Altamura2 hat geschrieben: ↑Do 22.10.20 12:09
Deine ursprüngliche Frage war ja, warum das Münzbild zuerst ein anderes war ...
Ja ja - prima, dass man immer mal wieder "geerdet" ... und dadurch veranlasst wird ein wenig weiter zu "wühlen". Also deshalb hier jetzt meine bisherigen
in Bezug auf die obige Münze gesammelten "Erkenntnisse" (und natürlich Spekulationen - wie in so vielen Bereichen im Bereich "Griechen"). Auszug aus meinem "Aufsatz" (ohne die überwiegend aus Wikipedia stammenden Infos zu Aspendos selbst - wobei: wenn man wieder hinreisen kann - unbedingt machen! Ist toll !!!). Hinweise über echte Fehler nehme ich gerne entgegen (Hinweise auf andere Spekulationen natürlich auch
Nun zur Münze selbst (ich zeige die hier nicht nochmal, weil das Thema ja nicht sooo umfangreich ist): die ersten geprägten Münzen von Aspendos zeigen auf der Vorderseite einen Hopliten (für deren kämpferisches Niveau Aspendos angeblich bekannt war) und auf der Rückseite Triskeles in einem incusen Quadrat.
Triskele - das „Dreibein“ – ist ein uraltes schon seit der Jungsteinzeit bekanntes und fast weltweit verbreitetes Symbol. „Wenig bekannt“ (auf gut Deutsch: gar nicht bekannt!) ist die ursprüngliche Bedeutung dieses Symbols. Vermutet wird ein Zusammenhang mit dem „Weg des Lebens“ oder das Triskele als ein Symbol für die Sonne. Neuere Deutungen beziehen sich auf die Zahl Drei – danach sind viele Interpretationen denkbar: „Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“, „Geburt, Leben und Tod“, „Körper, Geist und Seele“ usw. usw. - was sich ein kreativer Geist zur Zahl Drei halt einfallen lässt.
Im Zusammenhang mit den Prägungen von Aspendos scheint es aber abseits aller Spekulationen wichtiger zu sein, dass Triskeles offenbar ein wichtiges Sonnensymbol – oder gar das das Bundeswappen - Lykiens darstellten. Da dieses Symbol schon bei den ersten Prägungen auftaucht – und danach immer noch neben dem Schleuderer – ist anzunehmen, dass Aspendos trotz seiner Lage in Pamphylien mit Lykien in Verbindung stand.
Die berühmten Statere vom Typ "Schleuderer / Ringer" wurden von Aspendos im gesamten 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. geprägt. In Bezug auf Typ und Stil können hierbei fünf Serien unterschieden werden
• Die 1. Serie (ca. 420 - ca. 410 v. Chr.) ist die früheste und besteht aus Statern, die nach der Beinpositionen bestimmt werden. Das linke Bein des Schleuderers ist im Knie gebeugt. Die Hand der Ringer ist in Richtung der Taille des Gegners ausgestreckt , um diesen bei der Taille oder dem eventuell vorhandenen Gürtel zu greifen.
• Die 2. Serie (ca. 415/10 - ca. 400 v. Chr.) besteht aus Stateren, bei denen der Schleuderer auf der Rückseite sein linkes Bein im Knie gebeugt hat. Die Ringer auf der Vorderseite sind relativ nahe beieinander und haben die vorderen Beine gekreuzt.
• In der 3. Serie (ca. 400 – 380 v.Chr.) gibt es eine Vielzahl von Positionen. Die Ringer sind athletischer. Der Schleuderer ist größer und sein linkes Bein wird in einer relativ geraden Position dargestellt. Sein Chiton ist kurz. Legenden wie YMA, BAΛYΣ, BA : FE sind zu sehen. Auf einigen wenigen Exemplaren dieser Serie findet man im unteren Feld auch die Legende ΜΕΝΕΤΥΣ ΕΛVΦΑ. Für diese Legende gibt es einige Interpretationen – aber bisher keine wirklich befriedigende Erklärung.
• In der 4. Serie (ca. 380/75 - ca. 330/25 v. Chr.) erscheinen Buchstaben zwischen den Ringern. Manchmal gibt es einen einzelnen Buchstaben auf dem Feld auf der Vorder- oder Rückseite. Das quadratum incusum verschwindet allmählich und wird durch einen quadratischen gepunkteten Rand ersetzt. Hauptmerkmal auf der Vorderseite dieser Stateren ist die nunmehr einzig dargestellte Position des Ringer: einer der Ringer hält den Arm seines Gegners mit beiden Händen, während der andere des Gegners Handgelenk hält.
• In der 5. und letzten Serie (ca. 330/25 - ca. 310/300 [ca. 250 v. Chr. ?]) lässt die Qualität der Darstellung der Ringer allmählich nach. Das linke Bein des Schleuderers ist gerade und sein rechtes Bein berührt mit den Zehen gerade den Boden. Die Buchstaben erscheinen weiterhin und manchmal auch auf der Rückseite. Das Symbol der Triskeles in Form menschlicher Beine auf der Rückseite tritt seltener auf. Dort sind Symbole wie der Caducaeus, die Leier, die Sternrosette, der Adler, der Kranz, das Protom eines Pferdes und meistens die Keule des Herakles.Der zuvor quadratisch gepunktete Rand wandelte sich ist allmählich in eine runden gepunkteten Rand.
Für Details zu diesen Serien sei hier auf den u.a. Link „Aspendian 'Wrestlers': an iconographic approach“ verwiesen.
Nach den oben kurz skizzierten Hinweisen zu den einzelnen Serien kann die oben gezeigte Münze der vierten Serie – und damit dem Prägezeitraum 380 – 325 v. Chr. - zugeordnet werden.
Die Fragen, warum Aspendos das Motiv für die Münzprägung wechselte und aus welchen Gründen als Motiv der Schleuderer und die Ringer gewählt wurden, dürften natürlich nicht abschließend zu beantworten sein. Hier bin ich – wie auf so vielen Gebieten der griechischen Münzprägungen – wieder mal auf Vermutungen angewiesen.
Aus meiner Sicht denkbar wäre ein Zusammenhang mit dem so genannten „Peloponnesischen Krieg“.
Nach der oben erwähnten Schlacht an der Mündung des Flusses Eurymedon im Jahr 466 oder 465 v. Chr. - der letzten wichtigen Schlacht der so genannten Perserkriege – wurden Aspendos und andere Süd-Kleinasiatische Städte zum Beitritt zum attischen Seebundes gezwungen. Hierzu gehörte natürlich auch die Entrichtung erheblicher Tribute (die Athen allerdings nicht unbedingt zur Stärkung des Bundes sondern auch zum Ausbau der Stadt selbst nutzte).
Gegen Ende der militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem von Athen domierten „attischen Seebund“ und dem von Sparta dominierten „Peloponnesischen Bund“ – dem mit Unterbrechungen zwischen 431 bis 404 v. Chr. dauernden „Peloponnesischen Krieg“ – sicherte sich Sparta die Unterstützung der Perser gegen die Verpflichtung, Kleinasien an Persien abzutreten. Mehrere Mitglieder des Seebundes fielen 412 v. Chr. und in den folgenden Jahren von Athen ab. Wann genau dies bei Aspendos der Fall war lässt sich nicht feststellen. Festzustehen scheint aber, dass Aspendos spätestens 411 v. Chr. wieder im Herrschaftsbereich der Perser lag: zu dieser Zeit diente es schon als Flottenhafen unter dem persischen Satrapen Tissaphernes.
Der nahe zeitliche Zusammenhang mit dem Abfall vom „attischen Seebund“ und der Übernahme (bzw. erneuten Anerkennung) der persischen Herrschaft könnte mit dem Wechsel des Münzmotivs zusammenhängen: der (die Zugehörigkeit zu Athen verkörpernde) Hoplit wird nach dem Wechsel der Herrschaft durch ein neues Motiv abgelöst (wobei die Verbundenheit mit Lykien durch die Beibehaltung des Triskeles auch weiterhin symbolisiert wird). Auch bei der Auswahl der Motive kann natürlich nur spekuliert werden:
Bereits 1866 vertritt Johannes Brandis (Link s.u.) folgende These: „verräth die Prägung dieser Orte mittelbar oder unmittelbar hellenischen Einfluß. Derselbe zeigt sich nicht nur in der Technik, sondern auch in den Prägbildern der Münzen, indem der Granatapfel von Side und der freilich erst in einer jüngern Periode auftretende Schleuderer von Aspendos, offenbar mit Rücksicht auf die gleich- oder ähnlich lautenden Stadtnamen, gewählt worden sind. ….Wahrscheinlich klang der einheimische Name von Aspendos, wie die Münzaufschrift EΣTFEΔIIYΣ (wohl das Gentilitium) ahnen läßt, noch mehr an σφενδονητης , wie der griechische.“ Auch an anderer Stelle wird vermutet, dass es sich bei dem „Schleuderer“ um ein Wortspiel handelte, da sich das griechische Wort für Schleuderer (Slinger) – Sphendone - ähnlich wie der Name der Stadt, Aspendos, spricht.
Für die Darstellung der Ringer gibt es (noch) keine plausible Erklärung. Zur Zeit dieser Prägungen war das Ringen in Griechenland eine der beliebtesten Sportarten, die bei den Olympischen Spielen nach strengen Regeln (kein Schlagen, Treten, Beißen, Stechen in die Augen oder Ergreifen von Genitalien) ausgetragen wurden. Womöglich waren in Aspendos Ringer beheimatet, die die Stadt bei den Spielen prominent vertreten konnten? Wobei eine ähnliche Erklärung natürlich auch für die Darstellung des Schleuderers in Frage kommt!
Zur Begründung, warum die Motive auf den Münzen aus Aspendos gewechselt wurden – und warum auf den neueren Prägungen über mehr als ein Jahrhundert der Schleuderer und die Ringer dargestellt wurden - sind wir also nach wie vor auf Spekulationen angewiesen … bis zu eventuellen neuen Hinweisen
Quellen:
Aspendian 'Wrestlers' : an iconographic approach (von Oğuz Tekin):
https://www.persee.fr/doc/anatv_1013-95 ... t_12_1_956, Tafeln:
https://www.persee.fr/doc/anatv_1013-95 ... t_12_1_968
Das Münz- Mass- und Gewichtswesen in Vorderasien bis auf Alexander den Grossen (von Johannes Brandis:
https://play.google.com/books/reader?id ... =GBS.PA347
Gesellschaft und Wirtschaft Pamphyliens und Pisidiens im Altertum
https://core.ac.uk/download/pdf/159421868.pdf
(Seite 29 ff.
https://de.wikipedia.org/wiki/Triskele
https://coins.www.collectors-society.co ... ?sc=319922
Schönen Gruß aus (dem immer verseuchteren) Frankfurt
hjk
