wie kommt so etwas zustande?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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donolli
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wie kommt so etwas zustande?

Beitrag von donolli » Mo 09.05.05 10:21

hallo.

ich hatte hier schon mal vor einem jahr was ähnliches zum thema "metallknubbel" auf einem gordianus antoninian vorgestellt. dieser fehler war wohl einfach auf eine schlampig geschnittene legende zurückzuführen.

nun habe ich diesen maximianus follis erworben (rückseite genius, heraclea). auf diesem befindet sich wieder ein dicker "metallklumpen" mitten auf dem haupt des herculers.

ich habe mir die sache mit einer 20x lupe aungesehen und kann ausschließen, dass es sich um eine ablagerung handelt.

die einzige erklärung, die ich mir auf die sache machen kann, ist dass aus dem aversstempel ein stück rausgebrochen ist und somit der dadurch entstandene krater im negativ für die erhebung im positiv verantwortlich ist.

was haltet ihr davon?

cheers donolli
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Fridericus
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Beitrag von Fridericus » Mo 09.05.05 11:01

Für mich sieht das auch wie ein Stempelausbruch aus, den man für so unbedeutend hielt, das der Stempel trotzdem weiterbenutzt wurde. Das beschädigte und insbesondere abgenutzte ("müde") Stempel weiter benutzt wurden, scheint bei den Römern nicht unüblich gewesen zu sein.

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donolli
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Beitrag von donolli » Mo 09.05.05 11:19

@Fridericus:

wahrscheinlich wird es das schon sein. war ja auch meine vermutung. da der stempel außer diesem makel noch nicht sonderlich abgenutzt war, wird man ihn wohl trotzdem weiterverwendet haben.

cheers donolli
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cucci
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Beitrag von cucci » Mo 09.05.05 11:24

Hallo Zusammen
Ich stimme euch zu.. Ich sehe das auch so das der Stempel zum ermüden kam und einen Spliter-Bruch erlag... Der Grund des Defekts könnte sein das, vielleicht auf der Metalloberfläche ein harter Gegenstand war und beim zuschlagen den Stempel verletzt hatte. Ich vermute dass man mit dem Stempel so lange weitere münzen gemacht hatte bis man den neuen Stempel hatte.. Doch das ist nur eine Vermutung von mir... :wink:

Grüsse Cucci
Ich bin immer auf der suche nach Italienischen Lire 1900-2001 und Römischen, Grichischen Münzen..Bevorzuge Denare und Münzen der fundorte Schweiz und Süditalien..
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mo 09.05.05 12:18

Hallo!

Vielleicht ist hier von Interesse, wie lange ein Stempel benutzt wurde! Hier habe ich die neuesten Zahlen (aus Wolters, Nummi Signati, 1999 Beck):

Von modernen Autoren wird die Anzahl der von einem Stempel geprägten Münzen auf 1.000 bis 40.000 Exemplare geschätzt. Früher hat man geglaubt, daß der im Amboß eingelassene Aversstempel weniger belastet war, als der freie Reversstempel und so länger benutzt werden konnte. Zählungen für Crepusius (Republik) 82 v.Chr. haben ergeben, daß 1.206 Aversstempel und 1.310 Reversstempel verbraucht worden sind. Das Verhältnis ist also 1 : 1.1! Diese rund 2500 Stempel stammen aus stilistischen Gründen von nur 2 Stempelschneidern!

Von v.Kaenel stammt eine genauere Abschätzung der von einem Stempel geschlagenen Münzen. Er betrachtet dabei das Antrittsdonativ des Claudius. Dabei geht er von einem Geschenk von 100 Millionen Sesterzen an die Prätorianer aus. Der Sesterz war nur eine Rechnungseinheit. Tatsächlich wurden Gold- und Silbermünzen ausgezahlt. Er stellt ein Verhältnis von Aurei zu Denarii von 4 : 1 für die 1.Emission fest. Also wurden 990.000 Aurei und 250.000 Denarii geprägt, insgesamt 1.240.000 Münzen. Dabei hat er 46 Aversstempel gezählt. Dividiert man, so kommt man auf 27.000 geprägte Münzen pro Stempel. Butrey hat die benutzten Stempel auf 70 erhöht, da sich in einer Vergleichsstudie gezeigt hatte, daß nur 2/3 aller Stempel belegbar waren, und man also eine Dunkelziffer berücksichtigen muß. Damit kommt er auf 18.000 geprägte Münzen pro Stempel.

Rechnet man das um auf die Arbeitsleistung eines Stempelschneiders, von denen 5 für die Geschenkgabe des Claudius tätig waren, kommt man auf 1-3 Stempel pro Tag und Celator. Geprägt wurden ungefähr 10.000 Münzen pro Tag und pro Arbeitsgruppe. Unter Claudius gab es davon 4 in Lugdunum.

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Di 10.05.05 00:08, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von Pscipio » Mo 09.05.05 12:38

Peter43 hat geschrieben:Er stellt ein Verhältnis von Aurei zu Denarii von 1 : 4 für die 1.Emission fest. Also wurden 990.000 Aurei und 250.000 Denarii geprägt
@ Peter43: Hab Dank für die interessanten Zahlen! Hier ist dir aber wohl ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, bei einem Verhältnis Aurei zu Denarii von 1:4 müssten es wohl 250'000 Aurei und 990'000 Denarii sein, nicht umgekehrt... oder?

