Welche Erhaltungsgrade?

Deutschland vor 1871
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JKA
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Welche Erhaltungsgrade?

Beitrag von JKA » So 21.01.07 19:37

Guten Abend,
wieder mal eine Anfängerfrage:
Von langjährigen Sammlern höre ich immer wieder: nur beste Erhaltung sammeln ! z.B. vz
Ist das nicht abhängig von der Zeit?
Ich sammle Altdeutschland ab 1600, hier ein vz zu finden ist doch sichher viel seltener als aus dem Jahr 1872.
Mein eindruck : auch der erhaltungsgrag ss(+) ist noch sammelwürdig.
Wie seht ihr das?

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » So 21.01.07 21:22

Das ist richtig. Der Tip mit den Erhalungsgraden beruht ja letztlich auf deren Seltenheit. Grüße, KarlAntonMartini
Münzsammler seit 60 Jahren. Mitglied im Numismatischen Verein zu Dresden und der Oriental Numismatic Society.

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mumde
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Beitrag von mumde » So 21.01.07 22:54

Beim Sammeln älterer Münzen ist es nicht immer möglich, ein Stück in vorzüglicher Erhaltung zu bekommen. Es ist auch nicht immer notwendig. Grundsätzlich gilt: Eine Sammlung, die nur aus perfekt erhaltenen Stücken besteht, wird beim Verkauf einen guten Preis erzielen. Wenn man aber mit seiner Sammlung etwas Sinnvolles anfangen will, z. B. die Geschichte seiner Heimat oder bestimmte wirtschaftsgeschichtliche Phänomene oder ähnliche genau definierte Entwicklungen dokumentieren will, kann man die Münzen vor 1800 nicht nur nach der Erhaltung sammeln. Ich halte es jedoch für wichtig, dass der Sammler darauf achtet, nur Münzen in seine Sammlung zu legen, die die wesentlichen Teile der Münze klar erkennen lassen. Portrait und Wappen sollten deutlich sein, die Umschriften möglichst in allen Teilen klar lesbar sein, Münzzeichen oder Münzmeisterzeichen, Wertangaben und Jahreszahl sollten vollständig vorhanden sein. Wenn das Stück dann keine Korrosionsspuren und keine Beschädigungen aufweist, sondern attraktiv aussieht, ist es eigentlich egal, ob es an den höchsten Stellen des Reliefs ein wenig abgegriffen ist.
Ich kann z. B. keine Sammlung von Kippermünzen anlegen, die nur aus tadellos ausgeprägten und perfekt erhaltenen Stücken besteht. Ich kann aber vermeiden, Metallplättchen da drin zu haben, bei denen ich nicht erkennen kann, aus welchem Jahr oder aus welcher Münzstätte sie stammen.
Gruß mumde

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Marc
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Beitrag von Marc » Mo 22.01.07 05:13

Mein Hauptgebiet endet 1618, und ich kann den Erhaltungswahn der sich nach dem 2. Weltkrieg entwickelte nicht nachvollziehen. Selbst bei den modernen reicht mir Bankfrisch. Wenn du allerdings nur für den Wiederverkauf sammelst ist das was anderes, aber dann bist du eigentlich kein Sammler sondern ein Spekulant.

Wenn man sammelt muss man sich entscheiden. Ich zum Beispiel habe mehrere unedierte Stücke oder nur dieses Exemplar ediert (also Münzen wo das Stück das einzig bekannte ist) welche nur ge erhalten sind. Da gibt es nur die Entscheidung entweder nimmst du sie in ge oder du hast sie nicht !

Was hälst du für interessanter ? Eine Sammlung mit 300 Stücken deiner Heimatstadt, die faktisch komplett ist, da der Rest nicht in makelloser Erhaltung zu haben ist. Oder eine Sammlung von 500 Stück der gleichen Stadt, in der alle Erhaltungsstufen vor kommen.

