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von chinamul » So 20.07.08 12:44
Für mich erhebt sich aus der ganzen Diskussion die Frage, was Wissenschaft und Museen aus der Fülle des ihnen zur Verfügung stehenden numismatischen Materials machen, um das Volk angemessen am vielzitierten „kulturellen Erbe der Menschheit“ teilhaben zu lassen. Es ist doch in höchstem Maße arrogant und letztlich undemokratisch, der Öffentlichkeit schlichtweg ein legitimes Interesse an der Vergangenheit und ihren Zeugnissen abzusprechen.
Was die Museen hinsichtlich einer echten Volksbildung leisten, ist durchweg eher dürftig. Daran ändert auch die Einstellung von Museumspädagogen wenig. Auch die teils aufwendig gestalteten Ausstellungen der Münzkabinette liefern kaum relevante Informationen und fordern eher zu einem Staunen als zu einem lernenden Betrachten heraus. Man höre sich nur einmal die entsprechenden Kommentare der Besucher an!
Um die Erkenntnisse der Wissenschaft einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen, bedarf es der sachkundigen Multiplikatoren etwa in Schule, Volkshochschule und Münzverein, die unter Vorlage von Originalstücken die Hemmschwelle überwinden, die Menschen oft an einem Museumsbesuch hindert. Das gilt besonders für ländliche Gebiete, in denen das nächste Museum zudem meist noch weit entfernt liegt. Ich warte bis heute vergeblich darauf, daß Wissenschaftler der Museen ihre Elfenbeintürme mal verlassen und durch Vorträge die Ergebnisse ihrer Forschungen in allgemeinverständlicher Form darstellen. Darauf hat der Bürger, der ja mit seinen Steuern die Mehrzahl der Museen finanziert, einen unbedingten Anspruch.
Bis das aber realisiert wird, kann auf die Öffentlchkeitsarbeit engagierter und sachkundiger Sammler in den unterschiedlichsten Gremien und Foren nicht verzichtet werden, wenn es wirklich um die Vermittlung historischen Wissens geht. Und dazu bedarf es notwendigerweise auch des Besitzes von antiken Originalen.
Illegale Grabungen und Hehlerei sind selbstverständlich indiskutabel, aber die Vorstellung, man könne diese Mißstände durch Schikanierung der Sammler und des Münzhandels in den Griff bekommen, ist zumindest naiv, wenn nicht gar etwas ganz anders dahinter steckt.
Daß es auch ganz anders geht, haben in vorbildlicher Weise die Archäologen bei der Ergrabung eine Hügelgrabes in Groß Rönnau bei Bad Segeberg vorgemacht: Sie beteiligten das ganze Dorf an ihrem Vorhaben und mehrere hundert Einwohner verfolgten und unterstützten mit großer Anteilnahme die Arbeiten der Wissenschaftler. Das zeigt wohl eindrucksvoll das große Potential, das in einer angemessenen Beteiligung der Bevölkerung an den Aktivitäten der Altertumswissenschaft liegt.
Gruß
chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit