Brakteaten - was "sagen" sie, wenn dort nichts ste

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QVINTVS
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Brakteaten - was "sagen" sie, wenn dort nichts ste

Beitrag von QVINTVS » Di 03.02.09 09:58

Grüßt Euch,

bei der Beschäftigung mit den Augsburger Brakteaten bin ich auf die Frage gestossen:

Kann mir die Münze etwas über eine aktuelle Situation zur damaligen Zeit aussagen?

Hier meine ich besonders, eine gewisse Symbolik.

Z. B. Steinhilber 64
http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 8&Lot=1712

Was könnten diese Türme bedeuten? Welche Aussagekraft hat der "Fingerzeig"?

Wurde die bischöfliche Burg erneuert oder die Stadtbefestigung erweitert? Oder steht eine gar kirchliche, theologische, usw. Aussage im Vordergrund?

War kann mir mehr zu solchen Darstellungen oder Aussagen von Darstellungen auf mittelalterlichen Brakteaten sagen? Gibt es Literatur dazu?

Vielen Dank.
Viele Grüße

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Bertolt
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Beitrag von Bertolt » Di 03.02.09 22:37

Hallo QVINTVS, eine interessante Frage, die du da aufwirfst. Auch ich befasse mich damit, was Münzbilder bzw. Umschriften oder bestimmte Zeichen auf Münzen aussagen. Und in der Tat, es gibt darüber auch Literatur. Beim letzten Treffen des Freundeskreises Mittelalternumismatik am 24.01.2009 in Halle, verteilte Reinhard Rehmann ein Manuskript, das Auskunft darüber gab, was seine Studien der christlichen Symbolik, für eine sinngebende Erläuterung der Bildsymbolschrift auf Münzen aussagen. Ich weis nicht, ob ich diese Arbeit ohne Urheberrechte zu verletzten, weitergeben darf, wenn du aber Interesse hast, schick mir eine pn und ich teile dir die E.-Mail Adresse von ihm mit, er freut sich über jeden kontakt. Gruß Bertolt.
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Beitrag von cepasaccus » Mi 04.02.09 00:57

Zu einem Versuch die Symbolik eines Brakteaten zu Deuten vgl. die letzte GiG-Ausgabe. Dort wurde die Streitigkeit zwischen Bischof und Kaiser dargestellt. Man muss halt viel ueber die Zeit der Muenze und auch mittelalterliche Symbolik wissen. Beides ist bei mir nicht vorhanden.

vale
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Beitrag von QVINTVS » Mi 04.02.09 09:15

Das trifft auch bei mir zu, aber es spornt mich gleichzeitig an, mehr darüber zu erfahren und mich tiefer in die Materie einzuarbeiten.

Den Artikel habe ich gelesen und ich fand ihn auch sehr interessant. Bei den Augsburger Brakteaten scheint aber die Aussage nicht so weit zu gehen, weil die Fläche deutlich kleiner ist und daher auch weniger Raum bot.
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Was sagen uns Brakteaten -- und auch Dünnpfennige

Beitrag von bernima » Mi 04.02.09 19:49

Hallo ,

Kanns mir nicht verkneifen. Auf die passende möglichkeit euch diese Münze vorzustellen warte ich schon länger.

So manche Münze ist doch ziemlich klar in der Aussage das Münzbildes :lol: :lol:
Mein Dünnpfennig weist doch einwandfrei auf das unrühmliche Ende von Dagobert Duck hin. :lol: :lol: :lol:
Man könnte auch sagen : Leute heut gibt´s Entenbraten

mfg. bernima
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Beitrag von cepasaccus » Mi 04.02.09 23:09

Ich wuerde eher sagen, dass das Donald ist!

In den Geldgeschichtlichen Nachrichten 241 geht es um einen Brakteaten des Erzbischofs Heinrich von Wartburg (1142 - 1153). Um diesen wie in diesem Artikel geschehen zu deuten muss man wissen, dass Heinrich mit dem Kaiser nicht befreundet war, also geschichtliches Hintergrundwissen genau zu diesem Umfeld haben, und man muss mittelalterliche Symbole kennen wie die Lilie und den Adler. Der Artikel ist 6.5 Seiten lang und behandelt wirklich nur einen Brakteaten. Also es ist schon eine Herausforderung.

valete
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Beitrag von QVINTVS » Do 05.02.09 16:04

BERNIMA: das ist ein witziges Stück. Spontan würde mir nur der Heilige Martin dazu einfallen. Ist das richtig?

CAPASACCUS: Auch das ist richtig. Bis vor ca. 2 Jahren habe ich römische Münzen gesammelt, mich dann später auf Gallienus spazialisiert. Durch persönliche Veränderungen wollte ich auch ein neues Sammelgebiet mir aneignen, mittelalterliche Pfennige. Daraus sind Vierschlagpfennige und Augsburger Brakteaten geworden. So ganz langsam baue ich das aus, habe mir Die Geschichte des Bistums Augsburg gekauft, Die Staufer, Mittelalterliche Kunst, usw. Wenn ich etwas mache, dann steige ich gleich tief ein, das dauert dann halt auch seine Zeit, aber gerade dadurch entdecke ich viel Neues und Spannendes, was ich bei oberflächlicher Betrachtung nicht "entdecken" würde.
Viele Grüße

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Beitrag von leodux » Fr 06.02.09 13:50

Hi QVINTVS,

Bernimas Münze wird wohl eher etwas mit dem Heiligen Georg zu tun haben als mit dem Heiligen Martin. Denn die Ente oder Gans ist bestimmt ein etwas verunglückter Lindwurm.
Entweder es ist der Helige Georg im Kampf mit dem Drachen, oder, sollten da rechts Flügel angedeutet sein (@bernima ???), dann der Erzengel Michael bei der gleichen Tätigkeit. Es kann aber auch einfach ein Sinnbild für den Kampf des Guten gegen das Böse sein. Der Drachen war jedenfalls ein Sinnbild für das Böse, z.B. den Teufel.

