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von Invictus » Sa 27.07.13 10:21
Über die 12 Zacken lässt sich doch für die Antike nur spekulieren. So soll sie angeblich die 12 Monate darstellen. Andere sehen darin die Multiplikation von 3 (Zahl des Überirdischen) und 4 (Zahl des Irdischen) = Verbindung zwischen Götter und Menschen resp. Verbindung zwischen Himmel und Erde o.ä. Auch war die Zahl 12 den Etruskern und Römern heilig - siehe die 12 römischen Hauptgötter.
Dass Dupondien (und später Antonian) i.d.R. 5 Zacken aufweisen (3 an der Seite, 2 am Scheitelpunkt) spricht doch eher für eine achtstrahlige „Krone“. Was aber soll einen Bezug zur 8 haben? Da fällt zuerst der Sidus Iulium auf, der meist achtstrahlig abgebildet wurde – siehe Augustusmünzen: Schild CAESAR und Stern, Stern mit DIVVS IVLIVS, Stern im Tympanum des Caesartempels etc.)
Der Stern sollte lt. offizieller Deutung von Augustus die Aufnahme Caesars unter die Götter bedeuten, deshalb ließ er den Stern auch am Kopf Caesars im Tempel des Divus Iulius anbringen (Plinius).
In der frühen Kaiserzeit bis Nero ist die Strahlenkrone lediglich dem vergöttlichten Augustus vorbehalten (bspw. alexandrinische Tetradrachemen: Kopf des Nero mit Lorbeerkranz, Kopf des Augustus mit Strahlenkrone oder Denaren: Kopf des Caligula mit oder ohne Lorbeerkranz, Kopf des Augustus mit Strahlenkrone). Es dürfte nicht aus der Luft gegriffen sein, dass hier die Strahlenkrone auf die Vergöttlichung des Augustus anspielt. Bestätigt könnte dies auch durch einen Tiberius-Aureus (RIC 24 BMC 29) werden, wo rückseitig der Kopf des Augustus noch mit Lorbeerkranz(!) dargestellt ist und sich über dem Kopf ein Stern befindet (wie bei Caesar mit dem gleichen Hintergrund der Aufnahme unter die Götter).
Nun könnte man vermuten, dass den Römern diese Darstellung (Stern am Kopf) auf Dauer nicht so recht gefiel (auch auf Münzen wegen des Platzproblems) und man daraus die Strahlenkrone schuf. Wäre es denkbar, dass hier die Kometenstrahlen (nicht Sonnenstrahlen) gemeint sind?
Aber es gibt noch eine andere Version. Die Ägypter sahen ja (wie sicherlich viele antike Menschen) den täglichen Sonnenaufgang als Schöpfungswiederholung an (mit der Sonne erwacht das Leben). Augustus wurde von seinen römischen Zeitgenossen als „Geschenk der Götter“ für das zerrüttete Imperium Romanum betrachtet, mit dem das goldene Zeitalter begann (so hatte Augustus auch den sidum Iulium insgeheim für sich bei Beginn seiner Herrschaft gedeutet: als Zeichen des beginnenden Heils und einer glücklichen Regentschaft).
In diesem Fall wären die Strahlen als Sonnenstrahlen zu deuten, ihr Träger als Erneuerer der irdischen Verhältnisse resp. als Heilbringer (es ist übrigens sehr schön zu beobachten, wie antike Vorstellungen ins spätere Christentum einflossen, in diesem Fall der Heiligenschein als Fortführung der Strahlenkrone). Für die Zeit bis Nero kann man sicherlich streiten, ob sich die Strahlen nun vom Kometen oder der Sonne ableiten.
Ab Nero, der noch zu Lebzeiten die Strahlenkrone auf Reichsmünzen zum Attribut machte, ist die Annahme, dass hier eine Somnenstrahlenkrone mit der Botschaft als kaiserlicher Erneuerer/Heilsbringer gemeint ist, vielleicht überlegenswert. Dafür spricht nämlich, dass die Strahlenkrone immer nur sprunghaft auf Dupondien abgebildet wurde (und erst unter Domitian ständig erscheint).
Das erwähnte Problem, man habe aus Platzgründen nicht mehr wie 5 Strahlen geschnitten, darf aus folgenden Gründen angezweifelt werden:
a) Auf den Solmünzen des Marc Anton ist die Strahlenkrone auch mit viel mehr „Zacken“ abgebildet.
b) Schaut man sich die frühen Dupondien ab Nero an, so sind die Strahlen sehr schmal geschnitten (nicht so klobig wie auf den Antoninianen). Da wäre doch durchaus Platz für 6 oder mehr Strahlen gewesen, ohne dass der Kopfschmuck unerkennbar geworden wäre.
Vielleicht ist in der frühen Strahlenkrone nur das Zeichen der Vergöttlichung zu sehen. Erst später könnte dann der andere Aspekt (göttlicher Heilsbringer) in den Vordergrund getreten sein, nämlich ab der zweiten (flavischen) Kaiserdynastie. Das würde auch ihre bis dato einzig dem Augustus gestattete Reservierung erklären.
Die Strahlenkrone gibt noch andere Rätsel auf:
Wenn sie als Zeichen der Nominalverdoppelung auftritt, warum zeigen bspw. die Tetradrachmen der Philippi aus Antiochia ad Orontem wahlweise Kaiserbüsten mit Lorbeerkranz oder Strahlenkrone bei annähernd gleichem Gewicht oder warum verwendete man zu beginn des 4. Jh. n.Chr. beim größeren Nominal Follis den Lorbeerkranz und beim kleineren Nominal die Strahlenkrone (also genau umgekehrt)?
Warum setzte sich die Strahlenkrone erst ab Domitian permanent durch, wenn sie als sichtbares Zeichen der Nominalunterscheidung von uns angesehen wird? As (rotes Kupfer) und Dupondius (gelbes Messing) gab es bereits seit ca. 100 Jahren(!) und man scheint bei der Unterscheidung wenig Probleme gehabt zu haben (offensichtlich wegen der Metallfarbe). Marc Anton versah zwar seine Dupondien mit B (wohl für Bi = 2 Asses), um sie besser unterscheiden zu können, aber zu jener Zeit bestanden sie ja auch noch nicht aus Messing, sondern aus demselben Material wie Asses!
Das nur als ein paar kurze Gedanken.