Und selbst in der sonst so erhaltungsfanatischen USA macht man bei älteren Stücken auch ausnahmen. Z. B. beim Schweinegeld (die ersten in Nordamerika geprägten Münzen) welche faktisch nicht besser als in s zu erhalten sind. Trotzdem bietet der sonst so auf Erhaltung bedachte Nordamerikanische Markt Schweine Geld fürs Schweinegeld ;)

Für mich ist auch eine ge Münze sammelwürdig, und ich bin auch bei einigen Münzen dieser Erhaltungsstufe stolz sie in meiner Sammlung zu haben ! Natürlich versuche auch ich möglichst gut erhaltene Stücke zu bekommen, aber das ist für mich eben nur ein Aspekt von vielen.

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Wurzel
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Beitrag von Wurzel » Mo 22.01.07 05:41

Guten Morgen allerseits,

unabhängig vom Erhaltungsgrad sollte einem die Münze doch in erster Linie gefallen, denn man will ja schließlich seine Freude beim betrachten haben.

Daher entscheide ich beim Münzenkauf immer nach dem Bauch, entweder sie gefällt mir, dann wird sie gekauft, oder sie gefällt mir nicht, dann bleibt sie liegen.
Der Erhaltung spielt dann nur noch bei der Preisbildung eine Rolle, aber da ich mich mit solchen einschätzungen noch sehr schwer tue ist das für mich im Augenblick noch nicht so wichtig.
Hauptsache das Münzlein gefällt.

@Marc
freut mich dich mal wieder zu lesen :-D
Ich hatte dich schon vermisst

Herzlich grüsst euer
Micha
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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upuaut
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Beitrag von upuaut » Mo 22.01.07 17:37

hallo,

auch ich mache das so nach dem gefühl. wenn mir die münze gefällt dann ist mir egal ob da ss steht.
die einzige ausnahme mache ich bei medaillen und jetons, die sollten schon mindestens vz sein da diese teil ja nicht im umlauf waren und daher in einer hohen qualität in der sammlung liegen sollen.

ein anderes thema ist natürlich der preis, da zwischen ss und vz doch sehr drastische unterschiede sind.
sollte man nicht gleich ein gutes stück bekommen ist es besser zu warten denn wenn man sich jetzt ein schlechtes kauft und später dann mal austauscht, bekommt man mit sicherheit nicht mehr denn preis denn man mal dafür bezahlt hat.
das gilt natürlich nur bei häufigen münzen, bei seltenheiten muss man sich auch mit schlechteren erhaltungen zufrieden geben da wie der name schon sagt diese nur selten vorkommen.
mfg

upuaut

Fridericus
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Beitrag von Fridericus » Di 23.01.07 13:53

Ich sammele nach folgenden Grundsätzen:

1. Die Frage eines möglichen Verkaufs interessiert mich nur am Rande, da ich die Münzen behalten möchte und nicht mit ihnen spekuliere.

2. Hinsichtlich der Erhaltungen bemühe ich mich um mindestens "sehr schön" und vermeide Beschädigungen wie Henkelspuren, Löchern o.ä. Aber: eine seltene Münze, die ich mir sonst nicht leisten könnte, lege ich mir auch als "Bunke" in die Sammlung.

3. Bei bestimmten Gebieten muß man ohnehin Abstriche machen. Ich habe z.B. eine kleine (aber hoffentlich feine Sammlung) Ostfriesland, eines der undankbarsten altdeutschen Gebiete: fast immer lausiger Zustand (flüchtig geprägt und schlecht erhalten) und dazu noch teuer. Da kann ich nicht nur "ss" sammeln, da freue ich mich über jedes Stück!

LordLindsey
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Beitrag von LordLindsey » Di 23.01.07 17:11

gerade bei den modernen Münzen hört man oft: "wer wertsteigernd sammeln will, der muss Spitzenerhaltungen sammeln!"