Die Menschen damals haben solche Darstellungen sicher problemlos verstanden. Für uns ist eine Deutung heute leider ziemlich schwierig geworden.
Aber wer weiß, ob in 800 Jahren noch jemand weiß, wer die Ente im Matrosenanzug war. Vielleicht denken Archäologen, die im Jahr 2809 eine Darstellung von Donald Duck finden, wir hätten seltsam gekleidete Enten angebetet.

Zu deinem Brakteat aus Augsburg kann ich leider auch nicht viel sagen.
Türme, vor allem in Verbindung mit Mauern, manchmal aber auch die Türme alleine, werden oft als Symbol für eine befestigte Stadt gedeutet.
Türme wurden allerdings auch anscheinend ganz gerne einfach nur als Zierrat auf den Münzen angebracht.
Wenn der Bischof die Hand etwas anders halten würde, wäre es eine Schwurhand, aber so wie er sie auf dem Brakteaten hält, würde ich sagen, er zeigt auf den einen Turm.
Das könnte man so interpretieren, daß er zeigt, daß er die Herrschaft über eine Stadt besitzt. Aber, wie gesagt, das ist nur meine - unqualifizierte - Interpretation der Darstellung.
Leider ist über Hartwig II. nicht viel bekannt, außer daß er als Bischof vom Papst zwar anerkannt, jedoch nicht von diesem geweiht wurde. Außerdem stand er im Kampf um die Macht zwischen Welfen (Otto IV.) und Staufern (Phillip von Schwaben) auf Seiten der Staufer.
Mir ist jedenfalls nichts bekannt, was ein konkreter Anlaß für die Darstellung auf dem Brakteaten sein könnte. Z.B. ob er zwischenzeitlich die Herrschaft über Augsburg verloren und nun wieder zurückerhalten hatte, oder etwas ähnliches.

Viele Grüße

Peter

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Beitrag von bernima » Fr 06.02.09 14:52

Hallo,

Laut Emmerig zeigt der Dünnpfennig einen Stehenden Mann mit Schwert und Schild der gegen einen geflügelten Drachen kämpft.
Bei einem anderen Exemplar meiner Sammlung gut erkennbar.
Was diese Szene aussagen will oder soll bleibt heute wohl jedem Betrachter selbst überlassen. Ob nun wie von Leodux ausgeführt Heiliger Georg oder Kampf Gut gegen Böse -- wer weiss das heute noch ?
Jedenfalls kann man seine fantasie spielen lassen beim betrachten der Münzen.
Bei obriger Münze wurde durch Prägeschwächen ein lustiges Münzbild geschaffen. Darum musste ich das Stück auch in meiner Sammlung haben.

mfg. bernima

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Beitrag von Denar » Fr 06.02.09 15:31

Hallo QVINTVS

TÜRME sind das nicht, es sind nur die Lehnen seines Stuhles.
Der FINGERZEIG ist die Haltung der Hand beim Segnen

Die Münze würde ich so beschreiben:

"Sitzender Bischof, die Rechte zum Segen erhoben"

Von diesem Typ gibt es hunderte von Beispielen aus dieser Zeit,
nicht nur Brakteaten, schau mal bei "Münsteraner Münzen.de"

Denar

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Beitrag von QVINTVS » Fr 06.02.09 16:53

Du hast wohl Recht! Das sind wahrscheinlich tatsächlich keine Türme - so beschreibt sie auch Steinhilber - sondern die Stuhllehnen des Bischofsstuhles. Danke für den Hinweis.
Viele Grüße

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Beitrag von leodux » Fr 06.02.09 17:51

Hallo,

zwar besteht durchaus die Möglichkeit, daß es sich hier um die Säulen der Rückenlehne eines Stuhls handelt, aber die beiden Gebilde können mindestens genauso gut Türme darstellen. Schließlich gibt es die Darstellung eines Bischofs zwischen zwei Türmen häufiger und die auf diesem Brakteaten abgebildeten Gegenstände sehen den Türmen auf anderen Münzen schon sehr ähnlich.
Außerdem zeigen die Münzen des 12. und frühen 13. Jahrhunderts, die sitzende Bischöfe darstellen, diese Bischöfe meist auf Faltstühlen sitzend und nicht auf thronähnlichen Stühlen mit Rückenlehne. Und falls diese Stühle eine Rückenlehne haben, dann nur eine sehr niedrige.
Ich würde deshalb in diesem Fall eher auf Türme tippen. Aber wer weiß, vielleicht sind es ja doch die turmähnlich geschnitzten Stützen einer Rückenlehne. Beweisen läßt sich zur Zeit weder die eine, noch die andere Interpretation.
Dieses Beispiel zeigt mal wieder, wie leicht es ist, beim Versuch der Interpretation einer mittelalterlichen Darstellung Fehler zu machen.

Viele Grüße

Peter

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