Gruss, Pscipio
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Beitrag von donolli » Mo 09.05.05 12:49

@ Peter43: inder tat äußerst interessante infos. hätte nicht gedacht, dass ein stempel so viele prägevorgänge ausgehalten hat.

cheers donolli
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Beitrag von Peter43 » Mo 09.05.05 13:42

@pscipio:

Danke für den Hinweis! Ich habe noch einmal nachgeschlagen und das Verhältnis muß richtig lauten: Aurei zu Denarii wie 4 : 1. Und dann stimmt auch die Anzahl der geprägten Münzen. Ich habe es bereits oben korrigiert!

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von curtislclay » Mo 09.05.05 19:55

Ich denke, auf unbewiesene Hypothesen sollte man lieber keine Theorien bauen!
Warum wird angenommen, das Antrittsdonativ muss nur in Muenzen von Claudius selbst bezahlt worden sein? Warum nicht auch mit Muenzen von Tiberius und Augustus und mit den zahlreichen republikanischen Muenzen, die noch im Umlauf waren?

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Beitrag von Peter43 » Mo 09.05.05 20:20

Hallo Curtis!

Wie soll ich erkennen, daß es unbewiesene Hypothesen sind, wenn es sich bei der Quelle um die Habilitationsarbeit eines Wissenschaftlers handelt?

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Zwerg » Mo 09.05.05 20:58

Hallo Peter43

Numismatik ist eine Wissenschaft.

Deine Quelle ist eine wissenschaftliche Arbeit, welche Hypothesen aufstellt. Jedes Fachbuch hat einen umfangreichen Anmerkungsapparat, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, die aufgestellte Hypothese zu überprüfen.

Diese Hypothesen kannst du aber nur überprüfen, wenn du dich in der Materie selber gut auskennst. Hat der Autor Quellen unterschlagen oder vergessen, zieht er die richtigen Schlüsse? Gerade im diskutierten Bereich - wie viele Münzen wurden geprägt - gibt es seit Jahrzehnten Diskussionen, da so viele Unwägbarkeiten eine Rolle spielen.

Sieh dir den 3. Absatz deines Postings an. Da gibt es eine "genaue Abschätzung", ist von "Dunkelziffern" die Rede, es wird von "1.000 bis 40.000 Exemplaren geschätzt" geredet - es sind wirklich nur Theorien.

Ich habe mich im Anfang meines Studiums einmal in diese Thematik verbissen - mittlerweile bin ich für mich zu der Erkenntnis gelangt, daß man dieses Problem nicht endlich lösen kann. Obwohl - es gibt natürlich immer wieder neue erfreundliche Erkenntnisse.

In der Hoffnung, nicht zu sehr oberlehrerhaft gepostet zu haben

Grüße
Zwerg
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Beitrag von curtislclay » Mo 09.05.05 20:59

Peter43,
Ganz einfach, wenn in einer Beweisführung etwas angenommen oder behauptet wird, frage dich, ist das nun festes Wissen, eine bezeugte Tatsache, oder bloss eine Hypothese?
Ein Argument wird natürlich nicht dadurch stärker, dass es in einer Dissertation oder einer Habilitationsschrift auftritt!

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Beitrag von chinamul » Mo 09.05.05 22:33

curtislclay hat geschrieben:Ein Argument wird natürlich nicht dadurch stärker, dass es in einer Dissertation oder einer Habilitationsschrift auftritt!
Well roared, lion!

Ganz ähnlich hatte ich mich bei einem philologischen Problem geäußert. Alles, was behauptet wird, egal von wem, muß auf den Prüfstand der Kritik und darf nicht gleich das Qualitätssiegel der absoluten Wahrheit für sich beanspruchen.

Gruß

chinamul
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Beitrag von Peter43 » Di 10.05.05 00:24

Hallo!

Bevor ihr mich hier alle zerreißt, muß ich doch einmal feststellen, daß ich selbst hier keine Theorien, nicht einmal Hypothesen aufgestellt habe. Ich habe einfach aus dem Buch von Wolters zitiert, wie ich in meinem Posting auch korrekt vermerkt habe, weil ich dachte, daß das für die Forumsmitglieder interessant sein könnte.

Wenn jemand meint, daß die Überlegungen von Wolters nicht richtig sind - was ja sein kann, ich selbst bin kein Fachmann - dann wäre es doch gut, wenn er seine Meinung hier darstellen würde. Wenn möglich mit Beweisen und Begründungen.

Deshalb finde ich den Beitrag von Zwerg auch begrüßenswert, weil er sachlich und informativ ist. Und das, was Curtis gepostet hat, versteht sich auch von selbst. Aber von absoluter Wahrheit hatte doch bisher niemand gesprochen!

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von curtislclay » Di 10.05.05 01:11

Peter43,
Die Kritik betrifft hauptsächlich von Kaenel und Wolters, die das Argument vorgelegt bzw. wiederholt haben, nicht dich!

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