Nun, für die letzten 20 Jahre trifft das auf jeden Fall zu, aber gilt das auch für die Zukunft? Ich sage nein, denn in den fortgeschrittenen Sammlungen jener Generation, die in 70er und 80er Jahren den Sammlerboom ausgelöst haben liegen heute viele Spitzenerhaltungen, die in naher Zukunft auf den Markt drängen und von der sinkenden Sammlerschaft kaum absorbiert werden können. Es wird zu einem Preisverfall kommen, der absolut gesehen mehr die Toperhaltungen betrifft. Ganz davon abgesehen beachten die wenigsten Sammler, dass der Mehrinvest für die Spitzenerhaltung über die Jahre zu einem höheren Zinsverlust führt, als wenn ich mir meinen sammlertraum in Normalerhaltungen erfülle.

mein Fazit: Sammle das, was dir gefällt und lass Dich nicht durch sogenannte Expertenmeinungen treiben, so wie die Vorredner es auch gepostet haben. Welche Strategie im Endeffekt werterhaltender ist, kann man erst sehen, wenn es zum Verkauf kommt...

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Beitrag von sambianer » Di 23.01.07 20:31

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und Katalogwerte über mehrere Jahre (KM und Moneytrend) verglichen. Interessanterweise waren die höchsten Wertsteigerungen (prozentual gesehen) nicht unbedingt bei den Spitzenerhaltungen zu finden. Viele Spitzenmünzen waren nämlich vor Jahren auch schon teuer! Letzendlich braucht man ein Gespür dafür, bei welchen Münztypen Top-Stücke im Vergleich zu normalen Erhaltungen eher unterbewertet und bei welchen sie schon zu teuer sind.
Biete gut 2000 verschiedene Münzen aus aller Welt zum Tausch!

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Mi 24.01.07 10:51

Hallo LordLindsey!

Beziehst Du Deine Ausführungen nur auf Altdeutschland, oder auf andere Gebiete?
Im Bereich der Antike ist es wohl so, dass gerade die Spitzenerhaltungen enorm angezogen haben und es wahrscheinlich auch noch weiter tun werden, dank des internationalisierten Handels, während die mittel und gering erhaltenen Stücke im Wert gesunken sind, weil dort der Markt überschwemmt worden ist.
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von LordLindsey » Mi 24.01.07 16:05

Hallo Helcaraxe,

ich beziehe mich vornehmlich auf moderne Münzen, da ich hier weiss, dass das es heute eine Vielzahl von fortgeschrittenen und damit mit besseren Erhaltungen durchsetzten Sammlungen geben muss. Der demographischen Kurve folgend wird ein Grossteil hiervon in naher Zukunft auf den Markt drängen, - einem Markt, der zur Zeit nicht gerade von Jungsammlern favorisiert wird. Die Normalerhaltungen haben diesen Weg in den letzten Jahren schon hinter sich gebracht, da Sie im 'Feinschliff' ausgetauscht wurden. Sollten sich aber die Euroneulinge diesem Gebiet zuwenden, sieht das natürlich optimistischer aus.

Ich kenne den Markt und die Entwicklung für antike Münzen nicht gut genug, um hier eine Prognose zu wagen. Aber das Problem ist ja gerade, dass man die Entwicklung der letzten Jahre nicht unbedingt fortschreiben kann: wieviel Nachwuchs gibt es, wie alt ist der Sammlerstamm und deren Sammlungen, etc.? Und: Wenn überhaupt, steigen die Preise auf Dauer gut genug, um den Zinsverlust zu decken???

@sambianer: Katalogwerte sind nur bedingt aussagekräftig. Ich verfolge regelmässsig Auktionen offline und online, und es ist de fakto schon so, das Spitzenerhaltungen gut zulegen während die Normalerhaltungen stagnieren.

