usw.......
Grüße Franz
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Re: Seltsame Randausbrüche
Hallo Franz!
Ein wichtiger Artikel. Ich hoffe,er verschwindet nicht om Orcus wie schon so viele.
Jochen
Ein wichtiger Artikel. Ich hoffe,er verschwindet nicht om Orcus wie schon so viele.
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
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Re: Seltsame Randausbrüche
Peter43 hat geschrieben:
Ein wichtiger Artikel. Ich hoffe,er verschwindet nicht om Orcus wie schon so viele.
Dem kann ich mich nur anschließen.
Er bringt zwar auch nicht mehr Licht in die Spezifik dieser immer wieder gleichen Randausbrüche, aber ich habe gelernt, daß wegen der Vielfalt der möglichen Einflußfaktoren das auch kaum möglich sein wird. Irgendeine besondere Konstellation der sich gegenseitig beeinflussenden Kenngrößen wird diesen mir so interessant erscheinenden Fall ausgelöst haben, welcher auch immer ....
Die sich aus dem Gelesenen vordergründig aufdrängende Erkenntnis ist: Der kritische Bereich, der zur Rißbildung neigt, ist der Randbereich der Münze, dort ist (allerdings in Abhängigkeit von der Ausgangsform des Schrötlings) möglicherweise der Verformungsgrad bzw. der Fließweg des Materials am größten, während er im Mittelpunkt der Münze annähernd = 0 ist. Die Konsequenz daraus (eine Binsenweisheit) sieht man an jeder Münze mit Riß: er wird zum Rande zu immer breiter.
Insofern kann man sagen, daß am Münzrand ein Materialring entstand, dessen Reißfestigkeit überschritten wurde und er daher in radialer Richtung aufriß; aber nicht alleine dies, sondern sich auch kreisförmig vom inneren Münzkern löste. Damit konnten sich ganze Stücke dieses äußeren Ringes aus dem Molekularverband lösen und teilweise oder ganz herausfallen, je nach dem, ob eine vorhandene Schichtenbildung zB. aus dem Prozeß der Formung der Schrötlinge dies ermöglichte oder verhinderte.
Der verwendete Begriff "Kaltes Fließen" schien mir schon immer etwas unzutreffend gewählt; Mal abgesehen von der Vorwärmung der Schrötlinge vorm Prägen wird doch alleine durch die Mitteilung der gesamten Schlagenerie (Geschwindigkeit und Masse!) auf einem Weg von etwa 2mm an den Schrötling dieser in einem solchen Maße erhitzt, daß man wohl eher von einem "Warm - Fließen" reden könnte. Und dann fällt es verstandesmäßig auch leichter, von einem "Fließen" zu sprechen.
Wir haben solche "Beweise" früher als Buben an unserem Bahnübergang praktiziert, indem wir Pfennigstücke auf die Gleise legten, wenn die schwere 52er Lock in Schnellfahrt durchfuhr: Der verformte Pfennig war noch heiß danach. Wenn die Lock zu langsam war, blieb er kalt und sein Prägebild weitgehend unzerstört. Das nur so als Abschweif
Enormen Einfluß auf das endgültige Prägebild und natürlich auf mögliche Risse hat auch die Art der Ausführung des Peägeschlages: Die aufzuwendende Verformungsarbeit ist die eine Seite, sagt aber noch nichts über die schließliche Wirkung ihrer Komponenten: der Masse des Hammers und der Schlaggeschwindigkeit. Man weiß ja: Fehlt es an dem Einen, muß man von dem Anderen zusetzen. Oder: Zu geringe Masse des Hammers heißt schneller schlagen (heißt nicht mehrfach) müssen, soll die aufgewendete Prägearbeit konstant bleiben. Aber trotzdem können die Prägeergebnisse völlig unterschiedlich ausfallen.
Da muß ich gerade denken an manche Literaturstelle, wo der antike Prägevorgang dargestellt wird als das mehrfache wiederholte Schlagen mit einem eher mittelgroßen Hammer. Dies hat, wenn es denn überhaupt praktiziert wurde, mit einem "Kalten Fließen" überhaupt nichts zu tun, Hierbei kommt es zu keiner Plastifizierung des Metalls und nach wenigen Schlägen wird die innere Struktur zerbröseln, ganz abgesehen vom enormen Gesamtarbeitsaufwand aller Schläge.
Man könnte solche Gedankenspiele mit stets sich gegenseitig beeinflussenden Wirkungen unterschiedlicher Einflußfaktoren beliebig fortführen. Im Ergebnis bekommt man mehr und immer mehr Hochachtung vor den Leistungen dieser antiken Münzstätten mit all ihren empirisch gereiften Spezialisten, die sich in einem enormen Spektrum möglicher Fehlleistungen auf einen Punkt der geringstmöglichen und gleichzeitig ökonomischsten eingeschossen haben. Ihre Arbeit blieb immer ein Kompromiss, die "absolut fehlerfreie Münze" gab es in der Antike nicht !
Sorry für meine "Exkursionen" sagt
drake
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