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Beitrag von sambianer » Mi 24.01.07 17:06

@LordLindsey

Sicher sind Katalogbewertungen nicht immer ganz geeignet. Über die Jahre gesehen (und ich habe Kataloge aus den 70er Jahren genommen) bieten sie aber schon einen sehr guten Anhaltspunkt.

Deine Theorie leuchtet mir übrigens noch nicht so ganz ein. Denn schrumpft der Markt, dann werden normale Erhaltungen doch völlig uninteressant. Im Extremfall gibt es nicht mal genug Interessenten für alle Normalerhaltungen. Nur wer dann eine Spitzenerhaltung hat, hebt sich noch von der Masse ab.
Ein Beispiel: Früher war man schon wer, wenn man das Germanische Museum überhaupt nur besaß. Heute muss es schon eine gut erhaltene sein. In 10-20 Jahren vielleicht eine in Spitzenerhaltung.
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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 24.01.07 18:32

Wer ein Prognose zu Münzpreisen der Bundesrepublik abgeben möchte, braucht sich nur die Preise für zB Weimar oder bayr. Geschichtstaler ansehen und die ins Verhältnis setzen mit den Prägezahlen (die bei diesen beiden ja noch durch Kriegsverluste etc. zu vermindern sind). Denn in 50 Jahren wird es für Bundesrepublik kaum mehr Sammler geben als heute für Weimar. Die Neuanfänger und die vielen Auch-Sammler sammeln doch ganz überwiegend nur leicht erreichbare aktuelle Münzen. Grüße, KarlAntonMartini
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Marc
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Beitrag von Marc » Mi 24.01.07 18:42

Die Antike macht, durch die enormen Mengen an angebotenen Balkanfunden, nach der Maueröffnung eine Sonderentwicklung durch. Schon zu Zeiten des kalten Krieges haben Spitzenstücken den Weg in den Westen gefunden. Auch ich weis heute, das eines meiner interessantesten mittelalterlichen Stücke, seinen Weg aus der DDR über die "Kommerzielle Koordination" in ein westliches Auktionshaus fand. Nach Mauerfall und Kriegszerstörungen überschwemmten die bis dahin zurückgehaltenen Fundhauptmassen den Markt. Das wird sich meiner Meinung in den nächsten Jahrzehnten normalisieren.
Zu beachten ist das international die Sammlerschaft steig, in Deutschland aber sinkt. Deshalb gehe ich davon aus, das die normal erhaltenen antiken Stücke im Preis steigen werden, die normal erhaltenen deutschen Stücke ab 1871 im Preis fallen werden. Aber alle diese Überlegungen können durch einen Boom wie in den 70gern oder den etwas kleineren nach der Euroeinführung wieder über den Haufen geschmissen werden. Letztlich kann das keiner vorhersehen. Wer ahnte schon das die völlig überteuerten, von allseits beliebten Münzhaus *** im Staatsauftrag der DDR vertriebenen, DDR-Münzen jemals über den Verkaufpreis steigen würden, und nicht wie die von Liberia enden ?
Der Markt für Münzen von 800-1650 ist so eng, das man ihn kaum vorhersehen kann. Im Vergleich zu antiken oder modernem Münzen sind sie recht selten wie auch die Sammlerschaft, so das schon kleine Änderungen in der Sammlerschaft große Schwankungen ergeben.

Mein Rat : Sammle das woran du Spaß hast, das ist der einzigste Weg nie Verlust zu machen, selbst wenn am Ende dein Hobby etwas Geld gekostet hat. Bei anderen Hobbys ist alles Geld was man reinsteckt am Ende weg.

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Beitrag von JKA » Do 25.01.07 11:13

Vielen Dank für eure Beiträge.
Im wesentlichen bestätigt ihr meine Einstellung: ich sammle um die geschichte meiner Umgebung in den Händen zu halten. Ob meine Sammlung in 15-20 Jahren an Wert wesentlich zulegt ist für mich zweitrangig.

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